Bundesfinanzhof, Beschluss vom 17.03.2010, Az. X B 51/09

10. Senat | REWIS RS 2010, 8426

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Gegenstand

Nichtzulassungsbeschwerde: Erfordernis einer Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts


Leitsatz

NV: Der Revisionszulassungsgrund gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO erfordert eine bisher ungeklärte abstrakte Rechtsfrage, die in einem künftigen Revisionsverfahren klärungsbedürftig, entscheidungserheblich und auch klärbar ist.

Gründe

1

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

2

1. Eine Rechtsfrage hat grundsätzliche Bedeutung, wenn ihre Beantwortung durch den [X.] ([X.]) aus [X.]ründen der Rechtssicherheit, Rechtseinheitlichkeit und/oder Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt. Es muss sich um eine klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage handeln (vgl. z.B. [X.]räber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 23, m.w.N. aus der Rechtsprechung des [X.]).

3

a) Nach diesen [X.]aßstäben ist die vom Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) aufgeworfene Rechtsfrage, ob getrennt lebende Ehegatten nahe Angehörige seien, in einem Revisionsverfahren nicht klärungsfähig. Zutreffend weist der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --[X.]--) in der Beschwerdeerwiderung darauf hin, dass der Kläger das [X.]rundstück an seinen Vater und nicht an seine getrennt lebende Ehefrau verkauft und Bargeld an seine Kinder geschenkt habe. Feststellungen des Finanzgerichts ([X.]), dass hierdurch der Zugewinnausgleichsanspruch der vom Kläger getrennt lebenden Ehefrau berührt worden sei, fehlen in der Entscheidung des [X.]. Die vom Kläger in diesem Zusammenhang angeführten Ausführungen auf Seite 6 oben des [X.]-Urteils geben lediglich den klägerischen Vortrag im finanzgerichtlichen Verfahren wieder. Soweit der Kläger in seinem Schriftsatz vom 24. August 2009 in diesem Zusammenhang einen Verfahrensfehler rügt und vorträgt, dem [X.] hätte sich weiterer Ermittlungsbedarf von Amts wegen aufdrängen müssen, übersieht er, dass die Zulässigkeit einer Nichtzulassungsbeschwerde insbesondere hinsichtlich der Anforderungen an ihre Begründung nach § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) nur nach den innerhalb der gesetzlichen Begründungsfrist (§ 116 Abs. 3 Sätze 1 und 4 [X.]O) vorgebrachten Ausführungen zu beurteilen ist; spätere Darlegungen sind --abgesehen von bloßen Erläuterungen und [X.] nicht zu berücksichtigen. Im Übrigen wurde auch in diesem Schriftsatz nicht vorgetragen, warum der Kläger, der auch im finanzgerichtlichen Verfahren durch seinen jetzigen Prozessbevollmächtigten vertreten war, nicht von sich aus entsprechende Beweisanträge gestellt hat, sich die Beweiserhebung dem [X.] gleichwohl ohne besonderen Antrag als erforderlich hätte aufdrängen müssen (Senatsbeschluss vom 22. Januar 2008 [X.]/07, [X.]/NV 2008, 603).

4

b) Auch der weiteren Rechtsfrage des [X.], ob allein durch einen engen zeitlichen Zusammenhang ein [X.]esamtplan vorliege, kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu. Zum einen hat es der Kläger versäumt, auf die Bedeutung der Klärung der konkreten Rechtsfrage für die Allgemeinheit einzugehen. Zum anderen finden sich im [X.]-Urteil weder Ausführungen zum [X.]esamtplan noch zu einem [X.]issbrauch der [X.]estaltungsmöglichkeiten. Unter [X.] der Entscheidungsgründe hat das [X.]ericht lediglich ausgeführt, auch wenn es zu Forderungsausfällen gekommen sein sollte, halte es das Vorliegen einer den Kläger persönlich oder sein Einzelunternehmen treffenden Notsituation vor dem Hintergrund der kurz vor dem Verkauf des [X.]rundstücks im Juli 2000 an [X.] und [X.] und zwei weitere Kinder bewirkten Schenkungen in Höhe von jeweils 100.000 D[X.] für nicht glaubhaft. Zudem sollten nicht der [X.]rundstücksverkauf, sondern die Darlehensverträge mit den Kindern ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 3. [X.]ärz 2009 eventuell nach der sog. [X.]esamtplanrechtsprechung des [X.] überprüft werden.

5

2. Die Revisionszulassung kann auch nicht auf die Notwendigkeit der Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 [X.]O) gestützt werden. Denn auch dieser [X.] erfordert eine bisher ungeklärte abstrakte Rechtsfrage, die in einem künftigen Revisionsverfahren klärungsbedürftig, entscheidungserheblich und auch [X.] ist. Da der Kläger das [X.]rundstück an seinen Vater und nicht an seine getrennt lebende Ehefrau verkauft hat, wäre die vom Kläger aufgeworfene Frage, ob bei geschiedenen oder getrennt lebenden Ehegatten die [X.]rundsätze des Fremdvergleichs überhaupt anzuwenden seien, in einem Revisionsverfahren nicht [X.]. Bei der weiteren Frage, ob bei der Prüfung der [X.]esamtumstände beim Fremdvergleich bei Verkauf eines [X.]rundstücks unter Angehörigen die absolute Höhe des Betrages bzw. eine relative Abweichung von ca. 16,5 % vom nachträglich ermittelten Teilwert ausreichend zur Verneinung der [X.]leichwertigkeit der Leistungen sei, ohne dass es auf den weiteren Vertragsinhalt (Haftungsübernahme) ankomme, oder ob die Vermutung der Ungleichwertigkeit jedenfalls bereits dann entkräftet sei, wenn die Vertragsparteien Leistung und [X.]egenleistung wie unter Fremden nach kaufmännischen [X.]esichtspunkten abgewogen haben und subjektiv davon ausgegangen seien, dass die Leistungen im maßgeblichen Zeitpunkt des Vertragsschlusses in etwa wertgleich seien, hat der Kläger nicht dargelegt, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen [X.]ründen die Beantwortung dieser Rechtsfrage zweifelhaft und umstritten ist (vgl. z.B. Senatsbeschluss vom 24. Januar 2008 [X.]/07, [X.]/NV 2008, 605).

6

3. Die Revision ist auch nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen.

7

a) Eine Divergenz zum [X.]-Urteil vom 30. Juni 1999 [X.] ([X.]E 190, 82) kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil die getrennt lebende Ehefrau des [X.] nicht [X.]iteigentümerin des vom Kläger veräußerten [X.]rundstücks war.

8

b) Auch eine Abweichung des [X.]-Urteils vom [X.]-Urteil vom 18. Juni 1996 [X.] ([X.]/NV 1997, 184) bzw. dem [X.]-Beschluss vom 11. Oktober 2000 [X.]/00 ([X.]/NV 2001, 438) liegt nicht vor. In diesen Entscheidungen ist der [X.] davon ausgegangen, dass auch Leistungen, die nicht in einem Vertrag fixiert sind, zu den Anschaffungskosten zählen können. Ob hierzu auch das Ausfallrisiko wegen der Übernahme der dinglichen Sicherheit von [X.] zählt, ergibt sich aus den Entscheidungen nicht. Im Streitfall kam das [X.] aufgrund der Besonderheiten des Falles (kein Ausweis der [X.] im notariellen Kaufvertrag als Teil der [X.]egenleistung; keine Anrechnung auf den vereinbarten Kaufpreis) zu dem Ergebnis, die Vertragsparteien hätten der dinglichen Haftung des [X.]rundstückkäufers entweder wegen der fortbestehenden persönlichen Haftung des [X.] keinen wirtschaftlichen Wert beigemessen oder die Haftungsübernahme sei aus außerhalb des [X.]rundstücksgeschäfts liegenden [X.]ründen erfolgt.

9

c) Es kann dahinstehen, ob der Kläger die behauptete Abweichung durch das [X.]egenüberstellen einander widersprechender abstrakter Rechtssätze aus der Entscheidung der Vorinstanz einerseits und einer --mit Aktenzeichen und Fundstelle zutreffend bezeichneten-- Divergenzentscheidung (hier: [X.]-Urteil vom 5. Juli 1979 [X.], [X.]E 128, 375, [X.] 1979, 670) andererseits deutlich gemacht hat. Zutreffend weist das [X.] darauf hin, dass die Entscheidung in [X.]E 128, 375, [X.] 1979, 670 die Voraussetzungen für die steuerliche Anerkennung einer Familien-[X.]mbH & Co K[X.] betrifft und keine Relevanz für den Streitfall des [X.] ersichtlich ist.

d) Der Kläger hat nicht dargelegt, von welcher Entscheidung des [X.] der 4. vom [X.] angeblich aufgestellte Rechtssatz abweichen soll.

e) [X.]it seinen Ausführungen zum 5. Rechtssatz des [X.] (Bodenwert) stellt der Kläger nicht zwei einander widersprechende abstrakte Rechtssätze aus der Entscheidung der Vorinstanz einerseits und dem Urteil des [X.] Düsseldorf vom 12. Juni 1997  14 K 6480/93 E,[X.] (Entscheidungen der Finanzgerichte 1997, 1302) andererseits gegenüber, sondern bringt im Ergebnis vor, das [X.]-Urteil sei unrichtig. Auf diese Weise kann die Zulassung der Revision nicht erreicht werden ([X.]-Beschluss vom 24. September 2008 [X.]/08, [X.]/NV 2009, 176).

f) Eine Abweichung des [X.]-Urteils vom [X.]-Urteil vom 15. Oktober 2002 [X.]/01 ([X.]E 200, 372, [X.] 2003, 243) kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil die Entscheidungen nicht zu gleichen oder vergleichbaren Sachverhalten ergangen sind. Im Urteil in [X.]E 200, 372, [X.] 2003, 243 hatte der [X.] nicht darüber zu befinden, ob eine ersparte Vorfälligkeitsentschädigung die vereinbarte [X.]egenleistung erhöht.

g) Entgegen der Auffassung des [X.] vermag der beschließende Senat auch nicht zu erkennen, dass das [X.] mit dem angefochtenen Urteil von der Rechtsprechung des [X.] zur Berücksichtigung der aufzuwendenden Anschaffungsnebenkosten (z.B. [X.]-Urteil vom 29. April 1999 [X.]/97, [X.]E 188, 386, [X.] 2004, 639) abgewichen sein soll. Im Übrigen rechtfertigt nicht schon die Unrichtigkeit des angefochtenen Urteils im Einzelfall, sondern nur die Abweichung im [X.]rundsätzlichen die Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 [X.]O. Bloße Subsumtionsfehler sind im Zulassungsverfahren grundsätzlich unbeachtlich ([X.]räber/Ruban, a.a.[X.], § 115 Rz 55, m.w.N.).

4. Das [X.]-Urteil beruht auch auf keinem Verfahrensfehler.

Der Kläger rügt die Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches [X.]ehör (§ 96 Abs. 2 [X.]O). Das [X.] habe gegen das Verbot einer Überraschungsentscheidung verstoßen. Auch ein kundiger Beteiligter habe nicht damit rechnen können, dass das [X.] die "Notsituation" des [X.] gegen den klaren Akteninhalt nicht berücksichtige und damit dem Rechtsstreit eine entscheidende Wendung gebe. Die "Notsituation" des [X.] sei weder im außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren noch im Klageverfahren vom [X.] bestritten worden und der Kläger habe sich deshalb hierzu nicht äußern können.

Der Kläger lässt bei dieser Rüge außer Betracht, dass --wie er selbst vorträgt-- das [X.]ericht sein Vorbringen offenkundig zur Kenntnis genommen und in seiner Urteilsbegründung auch angesprochen hat. Das [X.]ericht hat die entsprechende Einlassung des [X.] angesichts der zeitnahen [X.]eldschenkungen des [X.] an seine Kinder lediglich nicht für glaubhaft erachtet. [X.]it seiner Rüge hält der Kläger dem [X.] letztlich nur entgegen, es habe sein Vorbringen nicht in der von ihm --dem [X.] als richtig angesehenen Art und Weise gewürdigt. Darauf kann jedoch die Rüge der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches [X.]ehör nicht gestützt werden.

5. Der Kläger vermochte schließlich auch keinen sog. qualifizierten [X.] schlüssig darzulegen, der ausnahmsweise die Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 [X.]O gebietet.

Für einen derartigen [X.]angel kommen nur offensichtliche materielle oder formelle Fehler im Sinne einer objektiv willkürlichen Entscheidung des [X.] in Betracht. Solche gravierenden [X.]ängel der Vorentscheidung hat der Kläger weder substantiiert dargetan, noch sind hierfür sonstige Anhaltspunkte ersichtlich. Der --aus Sicht des [X.]-- zu Unrecht nicht berücksichtigte Notverkauf und die Nichtberücksichtigung der dinglichen Haftungsübernahme als [X.]egenleistung für den [X.]rundstückskauf reichen hierfür nicht aus.

6. Der wesentliche Teil der Angriffe des [X.] gegen die angefochtene Entscheidung besteht in kritischen Äußerungen darüber, dass und warum das [X.] den Streitfall in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht falsch gewürdigt habe. Die Rüge solcher Fehler rechtfertigt indessen grundsätzlich die Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 [X.]O nicht (vgl. z.B. [X.]räber/Ruban, a.a.[X.], § 115 Rz 24, 45, 53, 55, 76 und 81 f.).

Meta

X B 51/09

17.03.2010

Bundesfinanzhof 10. Senat

Beschluss

vorgehend FG München, 3. März 2009, Az: 10 K 818/06, Urteil

§ 96 Abs 2 FGO, § 115 Abs 2 Nr 2 Alt 1 FGO, § 116 Abs 3 S 3 FGO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 17.03.2010, Az. X B 51/09 (REWIS RS 2010, 8426)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 8426

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