Bundesfinanzhof, Beschluss vom 19.09.2012, Az. VIII B 90/12

8. Senat | REWIS RS 2012, 3039

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Gegenstand

Ermittlung des Veräußerungsgewinns bei Tausch von Geschäftsanteilen


Leitsatz

NV: Bei der Ermittlung des Veräußerungserlöses nach § 16 Abs. 2 EStG ist, soweit die Gegenleistung für den Verkauf von GmbH-Geschäftsanteilen nicht in Geld, sondern in börsennotierten Namensaktien besteht, der Veräußerungspreis mit dem Börsenkurs zum Zeitpunkt der Abtretung der Aktien anzusetzen, so dass eine Anrechnungsabrede nicht zur Folge hat, dass lediglich die von den Vertragsparteien veranschlagte Höhe des Gesamtkaufpreises als Gegenleistung für die Veräußerung anzusehen ist.

Tatbestand

1

I. Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) wurden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger veräußerte mit notariellem Kaufvertrag vom 7. Januar 2000 GmbH-Geschäftsanteile an eine [X.] Aktiengesellschaft. Die Übertragung der Geschäftsanteile erfolgte mit sofortiger dinglicher Wirkung. Am 31. Januar 2000 vereinbarten die Vertragsparteien, dass die zweite Rate des Kaufpreises am 30. Juni 2000 fällig werde. Der Betrag sollte zu 50 % in bar und zu 50 % in Namensaktien der an der [X.] Börse notierten [X.] geleistet werden. Außerdem vereinbarten sie eine Erhöhung des Kaufpreises, der gleichfalls durch die Übertragung von Namensaktien der Erwerbergesellschaft erfüllt werden sollte. Die Abgeltung in Namensaktien sollte zum Kurswert vom 31. Januar 2000 erfolgen, der sich auf 620 [X.] belief. Die Namensaktien sollten bis zum 30. Juni 2000 in einem auf den Namen des [X.] lautenden Depot der Erwerberin verwahrt werden. Mit Abtretungserklärung vom 15. September 2000 wies die Erwerbergesellschaft das [X.] Aktienregister an, die Namensaktien unter Besitzwechsel auf ein auf den Kläger lautendes [X.] zu übertragen.

2

Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt) legte bei der Berechnung des Veräußerungserlöses aus dem Verkauf der GmbH-Anteile als gemeinen Wert der Inhaberaktien den geschätzten Börsenwert zum Zeitpunkt der Abtretung im September 2000 in Höhe von 900 DM je Namensaktie zugrunde.

3

Das Finanzgericht (FG) wies die hiergegen erhobene Klage ab.

4

Mit ihrer Beschwerde begehren die Kläger die Zulassung der Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

Entscheidungsgründe

5

II. Die Beschwerde ist unbegründet.

6

Der von den Klägern geltend gemachte Zulassungsgrund der Divergenz (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 [X.]O) liegt nicht vor.

7

a) Eine Divergenz ist anzunehmen, wenn das [X.] mit einem das angefochtene Urteil tragenden und entscheidungserheblichen Rechtssatz von einem eben solchen Rechtssatz einer anderen Gerichtsentscheidung abgewichen ist. Das angefochtene Urteil und die vorgebliche Divergenzentscheidung müssen dabei dieselbe Rechtsfrage betreffen und zu gleichen oder vergleichbaren Sachverhalten ergangen sein (Beschluss des [X.] --[X.]-- vom 12. Oktober 2011 III B 56/11, [X.], 178).

8

b) Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall nicht vor. Die Kläger machen geltend, das [X.] weiche mit seinem Urteil von der ständigen Rechtsprechung des [X.] ab, nach der bei der Ermittlung des [X.] nach § 16 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG), soweit die Gegenleistung nicht in Geld, sondern in Sachgütern bestehe, der Veräußerungspreis mit dem gemeinen Wert (§ 9 des Bewertungsgesetzes) der erlangten Sachgüter im Zeitpunkt der Veräußerung zu bewerten sei. Die Kläger berufen sich diesbezüglich auf das Urteil des [X.] vom 25. Juni 2009 IV R 3/07 ([X.]E 226, 62, [X.], 182), auf das in seiner Entscheidung auch das [X.] Bezug genommen hat.

9

Wie das [X.] in seiner Entscheidung jedoch zu Recht festgestellt hat, liegt der Entscheidung des [X.] nicht der gleiche bzw. vergleichbare Sachverhalt zugrunde. Bei dem vom [X.] entschiedenen Fall erfolgte die Übertragung der Aktien als Gegenleistung für die erworbenen Gesellschaftsanteile in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit Veräußerung und Übertragung der Geschäftsanteile. Im vorliegenden Fall wurde die Gegenleistung nicht unmittelbar bei der Veräußerung der Geschäftsanteile am 7. Januar 2000, sondern erst mit der Abtretungserklärung der Käuferin vom 15. September 2000 vollständig erbracht, so dass eine die Rechtseinheit gefährdende Abweichung nicht vorliegt.

Vielmehr folgt das [X.] in seiner Entscheidung der ständigen Rechtsprechung des [X.] (vgl. Beschluss des Großen Senats des [X.] vom 19. Juli 1993 GrS 2/92, [X.]E 172, 66, [X.] 1993, 897; [X.]-Urteil in [X.]E 226, 62, [X.], 182), nach der mit dem Begriff "Veräußerungspreis" in § 16 Abs. 2 EStG der tatsächlich erzielte Erlös aus der Betriebsveräußerung gemeint ist, so dass eine Anrechnungsabrede nicht zur Folge hat, dass lediglich die von den Vertragsparteien veranschlagte Höhe des Gesamtkaufpreises als Gegenleistung für die Veräußerung anzusehen wäre. Dies gilt entgegen der Auffassung der Kläger unabhängig davon, ob die vertraglichen Leistungen durch die Vertragsparteien endgültig festgelegt werden oder unter einer aufschiebenden oder auflösenden Bedingung stehen. Danach sind später eintretende Veränderungen beim ursprünglich vereinbarten Veräußerungspreis solange und soweit materiell-rechtlich auf den Zeitpunkt der Veräußerung zurückzubeziehen, als der Erwerber seine Verpflichtung zur Zahlung des Kaufpreises noch nicht erfüllt hat. Unerheblich ist dabei, welche Gründe für die Minderung oder Erhöhung des Erlöses maßgebend waren.

Meta

VIII B 90/12

19.09.2012

Bundesfinanzhof 8. Senat

Beschluss

vorgehend FG Nürnberg, 15. März 2012, Az: 7 K 180/11, Urteil

§ 16 Abs 2 EStG 1997, § 9 BewG 1991

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 19.09.2012, Az. VIII B 90/12 (REWIS RS 2012, 3039)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 3039

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