Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.07.2014, Az. 5 ARs 39/14

5. Strafsenat | REWIS RS 2014, 4012

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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS

5
ARs 39/14

vom
16. Juli 2014
in der Strafsache
gegen

1.

2.

wegen Diebstahls oder gewerbsmäßiger Hehlerei

hier:

[X.] des 2. Strafsenats vom 28. Januar 2014

2
StR 495/12

-
2
-

Der 5. Strafsenat des [X.] hat am 16.Juli 2014 beschlossen:

Auf den [X.] des 2.
Strafsenats vom 28.
Januar
2014

2
StR 495/12

erklärt der [X.], dass er an seiner Rechtsprechung zur
ungleichartigen
Wahlfeststellung festhält.

Gründe:
Die vom Gesetzgeber bewusst der Rechtsprechung und dem Schrifttum überlassene (vgl. BT-Drucks. I/3713 [X.]) höchstrichterlich entwickelte Rechts-figur der ungleichartigen (gesetzesalternativen) Wahlfeststellung verstößt nach Ansicht des [X.]s nicht gegen Art.
103 Abs.
2 GG; er sieht im Anfrageverfah-ren nach § 132 [X.] daher keinen Grund zur Änderung seiner Rechtsprechung
(vgl. nur [X.], Beschluss vom 27.
November 2012

5 StR 377/12).

1. Der Grundsatz nulla poena sine lege (Art.
103 Abs.
2 GG) wird nicht berührt
oder gar verletzt. Durch die ungleichartige Wahlfeststellung werden we-der gesetzliche Tatbestandsvoraussetzungen abgeschwächt, noch wird ein neuer Tatbestand konstruiert. Auch auf [X.] Grundlage erfolgt die Ver-urteilung
nur nach den bei der Begehung der Tat bestehenden Straftatbestän-den, den
in ihnen enthaltenen Merkmalen
und
Strafandrohungen
(vgl. [X.], [X.] 1953, 33, 38).

2. Die ungleichartige Wahlfeststellung ist eine prozessuale Entschei-dungsregel (vgl. [X.]/Stuckenberg, 68.
EL, §
261 StPO Rn.
106 und 149; [X.], [X.]
2013, 271, 273). Sie wurde ursprünglich von den Vereinigten Strafsena-1
2
3
-
3
-

ten des [X.] für die Verurteilung von Diebstahl oder Hehlerei entwi-ckelt, wobei diese
nach zutreffender eigener Einschätzung ausschließlich in das Verfahrensrecht rechtsschöpferisch eingegriffen haben (vgl. RG

Vereinigte Strafsenate

, Beschluss vom 2.
Mai 1934

1
D 1096/33, [X.], 257, 262).

Sie stellt ihrerseits eine
Ausnahme von

dar (vgl. dazu BVerfG

Kammer, Beschlüsse vom 17.
Juli 2007

2 BvR 496/07, NStZ-RR
2007, 381, 382,
und vom 26.
August 2008

2
BvR 553/08)
und
gelangt erst dann zur Anwendung, wenn nach dieser
kei-ne eindeutige Tatsachengrundlage zustande kommt, insbesondere
keine ein-deutige Verurteilung nach einem sachlogischen (vgl. [X.], 26.
Aufl., §
261 Rn.
129; [X.], 12.
Aufl., [X.].
§
1 Rn.
58, 72 f.) oder
aber einem normativ-ethischen Stufenverhältnis (vgl. [X.], aaO
Rn.
60, 91 f.; [X.], aaO, Rn.
133; [X.], Urteil vom 19.
Mai 2010

5
StR 464/09, [X.]St 55, 148, 150 f.;
kritisch: [X.]/Stuckenberg, aaO, Rn.
116) der Gesche-hensabläufe erfolgen kann.
Ein Freispruch aufgrund doppelter Anwendung des [X.] nach je unterschiedlicher Blickrichtung wäre in Fällen, in denen [X.] eine am Gleichheitssatz orientierte, dem Rechtsgüterschutz verpflichte-te Ausgestaltung eines effektiven Strafverfahrens
zu gewährleisten ist.

Der [X.] gibt bei dieser Gelegenheit zu erwägen, ob in Fällen der Ge-setzesalternativität
nicht schon allein die Anwendung des [X.] eine eindeutige Verurteilung nach dem im Einzelfall mildesten Gesetz
(vgl. dazu [X.], 369, 373)

hier Verurteilung wegen Diebstahls, nicht aber wegen
Diebstahls oder gewerbsmäßiger Hehlerei

ermöglichen und so eine Belastung
des Angeklagten mit einem alternativen Schuldspruch vermeiden würde
(so 4
5
-
4
-

schon Dreher,
[X.] 1970, 369, 371; vgl. [X.], Urteil vom 19.
Mai 2010

5
StR 464/09 aaO S.
152).
Hier wäre naheliegend auch die Konkurrenzfrage mit zu bedenken, die sich gerade im Vorlagefall stellen kann.

3. Die ungleichartige Wahlfeststellung zieht keine
Ungenauigkeiten
bei
der Strafzumessung
nach sich. Dass die Strafe
dem mildesten Gesetz zu ent-. Denn welches Gesetz das mildeste ist, wird nicht abstrakt nach der gesetzlichen Strafandrohung entschieden.
Anzuwenden ist vielmehr das Gesetz, das nach der Lage des konkreten Falls die mildeste Bestrafung zulässt, wobei zu prüfen ist, auf welche Strafe zu erkennen wäre, wenn die eine oder andere strafbare Handlung eindeutig feststünde (vgl. [X.], 369, 373 f.; 70, 281; [X.], Urteile vom 29.
Oktober 1958

2
StR 375/58, [X.]St
13, 70, 72, und vom
15.
Mai 1973

4
StR 172/73, [X.]St
25, 182, 186; [X.], aaO,
Rn.
165
mwN; [X.], aaO,
Rn.
160; [X.], StGB, 8.
Aufl., [X.]. zu §
55 Rn.
46).
Dazu gehört es auch, die alternativen Tatbilder im Hinblick auf die Per-son des Angeklagten zu beurteilen (vgl. [X.], 369, 374). Unmögliches oder Unzumutbares wird hierbei vom Tatgericht nicht verlangt.

Basdorf
[X.]
Schneider

Dölp
König

6

Meta

5 ARs 39/14

16.07.2014

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Sachgebiet: ARs

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.07.2014, Az. 5 ARs 39/14 (REWIS RS 2014, 4012)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 4012

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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(Verstoß der richterrechtlich entwickelten Rechtsfigur der ungleichartigen Wahlfeststellung gegen Art. 103 Abs. 2 GG)


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