Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.03.2010, Az. 3 StR 65/10

3. Strafsenat | REWIS RS 2010, 8329

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 StR 65/10 vom 18. März 2010 in der Strafsache gegen 1. 2. wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u. a. - 2 - Der 3. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung der Beschwerde-führer und des [X.] - zu 2. auf dessen Antrag - am 18. März 2010 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen: 1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 6. November 2009 im [X.] aufgehoben; jedoch bleiben die bisherigen Feststellungen aufrechterhalten. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer [X.] und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landge-richts zurückverwiesen. 2. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.
Gründe: Das [X.] hat die Angeklagten wegen unerlaubter Einfuhr von [X.] in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaub-ten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu Freiheits-strafen von jeweils drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die auf die [X.] gestützten Revisionen der Angeklagten haben zum Strafaus-spruch Erfolg, zum Schuldspruch sind sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. 1 1. Der Strafausspruch kann nicht bestehen bleiben. Das [X.] hat die gegen die Angeklagten verhängten Strafen jeweils dem Strafrahmen des 2 - 3 - § 30 Abs. 1 BtMG entnommen und bei deren konkreter Bemessung beiden [X.] deren "[X.]" strafmildernd zugute gebracht. [X.] hat es die Anwendung des § 31 BtMG nicht für möglich gehalten. Dies hält rechtlicher Prüfung nicht stand. a) Nach den Urteilsfeststellungen wurden die Angeklagten am 13. Juli 2009 nach der Einfuhr von etwa 3 kg Marihuana und 3 kg Amphetamin aus den [X.] in die [X.] festgenommen. Sowohl bei ihren polizeili-chen Vernehmungen vom selben Tag wie auch im weiteren Ermittlungs- und im Zwischenverfahren leisteten die Angeklagten keine Aufklärungshilfe. Nach [X.] vom 28. Juli 2009 eröffnete das [X.] Krefeld mit [X.] vom 16. September 2009 das Hauptverfahren (§ 207 StPO). Erstmals in der am 6. November 2009 stattfindenden Hauptverhandlung machten beide Angeklagten Angaben zu ihrem Auftraggeber. 3 Das [X.] ist der Ansicht, dass es ausgeschlossen sei, auf diese Angaben eine Strafmilderung nach § 31 BtMG zu stützen; denn der späte [X.]-punkt der Aussagen erst in der Hauptverhandlung führe gemäß § 31 Satz 2 BtMG, § 46 b Abs. 3 StGB i. V. m. Art. 316 d EGStGB (jeweils in der Fassung des [X.] vom 29. Juli 2009, [X.], in [X.] seit 1. September 2009) dazu, dass wegen der nunmehr geltenden zeitlichen Grenze der Berück-sichtungsfähigkeit die "Vergünstigung des § 31 BtMG" den Angeklagten nicht mehr zugute kommen könne. 4 b) Dem kann nicht gefolgt werden. Art. 316 d EGStGB bestimmt, dass § 46 b StGB und § 31 BtMG in der Fassung des [X.] nicht auf Verfah-ren anzuwenden sind, in denen vor dem 1. September 2009 die Eröffnung des Hauptverfahrens beschlossen worden ist. Diese negativ formulierte Überlei-tungsvorschrift stellt eine - verfassungsrechtlich unbedenkliche ([X.] 81, 5 - 4 - 132, 136 f.; BGHSt 42, 113, 120; [X.] in [X.]/[X.], StGB 27. Aufl. § 2 [X.]. 16) - Derogation des Meistbegünstigungsprinzips (§ 2 Abs. 3 StGB) dar, die die Gerichte in bereits rechtshängigen Verfahren von der gegebenenfalls schwierigen Bewertung entbinden soll, ob die alte oder neue Fassung des § 31 BtMG nach den Umständen des konkreten Einzelfalls das mildere Gesetz sei (BTDrucks. 16/6268 [X.]: etwa im Hinblick auf die Frage einer Milderung nach § 49 Abs. 1 oder 2 StGB oder eines Absehens von Strafe). Sie bedeutet jedoch nicht, dass im Umkehrschluss die neuen [X.] - und damit auch die Präklusionsvorschrift des § 46 b Abs. 3 StGB - ohne weiteres auf Verfahren anzuwenden sind, in denen die Eröffnung des [X.] nach dem 1. September 2009 beschlossen worden ist. Für die Frage des auf diese Verfahren anwendbaren Rechts gelten vielmehr die allgemeinen Regeln, nach denen grundsätzlich das zur Tatzeit geltende materielle Recht Anwendung findet (§§ 1, 2 Abs. 1 StGB), sofern das neuere Recht in seiner Gesamtheit keine für den Angeklagten günstigere Regelung darstellt (§ 2 Abs. 3 StGB). 6 Die vom [X.] vorgenommene Auslegung, nach der § 46 b Abs. 3 StGB i. V. m. § 31 Satz 2 BtMG nF auch dann Anwendung finden soll, wenn dies zur Versagung einer nach alter Rechtslage gegebenen Milderungsmöglich-keit nach § 31 BtMG führt und damit eine für den Angeklagten nachteilige Ände-rung des zur Tatzeit geltenden materiellen Rechts darstellt, findet in der Geset-zesbegründung keine Stütze. Diese geht erkennbar nur von der Derogation des Meistbegünstigungsprinzips (§ 2 Abs. 3 StGB) aus. Auch die dortige [X.], dass § 46 b StGB in Strafverfahren "anwendbar" sei, in denen bei Inkraft-treten der Neuregelung am 1. September 2009 noch kein Eröffnungsbeschluss ergangen sei (BTDrucks. aaO), kann keinen Anwendungsautomatismus in [X.] - 5 - zug auf die neuen Vorschriften begründen. Zwar wird die mit dem [X.] eingeführte Kronzeugenregelung in [X.], in denen es bislang keine entsprechenden bereichspezifischen Vorschriften gab, die mildere Rege-lung darstellen und daher gemäß § 2 Abs. 3 StGB in nach dem 1. September 2009 eröffneten Verfahren regelmäßig Anwendung finden. Dies ist jedoch in Bereichen, in denen schon bisher sog. "kleine Kronzeugenregelungen" galten (§ 31 BtMG aF, § 261 Abs. 10 StGB aF), nicht der Fall. Hier ist im Einzelfall zu entscheiden, ob die neue oder die alte Regelung der Rechtsfolgen einer Aufklä-rungs- bzw. Präventionshilfe in ihrer Gesamtheit die für den Angeklagten güns-tigere Gesetzeslage darstellt. Einer Auslegung des Art. 316 d EGStGB dahin, dass in den ab dem 1. September 2009 eröffneten Verfahren stets § 31 BtMG nF anzuwenden ist, kann auch deshalb nicht gefolgt werden, weil dies eine Änderung der mit [X.] [X.], StGB 57. Aufl. § 2 [X.]. 2; [X.] aaO [X.]. 1) versehe-nen Vorschrift des § 2 Abs. 1 StGB und damit einen Verstoß gegen das im Strafrecht absolut geltende Rückwirkungsverbot (Art. 103 Abs. 2 GG) darstellen würde. Zu den vom Rückwirkungsverbot erfassten Normen gehören auch jene Regeln, die über die Art und Weise der Rechtsfolgen der Erfüllung eines [X.] entscheiden und damit auch die Vorschriften über die Strafzu-messung (vgl. [X.] 105, 135, 156 f.; [X.] in [X.], [X.]. Art. 103 Abs. 2 [X.]. 24). Dass § 31 BtMG tatbestand-lich an das Nachtatverhalten und einen etwaigen Aufklärungserfolg anknüpft, mithin an Sachverhalte, die (teilweise) in die [X.] nach Inkrafttreten des [X.] fallen, ändert daran nichts. Mit der gesetzlichen Bestimmung der Strafbarkeit ist der gesamte sachliche Rechtszustand gemeint, von dem die Zulässigkeit und die Modalitäten der Ahndung einer Straftat abhängen [X.] 8 - 6 - aaO § 1 [X.]. 15; [X.] aaO § 2 [X.]. 20; [X.] in [X.] § 2 [X.]. 8; [X.] in [X.] § 2 [X.]. 10; [X.] aaO [X.]. 23 ff., 50). 2. Die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen zum Strafausspruch können bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO). Im Rahmen der neuen Strafzu-messung sind ergänzende Feststellungen, insbesondere zur Frage eines [X.], möglich, sofern sie den bisher getroffenen nicht widerspre-chen. 9 [X.] Sost-Scheible [X.]

Meta

3 StR 65/10

18.03.2010

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.03.2010, Az. 3 StR 65/10 (REWIS RS 2010, 8329)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 8329

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