Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.10.2003, Az. VIII ZR 227/02

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2003, 1189

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[X.] DES VOLKESURTEIL[X.]/02Verkündet am:15. Oktober 2003P o t s c h ,[X.] Geschäftsstellein dem [X.]:ja[X.]Z: neinBGB a.F. §§ 459, 462, 463, 465, 467, 346 ff.Ein unbenutztes Kraftfahrzeug ist regelmäßig noch "fabrikneu", wenn und solangedas Modell dieses Fahrzeugs unverändert weitergebaut wird, wenn es keine durchlängere Standzeit bedingten Mängel aufweist und wenn zwischen Herstellung [X.] und Abschluß des Kaufvertrages nicht mehr als 12 Monate liegen.[X.], Urteil vom 15. Oktober 2003 - [X.]/02 -OLG [X.] Bautzen- [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] 15. Oktober 2003 durch die Vorsitzende Richterin [X.] und [X.] [X.], Dr. Leimert, [X.] und [X.] Recht erkannt:Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 18. Juli 2002 wird [X.].Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.Von Rechts [X.]:Der Kläger begehrt von der Beklagten die Rückabwicklung eines [X.] über einen Personenkraftwagen.Der Kläger bestellte am 30. Juni 2000 bei der Beklagten einen Pkw [X.] zu einem Kaufpreis von 53.595 DM. Das von den Beklagten ver-wendete Formular enthielt die Angabe "verbindliche Bestellung neuer Kraftfahr-zeuge und Anhänger". Am 9. August 2000 wurde dem Kläger von der [X.] am 30. November 1998 hergestellter [X.] übergeben. Ein [X.] bezüglich dieses Pkw-Typs hatte in der [X.] vom 30. [X.] bis zum Kauf nicht stattgefunden. Mit Schreiben vom 5. September 2000erklärte der Kläger die Wandelung des Kaufvertrages. Die Beklagte lehnte die- 3 -Wandelung mit Schreiben vom 12. Oktober 2000 ab. Der Kläger war zum [X.]-punkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz am 27. Juni2002 mit dem Pkw ca. 24.000 Kilometer gefahren.Der Kläger hat die Auffassung vertreten, es fehle eine zugesicherte [X.], da ein 21 Monate alter Pkw nicht mehr als fabrikneu bezeichnetwerden könne; er sei deshalb berechtigt, von der Beklagten insgesamt55.581,33 DM Zug um Zug gegen Herausgabe des Autos zu verlangen.Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Das [X.] hatder Klage in Höhe von 44.976,92 DM stattgegeben. Dagegen richtet sich [X.] Senat zugelassene Revision, mit der die Beklagte die Wiederherstellungdes landgerichtlichen Urteils erstrebt.Entscheidungsgründe:[X.] Berufungsgericht hat - soweit in der Revision noch von Interesse -ausgeführt:Der Kläger habe gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von44.976,92 DM Zug um Zug gegen Rückgabe des streitgegenständlichen Pkwaus §§ 459, 462, 465, 467, 346 f. BGB a.F. Im Verkauf eines Neuwagens durcheinen Kfz-Händler liege in der Regel die konkludente Zusicherung, daß dasFahrzeug fabrikneu sei. Der von dem Kläger erworbene Pkw könne [X.] Standzeit von 19 Monaten zwischen Herstellung und Abschluß [X.] und 20 Monaten zwischen Herstellung und Übergabe nicht als- 4 -fabrikneu angesehen werden. Ein nicht benutztes Kraftfahrzeug sei, auch [X.] einige [X.] nach seiner Herstellung verkauft werde, als fabrikneu anzusehen,wenn und solange das Modell dieses Fahrzeuges unverändert weitergebautwerde, also keinerlei Änderung in der Technik und Ausstattung aufweise, unddurch das Stehen keine Mängel entstanden seien. Ein Verkauf "einige [X.] nachder Herstellung" liege zumindest dann nicht mehr vor, wenn der Pkw bereits 19Monate auf Lager gestanden habe. Nach der Verkehrsanschauung sei [X.] die Lagerdauer für die Wertschätzung eines Kraftfahrzeugs von aus-schlaggebender Bedeutung. Es mache einen großen Unterschied, ob ein Autofrisch vom Band oder erst nach längerer Standzeit verkauft werde. Eine lange,selbst technisch unbedenkliche Standzeit sei für den Neuwagen immer einwertmindernder Faktor. Auf den zurückzugewährenden Kaufpreis von53.595 DM müsse sich der Kläger aber die von ihm gezogenen und nach§§ 467, 347 Satz 2 BGB a.F. herauszugebenden Nutzungen anrechnen lassen.Da der Kläger bis zur letzten mündlichen Verhandlung ca. 24.000 Kilometer mitdem Pkw gefahren sei, ergebe sich ein Abzug von 8.618,08 DM.II.Die zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung vom Senat zu-gelassene Revision hat keinen Erfolg und ist daher zurückzuweisen. Die Aus-führungen des Berufungsgerichts halten der revisionsrechtlichen Nachprüfungstand.1. Auf das vor dem 1. Januar 2002 entstandene Schuldverhältnis [X.] sind die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches in der bis zu die-sem [X.]punkt geltenden Fassung anwendbar (Art. 229 § 5 EGBGB). Zu [X.] das Berufungsgericht von einer Zusicherung der Beklagten aus, daß das- 5 -von ihr an den Kläger verkaufte Auto fabrikneu sei. Nach der ständigen Recht-sprechung des Senats liegt im Verkauf eines Neuwagens durch einen Kfz-Händler grundsätzlich die Zusicherung, daß das verkaufte Fahrzeug die Eigen-schaft hat, "fabrikneu" zu sein (Urteil vom 22. März 2000 - [X.], [X.], 2018 unter [X.]; Urteil vom 18. Juni 1980 - [X.], [X.] unter II 3; Urteil vom 16. Juli 2003 - [X.], zur [X.] Entgegen der Auffassung der Revision ist auch nicht zu beanstanden,daß das Berufungsgericht den Pkw aufgrund seiner Standzeit von 19 Monatenzwischen Herstellung und Abschluß des Kaufvertrages und 20 Monaten zwi-schen Herstellung und Übergabe nicht als fabrikneu angesehen hat. Nach [X.] des erkennenden Senats ist ein unbenutztes [X.], wenn und solange das Modell dieses Fahrzeugs unverändert weiter-gebaut wird und wenn es keine durch eine längere Standzeit bedingte Mängelaufweist; das gilt auch dann, wenn das Fahrzeug erst einige [X.] nach seinerHerstellung verkauft wird (Urteil vom 22. März 2000 aaO; Urteil vom 18. Juni1980 aaO unter II 1; Urteil vom 6. Februar 1980 - [X.], [X.] unter [X.] c).Ohne Erfolg rügt die Revision, daß das Berufungsgericht allein auf [X.] der Standzeit des Kraftfahrzeugs abgestellt habe und damit von derständigen Rechtsprechung des Senats abweiche. Der Senat hat in seinen Ent-scheidungen zur Frage, wann ein Kraftfahrzeug "fabrikneu" ist, ausgeführt, daßdiese Rechtsprechung auch für den Fall gelte, daß das Fahrzeug "erst einige[X.] nach seiner Herstellung verkauft" werde. In der Entscheidung vom6. Februar 1980 (aaO unter [X.] c) hat der Senat die damalige, nach der Recht-sprechung und im Schrifttum herrschende Meinung dahin wiedergegeben, daßein Kraftfahrzeug, das zehn bis zwölf Monate vor dem Verkauf hergestellt und- 6 -abgesehen von der Überführungsfahrt nicht benutzt worden sei, jedenfalls [X.] fabrikneu bezeichnet werden könne, wenn das Modell dieses Kraftfahrzeugsweiterhin hergestellt werde und wenn das Kraftfahrzeug keine Mängel aufweise.Im Rahmen der weiteren Gründe hat der Senat sich dieser herrschenden [X.] ausdrücklich angeschlossen. Entgegen der Auffassung der [X.] deshalb das Berufungsurteil nicht von der Rechtsprechung des [X.]. Zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung bedarf es aber nunmehrder Festlegung einer maximalen Standzeit, bis zu deren Ablauf ein Kraftfahr-zeug im Regelfall noch als "fabrikneu" angesehen werden kann, da in [X.] der [X.]e die Frage des Höchstalters "fabrik-neuer" Kraftfahrzeuge ganz unterschiedlich beantwortet wird (nicht mehr fabrik-neu: [X.], NJW-RR 1993, 57 nach 8 Monaten, [X.] amMain, NJW-RR 1998, 1213 und [X.], [X.], 353 nach 12 [X.] fabrikneu: [X.] am Main, NJW-RR 2001, 166 nach 16 [X.], [X.] 2001, 223 nach 14 Monaten; [X.], [X.] 1999, 412 nach 30 Monaten).3. Der Senat präzisiert seine Rechtsprechung nunmehr dahin, daß einunbenutztes Kraftfahrzeug regelmäßig noch "fabrikneu" ist, wenn und solangedas Modell dieses Fahrzeugs unverändert weitergebaut wird, wenn es keinedurch längere Standzeit bedingte Mängel aufweist und wenn zwischen Herstel-lung des Fahrzeugs und Abschluß des Kaufvertrages nicht mehr als zwölf [X.] liegen.Zu Recht weist das Berufungsgericht darauf hin, daß die Meinung, [X.] dem Verkäufer eine unbegrenzte Lagerhaltung zubilligt, sofern keineStandschäden eingetreten sind oder das Modell sich verändert hat, schützens-werte Interessen des Käufers verletzt (vgl. auch [X.], [X.], 141 f.;Reinking/[X.], [X.], 8. Aufl., 2003, Rdnr. 207). Nach der [X.] 7 -anschauung ist die Lagerdauer für die Wertschätzung eines Kraftfahrzeugs vonwesentlicher Bedeutung. Eine lange [X.] ist für einen Neuwagenkäuferein wertmindernder Faktor. Jedes Kraftfahrzeug unterliegt einem Alterungspro-zeß, der mit dem Verlassen des [X.] einsetzt. [X.] sich der Zustand des Fahrzeugs durch [X.]ablauf aufgrund vonMaterialermüdung, Oxydation und anderen physikalischen Veränderungen.Selbst eine Aufbewahrung unter optimalen Bedingungen vermag dies nur zuverlangsamen, aber nicht zu verhindern. Im Regelfall ist deshalb davon auszu-gehen, daß eine Lagerzeit von mehr als 12 Monaten die [X.] beseitigt.4. Die Lagerzeit von 19 Monaten im vorliegenden Fall führt deshalb, [X.] Berufungsgericht zutreffend festgestellt hat, dazu, daß dem Fahrzeug diezugesicherte Eigenschaft (fabrikneu) bei Übergabe gefehlt hat. Umstände, [X.] Abweichung vom Regelfall gebieten, hat die Beklagte nicht dargelegt. [X.] der Umstand, daß es sich um ein aus den [X.] von [X.] handelt, genügt hierfür nicht.5. Ohne Erfolg rügt die Revision schließlich, das Berufungsgericht habenicht berücksichtigt, daß der Kläger im [X.]punkt der letzten mündlichen Ver-handlung vor dem Berufungsgericht am 27. Juni 2002 mit dem Pkw ca. [X.] gefahren war.Daß der Kläger den Gebrauch des Fahrzeugs fortgesetzt hat, führt nichtzu einer Verwirkung seiner Gewährleistungsrechte. Nach der [X.] kommt es in solchen Fällen auf eine Abwägung der Interessen bei-der Vertragsparteien an. In aller Regel wird dem Käufer die bloße, den [X.] Üblichen nicht überschreitende Weiterbenutzung des Wagens nicht alsilloyales, widersprüchliches Verhalten vorgeworfen werden können, weil dies für- 8 -ihn günstiger als die Beschaffung eines [X.] sein wird. Die [X.] werden dadurch gewahrt, daß er Anspruch auf Werter-satz für die vom Käufer genossenen Gebrauchsvorteile erheben kann (Senat,Urteil vom 16. Oktober 1991 - [X.], NJW 1992, 170 unter [X.] f.; [X.], Urteil vom 2. Februar 1994 - [X.], NJW 1994, 1004 unter [X.] b).Wenn der Kläger in etwas weniger als zwei Jahren mit dem Fahrzeug ca.24.000 Kilometer zurückgelegt hat, ist dies, worauf die Revisionserwiderung [X.] hinweist, eine den Rahmen des Üblichen nicht überschreitende Weiter-benutzung des Wagens.[X.] [X.] Dr. Leimert[X.] [X.]

Meta

VIII ZR 227/02

15.10.2003

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.10.2003, Az. VIII ZR 227/02 (REWIS RS 2003, 1189)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 1189

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