Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.02.2000, Az. I ZR 97/98

I. Zivilsenat | REWIS RS 2000, 3190

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.] DES VOLKESURTEIL[X.]Verkündet am:10. Februar 2000FühringerJustizangestellteals Urkundsbeamtinder Geschäftsstellein dem [X.]: ja[X.]Z : [X.]: [X.] § 1; [X.] § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 5, § 21; [X.] § 3a; [X.] § 1 Abs. 1Zur Frage der Arzneimitteleigenschaft eines L-Carnitin enthaltenden Präparats,das vom Hersteller als diätetisches Lebensmittel bezeichnet wird, aber - inKapselform und verpackt in Faltschachteln mit Blisterstreifen - ausschließlichüber Apotheken vertrieben wird.[X.], [X.]. v. 10. Februar 2000 - [X.] - [X.] Hagen- 2 -Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] vom 10. Februar 2000 durch [X.] und [X.] v. Ungern-Sternberg, [X.], [X.] undDr. [X.] Recht erkannt:Auf die Revision der [X.]n wird das [X.]eil des [X.] vom 5. Februar 1998 aufgehoben.Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung,auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zu-rückverwiesen.Von Rechts [X.]:Die [X.] ist ein pharmazeutisches Unternehmen, das u.a. ein [X.] mit der Bezeichnung "[X.]" herstellt und vertreibt. Das nicht als Arznei-mittel zugelassene Präparat wird in Packungen mit 20 bzw. 50 sogenanntenCapsetten vertrieben, die jeweils 500 mg L-Carnitin [X.] -L-Carnitin ist eine körpereigene Substanz. Der tägliche Bedarf des Men-schen wird durch eine "normale" Ernährung gedeckt, während bei [X.] Ernährung Mängel auftreten können.Die [X.] bewarb "[X.]" in der Zeitschrift "[X.]" ([X.]/August 1995) u.a. mit den [X.] im Beruf, in der Freizeit oder im Sport. Immer ist der Grad IhrerGesundheit die Grundlage für Ihre Leistungsfähigkeit. "[X.]" un-terstützt die Leistungsbereitschaft Ihres Organismus, erhöht [X.] Ihres [X.] und optimiert Ihre Ausdau-erleistungsfähigkeit. Darüber hinaus gleicht "[X.]" (L-Carnitin) ei-nen gesteigerten Energiebedarf durch berufliche oder sportlicheBelastung schnell wieder aus."Der damals verwendete Beipackzettel enthält u.a. den Hinweis "L-Carnitin ist eine Transportsubstanz (Biocarrier) zur Erhaltung der muskulärenAusdauerleistungsfähigkeit und der Pumpleistung des Herzens" sowie die An-gabe "[X.] mit dem wichtigen L-Carnitin optimiert den Fettstoffwechsel, ver-stärkt die körpereigene Leistungsfähigkeit, verkürzt die Regeneration, stimuliertdas Immunsystem, unterstützt die Herzleistung". Als "Verzehrempfehlung" istdort u.a. ausgeführt: "Täglich 1-2 Capsetten lutschen oder langsam kauen. [X.] geschieht am besten kurweise, d.h. über mehrere Wochen, mit [X.] Einnahmepause. So wird einer nachteiligen Beeinflussung derkörpereigenen [X.] vorgebeugt". Weiterhin werden dort Hin-weise zur Einnahme bei sportlichen Belastungen sowie zum Zweck der "Mobili-sation körpereigener Abwehrkräfte während der kalten Jahreszeiten und in [X.] ([X.])" [X.] 4 -In der Folgezeit änderte die [X.] ihren Beipackzettel. Die [X.] mit dem Stand Januar 1996 und Oktober 1997 weisen nicht mehr daraufhin, daß "[X.]" (L-Carnitin) die Pumpleistung des Herzens erhalte und [X.] unterstütze. Die [X.] hat nach ihrer Darstellung auch ihreWerbung für "[X.]" verändert.Der klagende [X.] ist der Ansicht, daß "[X.]" ein Arz-neimittel sei. Die [X.] handele deshalb wettbewerbswidrig, wenn sie [X.] in den Verkehr bringe und bewerbe, ohne daß es als Arzneimittel zu-gelassen sei.Der Kläger hat beantragt,die [X.] unter Androhung von [X.] zu verurteilen,es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu [X.] für das Mittel "[X.]" mit einer Tagesdosis von500 mg L-Carnitin pro Capsette zu werben und/oder dieses Mittelzu vertreiben, solange es nicht als Arzneimittel zugelassen ist.Die [X.] hat demgegenüber vorgebracht, "[X.]" sei kein Arznei-mittel, sondern ein Nahrungsergänzungsmittel. Die Klage sei auch deshalb un-begründet, weil der Kläger mit seinem Unterlassungsantrag ein abstraktesWerbe- und Vertriebsverbot anstrebe, das nur begründet wäre, wenn L-Carnitinseiner Natur nach nur als Arzneimittel verwendet werden könnte. Dies sei [X.] nicht der [X.] -Das [X.] hat mit seinem ersten [X.]eil die Klage abgewiesen, weilder Kläger nicht nach § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG [X.] sei. [X.] Berufung des [X.] hat das Berufungsgericht diese Entscheidung mit [X.] aufgehoben, daß der Kläger die erforderliche Prozeßführungsbe-fugnis besitze, und den Rechtsstreit an das [X.] zurückverwiesen.Auch mit seinem zweiten [X.]eil hat das [X.] die Klage abgewie-sen. Der Kläger hat gegen diese Entscheidung Berufung eingelegt. Im Beru-fungsverfahren hat er neben seinem Hauptantrag einen Hilfsantrag gestellt,nach dem - unter den Voraussetzungen des [X.] - die Werbung undder Vertrieb des Mittels "[X.]" verboten werden sollen, falls dabei zusätzlichbestimmte, im einzelnen aufgeführte Angaben verwendet werden.Das Berufungsgericht hat die [X.] nach dem Hauptantrag verurteilt.Mit ihrer Revision, deren Zurückweisung der Kläger beantragt, [X.] [X.] ihren Klageabweisungsantrag weiter.Entscheidungsgründe:Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur [X.] an das Berufungsgericht.[X.] Das Berufungsgericht hat die Ansicht vertreten, die [X.] sei ver-pflichtet, es zu unterlassen, ihr [X.] "[X.]" zu bewerben undzu vertreiben, wenn dieses nicht als Fertigarzneimittel zugelassen sei.- 6 -Der Kläger [X.] mit seiner Klage nicht ein abstraktes Werbe- [X.] für [X.]e der [X.]n. Sein Antrag beziehesich vielmehr auf das - pro Capsette 500 mg L-Carnitin enthaltende - Präparat"[X.]" mit seinem konkreten Erscheinungsbild, wie es sich unverändert ausden als Anlage eingereichten Abbildungen der Verpackung und den vorgeleg-ten Packungen selbst ergebe.Die [X.] handele wettbewerbswidrig, weil sie in Kenntnis der [X.] Umstände das Präparat "[X.]" bewerbe und vertreibe, ohne daßdieses als Arzneimittel zugelassen sei. "[X.]" sei ein Arzneimittel, kein diäte-tisches Lebensmittel. Das darin enthaltene L-Carnitin sei eine Substanz ohneeigenen Brennwert, die beim Stoffwechsel für den Transport aktiver langketti-ger Fettsäuren an den Ort benötigt werde, an dem die Fettsäuren "verbrannt"würden. Nach der Auskunft des [X.] vom 14. Januar 1997 sei "[X.]" unter die Produkte einzuordnen, dieals "[X.]" angeboten würden. Solche Produkte würden - ungeachtetihrer Aufmachung als diätetische Lebensmittel - wegen der ihnen zugeschrie-benen Wirkungen auf Fitneß und Leistungssteigerung angewendet und wiesenpharmakologische Wirkungen auf. Selbst wenn dieser - nicht begründeten -Behördenäußerung keine entscheidende Bedeutung beigemessen werdensollte, ergebe sich aus den sonstigen Stellungnahmen keine andere [X.] Präparats "[X.]". Dies gelte auch für die Allgemeinverfügung des [X.] vom 26. Januar 1994 (BAnz. Nr. 25 v. 5.2.1994S. 995) über die Einfuhr und das Inverkehrbringen carnitinhaltiger Nahrungser-gänzungsmittel und die Monographie "L-Carnitin" des [X.](BAnz. Nr. 11 v. 17.1.1990 S. 247 f.). Die Problematik, ob es aus gesundheitli-- 7 -chen Gründen eine absolute Grenze für den Zusatz von L-Carnitin bei [X.] gebe, sei ersichtlich noch nicht gelöst.Die Einordnung von "[X.]" als Arzneimittel oder als Lebensmittel könnedemnach lediglich anhand seiner Verwendungsmöglichkeiten, der Indikations-hinweise, der Gebrauchsanweisung und der Aufmachung vorgenommen wer-den. Danach sei das Präparat als Arzneimittel anzusehen.Die Verpackung, insbesondere die für Arzneimittel übliche Art der Ab-packung der Capsetten, und der Hinweis, die Capsetten sollten gelutscht wer-den, deuteten eher auf ein Arzneimittel hin. Die Bezeichnung als "diätetischesLebensmittel" stehe dem nicht entgegen. Entscheidend sei jedoch, daß die [X.] in ihrer - in "[X.]" erschienenen - Werbeanzeige ihrem Produkteine Zielrichtung gegeben habe, die auf die Beeinflussung des Zustands undder Funktionen des Körpers, nicht auf den Ausgleich von Ernährungsdefiziten,hinweise. Der dadurch hervorgerufene Eindruck werde durch die Hinweise im(alten) Beipackzettel unterstützt. Die einmal gewählte Festlegung des [X.] Arzneimittel durch die Art der Werbung und die Gestaltung des [X.]s werde nicht dadurch aufgehoben, daß die [X.] sich nunmehr ver-stärkt an Sportler wende und die früheren Hinweise auf die Erhaltung [X.] des Herzens usw. nicht mehr wiederhole. Nach wie vor werdeauf die Einordnung von "[X.]" als Arzneimittel durch Angaben [X.] "aktiviert das Immunsystem" und "erhöht die [X.] bei sportlicherBelastung". Bei dieser Sachlage sei es nicht mehr erheblich, in welchem Um-fang ein Mangel von L-Carnitin im menschlichen Körper ersetzt werden dürfe,ohne daß es zu einer Überdosierung komme.- 8 -I[X.] Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. [X.] ist zwar zutreffend davon ausgegangen, daß ein Verstoß ge-gen die Vorschriften des § 21 [X.] und des § 3a [X.] einen [X.] nach § 1 UWG begründen kann (vgl. [X.], [X.]. v. 19.1.1995- I ZR 209/92, [X.], 419, 421 = [X.], 386 - [X.]).Seine Ansicht, daß dem Kläger ein solcher Anspruch zustehe, weil "[X.]" [X.] sei, das nicht ohne Zulassung in den Verkehr gebracht und be-worben werden dürfe, beruht jedoch auf unzureichenden Feststellungen.1. Nach dem Klageantrag soll die [X.] verurteilt werden, es zu [X.], im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken für das Mittel"[X.]" mit einer Tagesdosis von 500 mg L-Carnitin zu werben und/oder die-ses Mittel zu vertreiben, solange es nicht als Arzneimittel zugelassen ist. [X.] Berufungsgericht im Ausgangspunkt zutreffend entschieden hat, ist Ge-genstand des Klageantrags nur der Vertrieb des Präparats "[X.]" in [X.], wie sie der Kläger vorgelegt hat, d.h. in Faltschachteln, die Blister-streifen für 20 bzw. 50 Capsetten mit jeweils 500 mg L-Carnitin enthalten. Be-reits nach dem Wortlaut des Antrags, aber auch nach der Klagebegründung istdie mit dem Antrag angegriffene konkrete Verletzungsform nicht durch [X.] wie einen bestimmten Inhalt des Beipackzettels oder eine bestimmteProduktwerbung der [X.]n gekennzeichnet. Der Kläger hat es vielmehrausdrücklich abgelehnt, seinen Klageantrag auch auf einzelne Werbeaussa-gen der [X.]n zu stützen. Der Klageantrag wäre auch nicht hinreichendbestimmt i.S. des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, wenn zur Umschreibung der ange-griffenen konkreten Verletzungsform allgemein auf die Werbung der [X.]nfür ihr Präparat abzustellen wäre, ohne daß die zu beurteilenden Werbeaussa-gen konkret benannt würden. Das Berufungsgericht hat deshalb zutreffend [X.] seiner Entscheidungsgründe darauf hingewiesen, daß es für die Ent-- 9 -scheidung ohne Bedeutung ist, daß die [X.] im Laufe des [X.] Angaben im Beipackzettel geändert hat und das Präparat nunmehr auchmit anderen Aussagen bewirbt.Diese Bestimmung des Gegenstands des Klageantrags wird bestätigtdurch den Hilfsantrag, nach dem ein Verbot, wie es mit dem Hauptantrag be-gehrt wird, von der zusätzlichen Voraussetzung abhängen soll, daß in [X.] oder beim Vertrieb bestimmte Angaben über das Präparat einzelnoder in Kombination gemacht werden.2. Die vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen tragen seineBeurteilung nicht, daß "[X.]" kein Lebensmittel, sondern ein Arzneimittel [X.]) Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 [X.] sind Arzneimittel u.a. Stoffe, die dazu be-stimmt sind, durch Anwendung im menschlichen Körper Leiden, [X.] krankhafte Beschwerden zu heilen, zu lindern oder zu verhüten. Darüberhinaus fallen gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 5 [X.] auch Stoffe und Zubereitungen [X.] unter den Arzneimittelbegriff, die die Beschaffenheit, den Zustand oderdie Funktionen des Körpers beeinflussen. Allerdings wird der [X.] durch § 2 Abs. 3 Nr. 1 [X.] dahin eingeschränkt, daß Lebensmittel i.S.des § 1 [X.] keine Arzneimittel sind. Derselbe Stoff kann danach nichtgleichzeitig Lebensmittel und Arzneimittel sein.Nach § 1 Abs. 1 [X.] sind Lebensmittel Stoffe, die dazu bestimmt sind,in unverändertem, zubereitetem oder verarbeitetem Zustand von [X.] zu werden; ausgenommen sind Stoffe, die überwiegend dazu bestimmtsind, zu anderen Zwecken als zur Ernährung oder zum Genuß verzehrt [X.] 10 -Entscheidend für die Einordnung eines Produkts als Arzneimittel oderLebensmittel ist seine an objektive Merkmale anknüpfende überwiegendeZweckbestimmung, wie sie sich für einen durchschnittlich informierten, auf-merksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher darstellt. Die [X.] knüpft regelmäßig an eine schon bestehende Auffassungüber den Zweck vergleichbarer Mittel und ihre Anwendung an, die wiederumdavon abhängt, welche Verwendungsmöglichkeiten solche Mittel ihrer Art nachhaben. Die Vorstellung der Verbraucher von der Zweckbestimmung eines Pro-dukts kann weiter durch die Auffassung der pharmazeutischen oder medizini-schen Wissenschaft beeinflußt sein, ebenso durch die dem Mittel beigefügtenoder in Werbeprospekten enthaltenen [X.] und Gebrauchsan-weisungen sowie die Aufmachung, in der das Mittel dem Verbraucher [X.] entgegentritt (vgl. [X.] [X.], 419, 420 - [X.]; [X.],[X.]. v. 3.12.1997 - 2 StR 270/97, NJW 1998, 836, 837; BVerwGE 97, 132,135 f.; VGH München NJW 1998, 845).b) Das Berufungsgericht hat zu Unrecht keine Feststellungen dazu ge-troffen, ob das Präparat "[X.]" mit dem in ihm enthaltenen Stoff L-Carnitin,gerade auch in der Dosierung von 500 mg pro Tag, wie sie Gegenstand [X.] ist, aus der Sicht der Verbraucher die objektive Zweckbestim-mung eines Arzneimittels hat. Denn ein verständiger [X.] im allgemeinen nicht annehmen, daß ein als [X.] Präparat tatsächlich ein Arzneimittel ist, wenn es in der empfoh-lenen Dosierung keine pharmakologischen Wirkungen hat.Das Berufungsgericht hat selbst gesehen, daß die Auskunft des [X.] vom 14. Januar 1997 die Arz-- 11 -neimitteleigenschaft von "[X.]" lediglich behauptet, aber nicht begründet, unddaß auch die sonstigen vorgelegten behördlichen Stellungnahmen keine hin-reichende Grundlage für die Beurteilung bilden, ob ein Präparat mit dem [X.] in der Dosierung von 500 mg pro Capsette nach seiner objektivenZweckbestimmung als Arzneimittel anzusehen ist. Die Allgemeinverfügung [X.] für Gesundheit vom 26. Januar 1994 enthält lediglich die -nicht begründete - Entscheidung, daß L-Carnitin enthaltende Nahrungsergän-zungsmittel, die in einem Mitgliedstaat der [X.] odereinem Vertragsstaat des Europäischen Wirtschaftsraumes rechtmäßig in [X.] gebracht worden sind, im Inland vertrieben werden dürfen, wenn auf [X.] deutlich darauf hingewiesen wird, daß pro Tag nicht mehr als 200 mg L-Carnitin verzehrt werden sollen. Die Monographie "L-Carnitin" des Bundesge-sundheitsamts behandelt bei der Frage der medizinischen Verwendung von L-Carnitin nur den Einsatz dieses Stoffes in Dosierungen, die bei weitem die Do-sierung von 500 mg pro Tag übersteigen. Das Berufungsgericht hat dement-sprechend in den Entscheidungsgründen ausdrücklich davon abgesehen, eineFeststellung dazu zu treffen, ob das Präparat "[X.]" nach [X.] in der Dosierung von 500 mg pro Tag pharmakologische Wirkun-gen hat. Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung ergibt sich dazu auchnichts aus der Darstellung des unstreitigen Sachverhalts im Tatbestand derangegriffenen Entscheidung. Ohne Feststellungen zu den [X.] von "[X.]", die nicht ohne die beantragte Einholung eines Sach-verständigengutachtens möglich sein werden, kann jedoch nicht beurteilt wer-den, ob das Präparat mit seinem Inhaltsstoff L-Carnitin in der vorgeschlagenenDosierung nicht lediglich ein Nahrungsergänzungsmittel ist, das einen - [X.] besonderer sportlicher Betätigung ergebenden - Mangel an gewöhnlich mitder allgemeinen Nahrung aufgenommenen Nährstoffen ausgleichen [X.] 12 -Auf die Frage, ob L-Carnitin in Dosierungen, die weit über der [X.] 500 mg pro Tag liegen, pharmakologische Wirkungen hat, kommt es nachdem [X.] der Parteien nicht an. Denn es ist nicht vorgetragen [X.], daß die angesprochenen Verkehrskreise in erheblichem Umfang das [X.] "[X.]" auch bei einer Verzehrempfehlung von nur 500 mg pro Tag in derAnnahme besonderer arzneilicher Wirkungen in weit höheren Dosierungen zusich nehmen [X.]) Die Feststellungen des Berufungsgerichts zum Erscheinungsbild desPräparats "[X.]" genügen nicht als Grundlage für seine Annahme, es [X.] um ein Arzneimittel. Auf die Frage, ob ein Präparat, das keine pharmako-logischen Wirkungen besitzt, allein wegen der Art und Weise seiner Präsen-tation im Vertrieb als Arzneimittel zu behandeln sein könnte, kommt es daherhier nicht an.(1) Das Berufungsgericht hat allerdings zutreffend angenommen, daßdie Bezeichnung von "[X.]" als diätetisches Lebensmittel auf der [X.] sich genommen noch nicht bewirkt, daß es als Lebensmittel einzustufen ist(vgl. BVerwGE 97, 132, 135). Wie das Berufungsgericht dargelegt hat, stehendem auch die Werbeangabe auf der Verpackung "Biocarrier für die Ausdauer-leistung" und die Bezeichnung des Präparats "[X.]" entgegen, die - wennauch in recht unbestimmter Form - nicht auf [X.], sondern aufirgendeine Transportfunktion des Präparats hinweisen.(2) Umgekehrt sind - wie das Berufungsgericht nicht verkannt hat - dieDarreichungsform (Capsetten) und die Verpackung (Blisterstreifen in einerFaltschachtel) sowie der Vertrieb über Apotheken kein ausreichender Hinweisauf ein Arzneimittel. Es ist üblich geworden, daß [X.] 13 -die der Ergänzung der Nahrung durch die gezielte Zufuhr von bestimmtenStoffen wie z.B. Vitaminen, Mineralstoffen, essentiellen Fettsäuren oder be-stimmten Eiweißstoffen oder Kohlehydraten dienen (vgl. Amtliche [X.] § 1 Abs. 3 Nährwert-Kennzeichnungsverordnung [[X.]], [X.]. 796/94S. 20), wie Arzneimittel in Tabletten-, Kapsel- oder Pulverform angeboten wer-den. Solche Darreichungsformen sind bedarfsgerecht und schließen als solchenicht aus, daß die Stoffe oder Zubereitungen als Nahrungsergänzungsmittelangesehen werden (vgl. Amtliche Begründung zu § 1 Abs. 3 [X.] aaO S. 20).Dementsprechend kann der Anwendungshinweis auf der Verpackung ("Im [X.] täglich 1 Capsette lutschen oder kauen"), der in dieser Art auch beieinem Arzneimittel gegeben werden könnte, für die Einordnung von "[X.]" [X.] oder Lebensmittel nicht ausschlaggebend sein. Auch bei einemNahrungsergänzungsmittel kann ein Bedürfnis des Verkehrs nach einem Hin-weis darauf bestehen, welche Mengen pro Tag sinnvollerweise eingenommenwerden sollten (vgl. [X.] Pharma Recht 1995, 263, 270; [X.], 845, 846).Ebenso ist der ausschließliche Vertrieb über Apotheken kein [X.] für eine Zweckbestimmung als Arzneimittel. Nahrungsergänzungsmittel,die - wie dargelegt - vielfach wie Arzneimittel verpackt werden, gehören zu denapothekenüblichen Waren (§ 25 Nr. 6 ApBetrO). Aus dem Vertrieb über Apo-theken kann deshalb nicht auf ein Arzneimittel geschlossen werden (vgl. [X.] Pharma Recht 1995, 263, 270 und 1995, 403, 410; [X.], [X.] 1999,599, 606 f., m.w.[X.]) Bei der Einordnung des Präparats "[X.]" als Arzneimittel hat [X.] letztlich entscheidend darauf abgestellt, wie die [X.] [X.] früher in ihrer Werbung und im Beipackzettel gekennzeichnet hat. Dem- 14 -kann nicht zugestimmt werden. Das Berufungsgericht hat bei dieser Beurtei-lung seine eigene - zutreffende - Ausgangsüberlegung nicht mehr beachtet,daß Gegenstand des Klageantrags nur der Vertrieb des Präparats "[X.]" alssolcher ist, so wie es sich dem Verbraucher in den vorgelegten Verpackungendarstellt. Auf [X.], die nicht auf den Faltschachteln selbst zu [X.], kann deshalb bei der Entscheidung über den als Hauptantrag gestelltenKlageantrag nicht abgestellt werden.II[X.] Auf die Revision der [X.]n war danach das Berufungsurteil auf-zuheben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auchüber die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.[X.]. Ungern-Sternberg[X.][X.]Büscher

Meta

I ZR 97/98

10.02.2000

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.02.2000, Az. I ZR 97/98 (REWIS RS 2000, 3190)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2000, 3190

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.