Bundespatentgericht, Beschluss vom 30.08.2017, Az. 28 W (pat) 18/17

28. Senat | REWIS RS 2017, 5962

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – Löschungsverfahren - "Bosco" – Wiedereinsetzung in den vorigen Stand - Versäumung der Widerspruchsfrist gegen die Löschung – zur sachlichen Zuständigkeit – keine Anhaltspunkte dafür, dass dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand stattgegeben werden kann – Zurückverweisung an das DPMA zur Entscheidung über den Wiedereinsetzungsantrag sowie über den Löschungsantrag – keine Rückzahlung der Beschwerdegebühr – zur Kostenauferlegung


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2009 056 315

(hier: Löschungsverfahren [X.]/16 Lösch)

hat der 28. Senat ([X.]) des [X.] am 30. August 2017 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] Prof. Dr. Kortbein, des [X.] Merzbach und des [X.] Dr. Söchtig

beschlossen:

1. Der Beschluss des [X.] vom 30. September 2016 wird aufgehoben.

2. Die Sache wird zur Entscheidung über die Wiedereinsetzung sowie über den Löschungsantrag an das [X.] zurückverwiesen.

3. Der Antrag der Markeninhaberin auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird zurückgewiesen.

4. Die Markeninhaberin hat die Kosten dieses Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Gründe

I.

1

Die Wortmarke

2

Bosco

3

ist am 23. September 2009 angemeldet und am 9. [X.]ovember 2009 in das beim [X.] geführte Register für die Waren der

4

„Klasse 19: Fliesen, Platten (Fliesen), Fliesenbeläge, sämtliche Waren nicht aus Metall“

5

eingetragen worden.

6

Die Löschungsantragstellerin hat am 10. Juni 2016 einen Antrag auf vollständige Löschung der Eintragung der Marke wegen des Bestehens absoluter Schutzhindernisse gemäß § 8 Abs. 2 [X.]r. 1 bis [X.]r. 3 [X.] gestellt. Der Löschungsantrag ist der Markeninhaberin mit Schreiben vom 28. Juni 2016 am 29. Juni 2016 unter Hinweis auf die zweimonatige Widerspruchsfrist des § 54 Abs. 2 Satz 2 [X.] mittels Übergabeeinschreiben übersandt worden. Es wurde an die Adresse „[X.]. , in [X.]“ geschickt. Binnen der [X.] ging kein Widerspruch beim [X.] ein.

7

Mit Beschluss vom 30. September 2016 hat das [X.], Markenabteilung 3.4, die Eintragung der angegriffenen Marke gelöscht. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Markeninhaberin habe der Löschung nicht fristgerecht widersprochen. Der Beschluss ist der Markeninhaberin mittels Übergabeeinschreiben am 5. Oktober 2016 zugesandt worden. Hierfür wurde die gleiche Anschrift wie bei der Übersendung des Löschungsantrags verwendet.

8

Erstmals mit Schriftsatz vom 19. Oktober 2016 ist ein anwaltlicher Vertreter für die Markeninhaberin aufgetreten und hat in ihrem [X.]amen Beschwerde gegen den Beschluss vom 30. September 2016 eingelegt. Er trägt vor, dass dieser am 6. Oktober 2016 der Markeninhaberin zugegangen sei. Sie habe keine Kenntnis von dem Löschungsantrag gehabt. Insbesondere sei ihr ein solcher nicht zugestellt worden. Erst durch die Zustellung des [X.] des [X.]es am 6. Oktober 2016 habe sie erstmals von dem Löschungsverfahren erfahren. Im Übrigen sei der Löschungsantrag aber auch unbegründet, was näher ausgeführt wird.

9

Der Senat hat daraufhin den Löschungsantrag sowie seine Begründung nebst Anlagen mit Schreiben vom 17. März 2017 der Beschwerdeführerin am 24. März 2017 zugestellt. Eine weiterhin vom Senat veranlasste Sendungsverfolgung durch die [X.] hat ergeben, dass der Löschungsantrag nebst Hinweis gemäß § 54 Abs. 2 Satz 2 [X.] am 30. Juni 2016 einem Empfangsbevollmächtigten der Markeninhaberin mit dem [X.]amen „[X.]…“ zugestellt worden ist. Der Senat hat die Beteiligten durch gerichtlichen Hinweis vom 28. April 2017 darüber informiert.

Im [X.] daran hat die Markeninhaberin mit Schreiben vom 19. Mai 2017 vorgetragen, Frau [X.]… sei bei ihr im fraglichen Zeitraum für den Empfang der Post zuständig gewesen. Der Löschungsantrag nebst Hinweis auf die Widerspruchsfrist sei jedoch nicht auffindbar. Die Frist zur Einlegung eines Widerspruchs gegen die Löschung sei - unverschuldet - versäumt worden, weil das die Frist auslösende Schreiben des [X.]s vom 28. Juni 2016 die für die Bearbeitung und Fristnotierung zuständige Mitarbeiterin der Personal- und Rechtsabteilung, Frau [X.], nicht erreicht habe. Die Markeninhaberin legt in diesem Zusammenhang eine eidesstattliche Versicherung von Frau [X.] vom 19. Mai 2017 vor, auf die wegen der näheren Einzelheiten verwiesen wird.

Die Markeninhaberin beantragt in ihrem Schreiben vom 19. Mai 2017 zudem die Wiedereinsetzung in die versäumte Widerspruchsfrist. Das für die Fristversäumung ursächliche Hindernis gemäß § 91 Abs. 2 [X.] sei weggefallen, nachdem sie durch den bei ihr am 5. Mai 2017 eingegangenen Hinweis des Senats vom 28. April 2017 von der tatsächlich erfolgten Zustellung des Löschungsantrags Kenntnis erlangt habe. Die Frist des § 91 Abs. 2 [X.] sei damit noch nicht abgelaufen. Sollte die Auffassung vertreten werden, dass das Hindernis gemäß § 91 Abs. 2 [X.] bereits nach Kenntnis des Löschungsantrags weggefallen ist, so wäre dieses Hindernis mit der Zustellung des Löschungsantrags an den Verfahrensbevollmächtigten der Markeninhaberin durch den Senat am 24. März 2017 weggefallen, so dass die Frist des § 91 Abs. 2 [X.] ebenfalls noch nicht verstrichen sei. Sollte man jedoch zu dem Schluss gelangen, dass das Hindernis bereits mit Zustellung des [X.] des [X.]es weggefallen sei - obgleich aus diesem Beschluss der im Löschungsantrag angegebene Grund der Löschung nicht hervorgehe -, so wäre das Hindernis am 6. Oktober 2016 weggefallen, so dass die Frist nach § 91 Abs. 2 [X.] am 6. Dezember 2016 abgelaufen wäre. Für diesen Fall werde die Wiedereinsetzung in die Frist nach § 91 Abs. 2 [X.] beantragt. Jedenfalls für diese Frist sei ein Wegfall des Hindernisses erst mit Bekanntwerden der die Wiedereinsetzung begründenden Umstände anzunehmen, also mit Zustellung des Hinweises des Senats vom 28. April 2017. Die Frist für die Beantragung der Wiedereinsetzung in die [X.] wäre in diesem Fall noch nicht abgelaufen. Die versäumte Handlung, nämlich die Einlegung des Widerspruchs nach § 54 Abs. 2 Satz 2 [X.] sei bereits mit Schriftsatz vom 13. April 2017 nachgeholt worden.

Die Markeninhaberin beantragt sinngemäß,

1. Wiedereinsetzung in die Widerspruchsfrist gemäß § 54 Abs. 2 Satz 2 [X.], gegebenenfalls in die [X.] gemäß § 91 Abs. 2 [X.], und

2. den Beschluss des [X.]es vom 30. September 2016 aufzuheben und den Löschungsantrag zurückzuweisen,

3. hilfsweise die Sache unter Aufhebung des angegriffenen Beschlusses zur Entscheidung über die Wiedereinsetzung und den Löschungsantrag an das [X.] zurückzuverweisen,

4. die Rückzahlung der [X.] anzuordnen.

Die Löschungsantragstellerin beantragt sinngemäß,

1. den Antrag der Markeninhaberin auf Wiedereinsetzung in die Widerspruchsfrist gemäß § 54 Abs. 2 Satz 2 [X.], gegebenenfalls ihren Antrag auf Wiedereinsetzung in die [X.] gemäß § 91 Abs. 2 [X.], zurückzuweisen, und

2. die Beschwerde zurückzuweisen,

3. hilfsweise die Sache unter Aufhebung des angegriffenen Beschlusses zur Entscheidung über die Wiedereinsetzung und den Löschungsantrag an das [X.] zurückzuverweisen,

4. der Markeninhaberin die Kosten des Beschwerdeverfahrens sowie des [X.] aufzuerlegen.

Zur Begründung führt die Löschungsantragstellerin aus, der Löschungsantrag sei der Markeninhaberin am 30. Juni 2016 zugestellt worden. Die Frist zur Einlegung eines Widerspruchs sei somit am 30. August 2016 abgelaufen. Diese Frist habe die Markeninhaberin versäumt. In der Sache sei der Löschungsantrag auch begründet, was die Löschungsantragstellerin näher darlegt.

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in die Widerspruchsfrist sei unbegründet, da die materiellen Voraussetzungen für die begehrte Wiedereinsetzung von der Markeninhaberin nicht hinreichend dargetan worden seien. Die vorgelegte eidesstattliche Versicherung von Frau [X.] reiche nicht aus. Sie gebe weder die

Der Antrag auf Wiedereinsetzung sei auch verspätet. In § 54 Abs. 2 [X.] sei nur festgelegt, dass das [X.] den Markeninhaber über den Antrag auf Löschung unterrichten, nicht jedoch auch zugleich den Löschungsantrag zustellen müsse. Die Markeninhaberin habe am 6. Oktober 2016 von dem Löschungsantrag durch Zustellung des [X.] Kenntnis erlangt. Aus letztgenanntem gehe eindeutig hervor, dass sie, die Löschungsantragstellerin, einen Löschungsantrag wegen absoluter Schutzhindernisse gemäß § 50 [X.] gestellt habe. Damit sei die Markeninhaberin über den Löschungsantrag gemäß § 54 Abs. 2 Satz 2 [X.] informiert worden. Dem [X.] lasse sich darüber hinaus entnehmen, dass ihr der Löschungsantrag mittels am 29. Juni 2016 abgesandtem Übergabeeinschreiben zugestellt worden sei. Mithin habe die Markeninhaberin davon Kenntnis gehabt, dass ihr der Löschungsantrag bereits am 30. Juni 2016 zugestellt worden war. Die Frist zur Wiedereinsetzung sei somit am 6. Dezember 2016 abgelaufen.

Auch der Antrag auf Wiedereinsetzung in die Frist nach § 91 Abs. 2 [X.] sei nicht nachvollziehbar. Tatsache sei, dass die Markeninhaberin das falsche Rechtsmittel eingelegt habe. Sie hätte zumindest parallel einen Wiedereinsetzungsantrag stellen müssen. Es sei ihr offenkundig zu keinem Zeitpunkt darum gegangen, den Sachverhalt aufzuklären, sondern sie habe schlichtweg falsch behauptet, dass der Löschungsantrag nie bei ihr eingegangen sei. Gründe für die Wiedereinsetzung in die Frist nach § 91 Abs. 2 [X.] seien nicht glaubhaft gemacht. Da die Markeninhaberin zum Zeitpunkt der Einlegung der Beschwerde anwaltlich vertreten gewesen sei, hätte sie neben der Beschwerde auch unschwer einen Wiedereinsetzungsantrag stellen können.

Der [X.] sei deshalb veranlasst, weil die Markeninhaberin völlig verspätet einen nicht begründeten Wiedereinsetzungsantrag gestellt habe, nachdem sie zuvor falsch behauptet habe, der Löschungsantrag sei ihr nicht zugestellt worden. Hinzu komme ihr mangelnder Wille, den Sachverhalt auf einfache Weise, nämlich durch einen Anruf beim [X.] aufzuklären, was die Annahme einer Verfahrensführung ohne die erforderliche prozessuale Sorgfalt belege.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird ergänzend auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Auf die zulässige Beschwerde der Markeninhaberin ist der Beschluss vom 30. September 2016 aufzuheben und die Sache an das [X.] zur Entscheidung über den Antrag auf Wiedereinsetzung in die versäumte Widerspruchsfrist des § 54 Abs. 2 Satz 2 [X.], gegebenenfalls in die Frist des § 91 Abs. 2 [X.], sowie über den Löschungsantrag zurückzuverweisen (§ 70 Abs. 3 [X.]r. 1 und [X.]r. 3 [X.]).

1. Das [X.] hat über den Wiedereinsetzungsantrag der Markeninhaberin zu entscheiden.

Bei Versäumung der Frist des § 54 Abs. 2 Satz 2 [X.] kann gemäß § 91 Abs. 1 [X.] Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden. Zuständig für die Entscheidung über den Wiedereinsetzungsantrag ist gemäß § 91 Abs. 6 [X.] das [X.] als die Stelle, die über den Widerspruch gegen die Löschung zu beschließen hat. Das [X.] als Rechtsmittelgericht kann die Entscheidung nur dann ausnahmsweise an sich ziehen, wenn der Antrag auf Wiedereinsetzung erstmalig im Beschwerdeverfahren gestellt wird und sich die Voraussetzungen der Wiedereinsetzung ohne Weiteres aus den Akten ergeben (vgl. [X.] W (pat) 26/12 - [X.] unter Hinweis auf [X.] [X.]JW 1982, 1873; [X.]/Hacker, [X.], 11. Auflage, §§ 53 Rdnr. 4, 54 Rdnr. 15). Die Entscheidungsbefugnis des Rechtsmittelgerichts wird hingegen verneint, wenn dem Wiedereinsetzungsantrag nicht stattgegeben werden kann. In einem solchen Fall ist die Sache zurückzuverweisen, weil dem Antragsteller die Möglichkeit nicht entzogen werden darf, eine aufgrund der Regelung in § 91 Abs. 7 [X.] nicht anfechtbare Wiedereinsetzung durch das [X.] zu erwirken (s. zur vergleichbaren Situation im Zivilprozess u. a. [X.] [X.]JW-RR 2014, 1532; [X.] [X.]JW 2004, 2112, 2113 Rdnr. 47).

2. Der Senat sieht unter Zugrundelegung der zum Zeitpunkt der Beschlussfassung maßgeblichen Aktenlage keine Anhaltspunkte dafür, dass dem Antrag der Markeninhaberin auf Wiedereinsetzung in die versäumte Widerspruchsfrist des § 54 Abs. 2 Satz 2 [X.] stattgegeben werden kann. Es liegen - zumindest bis zu dem genannten Zeitpunkt - nicht alle hierfür erforderlichen Voraussetzungen gemäß § 91 Abs. 1 [X.] vor.

a) Zwar hat die Markeninhaberin die zweimonatige Frist zur Einlegung des Widerspruchs gegen die Löschung gemäß § 54 Abs. 2 Satz 2 [X.] versäumt. Der Löschungsantrag ist ihrer Empfangsbevollmächtigten Frau [X.]… am 30. Juni 2016 zugegangen (vgl. [X.] der [X.] zur Sendungsnummer RB991679987DE als Anlage 9 zum gerichtlichen Hinweis vom 28. April 2017). Der Widerspruch wurde jedoch erst mit Schriftsatz vom 13. April 2017, eingegangen bei Gericht am selben Tage per Fax, erhoben. Zu diesem Zeitpunkt war die Widerspruchsfrist bereits seit über sieben Monaten abgelaufen.

b) Allerdings dürfte die Markeninhaberin die Widerspruchsfrist schuldhaft versäumt haben. Die von ihr vorgelegte eidesstattliche Versicherung ihrer Mitarbeiterin [X.] vom 19. Mai 2017 vermag diesen Vorwurf nicht zu entkräften. Sie beschränkt sich auf die Beschreibung des Postlaufs bei der Markeninhaberin und die Aussage, dass andere Schriftstücke des [X.]s bereits korrekt der Personal- und Rechtsabteilung zugegangen seien. Zur ordnungsgemäßen Auswahl, Unterweisung und Beaufsichtigung von Frau [X.]…, die seit etwa zwanzig Jahren für die Postbearbeitung bei der Markeninhaberin zuständig ist, enthält die eidesstattliche Versicherung jedoch keinerlei Angaben. Diese sind jedoch bei Hilfskräften, deren Verschulden sich der Arbeitgeber nicht zurechnen lassen muss, zwingend erforderlich, um feststellen zu können, ob er selbst eine Obliegenheitsverletzung begangen hat (vgl. [X.]/Hacker, a. a. O., § 91, Rdnr. 11). Damit ist die Markeninhaberin ihrer Pflicht zur Glaubhaftmachung der die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen gemäß § 91 Abs. 3 Satz 2 [X.] nicht nachgekommen.

Die Obliegenheitsverletzung der Markeninhaberin wird nicht durch die Tatsache in Frage gestellt, dass das [X.] die Mitteilung gemäß § 54 Abs. 2 Satz 1 [X.] vom 28. Juni 2016, mit dem ihr der Löschungsantrag übersandt worden ist, falsch adressiert hat.

Zum einen hat die Markeninhaberin nicht nur in dem Formular zur Anmeldung der von der Löschung betroffenen Marke 30 2009 056 315, sondern auch in dem Begleitschreiben vom 23. September 2009 folgende unvollständige Zustellanschrift angegeben:

D… AG

[X.]aße in

[X.]

Damit hat sie bereits selbst eine Ursache für spätere Zustellungsmängel gesetzt.

Zum anderen sind die bisherigen Zustellungsmängel gemäß § 8 [X.] i. V. m. § 94 [X.] geheilt. Mangels [X.]ennung einer Hausnummer durch die Markeninhaberin hat das [X.] aus nicht nachvollziehbaren Gründen alle amtlichen Schriftstücke an die Adresse „[X.]aße, [X.]“ und nicht an die korrekte Adresse „[X.]. , [X.]“ geschickt. Dennoch hat sie die Markeninhaberin ausweislich der eidesstattlichen Versicherung von Frau [X.] vom 19. Mai 2017, des [X.]s der [X.] zur Sendungsnummer RB991679987DE und der Aussage des anwaltlichen Vertreters der Markeninhaberin in seinem Schriftsatz vom 19. Oktober 2016 erhalten. Insofern gelten die Schriftstücke des [X.]s gemäß § 8 [X.] als in dem Zeitpunkt als zugestellt, in dem sie der Markeninhaberin tatsächlich zugegangen sind. Der Löschungsantrag ist somit der Markeninhaberin am 30. Juni 2016 nicht nur zugegangen, sondern gilt auch an diesem Tag als zugestellt.

Die Möglichkeit der Heilung gemäß § 8 [X.] i. V. m. § 94 [X.] entbindet jedoch im Übrigen nicht das [X.] von seiner Verpflichtung, unvollständige Adressangaben beispielsweise mit Hilfe von [X.] oder durch [X.]achfrage bei den Beteiligten zu ergänzen.

c) Auf die Frage, ob die [X.] gemäß § 91 Abs. 2 [X.] versäumt worden ist und [X.] die beantragte Wiedereinsetzung in diese Frist zu gewähren ist, kommt es bei dieser Sachlage nicht mehr an.

3. Dem Antrag der Markeninhaberin auf Rückzahlung der [X.] kann nicht entsprochen werden.

Eine Rückzahlung kommt gemäß § 71 Abs. 3 [X.] nur aus [X.]n in Betracht, also wenn es auf Grund der besonderen Umstände unbillig wäre, die [X.] einzubehalten (vgl. BPatGE 22, 29, 32; 26, 17, 22). Solche [X.] können sich insbesondere aus Verfahrensfehlern beim [X.] ergeben (vgl. [X.]/Hacker, a. a. O., § 71, Rdnr. 44). Dieses hat zwar bei der Zustellung der Mitteilung gemäß § 54 Abs. 2 Satz 1 [X.] eine falsche Adresse verwendet. Dieser Fehler hat sich jedoch nicht zu Ungunsten der Markeninhaberin ausgewirkt, da ihr dennoch das Schriftstück am 30. Juni 2016 zugegangen ist. Insofern war ihre Beschwerde entgegen ihrer Vermutung nicht durch einen Verfahrensfehler des [X.]s veranlasst.

Andere Gründe, die für eine Rückzahlung der [X.] sprechen, sind nicht ersichtlich und auch nicht dargetan.

4. Gemäß § 71 Abs. 1 Satz 1 [X.] sind der Markeninhaberin die Kosten des vorliegenden Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen.

Ein Abweichen von dem Grundsatz der Kostenaufhebung ist regelmäßig dann geboten, wenn das Verhalten eines Verfahrensbeteiligten Kosten (ganz oder teilweise) verursacht hat und mit der für die Wahrnehmung von Rechten zu fordernden Sorgfalt nicht im Einklang steht (vgl. Kur/[X.], Markenrecht, 1. Auflage, 2017, § 71, Rdnr. 16). So liegt der Fall hier:

Die Beschwerde der Markeninhaberin hat zwar Erfolg, als die Sache tenorgemäß an das [X.] zurückverwiesen wird. Dies schließt jedoch nicht aus, dass ihr als insoweit [X.] aus [X.]n die Kosten auferlegt werden (vgl. [X.]/Hacker, a. a. O., § 71, Rdnr. 11). Die Zurückverweisung der Sache beruht vorliegend allein auf dem Umstand, dass das angerufene Gericht nicht zur Entscheidung über den Antrag auf Wiedereinsetzung in die Widerspruchsfrist gemäß § 54 Abs. 2 Satz 2 [X.] berufen ist. Vorliegendes Beschwerdeverfahren wurde ausweislich der Aktenlage durch das Verhalten einer Mitarbeiterin der Markeninhaberin oder durch eine nicht die Weiterleitung von Schriftstücken an ihre Rechtsabteilung gewährleistende Ablauforganisation veranlasst. Durch diese der Markeninhaberin zuzurechnenden Umstände beschränkt es sich auf formale Fragen wie die Zustellung des Löschungsantrags oder die Wiedereinsetzung in Fristen. Eine Entscheidung in der Sache kann jedoch nicht oder unter Umständen erst zu einem späteren Zeitpunkt getroffen werden.

Zudem hat der anwaltliche Vertreter der Markeninhaberin durch die pauschale Aussage in seinem Schriftsatz vom 19. Oktober 2016, „die Markeninhaberin hat bislang keine Kenntnis vom Löschungsantrag“, zu erkennen gegeben, dass er die Frage des Zugangs des Schriftstücks bei seiner Mandantin nicht näher geprüft hat. Auch er hätte die vom Senat veranlasste Sendungsverfolgung in die Wege leiten und bei der die Post annehmenden Mitarbeiterin Frau [X.]… nachfragen können. Daher entspricht es der Billigkeit, der Markeninhaberin die in vorliegendem Verfahren entstandenen Kosten aufzuerlegen (vgl. auch [X.], 438 - Fehlende Einzugsermächtigung).

Das Wiedereinsetzungsverfahren ist vorliegend Teil des Beschwerdeverfahrens (§ 238 Abs. 1 Satz 1 ZPO i. V. m. § 82 Abs. 1 [X.]). Die tenorierte Auferlegung der Kosten des Beschwerdeverfahrens umfasst somit die Kosten des [X.]. Für die von der Beschwerdegegnerin beantragte eigenständige Auferlegung der Kosten des [X.] ist somit kein Raum.

Meta

28 W (pat) 18/17

30.08.2017

Bundespatentgericht 28. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

§ 238 Abs 1 S 1 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 30.08.2017, Az. 28 W (pat) 18/17 (REWIS RS 2017, 5962)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 5962

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