Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.02.2013, Az. XII ZR 8/11

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 8064

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
XII ZR 8/11
Verkündet am:

20.
Februar 2013

Küpferle,

Justizamtsinspektorin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in der Familiensache

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] [X.] Art.
3, 7
a)
Der Begründung einer [X.], weil das Recht eines Mitgliedstaates der [X.], dessen Gerichte international zuständig sind, keine [X.] kennt (sogenanntes [X.]-Problem), bedarf es nach Einführung der Ehescheidung durch die
Republik [X.] nicht mehr.
b)
Das gilt auch, wenn der Scheidungsantrag in [X.] zu einem Zeitpunkt rechtshängig geworden ist, zu dem eine Ehescheidung im [X.] Recht noch nicht vorgesehen war.
[X.], Urteil vom 20. Februar 2013 -
XII ZR 8/11 -
Kammergericht [X.]

[X.]

-
2
-
Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 20.
Februar 2013
durch den
Vorsitzenden
Richter
Dose und [X.]
Klinkhammer, Schilling, Dr.
Nedden-Boeger und Dr.
Botur
für Recht erkannt:
Die Revision
gegen das Urteil des 3.
Zivilsenats

Senat für Fami-liensachen

des Kammergerichts in [X.] vom 19.
März 2010 wird auf Kosten der Antragstellerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Antragstellerin begehrt die Scheidung der im November 1996 in
[X.]
geschlossenen Ehe der Parteien.
Die Antragstellerin ist [X.] Staatsangehörige, der Antragsgegner besitzt die [X.] Staatsangehörigkeit. Die Parteien leben in [X.]. Aus der Ehe ist ein

noch minderjähriges

Kind hervorgegangen. Mit ihrem beim Amtsgericht
Schöneberg eingereichten Scheidungsantrag hat die Antragstelle-rin vorgetragen, dass die Parteien seit Mitte 2006 getrennt lebten und sie die Ehe mit dem Antragsgegner ablehne.
Das Amtsgericht
hat den
Scheidungsantrag
wegen fehlender internatio-naler Zuständigkeit abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die dagegen einge-legte Berufung der Antragstellerin zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsge-1
2
3
-
3
-
richt zugelassenen
Revision verfolgt die
Antragstellerin
ihr Scheidungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:
Die Revision hat keinen Erfolg.
Auf das Verfahren ist gemäß Art.
111 Abs.
1 [X.] noch das bis 31.
August 2009 geltende Prozessrecht anwendbar, weil der Rechtsstreit vor diesem Zeitpunkt eingeleitet worden
ist (vgl. Senatsbeschluss vom 3.
Novem-ber 2010

XII
ZB
197/10

FamRZ 2011, 100 Rn.
10).

I.
Nach Auffassung des [X.] ist die internationale Zuständig-keit der [X.]n Gerichte nicht gegeben. Die in Art.
3 bis 5 [X.]
[X.] festgelegten Zuständigkeiten seien gemäß Art.
6 [X.] [X.] ausschließliche Gerichtsstände, die die Zuständigkeiten des nationalen Rechts verdrängten, sofern ein Ehegatte seinen gewöhnlichen Aufenthalt
im Europäischen Justiz-raum habe oder Staatsangehöriger eines [X.]-Mitgliedstaates sei. Aus Art.
7 Abs.
1
[X.] [X.] ergebe sich ein Vorrang
der Art.
3 bis 5 [X.]
[X.] vor dem nationalen Recht.
Da sowohl die Antragstellerin als auch der Antragsgegner sich gewöhn-lich in [X.] aufhielten, seien nach Art.
3 Abs.
1 lit.
a erster Spiegelstrich [X.]
[X.] allein die Gerichte [X.]s international zuständig. Auch aus dem Umstand, dass das Recht von [X.] eine Ehescheidung nicht vorsehe, könne sich eine internationale Zuständigkeit der [X.]n Gerichte gemäß Art.
7 4
5
6
7
-
4
-
Abs.
1 [X.]
[X.] nicht ergeben, da für eine einschränkende Anwendung des Art.
3 Abs.
1 lit.
a [X.] [X.] nur auf solche Mitgliedstaaten, die die Ehescheidung kennen würden, kein Raum sei. Dass bei Erlass der [X.]
[X.]
der [X.] nur Mitgliedstaaten angehört
hätten, deren Recht eine Ehescheidung vorgesehen habe, könne in Bezug auf [X.], das seit 2004 der [X.] angehöre, nicht dahin umgedeutet wer-den, dass dieser Staat von der Zuständigkeit für die Ehescheidung ausgenom-men sei. Das zeige sich daran, dass eine Änderung der [X.] [X.] geplant sei, die eine "[X.]"
für die Fälle vorsehe, in denen das Recht des Aufenthaltsstaates eine Ehescheidung nicht kenne oder schon die zu scheidende Ehe nicht anerkenne. Die Entscheidung des [X.] vom 11.
Oktober
2006 ([X.]Z 169, 240 =
FamRZ 2007, 109)
beziehe sich nur auf das anwendbare materielle Recht
eines anderen Staates, während die [X.] [X.] in [X.] unmittelbar geltendes Recht sei.
Die Zuständigkeitsregelung in Art.
3 Abs.
1 lit.
a erster Spiegelstrich [X.]
[X.]
verstoße auch nicht gegen Art.
6 Abs.
1 GG. Zwar falle unter dessen Schutzbereich nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsge-richts
([X.] 31,
59, 83

sogenannter
Spanierbeschluss) auch die Wiederer-langung der Eheschließungsfreiheit. Die Regelungen der [X.] IIa-Verord-nung würden
aber auch nicht ausschließen, dass ein [X.], der mit einem [X.] Staatsangehörigen verheiratet sei, die Ehescheidung erwirken könne. Denn er könne seinen gewöhnlichen Aufenthalt
in [X.] be-gründen und müsse sich lediglich sechs Monate vor der Antragstellung in [X.] aufgehalten haben. Der Schutz des Art.
6 Abs.
1 GG gehe hinge-gen nicht so weit, dass die Anrufung der [X.]n Gerichte auch möglich sein müsse, wenn der [X.]
Staatsangehörige seinen gewöhnlichen Aufenthalt in [X.] habe.
8
-
5
-
II.
Das hält der revisionsrechtlichen Prüfung im Ergebnis stand.
1. Zutreffend ist der Ausgangspunkt des [X.], dass sich aus
Art.
3 Verordnung ([X.]) Nr.
2201/2003 ([X.] [X.])
keine
internationale Zuständigkeit [X.]r Gerichte ergibt.
a) Eine internationale Zuständigkeit nach Art.
3 Abs.
1 lit.
a [X.]
[X.] setzt in allen Alternativen voraus, dass wenigstens einer der Ehegatten seinen gewöhnlichen Aufenthalt in dem Mitgliedstaat des angerufenen Gerichts hat. Dies
führt hier allein zur Zuständigkeit der Gerichte von [X.].
b) Eine Herleitung der internationalen Zuständigkeit
aus der [X.] setzt nach Art.
3 Abs.
1 lit.
b [X.] [X.] die übereinstimmende Staatsangehörigkeit beider Ehegatten voraus, die im vorliegenden Fall nicht gegeben ist.
Die Revision macht geltend, die Regelung in Art.
3 Abs.
1 lit.
b [X.] [X.] verstoße in dieser Auslegung gegen das Diskriminierungsverbot der Art.
21 Abs.
2 Charta der Grundrechte der [X.] ([X.]), Art.
18 Abs.
1
des Vertrags über die Arbeitsweise der [X.] ([X.]), weil
gemischt-nationalen Paaren die Anrufung der Gerichte ihres Heimatstaates versagt sei und diese gegenüber Paaren mit gemeinsamer Staatsangehörigkeit benachteiligt würden. Diese Auffassung ist auch in der Rechtslehre vertreten worden (so etwa von [X.], 1333, 1336; zum Meinungsstand
vgl. [X.] Festschrift
Kropholler 2008 [X.], 340
f.; [X.] 2006, 617, 619
f.;
Helms FamRZ 2002, 1593, 1596
jeweils [X.]).

Ihr ist nicht zu folgen. Eine Korrektur der Vorschrift wegen Verstoßes ge-gen Primärrecht der [X.] kommt angesichts des klaren Wort-9
10
11
12
13
14
-
6
-
lauts von Art.
3 Abs.
1
lit.
b [X.] [X.] und der inzwischen ergangenen Rechtsprechung des [X.] nicht in Betracht.
Die an die Staatsangehörigkeit geknüpfte internationale Zuständigkeit war bereits nach der Vorgängerregelung in Art.
2 lit.
b der VO ([X.]) 1347/2000 ([X.] II-VO) auf die gemeinsame Staatsangehörigkeit beider Ehegatten be-schränkt. Diese Regelung ist ungeachtet der geäußerten Kritik (vgl. etwa [X.], 1333, 1336) in die [X.]
[X.] übernommen worden. Sie
verstößt nicht gegen höherrangiges (Primär-)Recht der [X.].
Dass Art.
3 Abs.
1 lit.
b [X.] [X.] an die gemeinsame [X.] der Ehegatten anknüpft, steht vor dem Hintergrund, dass durch die Verordnung kein reiner Klägergerichtsstand ([X.])
begründet werden sollte, wie es bei der Anknüpfung an die Staatsangehörigkeit nur eines Ehegat-ten der Fall gewesen wäre. Allein aufgrund der Staatsangehörigkeit nur eines Ehegatten
wurde kein hinreichend enger
Bezug zu einem anderen Mitgliedstaat als dem Staat des gewöhnlichen Aufenthalts gesehen (vgl. [X.] Die Regelun-gen zur internationalen Zuständigkeit in Ehesachen in der Verordnung [[X.]]
Nr. 2201/2003 Rn.
250 [X.]; [X.] Erläuternder Bericht zum Übereinkommen über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entschei-dungen in
Ehesachen Amtsblatt [X.] vom 16.
Juli
1998 C
221/27 Nr.
33 S.
38
f.).
Der [X.] hat sich

für den Fall doppelter (gemein-samer) Staatsangehörigkeit und bezogen auf Art.
64 Abs.
4 [X.] [X.]

mit der Regelung in Art.
3 Abs.
1 lit.
b [X.] [X.] bereits befasst ([X.] FamRZ
2009, 1571). Nach seiner Rechtsprechung ist die Auslegung vorrangig am Wortlaut zu orientieren. Wenn beide Ehegatten die Staatsangehörigkeit der-selben Mitgliedstaaten besitzen, steht danach Art.
3 Abs.
1 lit.
b [X.]
[X.] 15
16
17
-
7
-
der Ablehnung der Zuständigkeit eines dieser Mitgliedstaaten entgegen ([X.] FamRZ 2009, 1571 Rn.
58). In einer weiteren Entscheidung hat der [X.] ausgesprochen, Art.
6 und 7 [X.]
[X.]
seien dahin aus-zulegen, dass die Gerichte eines Mitgliedstaats, wenn die Gerichte eines ande-ren Mitgliedstaats nach Art.
3 dieser Verordnung zuständig seien und der [X.] weder seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Hoheitsgebiet eines Mit-gliedstaats habe
noch die Staatsbürgerschaft eines Mitgliedstaats besitze, ihre Zuständigkeit für die Entscheidung über den entsprechenden Antrag nicht aus ihrem nationalen Recht herleiten könnten ([X.] FamRZ 2008, 128).
Dass im letztgenannten Fall der Antragsgegner die Staatsangehörigkeit eines Drittstaa-tes besaß und sich auch nicht in einem Mitgliedstaat aufhielt, begründet keine entscheidende Besonderheit gegenüber der vorliegenden Fallkonstellation. Vielmehr muss der Ausschluss einer Begründung der internationalen Zustän-digkeit durch das nationale Recht
eines Mitgliedstaates erst recht gelten, wenn der Antragsgegner Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats ist und sich auch in einem Mitgliedstaat aufhält.
Ausgehend von den genannten Entscheidungen des Europäischen Ge-richtshofs
erscheint es ausgeschlossen, dass abweichend vom klaren Wortlaut der Verordnung bereits die alleinige Staatsangehörigkeit nur eines Ehegatten die Zuständigkeit seines Heimatstaates begründen kann. Zweifel an der Ver-einbarkeit des §
3 Abs.
1 lit.
b [X.]
[X.] mit höherrangigem Unionsrecht hat der [X.] nicht geäußert.
Dementsprechend geht der Senat
davon aus, dass die Vereinbarkeit des Art.
3 Abs.
1 lit.
b [X.]
[X.] mit höherrangigem Unionsrecht geklärt ist.
2. Dem Berufungsgericht ist ebenfalls darin zuzustimmen, dass die inter-nationale Zuständigkeit auch nicht auf die Restzuständigkeit nach Art.
7 [X.] [X.] gestützt werden kann. Eine solche setzt nach Art.
7 Abs.
1 [X.]
18
19
-
8
-
[X.] voraus, dass sich aus Art.
3 bis 5 [X.] [X.] keine Zuständigkeit eines Gerichts eines Mitgliedstaates ergibt. Diese Voraussetzungen liegen
in der vorliegenden Fallkonstellation nicht
vor. Insbesondere aufgrund von Art.
3 Abs.
1 lit.
a 1.
Spiegelstrich [X.]
[X.] sind die Gerichte von [X.] interna-tional zuständig. Die Zuständigkeitsbestimmungen der Art.
3 bis 5 [X.]
[X.] schließen die Anwendbarkeit der nationalen
Vorschriften über die inter-nationale Zuständigkeit regelmäßig aus (vgl. [X.] FamRZ 2008, 128).
a) Die Revision
vertritt demgegenüber die Auffassung, Art.
3 [X.]
[X.] sei so zu verstehen, dass die internationale Zuständigkeit der Gerichte eines Mitgliedstaates nur begründet sein könne, wenn das nationale Recht die-ses Mitgliedstaates die Möglichkeit der Ehescheidung vorsehe. Daraus folge, dass "in extremen Fällen"
eine [X.] zu
eröffnen sei, wenn die in Art.
6 [X.]
[X.] postulierte ausschließliche Zuständigkeit zu einer Rechts-verweigerung führe.
Die
von der Revision vorgebrachten
Gründe betreffen das Problem, ob die Regelung der [X.] [X.] nach dem Beitritt [X.]s noch in [X.] Umfang vom Willen des Verordnungsgebers gedeckt oder ob die Verord-nung mit Blick auf gemischt-nationale Ehen dadurch möglicherweise lückenhaft geworden war, wobei der vom Berufungsgericht angeführte Vorschlag zur Einführung
einer [X.] in der [X.] [X.] nicht um-gesetzt worden ist. In der Rechtsprechung ist
schon aufgrund der bestehenden Gesetzeslage vereinzelt

allerdings nur für den Fall beiderseitiger Scheidungs-anträge

eine [X.] angenommen worden (s.

zur entsprechen-
den Regelung in Art.
8 VO ([X.]) 1347/2000 [[X.] II-VO]

Gerechtshof
´s-Gravenhage Entscheidung vom 21.
Februar 2005

211-H-05

NiPR 2006, S.
145 Nr.
6
ff.; zustimmend [X.] von Mohrenfels Festschrift von [X.] 2011 S.
527, 538
ff.; [X.]/[X.], 537, 548; [X.] 20
21
-
9
-
Festschrift Kropholler 2008 S.
329,
330
f.; vgl. auch [X.] Europäisches Zivilprozessrecht 2.
Aufl. Art.
3 [X.]
[X.]
Rn.
4 aE).

b) Die Fragen
nach einem
hier bestehenden Bedürfnis für eine Rechts-fortbildung hätten
bei unveränderter Gesetzeslage in [X.] der Klärung durch Anrufung des [X.] nach Art.
267 Abs.
3 [X.] bedurft
(vgl. [X.] 82, 159, 192
f.; [X.] NJW 2011, 288 Rn.
46
ff. [X.]). Nach der Einführung des Scheidungsrechts durch die Republik [X.] bedarf es einer Klärung indessen nicht mehr.

aa) Die Republik [X.] hat zum 1.

Oktober 2011 die Ehescheidung ein-geführt (s. Pietsch in[X.]/[X.]/[X.] Internationales Ehe-
und Kind-schaftsrecht [X.] Stand:
19.
Oktober 2011 S.
33
f.). Diese ist in Art.
66A bis [X.] maltes. ZGB geregelt worden. Dass diese Änderung das ausländische Recht
betrifft, auf dessen Verletzung die Revision nicht gestützt werden kann und dessen Ermittlung grundsätzlich den Tatsacheninstanzen vorbehalten ist (vgl. Senatsbeschluss vom 10.
April 2002

XII
ZR
178/99

NJW 2002, 3335 [X.]), hindert seine Berücksichtigung im vorliegenden Fall nicht.
Denn bei der Einführung der Ehescheidung durch den Gesetzgeber [X.]s handelt es sich um eine offenkundige Tatsache, die, was die Möglichkeit der Scheidung als sol-che betrifft, keine Auslegungsfragen aufwirft und in der Revisionsinstanz daher berücksichtigt werden kann.
bb) Nach der Einführung eines Ehescheidungsrechts in [X.] bedarf es einer [X.] der Gerichte des Heimatstaates eines Ehegatten und der damit verbundenen Abweichung vom Wortlaut der Art.
3
ff. [X.]
[X.] nicht mehr, um dem Ehegatten die
Ehescheidung zu ermöglichen. Denn der Antrag-stellerin steht es nunmehr offen, vor einem zuständigen Gericht in [X.] die Ehescheidung zu erwirken.
22
23
24
-
10
-
Die Notwendigkeit einer Vorlage an den [X.] folgt auch nicht aus einer etwaigen perpetuatio fori
und dem Umstand, dass sich die Gesetzeslage [X.]s erst nach Eintritt der Rechtshängigkeit im August 2008 geändert hat. Allerdings ist die internationale Zuständigkeit des angerufenen Gerichts grundsätzlich gegeben, wenn ihre Voraussetzungen bei Eintritt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags vorgelegen haben. Veränderungen der tatsächlichen Verhältnisse nach Eintritt der Rechtshängigkeit lassen daher die einmal
begründete Zuständigkeit nicht entfallen
(vgl. Senatsurteil [X.]Z 169, 240 =
FamRZ 2007, 109;
[X.] Die Regelungen zur internationalen [X.] in Ehesachen in der Verordnung [[X.]] Nr.
2201/2003 Rn.
213 [X.]; [X.]/[X.] BGB [2005] Art.
3 EheGVO
Rn.
125; Nagel/[X.] Internationales Zivilprozessrecht 6.
Aufl.
§
5 Rn.
230).
In welchem Umfang die vorstehenden Regeln auch im Rahmen der [X.] [X.] Geltung beanspruchen und ob sie insbesondere
auch im Fall einer Gesetzesänderung gelten, kann hier aber offenbleiben. Denn im vorliegenden Fall hätten sich eine ursprüngliche Zuständigkeit und damit ein-hergehend eine perpetuatio fori nur aus einer gleichzeitigen Rechtsfortbildung bezüglich der Zuständigkeiten nach der [X.]
[X.] ergeben können. Eine über das abgegrenzte System der internationalen Zuständigkeit nach der [X.]
[X.] hinausgehende,
durch richterliche Rechtsfortbildung eröffnete [X.] könnte ihre Rechtfertigung allenfalls in einer sonst eintretenden
Rechtsverweigerung finden. Nach Einführung des Ehescheidungs-rechts
durch die Republik [X.] ist diese Rechtfertigung aber entfallen, was auch im Hinblick auf eine durch die [X.] vermittelte perpetuatio fori
zu gelten hat, welche nicht weiterreichen kann als das die Rechtsfortbildung begründende Bedürfnis nach einer Gewährung effektiven Rechtsschutzes.

25
26
-
11
-
Allein durch die Notwendigkeit eines neuen Verfahrens in [X.] erleidet die Antragstellerin keine unzumutbaren Nachteile. Dass dieses Verfahren als-dann der Rom III-Verordnung (vgl. Art.
18 Abs.
1 [X.]; vgl. [X.] FamRZ 2013, 249, 251
f.)
unterliegt, rechtfertigt die rückwirkende Anerkennung einer [X.]
ebenso wenig. Das Scheidungsverfahren wäre schließlich auch dann nach [X.]m Recht durchzuführen
gewesen, wenn dieses die Scheidung gegenüber dem anderenfalls nach Art.
17 Abs.
1 Satz 2 [X.]BGB aF anwendbaren [X.]n Sachrecht erschwert hätte
(vgl. Senatsurteil [X.]Z 169, 240 =
FamRZ 2007, 109, 112).
Die Notwendigkeit einer Ergänzung des von der Verordnung aufgestell-ten Systems der internationalen Zuständigkeit besteht demnach jedenfalls nach der Einführung des Rechts der Ehescheidung durch die Republik [X.] nicht mehr.
27
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12
-
3. Der Anrufung des [X.] nach Art.
267 Abs.
3 [X.] bedarf es aus den aufgeführten Gründen nicht. Die Revision der Antrag-stellerin ist demnach zurückzuweisen.

Dose

Klinkhammer

Schilling

Nedden-Boeger

Botur

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 17.12.2008 -
20 [X.]/07 -

KG [X.], Entscheidung vom 19.03.2010 -
3 UF 16/09 -

29

Meta

XII ZR 8/11

20.02.2013

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.02.2013, Az. XII ZR 8/11 (REWIS RS 2013, 8064)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 8064

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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XII ZR 8/11

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