Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.07.2012, Az. IX ZR 217/11

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 4726

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX [X.]

vom

12. Juli 2012

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

[X.] § 93
Wurde über das Vermögen einer [X.] bürgerlichen Rechts das Insolvenz-verfahren eröffnet, ist die von einem [X.]er gegen einen [X.]sgläu-biger erhobene Klage auf Feststellung, diesem nicht persönlich für eine Verbind-lichkeit der [X.], unzulässig.
[X.], Beschluss vom 12. Juli 2012 -
IX [X.] -
OLG [X.]

LG [X.] I

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Der IX.
Zivilsenat des [X.] hat durch [X.] Dr. [X.], [X.] Dr. [X.], [X.], Grupp und die Richterin Möhring

am 12. Juli 2012
beschlossen:

Die Nichtzulassungsbeschwerde
gegen den
Beschluss des 5.
Zivilsenats des Oberlandesgerichts [X.] vom 28.
Novem-ber 2011 wird auf Kosten des [X.] zurückgewiesen.

Der Streitwert wird auf 21.559,36

Gründe:

I.

Der Kläger zeichnete im Jahre 1991 eine Beteiligung als [X.]er an der I.

GbR (nachfolgend: Schuldnerin), über deren Vermögen am 21.
April 2010 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Die [X.] gewährte der Schuldnerin mehrere Darlehen. Durch Schreiben vom 21.
Oktober 2009 machte sie daraus gegenüber dem Kläger als [X.]er der Schuldnerin einen Betrag in Höhe von 21.559,36

Der Kläger, der einen wirksamen Beitritt zu der Schuldnerin in Abrede stellt und seine Beteiligung gekündigt hat, nimmt die Beklagte auf die Feststel-1
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lung in Anspruch, ihr aus den Darlehensverträgen nicht persönlich zur Zahlung verpflichtet zu sein. Das [X.] hat die Klage als unzulässig abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Berufung des [X.] durch einstimmigen [X.] zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich dieser mit seiner Nichtzulas-sungsbeschwerde.

II.

Die nach §
522 Abs.
3, §
544 Abs.
1
Satz
1 ZPO statthafte Beschwerde deckt keinen Zulassungsgrund auf (§
543 Abs.
2 ZPO); die Sache ist nach der eindeutigen Rechtslage auch im Ergebnis zutreffend entschieden. Der Zuläs-sigkeit des von dem Kläger erhobenen [X.] (§
256 Abs.
1
ZPO) steht §
93 [X.] entgegen.

1. Nach dieser Vorschrift kann im Insolvenzverfahren über das Vermö-gen einer [X.] ohne Rechtspersönlichkeit die persönliche Haftung eines [X.]ers für Verbindlichkeiten der [X.] während der Dauer des Insolvenzverfahrens nur von dem Insolvenzverwalter der [X.] geltend gemacht werden. Von dieser Regelung gehen zwei Wirkungen aus, die Sperr-wirkung und die Ermächtigungswirkung.

a) Die Sperrwirkung besteht darin, dass die Gläubiger nicht mehr gegen persönlich haftende [X.]er vorgehen können und diese nicht mehr [X.] an die Gläubiger der [X.] leisten können. Der Gläubiger kann während der Dauer des Insolvenzverfahrens einen Haftungsanspruch gegen persönlich haftende [X.]er weder durch Klage noch durch Zwangsvoll-3
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streckung durchsetzen ([X.], Urteil vom 9.
Oktober 2008 -
IX
ZR 138/06, [X.]Z 178, 171 Rn.
10).

b) Die Ermächtigungswirkung verleiht dem Insolvenzverwalter über das Vermögen der [X.] die treuhänderische Befugnis, die Forderungen der [X.]sgläubiger gegen die [X.]er gebündelt einzuziehen. [X.] handelt es sich wie bei §
171 Abs.
2 HGB nicht um einen gesetzlichen For-derungsübergang. Der in Anspruch genommene [X.]er tilgt durch die Zahlung an den Insolvenzverwalter der [X.] konkrete Gläubigerforde-rungen, deren Selbständigkeit durch die Verfahrenseröffnung unangetastet ge-blieben ist ([X.], aaO Rn.
11).

c) Zweck der Regelung des §
93 [X.] ist es, einen Wettlauf der [X.] um die Abschöpfung der [X.] zu verhindern, den Haftungsan-spruch der Masse zuzuführen und auf diese Weise den Grundsatz der gleich-mäßigen Befriedigung der Insolvenzgläubiger auf die [X.]erhaftung auszudehnen (BT-Drucks. 12/2443 S.
140; MünchKomm-[X.]/[X.], 2.
Aufl., §
93 Rn.
1). Die Ermächtigung des Verwalters zur Geltendmachung der Haftungsforderungen schließt in Verbindung mit der Sperrfunktion im Sinne [X.] (vgl. [X.], Die Stellung des haften-den [X.]ers in der Insolvenz der Personengesellschaft nach geltendem und künftigem Recht, 1996, S.
143) während der Dauer des Insolvenzverfah-rens eine Verfolgung dieser Ansprüche gegen den [X.]er aus.

2. Sperrwirkung und Ermächtigungswirkung begründen
die alleinige Ein-ziehungs-
und [X.] für die Gel-tendmachung von Haftungsansprüchen der [X.]sgläubiger gegen Ge-sellschafter.
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a) Bei der gerichtlichen Geltendmachung der [X.]erhaftung wird der Insolvenzverwalter
als gesetzlicher Prozessstandschafter der einzelnen Gläubiger tätig, weil der in Anspruch genommene [X.]er durch Zahlung an ihn konkrete Gläubigerforderungen zum Erlöschen bringt
([X.], Urteil vom 14.
November 2005 -
II
ZR 178/03, [X.], 573, 574 f.; vom 9.
Oktober 2006 -
II
ZR 193/05, [X.], 122 Rn.
9; FK-[X.]/App, 6.
Aufl., §
93 Rn.
1; Pieken-brock in [X.]/[X.]/Ringstmeier, §
93 [X.] Rn.
11). Die Prozessführung für die Einziehung von Forderungen gegen [X.]er liegt während der gesamten Verfahrensdauer allein bei dem Insolvenzverwalter ([X.], [X.], 13.
Aufl. §
93 Rn.
3). Die Einziehungsermächtigung des [X.] umfasst damit auch die Prozessführungsbefugnis (HK-[X.]/
[X.], 6.
Aufl., §
93 Rn.
50; [X.]/[X.], [X.], §
93 Rn.
72; [X.]/
[X.], aaO). Im Umkehrschluss verlieren die [X.]sgläubiger die Einzie-hungs-
und Prozessführungsbefugnis für die Geltendmachung von Haftungsan-sprüchen gegen die [X.]er (HmbKomm-[X.]/Pohlmann, 4.
Aufl., §
93 Rn.
26; [X.], aaO). Mithin ist eine nach Verfahrenseröffnung von einem [X.]sgläubiger gegen einen [X.]er verfolgte [X.] als unzulässig abzuweisen (HK-[X.]/[X.], aaO;
[X.]/[X.], aaO).

b) Wegen der alleinigen Prozessführungsbefugnis des Insolvenzverwal-ters für die Einziehung der Ansprüche erweist sich auch die von dem Kläger gegen die Beklagte als [X.]sgläubigerin erhobene, eine Haftung leug-nende Feststellungsklage als unzulässig.

Die [X.] als Verwalter der Masse erstreckt sich sowohl auf [X.] als auch auf Passivprozesse ([X.] in Prütting/[X.], ZPO, 4.
Aufl., §
50 Rn.
36). Die dem Insolvenz-9
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verwalter in §
93 [X.] vorbehaltene Prozessführungsbefugnis für die Geltend-machung von Haftungsansprüchen gegen [X.]er umfasst ebenso [X.] und -
wie im Streitfall
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Passivprozesse. Ganz allgemein ist zur [X.], welche die [X.]erhaftung betreffen, nur der Insolvenzverwalter befugt ([X.]/[X.], aaO). Ebenso wie der [X.] gehindert ist, den [X.]er in [X.] zu nehmen, fehlt umgekehrt dem [X.]er die Befugnis, sich durch die Klage gegen einen [X.]sgläubiger seiner Haftung zu erwehren. Hätte die hier erhobene Feststellungsklage Erfolg, stünde rechtskräftig fest, dass die Beklagte den Klä-ger nicht als [X.]er der Schuldnerin in Anspruch nehmen kann. Damit würde jedoch dem Insolvenzverwalter die ihm durch §
93 [X.] kraft der Er-mächtigungswirkung vorbehaltene Einziehungs-
und Prozessführung entzogen. Würde die negative Feststellungsklage hingegen aus sachlichen Gründen ab-gewiesen, hätte das Urteil dieselbe Rechtskraftwirkung wie ein Urteil, welches
das Gegenteil
dessen, was mit der negativen Feststellungsklage begehrt wird, positiv feststellt ([X.], Urteil vom 17.
März 1995 -
V
ZR 178/93, NJW 1995, 1757). Dann stünde fest, dass die Beklagte als [X.]sgläubigerin gegen den Kläger als [X.]er Rückgriff nehmen kann. Ein solches von dem [X.]sgläubiger erstrittenes Erkenntnis wäre jedoch, weil der Kläger auf der Grundlage des Feststellungsurteils nicht befreiend an die Beklagte leisten dürfte, mit der in §
93 [X.] zu Gunsten des Insolvenzverwalters verankerten

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Sperrwirkung unvereinbar.
Bei dieser Sachlage erweist sich die hier erhobene Klage als unzulässig.

[X.]
[X.]
Fischer

Grupp
Möhring

Vorinstanzen:
LG [X.] I, Entscheidung vom 18.08.2011 -
22 O 15224/10 -

OLG [X.], Entscheidung vom 28.11.2011 -
5 U 3715/11 -

Meta

IX ZR 217/11

12.07.2012

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.07.2012, Az. IX ZR 217/11 (REWIS RS 2012, 4726)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 4726

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IX ZR 217/11

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