Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 14.11.2017, Az. 3 AZR 515/16

3. Senat | REWIS RS 2017, 2409

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Gegenstand

Betriebliche Altersversorgung - Gleichbehandlung


Leitsatz

Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz ist nicht verletzt, wenn der Arbeitgeber freiwillig eine Betriebsrente zahlt, bei deren Berechnung er auch Beschäftigungszeiten zugrunde legt, auf deren Berücksichtigung nach seiner Auffassung kein Rechtsanspruch besteht, diese Begünstigung stichtagsbezogen jedoch nur den Versorgungsempfängern, nicht aber den Versorgungsanwärtern gewährt.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 28. Juni 2016 - 1 [X.]/15 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten in der Revision noch darüber, ob bei der Berechnung der Betriebsrente der Klägerin Beschäftigungszeiten nach dem 31. Dezember 1994 zu berücksichtigen sind.

2

Die im Juli 1949 geborene Klägerin war bei der [X.] bzw. deren Rechtsvorgängerin - der [X.] - vom 28. Oktober 1968 bis zum 31. Juli 2012 beschäftigt. Bei der Rechtsvorgängerin der [X.] bestand eine Betriebsvereinbarung Nr. 2/88 über die betriebliche Altersversorgung ([X.]), deren Bestandteil eine als Anlage beigefügte Versorgungsordnung (VO) war. Nach Abschnitt VI Nr. 1 Buchst. a VO beträgt die monatliche Alters- und Invalidenrente nach einer anrechenbaren Dienstzeit von 40 vollendeten Jahren für außertarifliche Mitarbeiter 400,00 DM, für Mitarbeiter der Tarifgruppen [X.] und [X.] 300,00 DM und für die übrigen Mitarbeiter 200,00 DM. Die anrechenbare Dienstzeit ist nach Abschnitt VII Nr. 1 Buchst. a VO die Zeit, während der in ununterbrochener Folge bis zum Erwerb eines Anspruchs auf Betriebsrente ein Arbeits- oder Berufsausbildungsverhältnis zum Unternehmen bestanden hat.

3

Die Rechtsvorgängerin der [X.] kündigte die [X.] unter dem 30. Juni 1993 schriftlich mit Wirkung zum 31. Dezember 1994. In der Annahme hierzu verpflichtet zu sein, gewährte sie - ebenso wie nachfolgend die Beklagte - auch nach Ablauf der Kündigungsfrist der [X.] den ausgeschiedenen Mitarbeitern bei Vollendung des 65. Lebensjahres zunächst eine Betriebsrente, bei deren Berechnung sie eine anrechenbare Dienstzeit bis zum Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis zugrunde legte. Den vorzeitig ausgeschiedenen Arbeitnehmern wurden zumindest teilweise entsprechende Anwartschaftsbescheinigungen erteilt.

4

Anfang September 2010 übertrug die Rechtsvorgängerin der [X.] - inzwischen firmierend als [X.] - durch [X.] vom 18. August 2010 den Teilbetrieb [X.] auf die Beklagte. Zeitgleich wurden aufgrund zweier Spaltungs- und Übernahmeverträge vom 18. August 2010 der Teilbetrieb Werkzeugtechnik auf die Werkzeugtechnik GmbH & Co. KG (im Folgenden [X.]) und der Teilbetrieb [X.] auf die [X.] GmbH & Co. KG (im [X.]) übertragen.

5

Im Rahmen der Vorbereitung der Unternehmensspaltung fiel einer Mitarbeiterin der Personalabteilung der [X.] auf, dass die in einem Gutachten einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ausgewiesenen künftigen Betriebsrenten nach der [X.] wesentlich geringer waren als die von ihr errechneten. Auf Rückfrage teilte die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft mit, dass die Mitarbeiter, die Ende 1994 noch keine Betriebsrente bezogen, nur noch Anspruch auf eine quotierte Betriebsrente hätten. Die Geschäftsführung der [X.] entschied daraufhin zum Jahreswechsel 2010/2011 den ehemaligen Mitarbeitern, die bereits eine Betriebsrente erhielten, diese in voller Höhe weiter zu gewähren. Ferner sollten diejenigen 13 ehemaligen Arbeitnehmer, die im Rahmen der mit der Unternehmensspaltung verbundenen Betriebsänderung im Jahr 2010 aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden waren, eine auf den Zeitpunkt ihres Ausscheidens quotierte Rente erhalten. Den übrigen Betriebsrentenanwärtern, die nach dem 31. Januar 2011 eine Rente nach der [X.] in Anspruch nehmen, sollte diese nur noch unter Zugrundelegung der bis zum 31. Dezember 1994 erbrachten Dienstzeit gewährt werden.

6

Die Beklagte verfügte Ende Dezember 2010 über 76 Betriebsrentner und weitere 95 Anwärter auf eine Betriebsrente nach der [X.]. Im Januar 2011 trat bei keinem der Anwärter ein Versorgungsfall ein.

7

Der Betriebsrat der [X.] leitete im Jahr 2012 ein Beschlussverfahren ein, in dem er die Feststellung begehrte, „dass durch die Kündigung vom 30. Juni 1993 der Betriebsvereinbarung Nr. 2/88 über die betriebliche Altersversorgung … durch die [X.] … nicht dergestalt in die erworbenen Betriebsrentenanwartschaften und die Betriebsrenten der Arbeitnehmer, die bis zum 31. Dezember 1994 unter die Betriebsvereinbarung Nr. 2/88 über die betriebliche Altersversorgung … fallen, eingegriffen wurde, dass die zu gewährende Betriebsrente [X.] auf den 31. Dezember 1994 berechnet wird“. An dem Verfahren waren neben der [X.] auch die Beklagte und die [X.] beteiligt. Das [X.] wies den Antrag des Betriebsrats durch rechtskräftigen Beschluss vom 2. Mai 2013 ab.

8

Die Klägerin bezieht seit dem 1. August 2012 eine vorgezogene monatliche Betriebsrente iHv. 53,13 Euro brutto. Bei der Berechnung der Betriebsrente quotierte die Beklagte die nach einer anrechenbaren Dienstzeit von 40 vollendeten Jahren erreichbare fiktive Vollrente iHv. 102,26 Euro (= 200,00 DM) im Verhältnis der Dienstzeiten der Klägerin vom Beginn ihres Arbeitsverhältnisses bis zum 31. Dezember 1994 zu einer Dienstzeit bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres. Den sich ergebenden Betrag iHv. 58,54 Euro kürzte die Beklagte wegen des vorgezogenen Rentenbezugs um einen in Abschnitt VI Nr. 1 Buchst. b VO vorgesehenen versicherungsmathematischen Abschlag iHv. [X.] auf 53,13 Euro.

9

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei aufgrund des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes verpflichtet, bei der Berechnung der Betriebsrente auch ihre nach dem 31. Dezember 1994 zurückgelegten Dienstzeiten zu berücksichtigen. Die unterschiedliche Behandlung der verschiedenen Personengruppen bei der Entscheidung, die Betriebsrente freiwillig auch unter Zugrundelegung der nach dem 31. Dezember 1994 erbrachten Dienstzeiten zu gewähren, sei sachlich nicht gerechtfertigt.

Die Klägerin hat - soweit für die Revision noch von Interesse - zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an sie

        

1.    

für die Monate August 2012 bis Februar 2015 einen Betrag iHv. 1.093,37 Euro brutto [X.] Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 14. März 2015 zu zahlen;

        

2.    

künftig ab dem 1. März 2015 Rentenzahlungen iHv. weiteren 35,27 Euro brutto monatlich zu zahlen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat geltend gemacht, die von ihr vorgenommene Differenzierung zwischen den Versorgungsempfängern und den [X.] sei wegen der unterschiedlichen Lage dieser Personengruppen sachlich gerechtfertigt. Auch die Begünstigung der im Rahmen der Unternehmensspaltung im Jahr 2010 vorzeitig ausgeschiedenen Arbeitnehmer sei nicht zu beanstanden. Die Gewährung einer ungekürzten Betriebsrente an diese Arbeitnehmer solle - zusätzlich zur Sozialplanabfindung - den Verlust des [X.] Besitzstandes kompensieren, der durch den Wegfall des Arbeitsplatzes entstanden sei.

Das Arbeitsgericht hat der Klage - soweit für die Revision von Bedeutung - stattgegeben. Auf die Berufung der [X.] hat das [X.] das arbeitsgerichtliche Urteil abgeändert und die Klage insoweit abgewiesen. Mit der Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung der arbeitsgerichtlichen Entscheidung. Die Beklagte begehrt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision ist unbegründet. Das [X.] hat zu Recht angenommen, dass die [X.] nicht verpflichtet ist, der Klägerin aufgrund des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes eine Betriebsrente unter Berücksichtigung ihrer nach dem 31. Dezember 1994 erbrachten Dienstzeiten zu gewähren.

I. Das Urteil des [X.]s ist allerdings insoweit rechtsfehlerhaft und wegen eines von Amts wegen zu beachtenden Verstoßes gegen § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO zu korrigieren, als es über einen Anspruch der Klägerin auf Grundlage der [X.] und aufgrund betrieblicher Übung entschieden hat.

1. Der [X.] nach § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist nicht nur dann verletzt, wenn einer Partei etwas zugesprochen wird, ohne dass sie dies beantragt hat, sondern auch dann, wenn ihr ein Anspruch aberkannt wird, den sie nicht zur Entscheidung gestellt hat ([X.] 25. August 2015 - 1 [X.] 754/13 - Rn. 20 mwN, [X.]E 152, 240; 15. April 2015 - 4 [X.] 796/13 - Rn. 21 mwN, [X.]E 151, 235).

2. Danach hat das [X.] gegen § 308 Abs. 1 ZPO verstoßen.

a) Die Klägerin hat in den Vorinstanzen die begehrten Zahlungsansprüche ausschließlich auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz gestützt. Sie hat weder geltend gemacht, dass ihr - trotz der Kündigung durch die Rechtsvorgängerin der [X.] und des rechtskräftigen Beschlusses des [X.]s vom 2. Mai 2013 - nach der [X.] ein Anspruch auf Berücksichtigung ihrer nach dem 31. Dezember 1994 zurückgelegten Dienstzeiten bei der Berechnung ihrer Betriebsrente zustehe, noch dass die [X.] aufgrund betrieblicher Übung zur Gewährung einer entsprechend berechneten Betriebsrente verpflichtet sei.

b) Damit hat das [X.] über zwei prozessuale Ansprüche entschieden, die nicht zur Entscheidung gestellt waren. Die Frage, ob der Klägerin ein Anspruch auf Berücksichtigung ihrer nach dem 31. Dezember 1994 zurückgelegten Dienstzeiten bei der Berechnung ihrer Betriebsrente auf Grundlage der gekündigten [X.] oder aufgrund einer bei der [X.] in der Vergangenheit begründeten betrieblichen Übung zusteht, betrifft andere Lebenssachverhalte, deren rechtliche Bewertung vom Vorliegen anderweitiger Voraussetzungen abhängig ist.

3. Das Urteil ist daher - ohne dass es eines förmlichen Entscheidungsausspruchs bedurfte - zu berichtigen, um eine sonst eintretende Rechtskraft auszuschließen ([X.] 15. April 2015 - 4 [X.] 796/13 - Rn. 23 mwN, [X.]E 151, 235). Die Entscheidung des [X.]s ist damit insoweit gegenstandslos, als die Klage wegen eines auf die [X.] und auf betriebliche Übung gestützten Anspruchs abgewiesen wurde.

II. Die Klage ist unbegründet. Die [X.] ist nicht verpflichtet, der Klägerin aufgrund des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes eine Betriebsrente unter Zugrundelegung einer anrechenbaren Dienstzeit bis zum 31. Juli 2012 zu gewähren.

1. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz ist die privatrechtliche Ausprägung des Gleichheitssatzes nach Art. 3 Abs. 1 GG. Gemäß § 1b Abs. 1 Satz 4 [X.] können Versorgungsverpflichtungen nicht nur auf einer Versorgungszusage, sondern auch auf dem Grundsatz der Gleichbehandlung beruhen. Im Bereich des Betriebsrentenrechts hat der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz damit kraft Gesetzes anspruchsbegründende Wirkung (etwa [X.] 12. August 2014 - 3 [X.] 764/12 - Rn. 22 mwN). Er findet stets Anwendung, wenn der Arbeitgeber Leistungen nach einem bestimmten erkennbaren und generalisierenden Prinzip aufgrund einer abstrakten Regelung gewährt, indem er bestimmte Voraussetzungen oder einen bestimmten Zweck festlegt. Allerdings greift er nur bei einem gestaltenden Verhalten des Arbeitgebers ein, hingegen nicht beim bloßen - auch vermeintlichen - [X.] ([X.]Rspr., vgl. etwa [X.] 11. Juli 2017 - 3 [X.] 691/16 - Rn. 30 mwN).

2. Der Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet dem Arbeitgeber, seine Arbeitnehmer oder Gruppen seiner Arbeitnehmer, die sich in vergleichbarer Lage befinden, bei Anwendung einer von ihm selbst gegebenen Regel gleich zu behandeln. Dabei ist nicht nur die willkürliche Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer innerhalb einer Gruppe, sondern auch eine sachfremde Gruppenbildung unzulässig ([X.]Rspr., vgl. etwa [X.] 21. August 2007 - 3 [X.] 269/06 - Rn. 21 mwN, [X.]E 124, 22). Eine Gruppenbildung liegt vor, wenn der Arbeitgeber Vergünstigungen nach einem allgemeinen Prinzip gewährt, indem er bestimmte Voraussetzungen oder Zwecke festlegt. Die Besserstellung gegenüber anderen Arbeitnehmern muss nach einem oder mehreren Kriterien vorgenommen werden, die bei allen Begünstigten vorliegen (vgl. etwa [X.] 12. August 2014 - 3 [X.] 764/12 - Rn. 24 mwN).

3. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz verlangt, dass die vorgenommene Differenzierung sachlich gerechtfertigt ist. Eine sachverhaltsbezogene Ungleichbehandlung verstößt erst dann gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung, wenn sie willkürlich ist, weil sich ein vernünftiger Grund für die Differenzierung nicht finden lässt. Dagegen ist bei einer personenbezogenen Ungleichbehandlung der Gleichbehandlungsgrundsatz bereits dann verletzt, wenn eine Gruppe anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die Ungleichbehandlung rechtfertigen können (vgl. etwa [X.] 12. August 2014 - 3 [X.] 764/12 - Rn. 25 mwN). Maßgeblich für die Beurteilung, ob für die unterschiedliche Behandlung ein hinreichender Sachgrund besteht, ist vor allem der Regelungszweck. Dieser muss die Gruppenbildung rechtfertigen (vgl. dazu etwa [X.] 12. August 2014 - 3 [X.] 764/12 - Rn. 26 mwN).

4. Danach hat die Klägerin keinen Anspruch auf Gewährung einer Betriebsrente unter Zugrundelegung einer anrechenbaren Dienstzeit bis zum 31. Juli 2012 aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.

a) Die [X.] hat bei ihrer zum Jahreswechsel 2010/2011 getroffenen Entscheidung, die Betriebsrente nach der [X.] auch unter Zugrundelegung der nach dem 31. Dezember 1994 zurückgelegten Beschäftigungszeiten zu gewähren, zwei unterschiedliche Gruppen von Begünstigten gebildet. Zum einen erhalten diejenigen früheren Arbeitnehmer, die Ende Januar 2011 bereits Versorgungsempfänger waren, die Betriebsrente ungekürzt und damit auch unter Berücksichtigung von nach dem 31. Dezember 1994 zurückgelegten Beschäftigungszeiten weiter. Zum anderen sollen die Arbeitnehmer, die im Rahmen der mit der Unternehmensspaltung im Jahr 2010 einhergehenden Betriebsänderung vorzeitig aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden sind, eine ungekürzte Betriebsrente erhalten. Von der Begünstigung ausgenommen sind hingegen die übrigen ehemaligen und die noch aktiven Arbeitnehmer, die im Januar 2011 noch Anwärter auf eine Betriebsrente nach der [X.] waren.

b) Die von der [X.] getroffene Entscheidung ist am arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz zu messen. Die Parteien haben übereinstimmend vorgebracht, dass die [X.] inzwischen davon ausgehe, wegen der Kündigung der [X.] mit Wirkung zum 31. Dezember 1994 nicht verpflichtet zu sein, bei der Berechnung der Betriebsrente Beschäftigungszeiten ab dem 1. Januar 1995 zu berücksichtigen. Damit hat die [X.] hinsichtlich der beiden begünstigten Personengruppen bewusst eine gestaltende Entscheidung über eine freiwillige Leistungsgewährung getroffen.

c) Die Entscheidung der [X.], bei den Versorgungsempfängern keine Kürzung der Betriebsrente vorzunehmen, sondern diese weiterhin freiwillig unter Berücksichtigung der nach dem 31. Dezember 1994 erbrachten Beschäftigungszeiten zu gewähren, ist - wie vom [X.] zutreffend angenommen - nicht zu beanstanden. Soweit die von der [X.] vorgenommene Differenzierung damit eine „unterschiedliche Behandlung“ der nach dem 31. Dezember 1994 erbrachten Beschäftigungszeiten zur Folge hat, ist diese entgegen der Ansicht der Revision sachlich gerechtfertigt.

aa) Die [X.] will mit der weiteren Gewährung einer ungekürzten Betriebsrente der besonderen Lage der Versorgungsempfänger Rechnung tragen. Sie will damit sicherstellen, dass diese ihren finanziellen Lebensstandard, auf den sie sich im Ruhestand eingestellt haben, beibehalten können.

bb) Dieser Zweck trägt die vorgenommene Differenzierung. Zwischen den Versorgungsempfängern der [X.] und ihren [X.]n bestehen Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht, die eine Ungleichbehandlung rechtfertigen.

Zwar hat auch die Gruppe der [X.] angesichts der früheren Praxis der [X.] bei der Berechnung der Betriebsrenten auf eine höhere Betriebsrente vertraut. Bei den [X.]n sind jedoch der Versorgungsfall und damit der Leistungsbezug noch nicht eingetreten. Bei gebotener typisierender Betrachtung sind die [X.] und die Versorgungsempfänger daher nicht in gleichem Maße von einer Kürzung der Betriebsrente betroffen. Die [X.] durfte annehmen, dass sich die Versorgungsempfänger nach Eintritt des [X.] in ihrem Lebensstandard bereits auf ein bestimmtes finanzielles Niveau eingestellt haben und dieses auch durch die von der [X.] bereits gezahlte Betriebsrente bestimmt wird. Demgegenüber haben die [X.] hinsichtlich der späteren Betriebsrente lediglich eine entsprechende Erwartung. Mit Eintritt des [X.] wird das Schutzbedürfnis der Betroffenen in der Regel größer (vgl. [X.] 20. Februar 2001 - 3 [X.] 252/00 - zu III 1 c der Gründe). Diese veränderte Situation rechtfertigt eine unterschiedliche Behandlung auch dann, wenn - wie vorliegend - der Arbeitgeber Leistungen, auf die aus seiner Sicht kein Rechtsanspruch besteht, freiwillig weiter gewährt. Der Arbeitgeber darf das Ziel verfolgen, den finanziellen Lebensstandard der Betriebsrentner, die sich auf die Gewährung einer Betriebsrente in einer bestimmten Höhe bereits eingestellt haben, aufrechtzuerhalten. Der Eintritt des [X.] stellt auch in diesem Fall eine entscheidende Zäsur dar und ist daher ein sachgerechter Anknüpfungspunkt (zum Eintritt des [X.] als Zäsur vgl. auch [X.] 12. August 2014 - 3 [X.] 764/12 - Rn. 39; 11. August 2009 - 3 [X.] 363/08 - Rn. 39 mwN).

cc) Der von der [X.] gewählte Stichtag des 31. Januar 2011 ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Die Festsetzung eines Stichtags ist als Ausdruck einer pauschalierten Betrachtung und im Interesse der Praktikabilität grundsätzlich zulässig, wenn sich die Wahl des Zeitpunkts am zu regelnden Sachverhalt orientiert und demnach sachlich vertretbar ist (vgl. [X.] 13. November 2014 - 6 [X.] 1102/12 - Rn. 42, [X.]E 150, 36). Dies ist vorliegend der Fall.

Die Geschäftsführung der [X.] hat nach Aufdeckung des langjährig im Unternehmen bestehenden Irrtums bei der Berechnung der Betriebsrenten nach der [X.] zum Jahreswechsel 2010/2011 ihre Entscheidung über ihre künftige Vorgehensweise bei der Rentenberechnung getroffen. Der gewählte Stichtag liegt zeitnah zu dieser Entscheidung und der vorherigen Aufdeckung des Irrtums und orientiert sich damit am zu regelnden Sachverhalt. Nach dem nicht bestrittenen Vortrag der [X.] sind bei ihr im Januar 2011 keine weiteren Versorgungsfälle eingetreten. Damit sind von der Begünstigung nur diejenigen Versorgungsempfänger erfasst, die sich zum Zeitpunkt der Entscheidung bereits in Ruhestand befanden. Der Umstand, dass bei der Klägerin der Versorgungsfall nur einige Monate später eingetreten ist, rechtfertigt kein anderes Ergebnis. Eine Stichtagsregelung ist nicht deshalb unzulässig, weil sie im Einzelfall zu Härten führen kann (vgl. [X.] 12. Februar 2013 - 3 [X.] 414/12 - Rn. 114 mwN). Aus diesem Grund kommt es auch nicht darauf an, ob - wie von der Revision geltend gemacht - die wirtschaftliche Situation zumindest von rentennahen [X.]n und Versorgungsempfängern ähnlich ist.

d) Soweit die [X.] im Rahmen ihrer Entscheidung diejenigen ehemaligen Arbeitnehmer aus der Gruppe der [X.] ausgenommen hat, die aufgrund der mit der Unternehmensspaltung im Jahr 2010 einhergehenden Betriebsänderung aus dem Unternehmen ausgeschieden sind, liegt ebenfalls kein Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz vor. Die darin liegende Differenzierung ist - wie vom [X.] zutreffend angenommen - ebenfalls sachlich gerechtfertigt.

aa) Nach dem von der Klägerin nicht bestrittenen Vortrag will die [X.] mit der Gewährung einer ungekürzten Betriebsrente an diese Personengruppe den Nachteil ausgleichen, den diese durch den vorzeitigen Verlust ihres Arbeitsplatzes im Rahmen der Betriebsänderung erlitten haben.

bb) Dieser Zweck rechtfertigt die vorgenommene Differenzierung. Bei denjenigen [X.]n, die - wie die Klägerin - zum Jahreswechsel 2010/2011 noch in einem Arbeitsverhältnis mit der [X.] standen, war ein entsprechender Bedarf für den Ausgleich des durch die Betriebsänderung erlittenen Besitzstandes nicht gegeben. Die [X.] war berechtigt, bei der Festlegung der begünstigten Personengruppe an eine konkrete Betriebsänderung anzuknüpfen und sich damit an den gesetzlichen Vorgaben in §§ 111 ff. [X.] zu orientieren. Daher kommt es auch nicht darauf an, ob bei anderen, bereits früher aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschiedenen [X.]n eine vergleichbare [X.] Schutzbedürftigkeit gegeben war.

Unschädlich ist, dass die [X.] den von der Betriebsänderung betroffenen Arbeitnehmern damit einen über die im Sozialplan vorgesehene Abfindung hinausgehenden Ausgleich für die durch den Arbeitsplatzverlust erlittenen Nachteile gewährt. Zwar regelt der Sozialplan - entsprechend seiner zukunftsbezogenen Ausgleichs- und Überbrückungsfunktion - grundsätzlich diejenigen Leistungen, die die voraussichtlich entstehenden wirtschaftlichen Folgen eines durch Betriebsänderung verursachten Arbeitsplatzverlustes ausgleichen oder zumindest abmildern sollen (vgl. etwa [X.] 8. Dezember 2015 - 1 [X.] 779/14 - Rn. 14). Dem Arbeitgeber ist es jedoch individualrechtlich nicht verwehrt, den vom Arbeitsplatzverlust betroffenen Arbeitnehmern einen über die im Sozialplan vorgesehene Abfindung hinausgehenden Ausgleich bei der Berechnung der Betriebsrente zukommen zu lassen.

III. [X.] folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Zwanziger    

        

    Spinner    

        

    Ahrendt    

        

        

        

    Busch    

        

    Schüßler    

                 

Meta

3 AZR 515/16

14.11.2017

Bundesarbeitsgericht 3. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Lübeck, 23. Juli 2015, Az: 1 Ca 563/15, Urteil

Art 3 Abs 1 GG, § 1b Abs 1 S 4 BetrAVG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 14.11.2017, Az. 3 AZR 515/16 (REWIS RS 2017, 2409)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 2409

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Wird zitiert von

1 Ca 2161/17

12 Sa 580/19

Zitiert

3 AZR 691/16

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