Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.11.2014, Az. IV ZR 329/14

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 1199

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
IV ZR 329/14

Verkündet am:

19. November 2014

Heinekamp

Justizhauptsekretär

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

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2
-

Der IV.
Zivilsenat des [X.] hat durch die
Vorsitzende Richterin [X.], die Richterin [X.], die Richter Dr.
Karczewski, [X.] und die Richterin Dr. Brockmöller
im schriftli-chen Verfahren
nach §
128 Abs.
2 ZPO mit Schriftsatzfrist bis zum
15.
Oktober 2014

für Recht erkannt:

Auf die Revision der Klägerseite wird das Urteil des 20.
Zivilsenats des [X.] vom 3.
Fe-bruar 2012 aufgehoben und die Sache zur neuen [X.] und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht [X.].

Der Streitwert wird für das Revisionsverfahren auf 6.488,80

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerseite (Versicherungsnehmer/in: im Folgenden d. [X.]) begehrt von dem beklagten Versicherer (im Folgenden Versicherer) Rückzahlung geleisteter Versicherungsbeiträge einer Rentenversiche-rung nebst Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung.
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Der Versicherungsvertrag wurde
aufgrund eines Antrags d. [X.]
mit Vertragsbeginn zum 1.
Oktober 2001 nach dem so genannten Policen-modell des §
5a [X.] in der bei Antragstellung gültigen Fassung (im [X.] §
5a [X.]
a.[X.]) abgeschlossen. Mit Schreiben vom 9.
März 2008 erklärte d. [X.] die Kündigung. Der Versicherer akzeptierte diese und zahlte den Rückkaufswert aus. Mit Schreiben vom 29. August 2008 er-klärte d. [X.] den Widerspruch nach §
5a Abs.
1 Satz
1 [X.] a.[X.]

Mit
der Klage verlangt d. [X.]

soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung

Rückzahlung aller auf den Vertrag geleisteten [X.] nebst Zinsen abzüglich des bereits gezahlten [X.]
(ins-

.

Nach Auffassung d. [X.] ist
der
Versicherungsvertrag nicht wirksam zustande gekommen. Auch nach Ablauf der Frist des

gegen Gemein-schaftsrecht verstoßenden
-
§
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] a.[X.] habe der [X.] noch erklärt werden können.

Das [X.] hat die Klage abgewiesen, das [X.] die hiergegen gerichtete Berufung zurückgewiesen. Mit der Revision ver-folgt d. [X.] das Klagebegehren hinsichtlich des [X.] weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision
führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur [X.] an das Berufungsgericht.
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I. Dieses hat einen Prämienrückerstattungsanspruch aus unge-rechtfertigter Bereicherung verneint. Es hat die Auffassung vertreten, dass die Widerspruchsbelehrung unzureichend gewesen sei. Nach der gesetzlichen Regelung sei nicht allein der Erhalt des [X.] ausschlaggebend für den Beginn des Laufs der Frist, sondern d.
[X.]
müssten auch die Versicherungsbedingungen und die Verbrau-cherinformation
vorliegen. Dies
verschweige die Belehrung;
auch
fehle der notwendige Hinweis auf die einzuhaltende Textform des [X.]s. Der Vertrag sei aber gemäß § 5a Abs.
2 Satz 4 [X.] a.[X.] ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie rückwirkend endgültig wirksam ge-worden.

[X.] Die Revision ist begründet.

1. Der Anspruch auf Prämienrückzahlung folgt dem Grunde nach aus §
812 Abs.
1 Satz
1 Alt.
1 BGB.

a) Der zwischen den Parteien geschlossene Versicherungsvertrag schafft keinen Rechtsgrund für die Prämienzahlung. Er ist infolge des Widerspruchs d. [X.] nicht wirksam zustande gekommen. Der [X.] war -
ungeachtet des Ablaufs der in §
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] a.[X.] normierten Jahresfrist

rechtzeitig.

aa) Wie das Berufungsgericht richtig gesehen hat, fehlte in der maßgeblichen Widerspruchsbelehrung in dem Policenbegleitschreiben der Hinweis auf die gemäß §
5a Abs.
1 Satz
1 [X.] in der ab dem 1.
August 2001 gültigen Fassung erforderliche Textform des Wider-7
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spruchs
sowie der Hinweis darauf, dass für den Beginn des Fristenlaufs
d. [X.] nicht nur den Versicherungsschein sondern auch die [X.] und die Verbraucherinformation erhalten haben muss. Mithin
belehrte der Versicherer d. [X.] nicht ordnungsgemäß i.S. von §
5a Abs.
2 Satz
1 [X.] a.[X.] über das Widerspruchsrecht. Für einen solchen Fall bestimmte §
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] a.[X.] zwar, dass das [X.]srecht ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie erlischt.

Das Widerspruchsrecht bestand hier aber nach Ablauf der [X.] und noch im Zeitpunkt der Widerspruchserklärung fort.

Das ergibt die richtlinienkonforme Auslegung des §
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] a.[X.] auf der Grundlage der Vorabentscheidung des [X.] der [X.] vom 19.
Dezember 2013 ([X.], 225). Der Senat hat mit Urteil vom 7.
Mai 2014 ([X.]/11,
[X.],
817 Rn.
17-34
für [X.] vorgesehen) entschieden und im Einzelnen begründet, die Regelung müsse richtlinienkonform [X.] dergestalt reduziert werden, dass sie im Anwendungsbereich der [X.] und der [X.] keine Anwendung findet und für davon erfasste Lebens-
und Rentenversicherungen sowie Zusatzversicherungen zur Lebensversicherung grundsätzlich ein [X.]srecht fortbesteht, wenn d. [X.]

wie hier

nicht ordnungsgemäß über das Recht zum Widerspruch belehrt worden ist und/oder die [X.] oder die Versicherungsbedingungen nicht erhalten hat.

bb) Die
erklärte Kündigung des Versicherungsvertrages steht dem Widerspruch nicht entgegen (vgl. Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 aaO Rn.
36 m.w.N.). Ein Erlöschen des Widerspruchsrechts nach beiderseits 12
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vollständiger Leistungserbringung kommt ebenfalls nicht in Betracht (vgl. Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 aaO Rn.
37 m.w.N.).

b) Die bereicherungsrechtlichen Rechtsfolgen der Europarechts-widrigkeit des §
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] a.[X.] sind nicht auf eine Wirkung ab Zugang des Widerspruchs (ex nunc) zu beschränken, sondern nur ei-ne Rückwirkung entspricht dem [X.] (dazu im Einzelnen Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 aaO Rn.
42-44).

2. Der Höhe nach umfasst
der [X.] nach §
812 Abs.
1 Satz
1 Alt.
1 BGB nicht uneingeschränkt alle gezahlten Prämien. Vielmehr muss sich d. [X.] bei der bereicherungsrechtlichen Rückabwick-lung den jedenfalls bis zur Kündigung des Vertrages genossenen Versi-cherungsschutz
anrechnen lassen. Der Wert des Versicherungsschutzes kann unter Berücksichtigung der Prämienkalkulation bemessen werden; bei Lebensversicherungen kann etwa dem Risikoanteil Bedeutung [X.] (Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 aaO Rn.
45 m.w.N.).

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Da es hierzu an Feststellungen fehlt, ist der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuver-weisen. Es wird den Parteien Gelegenheit zu ergänzendem Vortrag zu geben haben (vgl. Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 aaO Rn.
46).

[X.] [X.] Dr.
Karczewski

[X.] Dr. Brockmöller
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 27.05.2011 -
9 [X.]/09 -

OLG [X.], Entscheidung vom 03.02.2012 -
20 [X.] -

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Meta

IV ZR 329/14

19.11.2014

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.11.2014, Az. IV ZR 329/14 (REWIS RS 2014, 1199)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 1199

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Referenzen
Wird zitiert von

26 O 92/21

Zitiert

IV ZR 329/14

IV ZR 76/11

Zitieren mit Quelle:
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