Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.06.2015, Az. IV ZR 272/13

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 10060

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
IV ZR 272/13

Verkündet am:

10. Juni 2015

Heinekamp

Amtsinspektor

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

-
2
-

Der IV.
Zivilsenat des [X.] hat durch die Vorsitzende Richterin [X.], die Richterin [X.], die Richter Dr.
Karczewski, [X.] und die Richterin [X.] im schriftli-chen Verfahren, bei dem Schriftsätze bis zum 20.
Mai
2015 eingereicht werden konnten,

für Recht erkannt:

Auf die Revision der Klägerseite wird das Urteil der 2.
Zivilkammer des [X.] vom 26.
Juni 2013 aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.],
an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Der Streitwert wird auf 1.656,22

festgesetzt.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerseite (Versicherungsnehmerin: im Folgenden d. [X.]) be-gehrt von dem beklagten Versicherer (im Folgenden Versicherer) Rück-zahlung geleisteter Versicherungsbeiträge einer fondsgebundenen Ren-tenversicherung.

Diese wurde aufgrund eines Antrags d. [X.] mit [X.] zum 1.
September 2004 nach dem so genannten Policenmodell des §
5a [X.] in der seinerzeit
gültigen Fassung (im Folgenden §
5a [X.] 1
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a.[X.]) abgeschlossen. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts erhielt d. [X.]
mit dem Policenbegleitschreiben eine Belehrung über das Widerspruchsrecht, den Versicherungsschein, die [X.] und eine Verbraucherinformation nach §
10a des [X.] ([X.]). Mit Schreiben vom 28.
Oktober 2010
erklärte d.
[X.] "den Widerspruch gem.
§
5a [X.] a.[X.]
bzw. den Widerspruch nach §
8 [X.], bzw. den Widerruf nach §
355 BGB höchstvorsorglich die An-fechtung nach §
119 I BGB, hilfsweise die Kündigung". Der Versicherer akzeptierte die Kündigung und zahlte den Rückkaufswert aus.

Mit der Klage verlangt d. [X.] Rückzahlung aller auf den Vertrag ge-leisteten Beiträge nebst Zinsen abzüglich des bereits gezahlten [X.].

Nach Auffassung d. [X.] ist der Versicherungsvertrag nicht wirksam zustande gekommen. Auch nach Ablauf der Frist des

gegen Gemein-schaftsrecht verstoßenden

§
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] a.[X.] habe der [X.] noch erklärt werden können.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen, das [X.] die hiergegen gerichtete Berufung zurückgewiesen. Nach teilweiser überein-stimmender Erledigungserklärung im Berufungsverfahren verfolgt d. [X.] mit der Revision das Klagebegehren in Höhe von 1.656,22

weiter.
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Entscheidungsgründe:

Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur [X.] an das Berufungsgericht.

I. Dieses hat einen Prämienrückerstattungsanspruch aus unge-rechtfertigter Bereicherung verneint. Der Versicherer habe d. [X.] nicht in drucktechnisch hervorgehobener Form über das Widerspruchsrecht [X.]. Die Widerspruchsbelehrung auf der Rückseite des [X.] unterscheide sich von dem sonstigen auf dieser Seite befind-lichen Text allein durch den [X.]. Eine Akzentuierung, z.B. durch einen Abdruck in besonderer Schriftgröße, Einrahmung oder -rückung des [X.] sei unterblieben. Die Überschrift unterscheide sich nicht von den anderen Überschriften. Der Vertrag sei aber gemäß § 5a Abs.
2 Satz 4 [X.] a.[X.] ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie rück-wirkend endgültig wirksam geworden.

[X.] Die Revision ist begründet.

1. Der -
mit der Revision allein weiterverfolgte
-
Anspruch auf Prä-mienrückzahlung folgt dem Grunde nach aus §
812 Abs.
1 Satz
1 Alt.
1 BGB.

a) Der zwischen den Parteien geschlossene Versicherungsvertrag schafft keinen Rechtsgrund für die Prämienzahlung. Er ist infolge des Widerspruchs d. [X.] nicht wirksam zustande gekommen. Der [X.] war -
ungeachtet des Ablaufs der in §
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] a.[X.] normierten Jahresfrist
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rechtzeitig.
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5
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aa) Nach den revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden [X.] belehrte der Versicherer d. [X.] nicht ord-nungsgemäß i.S. von §
5a Abs.
2 Satz
1 [X.] a.[X.] über das [X.]srecht. Die tatrichterliche Annahme, die Widerspruchsbelehrung sei drucktechnisch nicht ausreichend hervorgehoben, überspannt entge-gen der Auffassung der Revisionserwiderung die Anforderungen an eine Hervorhebung nicht.
Von dem übrigen Text auf der Rückseite des Poli-cenbegleitschreibens hob sich die Widerspruchsbelehrung allein durch den [X.] nicht genügend ab.

Für einen solchen Fall einer
nicht ordnungsgemäßen [X.]sbelehrung bestimmte §
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] a.[X.] zwar, dass das Widerspruchsrecht ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie erlischt.
Das Widerspruchsrecht bestand hier aber nach Ablauf der Jahresfrist und noch im Zeitpunkt der Widerspruchserklärung fort.

Das ergibt
die richtlinienkonforme Auslegung des §
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] a.[X.] auf der Grundlage der Vorabentscheidung des [X.] der [X.] vom 19.
Dezember 2013 ([X.], 225). Der Senat hat mit Urteil vom 7.
Mai 2014 ([X.]/11,
BGHZ 201, 101
Rn.
17-34) entschieden und im Einzelnen begründet, die Regelung müsse richtlinienkonform teleologisch dergestalt reduziert werden, dass sie im Anwendungsbereich der [X.] und der [X.] keine Anwendung findet und für davon
er-fasste Lebens-
und Rentenversicherungen sowie Zusatzversicherungen zur Lebensversicherung grundsätzlich ein Widerspruchsrecht fortbesteht, wenn d. [X.]

wie hier

nicht ordnungsgemäß über das Recht zum Wi-11
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derspruch belehrt worden ist und/oder die Verbraucherinformation oder die Versicherungsbedingungen nicht erhalten hat.

bb) Die hilfsweise erklärte Kündigung des Versicherungsvertrages steht dem späteren Widerspruch nicht entgegen (vgl. Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 aaO Rn.
36 m.w.N.). Ein Erlöschen des Widerspruchsrechts nach beiderseits vollständiger Leistungserbringung kommt ebenfalls nicht in Betracht (vgl. Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 aaO Rn.
37 m.w.N.).

b) Die bereicherungsrechtlichen Rechtsfolgen der Europarechts-widrigkeit des §
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] a.[X.] sind nicht auf eine Wirkung ab Zugang des Widerspruchs (ex nunc) zu beschränken, sondern nur ei-ne Rückwirkung entspricht dem [X.] (dazu im Einzelnen Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 aaO Rn.
42-44).

2. Der Höhe nach umfasst der [X.] nach §
812 Abs.
1 Satz
1 Alt.
1 BGB nicht uneingeschränkt alle gezahlten Prämien. Vielmehr muss sich d. [X.] bei der bereicherungsrechtlichen Rückabwick-lung den jedenfalls bis zur Kündigung des Vertrages genossenen Versi-cherungsschutz anrechnen lassen. Der Wert des Versicherungsschutzes kann unter Berücksichtigung der Prämienkalkulation bemessen werden; bei Lebensversicherungen kann etwa dem Risikoanteil Bedeutung [X.] (Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 aaO Rn.
45 m.w.N.).
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Da es hierzu an Feststellungen fehlt, ist der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuver-weisen. Es wird den Parteien Gelegenheit zu ergänzendem Vortrag zu geben haben (vgl. Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 aaO Rn.
46).

[X.] [X.] Dr.
Karczewski

[X.] [X.]
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 19.11.2012 -
6 C 358/11 -

LG [X.], Entscheidung
vom 26.06.2013 -
GR 2 S 76/12 -

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Meta

IV ZR 272/13

10.06.2015

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.06.2015, Az. IV ZR 272/13 (REWIS RS 2015, 10060)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 10060

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IV ZR 76/11

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