Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.04.2013, Az. VIII ZR 88/12

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 6329

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
VIII ZR 88/12

Verkündet am:

24. April 2013

Ring,

Justizhauptsekretärin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] § 9; [X.] 2004 § 16; [X.]
2012 § 41; [X.] § 2
Eine aus ungefähr 10.000 Verbrauchsstellen bestehende und über rund 480 Ver-knüpfungspunkte mit dem Verteilnetz verbundene städtische Straßenbeleuchtungs-anlage stellt im Sinne des § 9 Abs. 7 Satz 2 [X.] eine einzige Abnahmestelle dar.

[X.], Urteil vom 24. April 2013 -
VIII ZR 88/12 -
[X.]

[X.]

-
2 -
Der VIII.
Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die
mündliche Verhandlung vom 24. April 2013
durch den Vorsitzenden [X.], [X.], die
Richterin Dr. Hessel
sowie [X.] [X.] und
Dr. Schneider

für Recht erkannt:

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 2. [X.]ellsenats des [X.] vom 8. Februar 2012
wird zu-rückgewiesen.
Die Klägerin
hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Klägerin,
die als Übertragungsnetzbetreiberin in ihrer in [X.] gelegenen Regelzone das Elektrizitätsnetz in der Höchst-
und Hochspannungsebene
betreibt,
verlangt von der [X.] als nachgelagerter Netzbetreiberin die Zahlung eines restlichen
Belastungsausgleichs nach dem [X.]
(im Folgenden: [X.])
für die Kalenderjahre 2006 und 2007.
Die Beklagte
versorgt als
Verteilnetzbetreiberin
aus dem von ihr gepachteten Mittel-
und Niederspannungsnetz in [X.]

die Straßenbe-leuchtungsanlage der [X.] [X.]

mit Strom. Diese
Anlage
verfügt
über un-gefähr 10.000 Verbrauchsstellen, welche über rund 480 Netzverknüpfungs-punkte an das Verteilnetz der [X.] angeschlossen sind. Im Jahre
2006 belief sich der Verbrauch für den Betrieb der [X.] auf 1

-
3 -
8.444.912
Kilowattstunden
und
im Jahre
2007 auf 7.945.115
Kilowattstunden
(kWh).
Die
Parteien streiten
nur noch um die Höhe der
Ausgleichszahlungen,
die
von der
[X.]
aufgrund
der durch die Straßenbeleuchtung verbrauchten Strommengen gemäß § 9 Abs. 4 [X.] an die Klägerin zu entrichten sind. Sie
sind unterschiedlicher Auffassung, ob auf die [X.] der [X.] [X.]

§ 9 Abs. 7 Satz 2 [X.]
Anwendung findet, wonach bei Letzt-verbrauchern, deren Jahresverbrauch an einer Abnahmestelle mehr als 100.000 kWh
beträgt, der Zuschlag nach dem [X.] für die über 100.000 kWh
jährlich hinausgehende Strommenge auf 0,05 Cent/kWh
begrenzt ist.
Die auf
Zahlung von noch 21.061,16

gerichtete Klage, mit der die Klä-gerin die Differenz zwischen dem vollen Ausgleichsbetrag und dem Betrag [X.] macht, der sich bei einem Ansatz der genannten, nach ihrer Auffassung aber nicht zum Tragen kommenden Zuschlagsbegrenzung ergibt,
hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revi-sion
verfolgt die Klägerin ihr Zahlungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:
Die Revision hat keinen Erfolg.

I.
Das Berufungsgericht ([X.], [X.], 24) hat zur
Begrün-dung seiner Entscheidung
im Wesentlichen ausgeführt:
2
3
4
5

-
4 -

Die Klägerin habe gegen die Beklagte keinen Anspruch aus § 9 Abs. 4 [X.] auf Zahlung weiterer

der [X.] [X.]

handele es sich um
eine Abnahmestelle im Sinne von §
9 Abs. 7 Satz 2 [X.]. Diese Vorschrift privilegiere nach ihrem Wortlaut alle Letztverbraucher, die an einer Abnahmestelle einen besonders hohen Strom-bezug aufwiesen, indem sie die Erhöhung des [X.] begrenze. Zu diesen Letztverbrauchern
gehöre
gemäß § 3 Nr. 25 [X.] auch die [X.] [X.]

bei dem Bezug des für
ihre [X.] benötigten Stroms. Die [X.] sei dabei
als eine Abnahmestelle und nicht als mehrere Abnahmestellen anzusehen. Der Begriff der Abnahmestelle
werde allerdings
im [X.]
nicht definiert, so dass sei-ne Bedeutung unter Berücksichtigung des energiewirtschaftlichen Kontextes durch Auslegung zu ermitteln
sei. Denn er
finde
sich auch in anderen energie-rechtlichen Vorschriften
wie §§ 3, 40 bis
43, 66 [X.] ([X.]) 2012,
§ 19 der Stromnetzentgeltverordnung, §
2 der Konzessionsabga-benverordnung
und § 11 der Ausführungsanordnung zur Konzessionsabgaben-anordnung. Gesetzlich definiert werde die Abnahmestelle
aber nur im [X.].
Unter Übernahme der in
§ 16 Abs. 2 Satz 4 [X.] 2004 aufgenommenen und mit
Abwandlungen
mittlerweile in §
41 Abs. 4 [X.] 2012 fortgeführten
Definition werde
in der energiewirtschaftsrechtlichen
Literatur zum [X.]
und zum [X.]
die [X.] als eine Zusammenfassung aller Entnahmepunkte verstanden, die ein Unternehmen mit dem Netz desselben Netzbetreibers verbänden und in einem gewissen räumlichen Zusammenhang stünden.
Allerdings könnten diese Begriffsbestimmungen
nicht uneingeschränkt dem Verständnis der Abnahmestelle im Rahmen des §
9 Abs. 7 Satz 2 [X.] zugrunde gelegt werden.
Dagegen spreche bereits, dass die
[X.]
der Abnahmestelle in Vorschriften
enthalten seien, die ausdrücklich nur Unter-6
7

-
5 -
nehmen des produzierenden Gewerbes beträfen. § 9 Abs. 7 Satz 2 [X.] gel-te dagegen grundsätzlich für alle Letztverbraucher, so dass die konkret unter-nehmensbezogenen Definitionsteile der [X.] im [X.] allenfalls in angepasster Weise der Subsumtion des Begriffs der Abnahmestelle im Sinne von §
9 Abs. 7 Satz 2 [X.] zugrunde
gelegt werden dürften. Dies gelte insbesondere für das in § 41 Abs. 4 [X.] 2012 auf-gestellte Erfordernis eines in sich abgeschlossenen Betriebsgeländes, weil eine [X.] [X.] sei das [X.]gebiet, welches durch die festgelegten [X.]grenzen eindeutig nach außen abgegrenzt und s-e-lände eingefriedet sei. Vielmehr werde, wie sich aus der gesetzlichen Begrün-dung zu § 41 Abs. 4 [X.] 2012 ergebe, lediglich ein im Hinblick auf die elektri-schen Einrichtungen zusammenhängendes Betriebsgelände gefordert. Bei der [X.] handle es sich um eine im Sinne dieser so ver-standenen Definition räumlich (und auch physikalisch) zusammenhängende elektrische Einrichtung der [X.] [X.]

, die über einen oder mehrere Ent-nahmepunkte mit dem Netz der [X.] verbunden sei. Wie das [X.] zutreffend ausgeführt habe, erstrecke sich die elektrische Straßenbeleuch-tungsanlage zusammenhängend gitternetzförmig über alle öffentlichen Straßen und Wege des gesamten [X.]gebiets und sei an rund 480 [X.] mit dem Netz der [X.] verbunden.
Dass eine [X.] als eine Abnahmestelle im Sinne von § 9 Abs. 7 Satz 2 [X.] anzusehen sei, werde im Übrigen
dadurch bestä-tigt, dass die Bundesnetzagentur und die [X.] eine [X.] als einen (einzigen) Kunden ansähen und bei der Erlösobergrenzenfestsetzung im Rahmen der Anreizregulierung
als einen (ein-zigen) n-tur zur Genehmigung individueller Netzentgeltvereinbarung nach § 19 Abs. 2 [X.]

fordere entgegen der Ansicht der Klägerin nicht als 8

-
6 -
zusätzliche Voraussetzung, dass die einzelnen Entnahmestellen elektrisch durch Schalthandlung miteinander verbunden werden könnten. Gefordert werde lediglich eine elektrische Verbindung innerhalb der Abnahmestelle, die aufgrund der räumlich und physikalisch zusammenhängenden Straßenbeleuchtungsan-lage vorliegend gegeben sei. Schließlich
seien auch die Parteien über Jahre hinweg davon ausgegangen, dass es sich bei der [X.] um eine Abnahmestelle im Sinne des immerhin bereits seit dem 1. April 2002 geltenden § 9 Abs. 7 Satz 2 [X.] handle,
und hätten entsprechend abge-rechnet.

II.
Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Nachprüfung
im Ergebnis stand; die Revision ist daher zurückzuweisen.
Das Berufungsgericht hat zu Recht einen Anspruch der Klägerin auf [X.] eines weiteren
Belastungsausgleichs nach
§ 9 Abs. 4 [X.] verneint. Denn der von der [X.] für den Betrieb der [X.] in [X.]

gelieferte Strom wird von der in
§ 9 Abs. 7 Satz 2 [X.] vorgesehe-nen
-
und von den Übertragungsnetzbetreibern bereits vorab im Rahmen des horizontalen Belastungsausgleichs nach § 9 Abs. 2, 3 [X.] bei Bemessung des variablen [X.] gesondert zu berücksichtigenden
-
Belastungs-begrenzung erfasst. Die Voraussetzungen des § 9 Abs. 7 Satz 2 [X.], nach dem sich für Letztverbraucher, deren Jahresverbrauch an einer Abnahmestelle mehr als 100.000 kWh
beträgt, das Netznutzungsentgelt für über 100.000 kWh
hinausgehende Strombezüge aus dem Netz für die allgemeine Versorgung an dieser Abnahmestelle höchstens um 0,05 Cent je
Kilowattstunde erhöhen darf, sind entgegen der Auffassung der Revision hier gegeben.
Bei der Bemessung des vertikalen Ausgleichsanspruchs nach § 9 Abs. 4 [X.] kann deshalb für die bei dem Betrieb der [X.] 9
10
11

-
7 -
angefallene und 100.000 kWh übersteigende Strommenge nicht

wie von der Klägerin mit ihrem Zahlungsbegehren geltend gemacht -
der volle (variable) [X.], sondern nur der in seiner
Höhe begrenzte feste Zuschlag
von 0,05 Cent je Kilowattstunde angesetzt werden
(vgl. dazu [X.]/[X.], KWK-AusbauG, 2003, § 9 Rn. 209; [X.] in [X.]/[X.], Neuere Entwicklungen zur KWK-Förderung, 2. Aufl., [X.]
287; zur Berechnung des [X.], [X.] 2002, 2. Aufl., §
9 Rn. 90 ff.).

1. Das Berufungsgericht ist zutreffend und von der Revision unangegrif-fen davon ausgegangen, dass der Begriff des Letztverbrauchers in Anlehnung an
§ 3 Nr. 25 [X.]
2005
zu bestimmen ist,
der auf den Endkundenbegriff in Art. 2 Nr. 9 der Richtlinie 2003/54/[X.] und des Rates vom 26. Juni 2003 über gemeinsame Vorschriften für den [X.] und zur Aufhebung der [X.]/[X.]
([X.] vom 15. Juli 2003, [X.]
37) zurückgreift, letztlich aber nur
ein
im Energieversorgungs-recht seit langem bestehendes Begriffsverständnis wiedergibt. Danach sind

in Abgrenzung zu
Beziehern von Strom zu dem Zweck, diesen an Dritte [X.]

Letztverbraucher alle natürlichen oder juristischen Personen, die Ener-gie für den Eigenverbrauch kaufen
(näher dazu [X.], aaO Rn. 41, 122 mwN), so dass
auch die [X.] [X.]

als juristische Person des öffentlichen Rechts bei dem hier für den Eigenverbrauch bezogenen Strom als
Letztverbraucher im Sinne des § 9 Abs. 7 Satz 2 [X.] anzusehen ist.
Weitere Anforderungen an diese
Letztverbrauchereigenschaft stellt
§ 9 Abs.
7 Satz 2 [X.] nicht. Anders als etwa § 9 Abs.
7 Satz 3 [X.], der die darin beschriebene Privilegierung auf diejenigen Letztverbraucher beschränkt, die Unternehmen des produzierenden Gewerbes sind, hat der
Gesetzgeber, wie auch im Gesetzgebungsverfahren deutlich
geworden ist (vgl. BT[X.]. 14/8059, [X.] 15), bei
Zubilligung der in § 9 Abs.
7 Satz 2 [X.] aufgestellten Belastungsgrenze nur auf die Eigenschaft des Strombeziehers als
Letztver-braucher und dessen näher beschriebenen Großverbrauch abgestellt, ohne 12
13

-
8 -
daran weitere qualitative Anforderungen wie
die
Zuordnung zu einer durch ei-nen bestimmten Verbrauchszweck geprägten Kundengruppe oder die
Effizienz des Stromeinsatzes zu knüpfen
([X.]/[X.], aaO
Rn. 192; [X.], Der
Belastungsausgleich im [X.] und im [X.] im Rechtsvergleich, 2007, [X.] 213).
2. Im Ergebnis zu Recht hat das Berufungsgericht die Straßenbeleuch-tungsanlage der [X.] [X.]

auch als eine einzige Abnahmestelle im Sinne des § 9 Abs. 7 Satz 2 [X.] angesehen.
a) Anders als die Revision meint, kann für die
Auslegung des
Begriffs der Abnahmestelle nicht, jedenfalls nicht unmittelbar, auf
die
im [X.]
enthaltenen
[X.]
zurückgegriffen
werden. [X.] sind

elektrischen Einrichtungen des Unternehmens auf einem Betriebsgelände, das über einen oder mehrere Entnahmepunkte mit dem Netz des Netzbetreibers e-elektrischen Einrichtungen eines Unternehmens, die sich auf einem in sich ab-geschlossenen Betriebsgelände befinden und über einen oder mehrere Ent-

41 Abs. 4 [X.] 2012),
zu verstehen.
Schon das Berufungsgericht weist zutreffend darauf hin, dass die in das [X.] aufgenommenen Definitionen Unternehmen des produzierenden Gewerbes betreffen
und deshalb mit ihren konkret unterneh-mensbezogenen Definitionsteilen
für den allgemein auf Stromlieferungen an Letztverbraucher bezogenen Begriff der Abnahmestelle des § 9 Abs. 7 Satz 2 [X.] nicht uneingeschränkt tauglich sind.
Noch deutlicher gegen die
von der Revision befürwortete unmittelbare Heranziehung der im [X.] aufgestellten [X.], namentlich derjenigen des §
41 Abs. 4 [X.] 2012,
spricht
aber, dass diese schon nach ihrer zeitlichen 14
15
16

-
9 -
Entstehung dem zuvor bereits geschaffenen § 9 Abs. 7 Satz 2 [X.] nicht als Vorbild
dienen konnten und auch sonst
nicht auf ein gemeinsames Vorbild zu-rückgreifen, welches den
Rückschluss
auf ein in allen Punkten übereinstim-mendes Begriffsverständnis des jeweiligen Gesetzgebers gestatten könnte.
aa) Der Begriff der Abnahmestelle hat erstmals über
Art. 1 des Ersten Gesetzes zur
Änderung des [X.]es vom 16. Juli 2003 ([X.] [X.] 1459)
in einem
neu geschaffenen
§ 11a [X.] Eingang in dieses [X.] gefunden. Dadurch ist
die Möglichkeit einer
Begrenzung der ausgleichs-pflichtigen Strommenge für Unternehmen des produzierenden Gewerbes einge-führt
worden,
bei denen
der Stromverbrauch an einer Abnahmestelle 100 Gi-gawattstunden
überstiegen hat. [X.] worden ist der Begriff der [X.] in der vorstehend wiedergegebenen Weise allerdings
erst in der nachfolgenden Legislaturperiode durch
§ 16 Abs. 2 Satz 4 [X.] 2004, ohne dass der Gesetzgeber dabei auf ein außerhalb dieses Gesetzes
bereits in [X.] Weise
bestehendes Begriffsverständnis
verwiesen hat
(vgl. BT[X.].
15/2327, [X.]
40; 15/2864, [X.] 51).
bb) Mit der unabhängig hiervon durch das zeitlich vorausgehende Gesetz für die Erhaltung, die Modernisierung und den Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung vom 19. März 2002 ([X.] [X.]
1092)
geschaffenen Regelung des § 9 Abs. 7 Satz 2 [X.]
sollte sichergestellt werden, dass keine unbillige Belas-tung stromintensiver Abnehmer mit KWK-Umlagen erfolgt (BT[X.]. 14/7024, [X.] 9; 14/8059, [X.] 15).
Der Gesetzgeber wollte auf diese Weise
für Letztverbrau-cher
mit einer
jährlichen Stromverbrauchsmenge
von mehr als 100.000 kWh je Abnahmestelle -
zunächst waren 30.000 kWh vorgesehen -
eine mögliche Er-höhung der Stromkosten durch Beaufschlagung mit Netznutzungsentgelten be-grenzen.
In den Gesetzesmaterialien
ist ausgeführt, dass diese Schwelle an die Regelung in § 2 Abs. 7
der [X.] angelehnt sei und der Typisierung der betroffenen Unternehmen diene
(BT[X.]. 14/7024, [X.]
14).
Der in Bezug genommene
§ 2 Abs. 7 der Konzessionsabgabenverord-17
18

-
10 -
nung in der maßgeblichen Fassung der [X.] zur Änderung der [X.] vom 22. Juli 1999 ([X.] [X.] 1669; im [X.] [X.])
wiederum knüpft für die
von ihm verfolgte konzessionsabgaben-rechtliche
Abgrenzung von Lieferungen an [X.] und preislich begünstig-ten Stromlieferungen aufgrund von Sonderkundenverträgen
unter anderem an einen Jahresverbrauch von mehr als 30.000 kWh an und bestimmt
zugleich, dass dabei auf die Belieferung der einzelnen Betriebsstätte oder Abnahmestelle abzustellen ist, ohne
diese Begriffe
selbst zu definieren.
cc)
Bereits dieser zeitliche Ablauf und der Hinweis auf die in der Konzes-sionsabgabenverordnung enthaltene Regelung zeigen, dass
zur Klärung des Abnahmestellenbegriffs des [X.]es nicht, jedenfalls nicht unmittelbar,
auf die erst mit erheblichem zeitlichen Abstand nachgefolgten und auf eine spezielle Fallgestaltung zugeschnittenen [X.] der Er-neuerbaren-Energien-Gesetze zurückgegriffen werden
kann (vgl. BVerwG, [X.] 2000, 162). Denn es sind
keine [X.]altspunkte dafür ersichtlich, dass der [X.]geber bei Schaffung
des
§ 9 Abs. 7 Satz 2 [X.]
diesen Begriff schon ge-nau im Sinne der späteren [X.] des [X.]es
verstanden hätte.
Dies gilt insbesondere
für die erst viele Jahre [X.] geschaffene Legaldefinition des von der Revision als maßgeblich angese-henen §
41 Abs. 4 [X.] 2012, durch den
die bisherigen
[X.] der Abnahmestelle ohne nähere
Erläuterung in den Gesetzesmaterialien (vgl. BT[X.].
17/6071, [X.] 84
f.) jedenfalls auf den ersten Blick
einschränkend auf das Erfordernis eines
physikalischen Zusammenhangs zwischen den die [X.] ausmachenden elektrischen Einrichtungen hin konkretisiertworden sind.
b) Fehlt es danach an zureichenden [X.]altspunkten für die Annahme, dass der Gesetzgeber des [X.]es für die Bestim-mung des Begriffs der Abnahmestelle an gesetzliche Definitionen in anderen Gesetzen -
hier die zeitlich nachfolgenden [X.] des [X.]es -
angeknüpft hat, ist dessen Bedeutung offen und nach all-19
20

-
11 -
gemeinen Regeln durch Auslegung zu ermitteln (vgl. [X.], NJW 2010, 2539, 2540).
Diese Auslegung ergibt, dass die im Streit stehende Straßenbeleuch-tungseinrichtung als eine einzige Abnahmestelle anzusehen ist.
aa)
Nach seinem Wortsinn lässt der Begriff der Abnahmestelle allerdings mehrere Deutungen zu. Technisch ist eine Abnahmestelle durch die Verbin-dung der Leitung des Netzbetreibers zum Verbraucher und die Übernahme des
gelieferten Stroms durch die Kundenanlage im Sinne einer
Kuppelstelle
ge-kennzeichnet, über die der
fließende Strom durch einen Zähler gemessen wird ([X.]/[X.], aaO Rn. 188). Wirtschaftlich gesehen kann eine Abnah-mestelle aber auch die Stromentnahmepunkte
aus dem Netz zusammenfassen, die in einem räumlich zusammenhängenden, vom Letztverbraucher für dieselbe wirtschaftliche Betätigung oder denselben Verbrauchszweck genutzten Areal liegen ([X.], aaO [X.] 292 f.; [X.]/Topp, [X.] Kommentar zum Energierecht, 2. Aufl., § 9 KWKModG Rn. 41; [X.], aaO Rn. 161
f.;
ähnlich [X.]/[X.], aaO Rn. 190; Heitling, Förderung der Kraft-Wärme-Kopp-lung zwischen Umweltpolitik und Bestandsschutzinteressen, 2004, [X.]
208). In
einem solchen standortbezogenen
weiten Sinn hat der Gesetzgeber den Begriff der Abnahmestelle bei Schaffung des § 16 Abs. 4 [X.] 2004 verstanden.
Er wollte dabei nicht auf die einzelne Kuppelstelle zwischen Netz und Betrieb ab-stellen, sondern eine wertende Zusammenfassung aller an einem Betriebs-grundstück vorhandenen Verbindungsstellen als maßgeblich ansehen, um technischen Zwängen Rechnung zu tragen (BT[X.]. 15/2327, [X.] 40; ähnlich die VDN-Verfahrensbeschreibung zur Umsetzung des [X.], [X.] 2002, 133, 137).
bb) Der vom Gesetzgeber mit der Regelung des § 9 Abs. 7 Satz 2 [X.] verfolgte Zweck, durch eine Beschränkung der [X.] bei jährlich über 100.000 kWh hinausgehenden Mengen an abgenommenem Strom sicherzustellen, dass keine unbillige Belastung stromintensiver Abnehmer er-21
22

-
12 -
folgt (BT[X.]. 14/7024, [X.] 9; 14/8059, [X.] 15),
spricht für letztgenannte,
von
technischen
Gesichtspunkten
losgelöste wertende wirtschaftliche Sichtweise.
(1)
Die an die Überschreitung einer bestimmten Jahresverbrauchsmenge anknüpfende Regelung
zielt darauf ab, für den durch diesen Jahresverbrauch gekennzeichneten Großabnehmer eine Obergrenze einzuführen, ab der die Belastung des [X.] mit Ausgleichszahlungen wegen Unbilligkeit gede-ckelt wird.
Dieser in erster Linie personelle Bezug, der durch die Überschreitung einer bestimmten Jahresverbrauchsmenge und durch eine ab dieser Grenze vom Gesetzgeber für unbillig erachtete Belastung mit dem vollen [X.] gekennzeichnet ist, ist
zwar
dahin eingeschränkt
worden, dass für die Überschreitung der Belastungsgrenze nicht der gesamte Jahresverbrauch des Abnehmers maßgeblich sein sollte, sondern dass die Großverbrauchsgrenze auf die
jeweilige
Abnahmestelle bezogen worden ist
und damit einen räumli-chen Bezug aufweisen muss. Das hat jedoch keinen technischen, sondern ei-nen gesamtwirtschaftlichen Hintergrund.

Zweck dieses
vom Gesetzgeber hergestellten räumlichen Bezuges bei der Bestimmung der Großverbrauchereigenschaft
ist es,
eine ungeachtet ver-sorgungstechnischer Zweckmäßigkeitserwägungen unabsehbare und Manipu-lationen zugängliche Ausweitung des [X.] der Begünstigten zu Lasten der nicht begünstigten Letztverbraucher zu unterbinden. Das erschließt sich aus dem Verweis
der Gesetzesbegründung auf § 2 Abs. 7 [X.], der eine vergleich-bare Lokalisierung der Verbrauchsmenge voraussetzt,
ab der ein Großabneh-mer zum Kreis der konzessionsabgabenrechtlich begünstigten Sonderabneh-mer gerechnet werden kann. Der Sinn dieser auf die jeweilige Betriebsstätte oder Abnahmestelle bezogenen Lokalisierung wird
nämlich
in den Materialien dahin erläutertn Nachfrage für mehrere Betriebsstätten oder Abnahmestellen (z.B. [X.]) []
der Verbrauch an der einzelnen Be-triebsstätte oder Abnahmestelle und nicht der Lieferumfang des gebündelten [X.]. 358/99, [X.] 6). Damit
soll verhindert 23
24

-
13 -
werden, dass etwa durch die Bündelung des Bedarfs für mehrere unselbststän-dige Betriebsstätten eines Unternehmens auf diese Lieferungen
nur noch die niedrigeren Konzessionsabgaben für Sonderkunden hätten gezahlt werden müssen, obwohl die Belieferung jeder Betriebsstätte für sich die Zahlung der höheren Konzessionsabgaben für [X.] ausgelöst hätte ([X.]/Kermel, aaO, [X.]. § 48 [X.]/§ 2 [X.] Rn. 65; vgl. ferner [X.], aaO Rn.
162 f.).
(2) [X.]altspunkte dafür, dass der Gesetzgeber bei
Festlegung der in § 9 Abs. 7 Satz 2 [X.] beschriebenen Belastungsgrenze nicht nur die genannten
und zu Lasten der übrigen Letztverbraucher gehenden Bündelungsmöglichkei-ten (dazu näher [X.], aaO Rn. 164 ff.) zur Erlangung der gewährten Vergünsti-gung verschließen, sondern -
trotz Lokalisierung des (Groß-)Verbrauchsge-schehens
auf einen einheitlichen örtlichen Verbrauchszweck an einem be-stimmten Standort -
den räumlichen Bezug der Jahresverbrauchsmenge
noch durch zusätzliche Anforderungen an die Abnahmestelle hätte einengen wollen, bestehen nicht.
Das gilt umso mehr, als allgemein bekannt ist, dass gerade Großverbraucher schon aus Gründen der Versorgungssicherheit
an ihren Be-triebsstätten regelmäßig über
mehrere Kuppelstellen zum Netz
oder
sogar über mehrere
selbständige Versorgungskreise verfügen
(vgl. BT[X.]. 15/2327,
[X.]
40).
Es liegt deshalb fern, dass der Gesetzgeber jede einzelne Kuppelstelle oder jeden sonst isoliert vom Netz zu versorgenden Stromkreis ungeachtet ei-nes mit denselben
in räumlichem
Zusammenhang
verfolgten einheitlichen [X.] jeweils als gesonderte Abnahmestelle hätte behandeln und die erstrebte, dann aber vielfach leerlaufende
Entlastung erst ab einem
Jahres-verbrauch von mehr als 100.000 kWh je Kuppelstelle hätte eingreifen lassen wollen
(vgl. [X.]/[X.], aaO; [X.]/Topp, aaO; Heitling, aaO [X.] 207). Vielmehr ist

im Ergebnis übereinstimmend mit den späteren Erwägungen des
Gesetzgebers
bei Schaffung des in ähnliche Richtung zielenden §
16 [X.] 2004 (vgl. BT[X.]. 15/2327, [X.] 40) -
für die Bestimmung des
Begriffs der 25
26

-
14 -
Abnahmestelle in § 9 Abs. 7 [X.] eine wertende Zusammenfassung aller an einer Kundenanlage vorhandenen Verbindungsstellen geboten, die
technische Zwänge und Zweckmäßigkeitserwägungen berücksichtigt und sich insbeson-dere maßgeblich an den genannten wirtschaftlichen
Erwägungen orientiert. Bei Zugrundelegung dieser Sichtweise
sind mithin
alle diejenigen [X.] aus dem Netz zu einer einzigen Abnahmestelle zusammengefasst, die in einem räumlich zusammenhängenden, vom Letztverbraucher für dieselbe wirtschaftliche Betätigung oder den denselben Verbrauchszweck genutzten Areal liegen ([X.], aaO; [X.]/Topp, aaO; [X.], aaO; ähnlich [X.]/[X.], aaO; Heitling, aaO [X.]

208).
cc) Hieran gemessen ist die von der [X.] versorgte Straßenbe-leuchtungsanlage als eine einzige Abnahmestelle anzusehen (aA, aber ohne nähere Begründung [X.], aaO [X.] 293).
Die Straßenbeleuchtungsan-lage, die
sich nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts gitternetzförmig über alle öffentlichen Straßen und Wege des [X.]gebiets er-streckt, um über 480 Netzverknüpfungspunkte die in deren räumlicher Nähe angeschlossenen Leuchten mit Strom zu versorgen, befindet sich innerhalb des räumlich zusammenhängenden
Wegenetzes der [X.] [X.]

, das auf diese Weise ein funktional einheitliches Verbraucherareal bildet. Denn mit dem [X.] über die Entnahmepunkte entnommenen Strom verfolgt die
[X.]
allein den
Zweck, die Straßenbeleuchtung in ihrem
[X.]gebiet als einem in sich ge-schlossenen Verbrauchsgebiet mit Strom zu versorgen. Dass dies technisch auch auf anderem Wege, namentlich
durch eine Einspeisung über eine einzige
Netzverbindung etwa mittels einer in sich geschlossenen Ringleitung möglich gewesen wäre, nimmt der gewählten technischen Ausgestaltung
der im Streit stehenden Stromentnahme deshalb bei der gebotenen wertenden
Sichtweise

27

-
15 -

nicht den für die Annahme einer Großverbrauchereigenschaft der [X.] [X.]

im Sinne des § 9 Abs. 7 Satz 2 [X.] maßgebenden
räumlichen und [X.] (vgl. [X.]/[X.], aaO; Heitling, aaO).

Ball Dr. Frellesen Dr. Hessel

[X.] Dr. Schneider
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 14.04.2011 -
14c O 287/10 -

[X.], Entscheidung vom 08.02.2012 -
VI-2 U ([X.]) 4/11 -

Meta

VIII ZR 88/12

24.04.2013

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.04.2013, Az. VIII ZR 88/12 (REWIS RS 2013, 6329)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 6329

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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