Bundesgerichtshof, Beschluss vom 12.12.2023, Az. 3 StR 278/23

3. Strafsenat | REWIS RS 2023, 9774

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Tenor

1. Der Antrag der [X.] auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Revision gegen das Urteil des [X.] vom 13. Februar 2023 wird verworfen.

2. Die Revision der [X.] gegen das vorbezeichnete Urteil wird verworfen.

3. Die Beschwerdeführerin hat die Kosten ihres Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten sowie die Nichtrevidentin jeweils wegen gewerbsmäßigen Einschleusens von Ausländern zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt sowie deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Gegen die [X.], eine Unternehmergesellschaft im Sinne des § 5a GmbHG, hat es die Einziehung „von [X.]“ in Höhe von 90.000 Euro angeordnet.

2

1. Der von Rechtsanwalt [X.]für die [X.] wegen Versäumung der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels gestellte Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hat keinen Erfolg.

3

a) Das Urteil des [X.]s ist im Hauptverhandlungstermin vom 13. Februar 2023 verkündet worden. Anwesend waren zum einen der Angeklagte und die Nichtrevidentin. Sie sind die beiden Geschäftsführer der [X.]n, die diese gemeinschaftlich vertreten. Zum anderen war Rechtsanwältin [X.]im Saal, die von beiden Angeklagten mit der Vertretung der [X.]n im Verfahren beauftragt und entsprechend von ihnen bevollmächtigt worden war.

4

b) Aus diesen Umständen folgt, dass die Frist zur Einlegung der Revision am [X.] zu laufen begann und mit Ablauf des 20. Februar 2023 endete (§ 341 Abs. 1, § 43 Abs. 1 Halbsatz 1 [X.]). Denn die [X.] war bei der Verkündung vertreten (§ 430 Abs. 4 [X.]), zum einen durch ihre beiden Geschäftsführer (§ 35 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 und 2 GmbHG), zum anderen durch Rechtsanwältin [X.](§ 428 Abs. 1 [X.]).

5

Entgegen den Ausführungen in der Revisionsbegründungschrift sind der Angeklagte und die Nichtrevidentin nicht wegen eines „Interessenkonflikts“ an der wirksamen Vertretung der [X.]n in der Hauptverhandlung gehindert gewesen. Ein solcher Interessenkonflikt wird im Schrifttum (s. etwa [X.]/[X.], 5. Aufl., § 30 Rn. 200 mwN) für Fälle diskutiert, in denen Geschäftsführer einer Nebenbeteiligten beschuldigt oder angeklagt sind, gegen die über die Festsetzung einer Geldbuße nach § 30 OWiG zu entscheiden ist (§ 444 [X.]). Insoweit hat auch der [X.] - nicht tragend - entschieden, dass dasjenige Organ von der Vertretung der juristischen Person oder Personenvereinigung ausgeschlossen ist, gegen das sich das Strafverfahren richtet ([X.], Beschluss vom 7. Dezember 2016 - 1 StR 185/16, juris Rn. 39).

6

Diese Rechtsprechung entfaltet hier jedoch keine Relevanz. Denn jedenfalls für [X.] gilt die genannte Rechtsfolge nicht. Im Verfahren nach den §§ 424 ff. [X.] ist vielmehr anerkannt, dass die Stellung als Angeklagter einer wirksamen Vertretung der [X.]n in der Hauptverhandlung nicht entgegensteht ([X.], Urteil vom 1. Juli 2021 - 3 StR 518/19, NZWist 2021, 478 Rn. 51; Beschluss vom 28. Juli 2021 - 1 StR 506/20, NJW 2021, 3606; [X.], Beschluss vom 15. Juni 2018 - 6 [X.], [X.], 527).

7

Die Beauftragung von Rechtsanwältin [X.]für die [X.] durch die beiden Angeklagten ist aus demselben Grund als wirksam anzusehen.

8

c) Rechtsanwalt [X.]hat die Revision für die [X.] am 21. Februar 2023 und mithin verspätet eingelegt, verbunden mit dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels. Zur Begründung hat er eigenes Verschulden an der Säumnis vorgetragen. Bei einer Dritteinziehung nach § 73b StGB ist dem [X.]n im Rahmen einer Wiedereinsetzung entsprechend dem allgemeinen Grundsatz des § 85 Abs. 2 ZPO ein Verschulden seines anwaltlichen Vertreters jedoch zuzurechnen ([X.], Beschluss vom 4. Juli 2023 - 5 [X.], NJW 2023, 3304 Rn. 7 ff.). Der Umstand, dass Rechtsanwalt [X.]die fristgerechte Einlegung der Revision aus dem Blick geraten ist, verhilft dem Wiedereinsetzungsgesuch deshalb nicht zum Erfolg.

9

2. Da die Frist zur Einlegung des Rechtsmittels danach nicht eingehalten worden ist, ist die Revision gemäß § 349 Abs. 1 [X.] als unzulässig zu verwerfen.

3. Nach allem kann dahinstehen, ob Rechtsanwalt S.     , der nur vom Angeklagten und nicht auch von der Nichtrevidentin bevollmächtigt worden ist, überhaupt wirksam Rechtsmittel für die [X.] hat einlegen können. Einer Kostenentscheidung zu deren Lasten steht dies hier nicht entgegen.

Schäfer     

      

Berg     

      

Erbguth

      

Kreicker     

      

Voigt     

      

Meta

3 StR 278/23

12.12.2023

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend BGH, 12. Dezember 2023, Az: 3 StR 278/23, Beschluss

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 12.12.2023, Az. 3 StR 278/23 (REWIS RS 2023, 9774)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 9774

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

3 StR 278/23 (Bundesgerichtshof)


5 StR 145/23 (Bundesgerichtshof)

Wiedereinsetzungsantrag und Verschuldenszurechnung bei Dritteinziehung


3 StR 197/23 (Bundesgerichtshof)


3 StR 256/23 (Bundesgerichtshof)

Wiedereinsetzung nach Versäumung der Revisionsfrist in Strafsachen: Anforderungen an die Glaubhaftmachung einer unverschuldeten Fristversäumnis wegen …


5 StR 284/23 (Bundesgerichtshof)


Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.