Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.04.2005, Az. VII ZR 14/04

VII. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 4071

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 14. April 2005 [X.], Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk: ja [X.]: nein

VO[X.]/[X.] § 2 Nr. 3 Abs. 2 Die VO[X.]/[X.] enthält für das Preisanpassungsverlangen keine zeitliche [X.]egren-zung. Die Vertragspartner sind gehalten, das Preisanpassungsverlangen mög-lichst beschleunigt geltend zu machen. Das Recht auf Preisanpassung kann nach den allgemeinen Grundsätzen verwirkt werden.

[X.]GH, Urteil vom 14. April 2005 - [X.] - OLG Naumburg

LG Halle - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.]undesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 14. April 2005 durch [X.], [X.] Kuffer, Prof. Dr. [X.], [X.]auner und die Richterin [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision der [X.]eklagten wird das Urteil des 12. Zivilsenats des [X.] vom 25. November 2003 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die [X.]eklagte zur [X.] eines höheren [X.]etrages als 154,40 • nebst Zinsen an die Klägerin verurteilt worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das [X.]e-rufungsgericht zurückverwiesen. Die weitergehende Revision wird zurückgewiesen. Von Rechts wegen Tatbestand: Die Klägerin begehrt restlichen Werklohn und als Verzugsschaden die Erstattung von Rechtsanwaltskosten. In der Revision streiten die Parteien vor allem über ein Preisanpassungsverlangen der [X.]eklagten nach § 2 Nr. 3 Abs. 2 VO[X.]/[X.]. Die [X.]eklagte beauftragte die Klägerin durch Einheitspreisvertrag vom Oktober 2001 mit den Maurer-, [X.]eton- und Stahlbetonarbeiten beim Umbau - 3 - eines Pflegeheimes. Die VO[X.]/[X.] war vereinbart. Auf Aufforderung der jeweils anderen Seite stellten die Klägerin eine Vertragserfüllungsbürgschaft und die [X.]eklagte eine [X.]ürgschaft nach § 648 a [X.]G[X.]. Die Vertragserfüllungsbürgschaft sollte nach Abnahme zurückgegeben werden, falls bei dieser keine Mängel festgestellt würden. Die Klägerin führte die Arbeiten aus. Dabei wurden die Mengenansätze im Leistungsverzeichnis bei mehreren Positionen jeweils um mehr als 10 % überschritten. Am 24. Juli 2002 wurden die Arbeiten der Klägerin als mangelfrei abgenommen. Die [X.]eklagte gab die Vertragserfüllungsbürgschaft jedoch nicht zurück. Unter dem 26. Juli 2002 erstellte die Klägerin ihre Schlußrechnung. Sämtliche [X.]erechnungs- und Aufmaßunterlagen hatte sie der [X.]eklagten bereits mit der neunten und letzten Abschlagsrechnung vom 17. Juli 2002 übersandt. Die [X.]eklagte prüfte beide Rechnungen und teilte der Klägerin mit Schreiben vom 20. August bzw. 10. Oktober 2002 das Ergebnis der Prüfung mit. Mit dem Schreiben vom 10. Oktober 2002 verlangte sie ferner wegen der angefallenen Mehrmengen neue Verhandlungen nach § 2 Nr. 3 Abs. 2 VO[X.]/[X.]. Nach der Abnahme forderte die Klägerin durch ihren Rechtsanwalt die [X.]eklagte mehrfach mündlich und schriftlich auf, die Vertragserfüllungsbürg-schaft zurückzugeben. Die [X.]eklagte kam dem erst nach, nachdem sich die Klä-gerin mit einer Reduzierung der von der [X.]eklagten gestellten [X.]ürgschaft ein-verstanden erklärt hatte. Der Rechtsanwalt der Klägerin berechnete dieser für seine Tätigkeit nach § 118 Abs. 1 Nr. 2 [X.]RAGO 211,99 •. Die [X.]eklagte erstat-tete unter Hinweis auf § 120 [X.]RAGO lediglich 57,59 •. Das [X.] hat der auf Zahlung von 29.423,59 • gerichteten Klage stattgegeben. In der [X.]erufungsinstanz hat die Klägerin die Klage in Höhe von - 4 - 659,85 • zurückgenommen. Im übrigen ist die [X.]erufung der [X.]eklagten erfolglos geblieben. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision begehrt sie weiterhin Klageabweisung. Entscheidungsgründe: Die Revision hat überwiegend Erfolg. Das für die [X.]eurteilung maßgebliche Recht richtet sich nach den bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Gesetzen (Art. 229 § 5 Satz 1 EG[X.]G[X.]). [X.] Das [X.]erufungsgericht führt aus, der Anspruch der [X.]eklagten auf [X.] nach § 2 Nr. 3 Abs. 2 VO[X.]/[X.] sei verwirkt. Sie habe ihn erst nach Ablauf der zweimonatigen Prüfungsfrist des § 16 Nr. 3 Abs. 1 VO[X.]/[X.] mit ihrem Schreiben vom 10. Oktober 2002 geltend gemacht. Jedoch seien bereits die in der neunten Abschlagsrechnung vom 17. Juli 2002 enthaltenen [X.]erechnungen der Klägerin aufgrund der beigefügten Aufmaßunterlagen und Erläuterungen vollständig gewesen und hätten der [X.]eklagten als Grundlage für ihre eigene Abrechnung vom 20. August 2002 gedient. Den von ihr errechneten [X.] habe sie gegenüber der Klägerin ausdrücklich bestätigt. Zwar sei [X.] kein Anerkenntnis im Sinne von § 781 [X.]G[X.] zu sehen. Die Klägerin habe [X.] darauf vertrauen dürfen, daß die abgerechneten Mehrmengen außer Streit gestellt werden sollten. In diesem Abrechnungsverhalten der [X.]eklagten liege sowohl ein Zeit- als auch ein Umstandsmoment für die Annahme einer Verwir-kung. Im übrigen sei es treuwidrig, im Rahmen der Abrechnung vom - 5 - 10. Oktober 2002 wegen der Mehrmengen die Offenlegung der Kalkulation der Klägerin zu verlangen, obwohl die [X.]eklagte bereits vorher im Rahmen der [X.] die verbleibende Restsumme ausdrücklich anerkannt habe. Jedenfalls habe die Klägerin das Abrechnungsverhalten der [X.]eklagten als [X.] auf Abschluß eines Teilvergleichs werten dürfen, den sie spätestens [X.] angenommen habe, daß sie im Rahmen ihres Mahnschreibens vom 30. September 2002 die von der [X.]eklagten bestätigte Summe berücksichtigt habe. Die Klägerin könne auch die Rechtsanwaltskosten nach § 118 Abs. 1 Nr. 2 [X.]RAGO abrechnen. Die [X.]eklagte habe sich in Verzug befunden. Auf ein Zurückbehaltungsrecht wegen eines Anspruchs auf Rückgabe der von ihr ge-stellten [X.]ürgschaft habe sie sich erst nach Klageerhebung berufen. I[X.] Das hält der rechtlichen Nachprüfung überwiegend nicht stand. 1. Nicht zu beanstanden ist die Ansicht des [X.]erufungsgerichts, die Klä-gerin könne gemäß § 286 [X.]G[X.] von der [X.]eklagten noch 154,40 • (211,99 • [X.] gezahlter 57,59 •) für die Tätigkeit ihres Rechtsanwalts beim [X.] verlangen. a) Daß der [X.]erechnung der Gebühr § 118 Abs. 1 Nr. 2 [X.]RAGO und nicht § 120 [X.]RAGO zugrunde zu legen ist, wird von der Revision zu Recht nicht mehr in Zweifel gezogen. b) Die [X.]eklagte war mit der Rückgabe der Vertragserfüllungsbürgschaft in Verzug. - 6 - Die Revision wendet insoweit nur ein, Verzug sei nicht eingetreten, weil der [X.]eklagten ein Leistungsverweigerungsrecht nach § 320 [X.]G[X.] zugestanden habe. Diese Ansicht trifft nicht zu. Im Revisionsverfahren kann nicht ausgeschlossen werden, daß die [X.]e-klagte ihrerseits Anspruch auf Rückgabe der von ihr gestellten [X.]ürgschaft nach § 648a [X.]G[X.] hat. Das bloße [X.]estehen dieses Anspruchs schließt Verzug der [X.]eklagten mit der Rückgabe der von der Klägerin gestellten Vertragserfüllungs-bürgschaft nicht aus (vgl. [X.]GH, Urteil vom 23. Mai 2003 - [X.], [X.], 1561). Denn der [X.]eklagten steht kein Leistungsverweigerungsrecht nach § 320 [X.]G[X.], sondern ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 [X.]G[X.] zu. § 320 [X.]G[X.] setzt voraus, daß die sich gegenüberstehenden Ansprüche synallagma-tisch miteinander verknüpft sind. Der Vortrag der Parteien gibt für eine derartige Verknüpfung nichts her. Das Zurückbehaltungsrecht nach § 273 [X.]G[X.] muß, um den Eintritt des Verzugs zu verhindern, vorher geltend gemacht werden ([X.]GH, Urteil vom 5. Mai 1971 - [X.]I ZR 59/70, [X.], 1020). Das hat die [X.]eklagte nicht getan. 2. Rechtsfehlerhaft hat das [X.]erufungsgericht das Preisanpassungsver-langen der [X.]eklagten wegen der entstandenen Mehrmengen nicht berücksich-tigt. a) Nach § 2 Nr. 3 Abs. 2 VO[X.]/[X.] ist bei einer über 10 % hinausgehenden Überschreitung des Mengenansatzes im Leistungsverzeichnis auf Verlangen ein neuer Preis unter [X.]erücksichtigung der Mehr- oder Minderkosten zu verein-baren. Diese Klausel begründet hinsichtlich der Mehrmengen einen vertragli-chen Anspruch auf Einwilligung in einen neuen Preis ([X.]GH, Urteil vom 20. März 1969 - [X.] ZR 29/67, LM Nr. 36 zu VO[X.]/[X.] = [X.] 1969, 655; [X.]. priv. [X.] (Kleine/[X.]), 3. Aufl., § 10 Rdn. 410, 416). Kommt es trotz der insoweit be-- 7 - stehenden Kooperationspflicht der Parteien zu keiner Vereinbarung, kann der neue Preis unmittelbar zum Gegenstand eines Rechtstreits gemacht werden (allgemeine Meinung; vgl. z.[X.]. [X.]/[X.]/[X.], Rdn. 150 zu § 2 VO[X.]/[X.]; [X.]/[X.]/[X.], 15. Aufl., § 2 Nr. 3 VO[X.]/[X.] Rdn. 27). b) Die [X.]eklagte war nicht gehindert, ihr Verlangen nach Preisanpassung mit ihrem Schreiben vom 10. Oktober 2002 und später im Prozeß geltend zu machen. aa) Der VO[X.]/[X.] lassen sich zeitliche Schranken für das Preisanpas-sungsverlangen nicht entnehmen. § 2 Nr. 3 Abs. 2 VO[X.]/[X.] enthält insoweit keine Regelung. Der Verlust des Rechts auf Preisanpassung kann auch nicht aus einer Versäumung der Frist nach § 16 Nr. 3 VO[X.]/[X.] hergeleitet werden. Denn das Verlangen nach Preisanpassung ist nicht Gegenstand dieser Regelung. [X.]) Die [X.]eklagte hat ihr Recht, Preisanpassung zu verlangen, nicht [X.]. (1) Verwirkung setzt voraus, daß zum Zeitablauf besondere, auf dem Verhalten des [X.]erechtigten beruhende Umstände hinzutreten, die das Vertrau-en des Verpflichteten rechtfertigen, der [X.]erechtigte werde seinen Anspruch nicht mehr geltend machen ([X.]GH, Urteil vom 14. November 2002 - [X.] ZR 23/02, [X.], 379 = NZ[X.]au 2003, 213 = Zf[X.]R 2003, 147). (2) Es fehlt bereits an dem erforderlichen Zeitmoment. Zwar ist der [X.] gehalten, das Preisanpassungsverlangen möglichst beschleunigt gel-tend zu machen. Dagegen hat die [X.]eklagte jedoch nicht verstoßen, indem sie nur wenige Tage nach Ablauf der Frist von zwei Monaten für die Prüfung der Schlußrechnung das Preisanpassungsverlangen gestellt hat. - 8 - Weiter fehlt es an den erforderlichen Anhaltspunkten dafür, daß die Klä-gerin sich darauf einrichten durfte und darauf eingerichtet hat, die [X.]eklagte werde keine Preisanpassung mehr verlangen. Solche Anhaltspunkte ergeben sich nicht aus der Reaktion der [X.]eklagten auf die von der Klägerin übersandten Rechnungen und dem von ihr gezeigten Abrechnungsverhalten, das sich in er-ster Linie auf die neunte Abschlagsrechnung und nicht auf die Schlußrechnung bezogen hat. [X.]) Auch aus anderen Gründen kann der [X.]eklagten das Preisanpas-sungsverlangen nicht versagt werden. Die [X.]eklagte war an das Ergebnis ihrer Prüfung der neunten Abschlags-rechnung nicht gebunden, selbst wenn sie, wie das [X.]erufungsgericht pauschal in den Raum stellt, wegen der Mehrmengen bereits Abzüge vom Werklohn vor-genommen haben sollte. Diese Prüfung stellte keine rechtsgeschäftliche Erklä-rung und insbesondere kein Anerkenntnis dar (vgl. [X.]GH, Urteil vom 6. Dezember 2001 - [X.] ZR 452/00, [X.], 465 = NZ[X.]au 2002, 153 = Zf[X.]R 2002, 254). Die [X.]eklagte durfte daher im Rahmen des Preisanpas-sungsverlangens von der Klägerin die Offenlegung der Kalkulation fordern. - 9 - Aus denselben Gründen trifft auch die Ansicht des [X.]erufungsgerichts nicht zu, das Verhalten der [X.]eklagten stelle ein Angebot auf Abschluß eines Teilvergleichs über die Abrechnung der Mehrmengen dar, das die Klägerin mit ihrem Mahnschreiben vom 30. September 2002 angenommen habe.
[X.]Kuffer

[X.]

[X.]auner

[X.]

Meta

VII ZR 14/04

14.04.2005

Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.04.2005, Az. VII ZR 14/04 (REWIS RS 2005, 4071)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 4071

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

VII ZR 471/01 (Bundesgerichtshof)


VII ZR 458/97 (Bundesgerichtshof)


VII ZR 7/10 (Bundesgerichtshof)

(AGB eines Bauvertrages: Übersicherung des Auftraggebers durch Verwendung von zwei Sicherungsklauseln)


21 O 75/20 (Landgericht Hagen)


VII ZR 7/10 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.