Bundesgerichtshof, Urteil vom 09.12.2010, Az. VII ZR 7/10

7. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 548

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

(AGB eines Bauvertrages: Übersicherung des Auftraggebers durch Verwendung von zwei Sicherungsklauseln)


Leitsatz

Die in Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Auftraggebers eines Bauvertrags enthaltene Klausel, dass der Auftragnehmer zur Sicherung der vertragsgemäßen Ausführung der Werkleistungen eine Vertragserfüllungsbürgschaft in Höhe von 10 % der Auftragssumme zu stellen hat, ist unwirksam, wenn in dem Vertrag zusätzlich bestimmt ist, dass die sich aus den geprüften Abschlagsrechnungen ergebenden Werklohnforderungen des Auftragnehmers nur zu 90 % bezahlt werden.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 9. Zivilsenats des [X.] vom 22. Dezember 2009 aufgehoben.

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 24. Zivilkammer des [X.] wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten der Rechtsmittelverfahren zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um Ansprüche aus einer Vertragserfüllungsbürgschaft.

2

Die Klägerin ist Rechtsnachfolgerin der [X.] Medizinische Klinik H. (im Folgenden: [X.]). Diese führte als Generalunternehmerin den Neubau des Universitätsklinikums in H. aus.

3

Die [X.] beauftragte die inzwischen insolvente K.-GmbH aus dem Konzern der Nebenintervenientin gemäß [X.] vom 11. Juni 2001 mit Leistungen für raumlufttechnische Anlagen. Vertragsbestandteil waren u.a. die zusätzlichen Vertragsbedingungen für Nachunternehmer ([X.]) und die VOB Teile B und C.

4

In Ziffer 5 des [X.]s ist unter Hinweis auf [X.] 17 bestimmt, dass der Auftragnehmer dem Auftraggeber kostenlos eine Vertragserfüllungsbürgschaft von 10 % der vereinbarten Auftragssumme und damit in Höhe von 414.575,91 € zu übergeben hat. Diese dient gemäß [X.] 17.1 zur Sicherstellung der vertragsgemäßen und fristgerechten Ausführung der Leistung sowie zur Absicherung etwaiger Rückforderungsansprüche des Auftraggebers aus Überzahlungen während der Bauzeit und ist gemäß [X.] 17.5 entsprechend dem beigefügten Muster des Auftraggebers zu stellen. Nach Ziffer 3 des [X.]s i.V.m. [X.] 16.1 und 16.2 werden Abschlagszahlungen auf die vereinbarte Vergütung nach Rechnungsstellung und nach vereinfachter Prüfung zur Vermeidung des Aufwands und der [X.], die mit der genauen Ermittlung des Wertes der abgerechneten Leistungen verbunden sind, in Höhe von 90 % der jeweils nachgewiesenen, vertragsgemäßen, nicht mit wesentlichen Mängeln behafteten Leistungen und abzüglich der vertraglich vereinbarten Kostenbeteiligung geleistet. Davon abweichend kann der Auftragnehmer Abschlagszahlungen in Höhe von 100 %, in der Summe jedoch wegen des 5 %-igen Gewährleistungseinbehalts des Auftraggebers nicht mehr als 95 % der [X.], verlangen. In diesen Fällen verlängert sich die Frist, innerhalb derer der Auftraggeber dem Auftragnehmer den geprüften Leistungsnachweis zu übergeben hat, von 7 auf 25 Arbeitstage.

5

Die K.-GmbH stellte in der vereinbarten Höhe gemäß dem Muster des Auftraggebers unter dem 24. Juli 2001 eine Vertragserfüllungsbürgschaft auf erstes Anfordern der W.-AG, deren Rechtsnachfolgerin die Beklagte ist. Ausweislich der Bürgschaftsurkunde wurde die Bürgschaft erteilt "für die vertragsgemäße und fristgerechte Ausführung der dem Auftragnehmer übertragenen Leistungen, für Schadensersatz, für die Zahlung einer Vertragsstrafe, für die Erstattung von Überzahlungen". In Höhe von 2 % der [X.] [X.] Mehrwertsteuer sichert die Bürgschaft auch Ansprüche des Auftraggebers gegen den Auftragnehmer auf Freistellung von der Haftung des Auftraggebers nach § 1a AEntG.

6

Die [X.] hat mit Schreiben vom 29. Januar 2004 den [X.] aus wichtigem Grunde gekündigt. Die Klägerin als deren Rechtsnachfolgerin nimmt die Beklagte wegen sich daraus ergebender zusätzlicher Kosten und eines Vertragsstrafenanspruchs in voller Höhe aus der Vertragserfüllungsbürgschaft in Anspruch. Die Beklagte bestreitet eine Zahlungsverpflichtung aus der Bürgschaft. Die Kombination der im [X.] und insbesondere in den [X.] der [X.] vorgesehenen Sicherungsvereinbarungen und Einbehalte führe zu einer Übersicherung der Auftraggeberin und damit zur Unwirksamkeit der Sicherungsvereinbarung. Das [X.] ist dieser Argumentation gefolgt und hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht die Beklagte dem Grunde nach verurteilt, aus der Bürgschaft an die Klägerin Zahlung zu leisten. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstreben die Beklagte und die Nebenintervenientin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des [X.]erufungsurteils und zur Zurückweisung der [X.]erufung der Klägerin.

8

Auf das Rechtsverhältnis der Parteien sind die bis 31. Dezember 2001 geltenden Rechtsvorschriften anwendbar (Art. 229 § 5 Satz 1 EG[X.]).

I.

9

Das [X.]erufungsgericht, dessen Urteil in [X.], 1230 veröffentlicht ist, sieht die formularmäßige Sicherungsabrede als wirksam an. Die Sicherungsabrede stelle einen sprachlich und inhaltlich ausreichend abgegrenzten Teil des Vertrages dar und sei daher Ansatzpunkt der [X.] Prüfung. Die vereinbarte [X.]ürgschaft von 10 % der [X.] übersteige nicht das [X.] eines Auftraggebers und sei daher nicht unbillig benachteiligend. Sie verschaffe dem Auftraggeber keine zusätzliche Finanzierungsmöglichkeit und beeinträchtige die Liquidität des Auftragnehmers weitaus weniger als ein Einbehalt. Eine wesentliche Abweichung von einer gesetzlichen Regelung gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 1 [X.] liege nicht vor, weil eine gesetzliche Regelung der Vertragserfüllungsbürgschaft nicht bestehe. Die Sicherungsabrede sei auch nicht gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 2 [X.] unwirksam. Die Stellung einer Vertragserfüllungsbürgschaft von 10 % der [X.] laufe weder der Natur des Vertrags zuwider noch gefährde dies den Vertragszweck. In der Vertragserfüllungsbürgschaft von 10 % des Auftragswertes liege für sich genommen keine Übersicherung, die den Vertragszweck gefährden würde. Ein sonstiger Grund für die Unwirksamkeit der Sicherungsabrede bestehe nicht. Insbesondere genüge die Erklärung der Klägerin, die als [X.]ürgschaft auf erstes Anfordern ausgestellte [X.]ürgschaft nur als selbstschuldnerische [X.]ürgschaft in Anspruch nehmen zu wollen. Eine Gesamtbetrachtung mehrfacher Klauseln sei nicht anzustellen.

II.

Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

A.

Die [X.]eklagte verteidigt sich, unterstützt von der Nebenintervenientin, gegen die Inanspruchnahme aus der Vertragserfüllungsbürgschaft allein mit dem Einwand, die der [X.]ürgschaft zugrunde liegende Sicherungsvereinbarung im [X.] sei insgesamt unwirksam. Dieser Einwand ist zulässig. Dem [X.]ürgen stehen gemäß § 768 Abs. 1 Satz 1 [X.] die Einwendungen des Schuldners aus der Sicherungsabrede mit dem Gläubiger zu. Hat der [X.]ürge eine Sicherung gewährt, obwohl die Sicherungsabrede zwischen Hauptschuldner und Gläubiger unwirksam ist, kann er sich gegenüber dem Leistungsverlangen des Gläubigers auf die Unwirksamkeit der Sicherungsabrede und auf den Einwand des Hauptschuldners berufen, dass der Gläubiger die Inanspruchnahme des [X.]ürgen zu unterlassen habe ([X.], Urteil vom 12. Februar 2009 - [X.], [X.]Z 179, 375, 378 m.w.N.).

[X.].

Der von der [X.]eklagten erhobene Einwand ist begründet. Die Sicherungsvereinbarung ist unwirksam, weil sie im Zusammenwirken mit den Vereinbarungen zu den Abschlagszahlungen zu einer Übersicherung der Klägerin und zu einer unangemessenen [X.]enachteiligung ihrer Auftragnehmerin führt, § 9 Abs. 1 [X.].

1. Das [X.]erufungsgericht hat die zusätzlichen Vertragsbedingungen ([X.]) zu Recht als wirksam in das Vertragsverhältnis zwischen der [X.] und der K.-GmbH einbezogene Allgemeine Geschäftsbedingungen [X.]. § 1 [X.] angesehen. Dies wird von der Revision nicht beanstandet.

2. Das [X.]erufungsgericht hat sich auf die Inhaltskontrolle der Sicherungsabrede beschränkt, soweit die Gestellung einer Vertragserfüllungsbürgschaft vereinbart worden ist. Das ist rechtsfehlerhaft.

a) Das [X.]erufungsgericht hat unter [X.]ezugnahme auf das Urteil des Senats vom 12. Februar 2009 ([X.], [X.]Z 179, 374) angenommen, dass die Sicherungsabrede zur Vertragserfüllungsbürgschaft als sprachlich und inhaltlich ausreichend abgetrennter Teil des Vertrags unabhängig von den sonstigen vertraglichen Regelungen einer [X.] Überprüfung zu unterziehen sei. Dies ist unzutreffend. Nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] ist es allerdings rechtlich unbedenklich, eine Formularklausel, die nach ihrem Wortlaut aus sich heraus verständlich ist und sich sinnvoll in einen inhaltlich zulässigen und einen unzulässigen Regelungsteil trennen lässt, in ihrem zulässigen Teil aufrechtzuerhalten ([X.], Urteil vom 25. März 1998 - [X.], NJW 1998, 2284 m.w.N.). Nichts anderes ergibt sich aus der Entscheidung des Senats vom 12. Februar 2009. Das [X.]erufungsgericht hat jedoch verkannt, dass es nach der in [X.]ezug genommenen Rechtsprechung nicht darum geht, ob zwei getrennte, an sich voneinander unabhängig zu beurteilende Klauseln in ihrem Zusammenwirken zu einer unangemessenen [X.]enachteiligung führen.

b) Das [X.]erufungsgericht hat daher die höchstrichterliche Rechtsprechung nicht berücksichtigt, wonach die belastende Wirkung einer für sich allein gesehen noch hinnehmbaren Klausel durch eine oder mehrere weitere Vertragsbestimmungen derart verstärkt werden kann, dass der Vertragspartner des Verwenders im Ergebnis unangemessen benachteiligt wird ([X.], Urteil vom 14. Mai 2003 - [X.], NJW 2003, 2234; Urteil vom 25. Juni 2003 - [X.], NJW 2003, 3192; vgl. auch Urteil vom 25. März 2004 - [X.], [X.], 1143 = NZ[X.]au 2004, 322 = [X.] 2004, 550; vgl. auch [X.]/[X.] [2000], § 307 [X.] Rn. 138 f.). Dies kann sogar für den Fall gelten, dass die weitere Klausel für sich genommen bereits unwirksam ist ([X.], [X.]eschluss vom 26. Oktober 1994 - [X.] 3/94, [X.]Z 127, 245, 253 f.; Urteil vom 14. Mai 2003 - [X.], NJW 2003, 2234; Urteil vom 25. Juni 2003 - [X.], NJW 2003, 3192; [X.] in: [X.], [X.], 11. Aufl., § 307 Rn. 11). Ergibt sich eine unangemessene [X.]enachteiligung des Auftragnehmers erst aus der Gesamtwirkung zweier, jeweils für sich genommen nicht zu beanstandender Klauseln, sind beide Klauseln unwirksam. Denn es ist nicht Sache des Gerichts auszusuchen, welche der beiden Klauseln bestehen bleiben soll ([X.], [X.]eschluss vom 26. Oktober 1994 - [X.] 3/94, [X.]Z 127, 245, 253).

3. Die dahingehende Überprüfung durch den Senat ergibt, dass die der Vertragserfüllungsbürgschaft zugrunde liegende Sicherungsabrede die K.-GmbH unter [X.]erücksichtigung der zu den Abschlagszahlungen getroffenen Vereinbarungen entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt, § 9 Abs. 1 [X.].

a) Als unangemessen i.S.d. § 9 Abs. 1 [X.] wird nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] eine Klausel angesehen, in der der Verwender missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten des Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne die Interessen des Vertragspartners hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen ([X.], Urteil vom 5. Juni 1997 - [X.], [X.]Z 136, 27; Urteil vom 20. April 2000 - [X.], [X.], 1498 = NZ[X.]au 2000, 424 = [X.] 2000, 477).

aa) Zutreffend hat das [X.]erufungsgericht allerdings entschieden, dass die Sicherungsvereinbarung zur Vertragserfüllungsbürgschaft für sich genommen nicht zu beanstanden ist. Das gilt auch für die vereinbarte Höhe der [X.]ürgschaft. Zwar ordnet § 14 Nr. 2 [X.]/A (2000) für den öffentlichen Auftraggeber an, dass die Sicherheit für die Erfüllung sämtlicher Verpflichtungen aus dem [X.] % der Auftragssumme nicht überschreiten soll. Daraus lässt sich eine Obergrenze für eine zwischen Unternehmern vereinbarte Vertragserfüllungsbürgschaft nicht ableiten. In der Praxis hat sich für die Vertragserfüllungsbürgschaft eine Größenordnung von 10 % durchgesetzt ([X.], [X.], 170, 176). Die Sicherung des Auftraggebers in dieser Höhe benachteiligt den Auftragnehmer nicht entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen. Das [X.] verwirklicht sich insbesondere, wenn der Auftragnehmer vor der Fertigstellung seiner Werkleistung insolvent wird und der Auftraggeber deshalb einen Dritten mit der Vollendung des [X.]auvorhabens beauftragen muss. Der sich daraus ergebende finanzielle Mehraufwand wird vielfach 10 % der Auftragssumme erreichen oder sogar überschreiten. Die auf diesen Prozentsatz beschränkte Absicherung des Auftraggebers ist daher nicht zu beanstanden.

bb) Auch die Vereinbarung, eine [X.]ürgschaft auf erstes Anfordern zu stellen, belastet für sich genommen den Auftragnehmer nicht unangemessen. Eine vom Auftraggeber vorformulierte Sicherungsabrede, die die Stellung einer Vertragserfüllungsbürgschaft auf erstes Anfordern vorsieht, ist zwar unwirksam ([X.], Urteil vom 18. April 2002 - [X.], [X.]Z 150, 299; Urteil vom 4. Juli 2002 - [X.], [X.]Z 151, 229). Die Sicherungsvereinbarung ist jedoch dahin auszulegen, dass der Auftragnehmer eine unbefristete, selbstschuldnerische [X.]ürgschaft schuldet (vgl. [X.], Urteil vom 4. Juli 2002 - [X.], aaO), wenn - wie hier - die Sicherungsvereinbarung vor dem 1. Januar 2003 abgeschlossen wurde ([X.], Urteil vom 25. März 2004 - [X.], [X.], 1143 = NZ[X.]au 2004, 322 = [X.] 2004, 550). Der Auftragnehmer kann lediglich verlangen, dass sich der Auftraggeber ihm und dem [X.]ürgen gegenüber schriftlich verpflichtet, die [X.]ürgschaft nur als selbstschuldnerische [X.]ürgschaft geltend zu machen ([X.], Urteil vom 10. April 2003 - [X.], [X.]Z 154, 378). Dem ist die Klägerin nach den Feststellungen des [X.]erufungsgerichts nachgekommen.

b) Die der Vertragserfüllungsbürgschaft zugrunde liegende Sicherungsabrede führt jedoch zusammen mit der Vereinbarung über die Abschlagszahlungen zu einer Übersicherung der [X.] und damit der Klägerin als deren Rechtsnachfolgerin.

aa) Es kann dahingestellt bleiben, ob die Regelung zu den Abschlagszahlungen wirksam ist oder im Hinblick auf die mit dem Gesetz zur [X.]eschleunigung fälliger Zahlungen zum 1. Mai 2000 eingeführte [X.]estimmung des § 632a [X.] einer [X.] Überprüfung nicht standhält (so [X.]/Voit-[X.], [X.] [X.]aurecht, § 632a [X.], Rn. 50). Der Verwender von zwei [X.], von denen eine nur [X.]estand haben kann, wenn die andere unwirksam ist, kann sich nicht darauf berufen, dass die von ihm selbst gestellte Klausel unangemessen und damit unwirksam ist (vgl. [X.], Urteil vom 14. Mai 2003 - [X.], NJW 2003, 2234; Urteil vom 26. Juni 1991 - [X.], NJW 1991, 2630; [X.]eschluss vom 26. Oktober 1994 - [X.] 3/94, [X.]Z 127, 245, 254; [X.] in: [X.]/[X.]/[X.], AG[X.]-Recht, 10. Aufl., § 307 [X.] Rn. 155; [X.]/[X.], [X.] [2006], § 307 Rn. 140).

bb) Die Regelung zu den Abschlagszahlungen bewirkt, dass der Auftraggeber dem Auftragnehmer 10 % der nach Prüfung als berechtigt anerkannten Forderung für die erbrachten Werkleistungen nicht auszahlen muss, sondern bis zur Prüfung und [X.]ezahlung der Schlussrechnung einbehalten darf. Dem Auftragnehmer wird somit bis zur Schlusszahlung von Abschlagsrechnung zu Abschlagsrechnung steigend Liquidität entzogen. Außerdem trägt der Auftragnehmer mangels einer Vereinbarung zur Sicherung des Einbehalts das Risiko, dass der Auftraggeber insolvent wird und er mit bis zu 10 % der für seine erbrachte Leistung zu beanspruchenden [X.] ausfällt. Auf diese Weise erhält der Auftraggeber nicht nur, wie man dem Wortlaut der Vereinbarung in [X.] 16.2 entnehmen könnte, eine Sicherung vor Überzahlungen, die daraus resultieren, dass Massen und/oder Preise in den Abschlagsrechnungen zu hoch angesetzt sind oder dort aufgeführte Leistungen tatsächlich nicht erbracht wurden. Der Auftraggeber kann gegen die einbehaltenen Restforderungen des Auftragnehmers jederzeit mit sonstigen Forderungen aus dem Werkvertrag aufrechnen. Die Einbehalte stellen damit eine Sicherung sämtlicher vertraglicher Ansprüche des Auftraggebers dar, also auch solcher, auf die sich die der Vertragserfüllungsbürgschaft zugrunde liegende Sicherungsabrede bezieht.

cc) Eine Vereinbarung, die in dieser Form in Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Auftraggebers die Sicherung der [X.] sowohl durch Einbehalte bei den Abschlagszahlungen und als auch durch eine Vertragserfüllungsbürgschaft in Höhe von 10 % der Auftragssumme vorsieht, berücksichtigt einseitig die Interessen des Auftraggebers und räumt dem berechtigten Interesse des Auftragnehmers nicht den erforderlichen Stellenwert ein. Sie wird deshalb zu Recht in der Literatur für unwirksam gehalten (vgl. Vygen/[X.], [X.]auvertragsrecht nach [X.] und [X.], 4. Aufl., Rn. 3012; Kapellmann/[X.]-Thierau, [X.] Teile A und [X.], 3. Aufl., § 17 [X.]/[X.] Rn. 44; [X.]/Korbion-[X.], [X.] Teile A und [X.], 17. Aufl., § 17 Abs. 1 [X.]/[X.] Rn. 38; [X.] in: [X.]/[X.]/[X.], [X.], 10. Aufl., § 17 [X.]/[X.] Rn. 25; [X.], [X.], 170, 176; [X.], [X.], 203, 205; [X.]/[X.], [X.] 2002, 509, 515). Der Auftragnehmer muss nicht nur Einbehalte bis zu 10 % der Auftragssumme mit den dargestellten, ihn erheblich belastenden Nachteilen hinnehmen. Das Erfordernis, eine Vertragserfüllungsbürgschaft in Höhe von 10 % der Auftragssumme zu stellen, belastet ihn zusätzlich. Denn er ist gezwungen, seine Avalkreditlinie zu belasten und hat bis zur Rückgabe der [X.]ürgschaftsurkunde [X.] aufzuwenden. Auch ist zu berücksichtigen, dass die vom Auftraggeber zu leistenden Abschlagszahlungen nach Prüfung des Leistungsstandes und der Mangelfreiheit bis zur letzten Abschlagsrechnung üblicherweise nicht dem vollen vereinbarten Wert der bereits erbrachten Leistungen entsprechen, weil nach Stellung der jeweiligen Rechnung weitergearbeitet wird, und der Auftraggeber durch Leistungsverweigerungsrechte und Aufrechnungsmöglichkeiten bereits in gewissem Maße geschützt ist (vgl. [X.], Sicherheiten für die [X.]auvertragsparteien, [X.], Rn. 117; [X.], [X.], 176). Die Gesamtbelastung durch die vom Auftragnehmer zu stellenden Sicherheiten überschreitet das Maß des Angemessenen. Sie lassen sich durch das Interesse des Auftraggebers an Absicherung nicht rechtfertigen. Zu Unrecht beruft sich die Klägerin in der Revisionserwiderung auf die Senatsentscheidung vom 4. Juli 2002 - [X.], [X.], 1533 ([X.]Z 151, 229). In diesem Fall waren lediglich [X.]ürgschaften zur Sicherung vereinbart worden, die zudem nicht denselben Sicherungszweck hatten. Auch aus der Entscheidung des [X.] vom 24. September 1998 - [X.], [X.]Z 139, 325, 326 f., kann die Klägerin nichts für sich [X.] herleiten. In diesem Fall war allein eine Vertragserfüllungsbürgschaft in Höhe von 30 % der Auftragssumme vereinbart worden. Es ist jedoch nicht festgestellt, dass das durch die Einbeziehung Allgemeiner Geschäftsbedingungen des Auftraggebers geschehen ist.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.

Kniffka                                   [X.]auner                                      Safari Chabestari

                      Eick                                      Halfmeier

Meta

VII ZR 7/10

09.12.2010

Bundesgerichtshof 7. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG München, 22. Dezember 2009, Az: 9 U 1937/09, Urteil

§ 9 Abs 1 AGBG, § 768 Abs 1 S 1 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 09.12.2010, Az. VII ZR 7/10 (REWIS RS 2010, 548)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 548

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

VII ZR 7/10 (Bundesgerichtshof)


VII ZR 120/14 (Bundesgerichtshof)

Formularmäßiger Bauvertrag: Inhaltskontrolle für eine Vertragserfüllungs- und Gewährleistungsbürgschaft im Altfall


VII ZR 164/12 (Bundesgerichtshof)

Formularmäßiger Bauvertrag: Inhaltskontrolle für eine Gewährleistungsbürgschaft im Altfall


VII ZR 29/13 (Bundesgerichtshof)

Allgemeine Geschäftsbedingungen für den Bauvertrag: Übersicherung des Auftraggebers durch Abschlagszahlungsregelung und Vertragserfüllungsbürgschaft


VII ZR 164/12 (Bundesgerichtshof)


Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.