Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.03.2013, Az. XII ZB 271/11

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 7610

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen



BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 271/11
vom

6. März 2013

in der Familiensache

Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
[X.] §§
32, 37, 38
a)
Für Anträge auf Anpassung der infolge des Versorgungsausgleichs durch-geführten Rentenkürzung wegen Tod der [X.] Person ist das Familiengericht nicht zuständig.
b)
Die Regelung, wonach die Anpassung der Rentenkürzung wegen Tod der [X.] Person nur für Regelsicherungssysteme und nicht für die ergänzende Altersversorgung vorgesehen ist, ist mit dem [X.] vereinbar (im [X.] an [X.]sbeschluss vom 7.
November 2012

XII
ZB
271/12
Z 2013, 189).
BGH, Beschluss vom 6. März 2013 -
XII ZB 271/11 -
OLG Hamm

[X.]

-
2
-

Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat am
6.
März 2013
durch den
Vor-sitzenden
Richter
Dose
und [X.]
Klinkhammer,
Schilling, Dr.
Günter
und Dr.
Nedden-Boeger
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen
den Beschluss des 1.
[X.]s
für Familiensachen des [X.]s
Hamm
vom
17.
Mai 2011
wird auf Kosten des Antragstellers zurückgewiesen.
[X.]: 1.000

Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten über die Anpassung
einer durch den [X.] bedingten Kürzung der Versorgung
des Antragstellers
(früherer Ehemann) bei der Antragsgegnerin, der [X.] und der Länder ([X.]).
Die Ehe des Antragstellers mit seiner früheren Ehefrau
wurde
im Juni 1989 geschieden. Während der Ehezeit erwarb
der Ehemann neben Anrechten in der gesetzlichen Rentenversicherung Anrechte auf eine Zusatzversorgung
des öffentlichen Dienstes. Beide Anrechte glich das Familiengericht aus, indem es vom [X.] des Ehemanns in der gesetzlichen Rentenversi-cherung [X.] in Höhe von monatlich 343,20
DM im Wege des [X.] auf das [X.] der Ehefrau übertrug und zu Lasten der Versorgungsanwartschaft des Ehemanns
bei der [X.]
Anwartschaften in Höhe 1
2
-
3
-

von monatlich 13,91
DM
im Wege des analogen Quasisplittings nach §
1 Abs.
3 [X.] auf dem [X.] der Ehefrau begründete, jeweils bezogen auf den 31.
Juli 1987 als Ehezeitende. Im damaligen Beschwerdeverfahren er-höhte
das [X.] die im Wege des analogen Quasisplittings zulas-ten der [X.] zu begründenden Anrechte auf 18,81
DM.
Der Antragsteller [X.] seit September 2007 die um den Versorgungsausgleich gekürzte Alters-rente und Zusatzversorgung.
Seine geschiedene Ehefrau bezog seit Mai 2008 eine Erwerbsunfähigkeitsrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung; sie verstarb am 22.
September 2009.
Auf Antrag des Ehemanns wurde die Kür-zung seiner Versorgung in der gesetzlichen Rentenversicherung gemäß §
37 [X.] angepasst. Mit Schreiben vom 25. September 2009 beantragte er auch
bei der [X.] eine Anpassung der Kürzung seiner Versorgung, was diese ablehnte.
Den nachfolgenden gerichtlichen Antrag
des Ehemanns
auf Feststellung, dass die Kürzung
seiner Betriebsrente ab dem 1.
Oktober 2009 nicht mehr er-folge, hat das Familiengericht abgelehnt. Das [X.] hat seine Be-schwerde zurückgewiesen; hiergegen richtet sich die zugelassene Rechtsbe-schwerde
des Ehemanns.

II.
Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet.
1. Das [X.] hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Obgleich das Familiengericht für die Entscheidung über den Antrag gemäß §
46 der [X.]-Satzung unzuständig gewesen sei, habe das Be-3
4
5
-
4
-

schwerdegericht in der Sache zu entscheiden, da ein Rechtsmittel nicht darauf gestützt werden könne, dass das Gericht des ersten [X.] seine [X.] zu Unrecht angenommen habe.
Der vom Ehemann geltend gemachte Anspruch könne sich allenfalls aus §
37 [X.] ergeben.
Diese Vorschrift sei jedoch auf die [X.] bei der [X.] nicht anwendbar, da die Vorschriften der §§
33 bis 38 [X.] nach dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers nur für die in §
32 Nr.
1 bis 5 [X.] genannten Regelversorgungssysteme
gälten. Hierzu zähle die Zusatzversorgung bei der [X.] nicht.
Diese Differenzierung sei auch
verfassungskonform, weil die auf Tarifvertrag beruhende privatrechtlich organisierte Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes dem [X.] folge.
Das [X.] habe die Forderung einer ergän-zenden Härteregelung für den Fall des [X.] Ehegatten nur für solche Fälle erhoben, in denen vom [X.] ein unverhältnismäßiges Opfer verlangt werde. Eine solch existenzielle Be-deutung komme den [X.] nicht zu. Die Grenze der [X.] werde bei [X.] nicht erreicht.
2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Nachprüfung stand.
Gemäß §
37 Abs.
1, 2 [X.] wird ein Anrecht der ausgleichspflich-tigen Person auf Antrag nicht länger auf Grund des Versorgungsausgleichs ge-kürzt, wenn die ausgleichsberechtigte Person gestorben ist, wobei die [X.] nur stattfindet, wenn die ausgleichsberechtigte Person die Versorgung aus dem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht nicht länger als 36
Monate bezogen hat.

6
7
8
-
5
-

a) Über einen Anpassungsantrag des [X.] nach die-
ser Vorschrift hat gemäß §
38 Abs.
1 Satz
1 [X.] der Versorgungs-
träger zu entscheiden, bei dem das aufgrund des Versorgungsausgleichs gekürzte
Anrecht
besteht. Insoweit besteht

wie schon nach früherem Recht

keine Zuständigkeit
des Familiengerichts; ein dort gestellter Antrag ist un-
zulässig. Hat der [X.] mehrere Versorgungen, die aufgrund des Versorgungsausgleichs
gekürzt werden, muss er gegebenenfalls mehrere An-träge bei den jeweils zuständigen
Versorgungsträgern stellen. Die [X.] entscheiden im [X.]. Gegen ihre
Entscheidung ist der Rechtsweg zum Gericht der jeweils zuständigen [X.] gegeben (FAKomm-FamR/[X.] 5.
Aufl. §
38
[X.] Rn.
2).
Für die Entscheidung über den Antrag des Ehemanns war daher die
al-leinige
Zuständigkeit der allgemeinen Zivilgerichte
und nicht
die der
Familienge-richte begründet. Allerdings kann die Rechtsbeschwerde nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszugs
seine Zuständigkeit zu Un-recht angenommen hat

72 Abs.
2 FamFG; vgl. [X.]/[X.] FamFG 17.
Aufl. §
72 Rn.
47).
b) Nach §
32 [X.] ist die Anpassung der Rentenkürzung wegen Tod der [X.] Person allerdings nur für Regelsicherungssys-teme vorgesehen. Im Bereich der ergänzenden Altersvorsorge sollen
die [X.] hingegen nicht zur Anwendung kommen (BT-Drucks.
16/10144 S.
71
f.).
Jedenfalls die Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes gehört nicht zu den von der Vorschrift
erfassten Regelsicherungssystemen. Sie ist

auf ta-rifvertraglicher Grundlage

privatrechtlich organisiert, auch wenn der
Versor-9
10
11
12
-
6
-

gungsträger Anstalt
des öffentlichen Rechts ist (FAKomm-FamR/[X.] 5.
Aufl. §
32 [X.] Rn.
11).
c) Die damit vorgenommene Differenzierung zwischen [X.] und Systemen der ergänzenden Altersvorsorge ist mit dem [X.] vereinbar.
Der [X.] hat bereits zum sogenannten [X.] (§§
33
f.
[X.]) entschieden, dass der Gesetzgeber nicht von [X.] wegen verpflichtet war, gleiche
Regelungen für Regelsicherungssysteme und für [X.] zu treffen ([X.]sbeschluss vom 7.
No-vember 2012

XII
ZB
271/12

FamRZ 2013, 189).
Dies gilt im Ergebnis auch für die Anpassung wegen Tod der [X.]
Person

37
f.
[X.]), obgleich in solchen Fällen bereits feststeht, dass die ausgleichs-berechtigte Person über die längstens
36
Monate bezogenen Leistungen hin-aus keine weiteren
Leistungen mehr beziehen wird.
Denn bei den in §§
32
ff. [X.] normierten "Privilegien", welche ei-ne Leistungspflicht des Versicherers über die schlichte Teilung der ehezeitlich erworbenen Anrechte hinaus begründen, handelt es sich regelmäßig um versi-cherungsmathematische Besserstellungen geschiedener Ehegatten gegenüber anderen Angehörigen der Versichertengemeinschaft, die

wovon auch das [X.] ausgegangen ist ([X.] 53, 257, 303 =
FamRZ 1980, 326, 335)

nicht kostenneutral bewirkt werden können. Denn während der ausgleichsberechtigte Ehegatte den hälftigen versicherungsmathemati-schen Wertanteil des ehezeitlich erworbenen Anrechts bereits mit der [X.] des Versorgungsausgleichs als eine eigenständige, vom [X.] des ausgleichspflichtigen Ehegatten losgelöste Versorgung erwirbt, 13
14
15
-
7
-

welche anders als das zu Ehezeiten bestehende Recht auch eine eigene Invali-ditätsversorgung umfasst, einer Wiederverheiratung standhält und sogar späte-re Ansprüche auf Witwer-
oder Witwenrente eines neuen Ehegatten begründen kann, nimmt der ausgleichspflichtige Ehegatte über das Privileg der Anpassung der Rentenkürzung wegen Tod der [X.] Person an zusätzli-chen Rentenleistungen teil, die ihm aufgrund eines bei ihm eingetretenen [X.] so gewährt werden, als verfüge er noch über sein ungeteiltes An-recht. Hierin liegt eine Vermehrung der möglichen Versicherungsfälle und Leis-tungspflichten des Versicherers, die nicht durch rentenrechtliche Zeiten (§
54 SGB
VI) erdient ist und deshalb der Sache nach eine versicherungsfremde So-zialleistung des Trägers der Rentenversicherung an geschiedene Ehegatten darstellt.
Eine weitere Mehrung der Leistungspflichten tritt ein, wenn der [X.] die Leistung bereits für längstens
36
Monate bezogen hatte und dennoch die Kürzung beim [X.] vollständig entfällt.
Obwohl in der hiermit einhergehenden Vermehrung der möglichen Versi-cherungsfälle und Leistungsansprüche geschiedener Ehegatten zugleich eine Benachteiligung der in [X.] Ehe lebenden Versicherten gesehen werden könnte, hat das [X.] den Eigentumsschutz nach Art.
14 Abs.
1 GG dahin verstanden, dass es
im Zusammenhang mit dem Vor-versterben des [X.] vor dem ausgleichsverpflichteten [X.] zu einem verfassungswidrigen Zustand kommen könne, wenn die abge-splitteten Werteinheiten beim Berechtigten keine Rentenleistung ausgelöst ha-ben, den Verpflichteten hingegen wegen ihres Umfangs spürbar belasten. [X.] sei es auch möglich, dass der Versorgungsausgleich wegen der Kürze der Rentenleistungen an den [X.] Ehegatten im Verhältnis zur Höhe der übertragenen Werteinheiten und unter Würdigung der Lage des über-16
-
8
-

lebenden Ausgleichsverpflichteten verfassungswidrige Auswirkungen haben könne
([X.] 53, 257, 303
=
FamRZ 1980, 326, 335).
Die nach dieser [X.]rechtsprechung notwendigen, für den Versi-cherer aufwandserhöhenden Leistungen
hat der Gesetzgeber den Trägern der staatlichen Regelsicherungssysteme auferlegt, nicht jedoch den privaten [X.] und beitragsfinanzierten [X.]. Zu dieser Differenzierung war der Gesetzgeber berechtigt, da zwischen den [X.] und den Systemen der ergänzenden Altersvorsorge Unterschiede
von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie eine ungleiche Behandlung rechtfertigen. Denn anders als bei den [X.] muss sich die Rentenleistungspflicht der Träger der ergänzenden Altersvorsorge in ein versicherungsmathematisches Äquivalenzverhältnis zur vorherigen Beitragsleistung fügen, im Falle der [X.] durch ein Umlagesystem. Dies hindert es, Trägern der ergänzenden Altersvorsorge über die durch den Versorgungsausgleich angeordnete, wertneutrale Halbtei-lung bestehender Anrechte hinaus zusätzliche Leistungspflichten und Risiken durch die in den §§
32
ff. [X.] normierten Privilegien aufzubürden, welche
das versicherungsmathematische Gleichgewicht von Beitragszahlung und Leistungsanspruch einseitig zulasten des Versicherers oder der [X.]. Aus diesem Grund hält der [X.] an seiner
Rechtsprechung
fest, wonach eine Kürzung der Aussetzung der
Versorgung außerhalb der Regelsicherungssysteme nicht in Betracht kommt (vgl. bereits [X.]sbeschluss vom 7.
November 2012

XII
ZB
271/12

FamRZ 2013, 189
Rn.
14
ff.).
d) Davon abgesehen hat das [X.] zutreffend hervorgeho-ben, dass der Grundrechtsschutz einen Härteausgleich allenfalls dann fordert, 17
18
-
9
-

wenn die
abgesplitteten Werteinheiten den Verpflichteten wegen ihres Umfangs spürbar belasten. Das ist hier jedenfalls nicht
gegeben, da im vorliegenden Fall nur ein Anteil von rund fünf Prozent der durch den Versorgungsausgleich be-dingten Kürzungen auf die Zusatzversorgung
entfällt.

Dose

Klinkhammer

Schilling

Günter

Nedden-Boeger
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 16.08.2010 -
34 F 701/10 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 17.05.2011 -
II-1 UF 192/10 -

Meta

XII ZB 271/11

06.03.2013

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.03.2013, Az. XII ZB 271/11 (REWIS RS 2013, 7610)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 7610

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

XII ZB 271/11 (Bundesgerichtshof)

Versorgungsausgleich: Anpassung der Rentenkürzung wegen Tod der ausgleichsberechtigten Person; sachliche Zuständigkeit; Anpassung im Bereich der …


XII ZB 271/12 (Bundesgerichtshof)

Versorgungsausgleichsverfahren: Voraussetzungen der Aussetzung einer durch den Versorgungsausgleich bedingten Rentenkürzung; Verfassungsmäßigkeit der Regelung; Obergrenze für …


XII ZB 271/12 (Bundesgerichtshof)


XII ZB 428/11 (Bundesgerichtshof)


XII ZB 428/11 (Bundesgerichtshof)

Versorgungsausgleich: Berücksichtigung des vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle gewährten Anpassungsgeldes an Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

XII ZB 271/11

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.