Bundesfinanzhof, Urteil vom 01.02.2012, Az. I R 18/11

1. Senat | REWIS RS 2012, 9599

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Gegenstand

Ablaufhemmung bei Antrag auf unbefristetes Hinausschieben des Beginns der Außenprüfung


Leitsatz

1. Ist ein Antrag auf (befristetes) Hinausschieben des Beginns der Außenprüfung ursächlich für das Hinausschieben des Prüfungsbeginns, entfällt die Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 4 Satz 1 2. Alternative AO nur, wenn die Finanzbehörde nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach Eingang des Antrags mit der Prüfung beginnt (Anschluss an BFH-Urteil vom 17. März 2010 IV R 54/07, BFHE 229, 20, BStBl II 2011, 7) .

2. Anders kann dies zu beurteilen sein, wenn der Antrag auf Aufschub des Prüfungsbeginns keine zeitlichen Vorgaben enthält. Ist die Finanzbehörde faktisch daran gehindert, den Prüfungsfall bereits im Zeitpunkt der Antragstellung neu in die Prüfungspläne aufzunehmen, endet die Festsetzungsfrist erst zwei Jahre nach Wegfall des Hinderungsgrundes .

Tatbestand

1

I. [X.]treitig ist, ob der Ablauf der Festsetzungsfrist nach § 171 Abs. 4 der Abgabenordnung ([X.]) gehemmt wird, wenn ein unbefristeter Antrag auf Verschiebung des [X.] gestellt, aber nicht innerhalb von zwei Jahren nach dem Antragseingang mit der Außenprüfung begonnen worden ist.

2

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine GmbH, reichte ihre Körperschaftsteuererklärungen und ihre Erklärungen zur gesonderten Feststellung der in § 47 Abs. 2 des [X.] ([X.]) genannten Besteuerungsgrundlagen für die [X.]treitjahre (1991 bis 1994) in 1992, 1994 und 1995 beim Beklagten und Revisionskläger (Finanzamt --[X.]--) ein. Die Gewerbesteuererklärungen gingen für die Jahre 1992 und 1993 in 1994 ein. Für das [X.] ist der Eingang der Erklärung unbekannt; es liegt lediglich ein [X.]teuermessbescheid vom 12. März 1993 vor. In der Folgezeit erließ das [X.] aufgrund der [X.]teuererklärungen [X.]teuerbescheide; diese ergingen sämtlich unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 [X.]).

3

In den Jahren 1990 bis 1996 fand bei der Klägerin u.a. eine Außenprüfung wegen Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer 1984 bis 1990 statt. Gegen die nach der Außenprüfung ergangenen Änderungsbescheide legte die Klägerin im Jahr 1997 Einsprüche ein. Gegenstand dieses [X.] war u.a. die Frage, ob ein Teil des [X.] als verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) zu werten ist, weil die Gesamtausstattung des Geschäftsführers bei sämtlichen Konzerngesellschaften zu hoch sei. Die Klägerin und das [X.] trafen in diesem anhängigen Einspruchsverfahren am 20. Juli 2000 eine tatsächliche Verständigung zur Höhe der angemessenen Gesamtausstattung des Geschäftsführers im Konzern sowie zu der daraus resultierenden vGA der Klägerin. Die tatsächliche Verständigung wurde zudem auf die [X.]treitjahre erstreckt. Die Klägerin "stimmte einer Bescheidänderung der betreffenden Jahre zu".

4

Daneben war gegen den Geschäftsführer der Klägerin zwischen 1990 und 1997 ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren wegen [X.]teuerhinterziehung (betreffend die Jahre 1985 bis 1989) anhängig. [X.] erging ein Urteil, das seit Juli 1997 rechtskräftig ist.

5

Am 11. November 1996 erließ das für die Außenprüfung bei der Klägerin zuständige Finanzamt [X.] ([X.] [X.]) gegenüber der Klägerin eine Prüfungsanordnung, die u.a. auch die Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer der [X.]treitjahre betraf. Als voraussichtlichen Prüfungsbeginn gab das [X.] [X.] den 11. Dezember 1996 an. In einem an den Prüfer des [X.] [X.] adressierten [X.]chreiben vom 22. November 1996 beantragte die Klägerin, den Prüfungsbeginn zu verschieben. Gründe für die Verschiebung wurden ebenso wenig genannt wie ein Zeitpunkt, bis wann die Prüfung aufgeschoben werden sollte. Die Prüfung für die [X.]treitjahre begann am 24. Februar 2000 und dauerte bis zum 7. Februar 2001.

6

Das [X.] erließ am 26. Mai 2004 nach § 164 Abs. 2 [X.] geänderte Bescheide wegen Körperschaftsteuer und gesonderter Feststellungen gemäß § 47 Abs. 2 [X.] für die [X.]treitjahre sowie am 26. Juli 2004 wegen Feststellung des [X.] für die Jahre 1991 bis 1993. Zugleich hob das [X.] jeweils den Vorbehalt der Nachprüfung auf.

7

Die Einsprüche der Klägerin gegen diese Änderungsbescheide blieben erfolglos. Das Finanzgericht ([X.]) gab der Klage mit Urteil vom 17. Februar 2011  3 K 3289/08 (veröffentlicht in Entscheidungen der Finanzgerichte --E[X.]-- 2011, 1037) statt. Die nach § 171 Abs. 4 [X.] im Jahr 1996 zunächst eingetretene Ablaufhemmung sei im Jahr 1998 rückwirkend wieder entfallen, weil das [X.] nicht innerhalb der von der Rechtsprechung des [X.] ([X.]) im Urteil vom 17. März 2010 IV R 54/07 ([X.]E 229, 20, B[X.]tBl II 2011, 7) geforderten Frist von zwei Jahren nach Eingang des Antrags auf Verschiebung des [X.] mit der Prüfung begonnen habe.

8

Mit seiner Revision rügt das [X.] die Verletzung materiellen Rechts. Es beantragt,        
das finanzgerichtliche Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

9

Die Klägerin beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II. Die Revision des [X.] ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des finanzgerichtlichen Urteils und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--).

Das [X.] ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass dem Erlass der angefochtenen geänderten Bescheide wegen Körperschaftsteuer und gesonderter Feststellungen gemäß § 47 Abs. 2 [X.] für die Streitjahre vom 26. Mai 2004 sowie der Feststellung des Gewerbesteuermessbetrags für die Jahre 1991 bis 1993 vom 26. Juli 2004 der Ablauf der [X.] bzw. Feststellungsfrist und damit der Eintritt der [X.] bzw. Feststellungsverjährung entgegenstanden. Der Antrag der Klägerin auf Hinausschieben des Beginns der Außenprüfung vom 22. November 1996 hat dazu geführt, dass die in § 171 Abs. 4 Satz 1  2. Alternative [X.] bestimmte Ablaufhemmung eingetreten ist. Für die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gilt dies gemäß § 181 Abs. 1 Satz 1 [X.] sinngemäß. Die Ablaufhemmung ist auch nicht deshalb wieder rückwirkend entfallen, weil das [X.] nicht innerhalb einer Frist von zwei Jahren nach Eingang des Antrags auf Verschieben des [X.] beim [X.] S mit einer Prüfung begonnen hat.

1. Nach § 169 Abs. 1 Satz 1 [X.], der gemäß § 181 Abs. 1 Satz 1 [X.] für die gesonderte Feststellung sinngemäß gilt, ist eine Steuerfestsetzung (Feststellung) sowie ihre Aufhebung oder Änderung nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist (Feststellungsfrist) abgelaufen ist. Gemäß § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 [X.] beträgt die Festsetzungsfrist vier Jahre. Ist --wie im [X.] eine Steuererklärung abzugeben, so beginnt die Festsetzungsfrist gemäß § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 [X.] mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuererklärung eingereicht wird. Steuererklärung i.S. des § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 [X.] ist auch die Erklärung zur gesonderten Feststellung (§ 181 Abs. 1 Satz 2 [X.]). Zutreffend hat das [X.] erkannt, dass nach diesen Rechtsgrundsätzen und ohne Berücksichtigung der streitbefangenen Ablaufhemmung die Festsetzungsfrist (Feststellungsfrist) für das Streitjahr 1991 mit Ablauf des 31. Dezember 1996, für die Streitjahre 1992 und 1993 mit Ablauf des 31. Dezember 1998 und für das Streitjahr 1994 mit Ablauf des 31. Dezember 1999 abgelaufen ist.

2. Nach § 171 Abs. 4 Satz 1 [X.], der gemäß § 181 Abs. 1 Satz 1 [X.] gleichfalls für die gesonderte Feststellung sinngemäß gilt, war der Ablauf der Festsetzungsfrist (Feststellungsfrist) unter den im Streitfall vorliegenden Umständen gehemmt.

a) Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist (Feststellungsfrist) mit einer Außenprüfung begonnen oder wird deren Beginn auf Antrag des Steuerpflichtigen hinausgeschoben, so läuft die Festsetzungsfrist für die Steuern (Feststellungsfrist für die Besteuerungsgrundlagen), auf die sich die Außenprüfung erstreckt oder im Fall des Hinausschiebens der Außenprüfung erstrecken sollte, gemäß § 171 Abs. 4 Satz 1 [X.] u.a. nicht ab, bevor die aufgrund der Außenprüfung zu erlassenden Steuerbescheide (Feststellungsbescheide) unanfechtbar geworden sind.

aa) Soweit § 171 Abs. 4 Satz 1 [X.] in seiner 2. Alternative dem Antrag des Steuerpflichtigen auf Hinausschieben des Beginns der Außenprüfung (vgl. § 197 Abs. 2 [X.]) die gleiche Rechtsfolge (Hemmung des Ablaufs der [X.] bzw. Feststellungsfrist) wie dem Beginn der Außenprüfung zuordnet, gilt dies nur, soweit ein entsprechender Antrag auch ursächlich für das Hinausschieben des [X.] ist (vgl. [X.]-Urteil in [X.], 20, [X.] 2011, 7, m.w.N.). Dabei ist ohne Bedeutung, ob der Steuerpflichtige gewichtige Gründe für die Verlegung glaubhaft gemacht hat (vgl. [X.] in Tipke/[X.], Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 171 [X.] Rz 40; Banniza in [X.]/[X.]/[X.] --[X.]--, § 171 [X.] Rz 93; [X.]/ Koenig/[X.], Abgabenordnung, 2. Aufl., § 171 Rz 77). Hinsichtlich der erforderlichen Kausalität eines Antrags nach § 171 Abs. 4 Satz 1  2. Alternative [X.] ist auf den Tag des [X.] abzustellen, welcher der maßgebliche Zeitpunkt für den Eintritt der Ablaufhemmung ist (vgl. z.B. [X.] in Tipke/[X.], a.a.[X.], § 171 [X.] Rz 40; Banniza in [X.], § 171 [X.] Rz 93). Da es für den Eintritt der Ablaufhemmung nicht darauf ankommt, ob bzw. inwieweit zu einem dem Tag der Antragstellung nachfolgenden Zeitpunkt in der Sphäre der Finanzverwaltung liegende Gründe nunmehr gleichfalls ursächlich für das Hinausschieben des Beginns einer Außenprüfung sein könnten, ist es ohne Belang, ob ein Antrag auf [X.] befristet oder unbefristet gestellt wird. Entscheidend ist allein, ob bereits im Zeitpunkt der Antragstellung Gründe für den [X.] gegeben sind, die in der Sphäre der Finanzverwaltung liegen und den Eintritt der Ablaufhemmung ausschließen (vgl. [X.]-Urteil in [X.], 20, [X.] 2011, 7). Wird der Beginn der Außenprüfung nicht maßgeblich aufgrund des Antrags des Steuerpflichtigen, sondern aufgrund der eigenen Belange der Finanzbehörde bzw. aus innerhalb deren Sphäre liegenden Gründen hinausgeschoben, so läuft die Frist ungeachtet des Antrags ab (vgl. Senatsbeschluss vom 30. März 1999 [X.], [X.], 131; [X.] in [X.], [X.], § 171 Rz 37; [X.], Die steuerliche Betriebsprüfung 1999, 192; [X.]/Rüsken, [X.], 10. Aufl., § 171 Rz 66; [X.] in Tipke/[X.], a.a.[X.], § 171 [X.] Rz 41; [X.]/Koenig/[X.], a.a.[X.], § 171 Rz 77).

bb) Nach Eingang eines Antrags des Steuerpflichtigen, der zum Eintritt der Ablaufhemmung i.S. von § 171 Abs. 4 Satz 1  2. Alternative [X.] führt, verbleibt der Finanzbehörde allerdings nach Auffassung des [X.] [X.] (im Urteil in [X.], 20, [X.] 2011, 7) nicht unbegrenzte Zeit, mit der Außenprüfung zu beginnen. Dies lasse sich einem allgemeinen Rechtsgedanken entnehmen, der in § 171 Abs. 8 Satz 2 [X.] und auch in § 171 Abs. 10 [X.] Ausdruck finde. Beide Vorschriften räumten der Finanzbehörde in den Fällen des Wegfalls eines außerhalb ihrer Sphäre eingetretenen Hindernisses eine Zweijahresfrist für ein weiteres Tätigwerden ein. Ab diesem Zeitpunkt könne und dürfe die Finanzbehörde wieder selbst die Initiative zur Bearbeitung des Falles ergreifen und dementsprechend sei die Behörde auch im Hinblick auf § 171 Abs. 4 Satz 1  2. Alternative [X.] gehalten, mit der Prüfung vor Ablauf von zwei Jahren nach Eingang des Antrags auf Hinausschieben des [X.] zu beginnen, wolle sie den Ablauf der Festsetzungsfrist verhindern.

Der erkennende Senat schließt sich dieser Rechtsauffassung des [X.] prinzipiell an. Auch aus der Regelung in § 171 Abs. 4 Satz 2 [X.] wird ein derartiges einschränkendes Gesetzesverständnis sichtbar; auch diese Vorschrift will eine unbegrenzte Ablaufhemmung für jene Fälle ausschließen, in denen sich die Durchführung einer Außenprüfung über Gebühr aus einem in der Sphäre der Finanzverwaltung liegenden Grund verzögert (vgl. Beschluss des erkennenden Senats in [X.], 131). § 171 [X.] lässt sich damit insgesamt die Vorstellung des Gesetzgebers entnehmen, dass die Finanzbehörde den konkreten Steuerfall in angemessener Zeit abschließend beurteilen soll, insbesondere dann, wenn keine rechtlichen oder --was regelmäßig Hintergrund einer Außenprüfung [X.] tatsächlichen Unsicherheiten mehr bestehen.

cc) Dies gilt jedenfalls, wenn --wie in dem vom [X.] entschiedenen [X.] ein befristeter Aufschub des [X.] beantragt worden ist. In diesem Fall kommt es nicht in Betracht, die Festsetzungsfrist (Feststellungsfrist) erst nach Ablauf von zwei Jahren seit Ablauf der beantragten Aufschubfrist enden zu lassen. Denn die Finanzbehörde hat bei einem zeitlich befristeten Antrag auf Aufschub des [X.] die Möglichkeit, auf die zeitliche Dauer ihrer Untätigkeit Einfluss zu nehmen (vgl. [X.]-Urteil in [X.], 20, [X.] 2011, 7). Sie kann bereits bei Eingang des Antrags dafür Sorge tragen, dass die erforderliche (neue) Integration des [X.] in die Prüfungspläne erfolgen kann. Der Zeitraum von zwei Jahren ab Antragseingang erscheint hierfür ausreichend bemessen.

Anders kann es sich indessen verhalten, wenn der Antrag auf Aufschub des [X.] keine zeitlichen Vorgaben enthält (so im Ergebnis Nr. 3 des Anwendungserlasses zur Abgabenordnung zu § 171 [X.] i.d.F. des Schreibens des [X.] vom 21. Dezember 2010, [X.], 2). In diesem Fall kann die Finanzbehörde faktisch daran gehindert sein, den Prüfungsfall bereits im Zeitpunkt der Antragstellung neu in die Prüfungspläne zu integrieren. Dies wird insbesondere der Fall sein, wenn beispielsweise Rechtsbehelfsverfahren betrieben werden und diese Rechtsbehelfsverfahren Prüfungsmaßnahmen betreffen, die mit der gegen den Steuerpflichtigen gerichteten Außenprüfung in hinreichendem sachlichem Zusammenhang stehen. Entsprechend dem Rechtsgedanken, der in § 171 Abs. 8 Satz 2 [X.] und auch in § 171 Abs. 10 [X.] seinen Ausdruck gefunden hat, erscheint es in diesem Fall als sachgerecht, die Festsetzungsfrist (Feststellungsfrist) enden zu lassen, nachdem der Hinderungsgrund beseitigt ist und die Finanzbehörde hiervon Kenntnis hat.

b) Ausgehend von diesen Rechtsgrundsätzen hat das [X.] im Ergebnis zu Unrecht entschieden, dass die zunächst eingetretene Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 4 Satz 1 [X.] (i.V.m. § 181 Abs. 1 Satz 1 [X.]) zwei Jahre nach Antrag auf Aufschub des [X.] wieder rückwirkend entfallen ist.

aa) Der Antrag auf Aufschub des [X.] der Klägerin ist am 22. November 1996 beim [X.] S eingegangen und hat zunächst dazu geführt, dass der Ablauf der Festsetzungsfrist (Feststellungsfrist) nach § 171 Abs. 4 Satz 1 [X.] (i.V.m. § 181 Abs. 1 Satz 1 [X.]) gehemmt war. Das [X.] hat zutreffend angenommen, dass der Antrag der Klägerin ursächlich für das Hinausschieben des [X.] war. Zu dieser Würdigung konnte das [X.] gelangen, obwohl die Klägerin keine Gründe für die Verlegung glaubhaft gemacht hat. Aufgrund der [X.] eingelegten Einsprüche der Klägerin u.a. gegen die [X.] für die Jahre 1984 bis 1990 ging das [X.] im Zeitpunkt der Antragstellung von einem sachlichen Zusammenhang dieser dort zu klärenden Frage mit der Prüfung der Klägerin für die Streitjahre aus. Denn das Ergebnis der Rechtsbehelfsverfahren konnte den Ablauf der Außenprüfung beeinflussen (vgl. [X.]-Urteil vom 20. Juli 2005 [X.]/01, [X.]/NV 2005, 2195). Gleiches gilt für das gegen den Geschäftsführer der Klägerin anhängige strafrechtliche Ermittlungsverfahren wegen Steuerhinterziehung (betreffend die Jahre 1985 bis 1989). Auch hier nahm das [X.] einen sachlichen Zusammenhang zu der Prüfung der Streitjahre an.

Diese Würdigung des [X.] war möglich, denn sie gründet auf der Feststellung, dass Gegenstand der oben genannten laufenden Verfahren die Höhe der angemessenen Gesamtausstattung des Geschäftsführers im Konzern sowie die daraus resultierende vGA der Klägerin war. Ein Verstoß gegen Denk- und Erfahrungssätze ist nicht vorgetragen und bedarf deshalb keiner weiteren Erörterung. Das [X.] ist daher in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise zu der Würdigung gelangt, dass der Antrag der Klägerin ursächlich für das Hinausschieben des Beginns der Außenprüfung war.

bb) Das [X.] ging jedoch zu Unrecht davon aus, dass die Finanzbehörde die Prüfung vor Ablauf von zwei Jahren nach Eingang des Antrags auf Hinausschieben des [X.] bei der Finanzbehörde zu beginnen hat, wenn sie den Ablauf der Festsetzungsfrist (Feststellungsfrist) verhindern will. Denn der Antrag der Klägerin auf Aufschub des [X.] enthält keine zeitlichen Vorgaben, ab wann bei der Klägerin mit der Außenprüfung begonnen werden kann. Anders als bei einem zeitlich befristeten Antrag auf Aufschub des [X.] kann die Finanzbehörde nicht bereits bei Eingang des Antrags dafür Sorge tragen, dass die erforderliche (neue) Integration des [X.] in die Prüfungspläne erfolgen kann. Es war für die Finanzbehörde nicht abzusehen, wann die Rechtsbehelfsverfahren bzw. das strafrechtliche Ermittlungsverfahren, als Anlass für den [X.] beendet sein würden. Da beide Verfahren aber nach Auffassung des [X.] Einfluss auf den Ablauf der Außenprüfung haben konnten, war die Finanzbehörde faktisch gehindert, den Prüfungsfall bereits im Zeitpunkt der Antragstellung neu in die Prüfungspläne aufzunehmen. Nachdem das strafrechtliche Verfahren im Juli 1997 abgeschlossen worden war, wurden die anhängigen Rechtsbehelfsverfahren nach den Feststellungen des [X.] schließlich erst am 20. Juli 2000 im Rahmen einer tatsächlichen Verständigung zur Höhe der angemessenen Gesamtausstattung des Geschäftsführers im Konzern sowie zu der daraus resultierenden vGA der Klägerin beendet. Da die Prüfung für die Streitjahre bereits am 24. Februar 2000 begonnen hat, war die angemessene Zeitspanne nach dem Wegfall der Unsicherheiten im Urteilsfall gewahrt.

3. Die Festsetzungsfrist (Feststellungsfrist) war im Zeitpunkt des Erlasses der geänderten streitbefangenen Bescheide auch nicht wegen § 171 Abs. 4 Satz 3 [X.] (i.V.m. § 181 Abs. 1 Satz 1 [X.]) abgelaufen. Danach endet die Festsetzungsfrist (Feststellungsfrist) spätestens, wenn seit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Schlussbesprechung stattgefunden hat, oder, wenn sie unterblieben ist, seit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die letzten Ermittlungen im Rahmen der Außenprüfung stattgefunden haben, die in § 169 Abs. 2 [X.] genannten Fristen verstrichen sind. Da die Prüfung für die Streitjahre nach den Feststellungen des [X.] am 7. Februar 2001 beendet worden war, hat das [X.] mit dem Erlass der streitbefangenen geänderten Bescheide am 26. Mai 2004 bzw. 26. Juli 2004 die Frist des § 171 Abs. 4 Satz 3 [X.] eingehalten.

4. Da die Vorinstanz eine andere Rechtsauffassung vertreten hat, war ihr Urteil aufzuheben. Die Sache ist spruchreif und die Klage abzuweisen. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig.

Meta

I R 18/11

01.02.2012

Bundesfinanzhof 1. Senat

Urteil

vorgehend Finanzgericht Baden-Württemberg, 17. Februar 2011, Az: 3 K 3289/08, Urteil

§ 171 Abs 4 S 1 AO, § 171 Abs 8 S 2 AO, § 171 Abs 10 AO, § 181 Abs 1 S 1 AO, § 197 Abs 2 AO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 01.02.2012, Az. I R 18/11 (REWIS RS 2012, 9599)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 9599

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