Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.12.2008, Az. 2 StR 517/08

2. Strafsenat | REWIS RS 2008, 314

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[X.] vom 10. Dezember 2008 in der Strafsache gegen wegen besonders schwerer Vergewaltigung - 2 - Der 2. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des Beschwerdeführers am 10. Dezember 2008 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen: 1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 18. Juli 2008 im Strafausspruch mit den zuge-hörigen Feststellungen aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere Strafkammer des [X.]. Gründe: Das [X.] hat den Angeklagten wegen "Vergewaltigung unter Verwendung eines gefährlichen Werkzeugs" zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Seine auf den Strafausspruch beschränk-te Revision hat mit der Sachrüge Erfolg, so dass es auf die - offensichtlich un-begründete - Verfahrensrüge nicht ankommt. 1 1. Das [X.] hat bei der Strafzumessung den Strafrahmen des § 177 Abs. 4 StGB angewandt und hierzu ausgeführt: "Dieser Strafrahmen war auch zugrunde zu legen, da bei der gebotenen Gesamtbetrachtung die Annah-me eines minder schweren Falles im Sinne des § 177 Abs. 5 Halbsatz 1 StGB ausschied" ([X.]). Der minder schwere Fall der besonders schweren Ver-gewaltigung ist jedoch nicht in § 177 Abs. 5 Halbsatz 1 StGB, sondern in [X.] 2 geregelt. Der hiernach gemilderte Strafrahmen beträgt ein bis zehn [X.]; dagegen der Strafrahmen des Halbsatzes 1, der für minder schwere Fälle des § 177 Abs. 1 StGB gilt, nur sechs Monate bis fünf Jahre. Der bei der Abwä-gung über die mögliche Anwendung des gemilderten Strafrahmens dem [X.] (fünf bis fünfzehn Jahre) als Alternative gegenüber stehende Rahmen ist somit im Fall des Absatzes 5 Halbsatz 1 eklatant niedri-ger; seine Anwendung würde, wäre sie zulässig, besonders hohe Anforderun-gen an das Vorliegen schuldmindernder Umstände stellen. Anhaltspunkte dafür, dass es sich bei der zitierten Formulierung um ein reines Schreibversehen gehandelt haben könnte, enthalten die Urteilsgründe nicht. Soweit der [X.] ausgeführt hat, es sei nicht ersichtlich, dass bei der [X.] die Höhe des alternativ zur Verfügung stehenden Strafrahmens eine Rolle gespielt haben könnte, trifft dies nicht zu. Vielmehr kann die Angemessenheit des Regelstrafrahmens trotz Vorliegens erheblicher Milderungsgründe regelmäßig nur mit Blick auf den alternativ zur Verfügung stehenden milderen Strafrahmen des minder schweren Falles beurteilt werden. 3 Da hier vom [X.] gravierende Strafmilderungsgründe festgestellt wurden, kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Tatrichter zu einer dem Angeklagten günstigeren Entscheidung gelangt wäre, wenn er die Abwägung der alternativ zur Verfügung stehenden Strafrahmen auf zutreffender Grundlage vorgenommen hätte. 4 2. Für die neue Verhandlung weist der Senat noch auf Folgendes hin: 5 a) Die Annahme des [X.]s, der Umstand, dass das Opfer einer Vergewaltigung Prostituierte ist und sich zur Vornahme sexueller Handlungen gegen Entgelt zunächst bereit erklärt hat, sei nicht grundsätzlich und regelmä-ßig als strafmildernder Gesichtspunkt zu berücksichtigen, entspricht der Recht-sprechung des Senats und begegnet auch unter Berücksichtigung des von der 6 - 4 - Revision [X.] keinen rechtlichen Bedenken. Soweit sich aus der [X.] Vorgeschichte oder dem Ablauf des Tatgeschehens einer sexuellen Nö-tigung Milderungsgründe ergeben können, können diese nicht ohne Weiteres schon aus der Eigenschaft des [X.] als Prostituierte abgeleitet werden. Das Motiv der geschädigten Person, in die vom Täter gewünschten sexuellen Handlungen nicht einzuwilligen, ist für § 177 Abs. 1 StGB regelmäßig unerheb-lich. Aus dem hypothetischen Umstand allein, dass eine Person unter anderen Umständen, für ein Entgelt oder auch gegen ein höheres Entgelt in die [X.] der vom Täter erzwungenen sexuellen Handlungen eingewilligt hätte, kann nicht schon ein bestimmender [X.] für das Erzwingen von sexuellen Handlungen abgeleitet werden, in welche das Tatopfer gerade nicht eingewilligt hat. b) Soweit das [X.] die Verwirklichung des Nötigungstatbestands des § 177 Abs. 1 Nr. 3 StGB neben dem [X.] des § 177 Abs. 1 Nr. 2 StGB sowohl bei der [X.] als auch bei der Strafzumessung im Einzelnen strafschärfend berücksichtigt hat ([X.]), begegnet dies recht-lichen Bedenken. Zwar mag es Fälle geben, in denen aufgrund außergewöhnli-cher Umstände der durch die Furcht des [X.] vor Gewaltanwendung in schutzloser Lage geschaffenen Zwangswirkung (vgl. Senatsurteil vom 25. Ja-nuar 2006 - 2 StR 345/05, [X.], 359, 368) ein neben dem durch ausdrückliche Drohung mit Gewalt begründeten Zwang bestehender Unrechts-gehalt zukommen kann. In der Regel erweist sich eine Lage, in welcher das Tatopfer durch ausdrückliche Drohung erfolgreich genötigt wird, aber gerade hierdurch als "schutzlos". Eine - allein objektiv ohnehin kaum bestimmbare (vgl. [X.], 356, 362; [X.] in [X.]. 40; [X.] 177 Rdn. 31 m.w.N.) - Lage äußerer Schutzlosigkeit kann die Zwangswirkung einer vom Täter ausdrücklich oder konkludent ausgesprochenen Drohung mit ge-genwärtiger Gefahr für Leib oder Leben verstärken. Sie wirkt dann als Teil die-7 - 5 - ser Drohung, hat aber keinen eigenen, selbständigen Unrechtsgehalt, der über die Verwirklichung des Tatbestands des § 177 Abs. 1 Nr. 2 StGB hinausginge (vgl. [X.] 177 Rdn. 45, 58). Es erscheint daher bedenklich, bei [X.] des § 177 Abs. 1 Nr. 2 StGB in einer Situati-on, in welcher die äußeren Voraussetzungen von Schutzlosigkeit im Sinne von § 177 Abs. 1 Nr. 3 StGB gegeben sind, die Verwirklichung auch dieser Tatbe-standsvariante ohne Weiteres als unrechts- und straferhöhenden Umstand [X.]. [X.] [X.] Appl Cierniak

Meta

2 StR 517/08

10.12.2008

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.12.2008, Az. 2 StR 517/08 (REWIS RS 2008, 314)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 314

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