Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 31.03.2011, Az. 5 StR 66/11

5. Strafsenat | REWIS RS 2011, 8013

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5 StR 66/11 [X.] vom 31. März 2011 in der Strafsache gegen wegen Mordes - 2 - Der 5. Strafsenat des [X.] hat am 31. März 2011 beschlossen: Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Land-gerichts [X.] vom 27. Oktober 2010 mit den [X.] nach § 349 Abs. 4 StPO aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Schwurgerichtskammer des [X.] zurückverwiesen.
G r ü n d e
1 Das [X.] hat den Angeklagten wegen Mordes zu einer lebens-langen Freiheitsstrafe verurteilt und seine Unterbringung in einer Entzie-hungsanstalt angeordnet. Seine Revision hat mit der Sachrüge Œ entspre-chend dem Antrag des [X.] [X.]. 1. Nach den Feststellungen des Schwurgerichts geriet der Angeklagte am 22. April 2010 mit dem späteren [X.], seinem Schwager [X.], nach einem Trinkgelage in der Wohnung des Zeugen [X.] in Streit, bei dem sich beide Kontrahenten gegenseitig an die [X.] fassten. [X.]wies daraufhin [X.] zwischen 10.00 Uhr und 10.30 Uhr aus seiner Woh-nung. Kurz nach 11.45 Uhr erschien der Angeklagte, der ein Küchenmesser aus der Wohnung des [X.]

mitgenommen hatte, vor dem Wohnhaus seines Schwagers, wo er diesen vor seiner Haustür stehend antraf. [X.] war gerade im Begriff in das Haus zurückzukehren; sein Schlüssel steckte bereits in der Hauseingangstür. —Es kam dann zu einer Auseinandersetzung zwischen den beiden, in deren Folge der Angeklagte sein mitgeführtes [X.] einsetzte, indem er den arg- und wehrlosen Schwager mehrere kräftige 2 - 3 - Stichverletzungen beibrachte, um diesen aus Verärgerung und Wut zu töten. Die Auseinandersetzung spielte sich unmittelbar im Eingangsbereich des Wohnhauses sowie auf einem kleinen angrenzenden Rasenstück ab. Die Einzelheiten blieben ungeklärtfi ([X.]). Das [X.] erlitt zwei [X.] im linken Brustbereich, zwei [X.] am linken Arm sowie zwei [X.] an der rechten Hand. Es verstarb kurz nach 12.00 Uhr aufgrund eines Bruststichs, der sein Herz durchtrennte. Das Schwurgericht, das die Reihenfolge der Stichverletzungen nicht festzustellen vermochte, wertet die Tathandlung des Angeklagten als mit di-rektem Tötungsvorsatz begangenen Heimtückemord. Das [X.] sei zum Zeitpunkt des Erscheinens des Angeklagten arglos gewesen, weil die voran-gegangene verbale und geringfügige Auseinandersetzung bereits eineinhalb Stunden zurückgelegen habe. Das [X.] und die Spuren am Tatort würden die —Annahme rechtfertigen, dass das [X.] vom Angeklagten überrumpelt [X.] ([X.]). Gestützt werde dies durch den eng umgrenz-ten Tatort, die mehrfache Beibringung kräftiger Stiche und die wenig ausge-prägten Abwehrverletzungen beim [X.]. Die nach dem [X.] kaum vorhandenen Relativbewegungen zwischen Angeklagtem und Opfer seien —ein weiteres Beleg für ein plötzliches und unnachgiebiges Vorgehen des [X.] Auch der —kurze Zeitraum, in der die tödliche Begegnung stattgefundenfi habe, sei ein —Hinweis für einen bereits zuvor zur Gewaltan-wendung entschlossenen Angeklagtenfi und spreche gegen eine situative Zuspitzung des Aufeinandertreffens. 3 2. Die Wertung des [X.], der Angeklagte habe heimtückisch gehandelt, hält sachlichrechtlicher Prüfung nicht stand. Nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] handelt heimtückisch, wer das Op-fer unter bewusster Ausnutzung seiner Arg- und Wehrlosigkeit tötet (vgl. [X.], Urteil vom 4. Juli 1984 Œ 3 StR 199/84, [X.]St 32, 382, 383 f. mwN). Für die Annahme von Arglosigkeit kommt es auf den Beginn der mit [X.] begangenen Handlung an. 4 - 4 - Die Feststellungen des Schwurgerichts belegen eine solche Ausnut-zungssituation zum maßgeblichen Zeitpunkt nicht. Sie lassen einerseits den Verlauf der Auseinandersetzung zwischen Angeklagtem und [X.] offen, weil die Einzelheiten des [X.] unaufklärbar geblieben sind. Andererseits geht das [X.] aber davon aus, dass eine Auseinander-setzung vor der Hauseingangstür stattgefunden hat, in deren Folge der An-geklagte sein mitgeführtes Messer einsetzte. Feststellungen, wie sich das Kampfgeschehen bis zu diesem Zeitpunkt entwickelte, sind nicht getroffen; sie sind aber unentbehrlich, um das Vorliegen einer Arg- und Wehrlosigkeit des Opfers beurteilen zu können. 5 Der Senat hebt deshalb das Urteil insgesamt auf. Es ist nicht gänzlich ausschließbar, dass das neue Tatgericht weitergehende Feststellungen tref-fen kann, die den Tatbestand des heimtückisch begangenen Mordes bele-gen. Das neue Tatgericht wird über die Frage der Steuerungsfähigkeit des Angeklagten, und zwar nicht nur im Blick auf dessen Alkoholkonsum, erneut kritisch zu befinden haben. 6 [X.] [X.] Bellay

Meta

5 StR 66/11

31.03.2011

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 31.03.2011, Az. 5 StR 66/11 (REWIS RS 2011, 8013)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 8013

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Heimtückemord: Maßgeblichkeit des ersten Angriffs; schmales Zeitfenster als Begründung einer Wehrlosigkeit des Opfers


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