Bundespatentgericht, Beschluss vom 07.03.2012, Az. 26 W (pat) 527/10

26. Senat | REWIS RS 2012, 8478

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren - "Studenten im Schnee" – Unterscheidungskraft - Freihaltungsbedürfnis


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2009 064 605.8

hat der 26. Senat ([X.]) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 7. März 2012 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.]  Dr. Fuchs-Wissemann und des [X.] [X.] sowie des [X.] am Landgericht Hermann

beschlossen:

Auf die Beschwerde wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 39 des [X.] vom 11. März 2010 insoweit aufgehoben, als die Anmeldung für Dienstleistungen der [X.] zurückgewiesen worden ist.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I

1

Die Markenstelle für Klasse 39 des [X.] hat die Anmeldung der für die Dienstleistungen

2

"[X.]: Werbung, insbesondere Planung von Werbestrategien, Verfassen von Werbetexten, Herstellung und Aktualisierung von Werbematerial (Anzeigen, Flyer, Plakate, Homepage), Durchführung von Werbeaktionen wie z. B. Verlosung von gesponserten Preisen und Ausgabe von Werbegeschenken;

3

Klasse 39: Veranstaltung von Reisen und Ausflugsfahrten, insbesondere Organisation und Durchführung von Tagesausflügen in Zusammenarbeit mit einem Busunternehmen; Reiseleitung; Reisebegleitung;

4

Klasse 41: Unterhaltung, insbesondere Animation während Reisen bzw. Ausflugsfahrten, Veranstaltung von Feiern und geselligen Treffen"

5

bestimmten Wortmarke

6

Studenten im Schnee

7

mit Beschluss vom 11. März 2010 zurückgewiesen, weil der angemeldeten Marke für die beanspruchten Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft fehle, § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.]. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die Wortfolge "Studenten im Schnee" sei aus Begriffen der [X.] Alltagssprache zusammengesetzt. Bei einer Wahrnehmung der angemeldeten Marke im Zusammenhang mit den beanspruchten Dienstleistungen der Klassen 35, 39 und 41, die im Wesentlichen Reise- und Touristikdienstleistungen und die Werbemaßnahmen dafür umfassten, dränge sich dem Verbraucher die beschreibende Bedeutung auf, dass es sich insoweit um Dienstleistungen handele, die in den Wintermonaten für Studenten angeboten würden.

8

Gegen diese Entscheidung wendet sich der Anmelder mit seiner Beschwerde. Er hält das Zeichen für alle beanspruchten Dienstleistungen für unterscheidungskräftig. Es beschreibe weder die angemeldeten Werbe- und Unterhaltungsdienstleistungen noch die beanspruchten Reisedienstleistungen unmittelbar. Bei der Annahme der Markenstelle, dass die angesprochenen Verkehrskreise unter der Bezeichnung "Studenten im Schnee" ein Angebot von Aktivitäten im Schnee, die sich besonders für Studenten eigneten, verstehen würden, handele es sich um eine Interpretation der angemeldeten Marke. Eine solche Bedeutung werde der Verkehr dem Zeichen nicht ohne weiteres und ohne gedankliches Analysieren entnehmen. Auch ein enger Beschreibender Bezug der angemeldeten Marke zu den beanspruchten Dienstleistungen sei nicht gegeben. Vielmehr weise die angemeldete Wortfolge "Studenten im Schnee" einen gewissen Witz und damit einen fantasievollen Überschuss auf, der ihr zu Unterscheidungskraft verhelfe.

9

Der Anmelder beantragt,

den angefochtenen Beschluss der Markenstelle für Klasse 39 vom 11. März 2010 aufzuheben.

II

Die gem. §§ 64 Abs. 6 S. 1, 66 Abs. 1 und 2 [X.] zulässige Beschwerde des Anmelders ist begründet, soweit die Markenstelle der angemeldeten Marke die Eintragung für die Dienstleistungen der [X.] "Werbung, insbesondere Planung von Werbestrategien, Verfassen von Werbetexten, Herstellung und Aktualisierung von Werbematerial (Anzeigen, Flyer, Plakate, Homepage), Durchführung von Werbeaktionen wie z. B. Verlosung von gesponserten Preisen Ausgabe von Werbegeschenken" versagt hat, im Übrigen jedoch unbegründet, denn für die in der Anmeldung aufgeführten Dienstleistungen der Klassen 39 und 41 fehlt der angemeldeten Marke, wie die Markenstelle zu Recht und mit zutreffender Begründung festgestellt hat, die Unterscheidungskraft, § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.].

Die für die Schutzfähigkeit erforderliche Unterscheidungskraft im Sinne dieser Vorschrift ist zu verneinen, sofern der Verkehr einer Bezeichnung im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnet ([X.], 850, 854, Rn. 19 - [X.]; [X.] GRUR 2004, 674, 678, Rn. 86 - Postkantoor). Darüber hinaus fehlt die Unterscheidungskraft auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, mit denen aber ein enger beschreibender Bezug zu dem betreffenden Produkt hergestellt wird ([X.], 850, 854, Rn. 17 - [X.]; [X.] - [X.]). Eine Bejahung der Unterscheidungskraft setzt unverändert voraus, dass das Zeichen geeignet sein muss, die beanspruchten Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen ([X.] GRUR 2010, 228, [X.]. 44 - [X.]). Diese Eignung weißt die angemeldete Marke für die mit der Anmelder beanspruchten Dienstleistungen der Klassen 39 und 41 nicht auf.

Die Wortfolge "Studenten im Schnee" bezeichnet mit ihrem Bestandteil "Studenten" die Zielgruppe und damit die Bestimmung der in der Anmeldung aufgeführten Reise- und Unterhaltungsdienstleistungen. Der weitere Bestandteil "Schnee" bezeichnet eine wesentliches Merkmal des Urlaubsorts, zu dem die angebotenen Reisen führen bzw. an dem die angebotenen Unterhaltungsveranstaltungen stattfinden, nämlich dass dort Schnee liegt. Auch die Verbindung dieser beiden, verschiedene Merkmale der angebotenen Dienstleistungen beschreibenden Substantiva durch das Wort "im" ist entgegen der Ansicht des Anmelders weder sprachlich inkorrekt noch in begrifflicher Hinsicht ungewöhnlich, sondern beschreibt in einer für den normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher ohne weiteres verständlichen Weise den Gegenstand der angebotenen Dienstleistungen der Klassen 39 und 41 dahingehend, dass es sich bei den offerierten Reisen und anderen Veranstaltungen um solche handelt, bei denen sich Studenten im Schnee aufhalten, um dort z. B. Wintersport zu betreiben und/oder dort in geselliger Runde zusammenzutreffen. Sämtliche beanspruchten Dienstleistungen der Klassen 39 und 41 können auf die besonderen Bedürfnisse von Studierenden zugeschnitten sein und zu Orten führen bzw. in Orten stattfinden, in denen zu bestimmten Jahreszeiten Schnee vorhanden ist.

Entgegen der Ansicht des Anmelders gewinnt die angemeldete Marke in Bezug auf die Dienstleistungen der Klassen 39 und 41 auch nicht dadurch an Fantasiegehalt oder Originalität, dass in ihr anstelle des Reiseziels "in den Schnee" die Ortsangabe "im Schnee" enthalten ist, denn auch im Rahmen des Angebots von Reisedienstleistungen ist es allgemein üblich, z. B. in Bezeichnungen wie "[X.]", "Ferien am Meer", "Sonne und Meer", den Urlaubsort oder das Zielgebiet der Reise und deren besondere Eigenschaften beschreibend herauszustellen.

Angesichts des dargestellten, in Bezug auf die Dienstleistungen der Klassen 39 und 41 ohne weiteres erkennbaren und deutlich im Vordergrund stehenden beschreibenden [X.] der angemeldeten Marke fehlt dieser, wie die Markenstelle insoweit zutreffend festgestellt hat, die Fähigkeit, diese Dienstleistungen ihrer betrieblichen Herkunft nach zu kennzeichnen und von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden und damit jegliche Unterscheidungskraft i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.].

Für die mit der Anmeldung weiterhin beanspruchten Dienstleistungen der [X.] kann der angemeldeten Marke hingegen entgegen der Ansicht der Markenstelle nicht jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden, weil es sich insoweit nicht um eine Angabe handelt, die ein Merkmal dieser Dienstleistungen beschreibt, und weil es der angemeldeten Marke zu diesen Dienstleistungen auch an einem engen sachlichen, beschreibenden Bezug fehlt. Die angemeldete Marke beschreibt weder unmittelbar die Art oder Beschaffenheit der beanspruchten [X.] noch ist sie für die Gruppe der Studenten im Schnee bestimmt. Sie bezeichnet auch sonst kein anderes Merkmal dieser Dienstleistungen in verkehrsüblicher oder sonst sofort erfassbarer Weise.

Wenn Dienstleistungen wie Werbung in den verschiedensten Bereichen erbracht werden können, ist es nicht ohne weiteres gerechtfertigt, jeder Benennung einer Person, Sache oder Leistung bereits deshalb die erforderliche Unterscheidungskraft abzusprechen, weil diese spezielle Person, Sache oder Leistung im Einzelfall Gegenstand einer Werbung sein könnte. Davon ist nur in Fällen auszugehen, in denen ein Begriff oder eine Wortfolge tatsächlich als themen- oder inhaltsbezogene Bezeichnung verwendet werden kann. Soweit dagegen Waren/Dienstleistungen branchen-üblicherweise nicht nach inhaltsbeschreibenden Angaben benannt werden, kann mit dieser Begründung nicht ohne weiteres die Unterscheidungskraft verneint werden. Dienstleistungen der Werbung sind in der Regel unabhängig von dem konkreten einzelnen Gegenstand oder einer bestimmten Person oder einem bestimmten Personenkreis, für den oder die geworben wird. [X.] Benennungen sind demnach nicht zwangsläufig als inhaltsbeschreibende Sachangaben aufzufassen, sondern können auch unterscheidungskräftig sein ([X.] GRUR 2009, 949, Nr. 24 f. - My World). Vor diesem Hintergrund kann auch der angemeldeten Wortfolge für die beanspruchten Dienstleistungen der [X.] nicht jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden, da sie weder ein Werbemedium, wie z. [X.], Funk, Fernsehen, noch ausschließlich eine Branche bezeichnet, für die [X.] bestimmt sein könnten, sondern darüber hinausgeht, indem sie einen Personenkreis in einem bestimmten Umfeld bezeichnet. Eine Beschreibung von [X.] mit solchen speziellen Angaben ist branchenunüblich und muss daher weder für die Mitbewerber des Anmelders freigehalten werden noch fehlt ihr jegliche Fähigkeit, als Marke für eine Werbeagentur oder ein anderes Unternehmen der Werbebranche zu dienen. Der Beschwerde des Anmelders war deshalb so weit stattzugeben.

Meta

26 W (pat) 527/10

07.03.2012

Bundespatentgericht 26. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 07.03.2012, Az. 26 W (pat) 527/10 (REWIS RS 2012, 8478)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 8478

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