Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.04.2008, Az. I ZB 46/05

I. Zivilsenat | REWIS RS 2008, 4666

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.] vom 3. April 2008 in der [X.] betreffend die [X.] Nr. 670 278 Nachschlagewerk: ja [X.] : nein [X.]R : ja

Käse in [X.] [X.]. 6quienquies Abschn. [X.]; [X.] § 8 Abs. 2 Nr. 2, § 107 Der Schutzerstreckung einer [X.], die aus der äußeren Form der Ware besteht, kann das Interesse der Allgemeinheit an der Freihaltung der bean-spruchten Form i.S. von Art. [X.]. [X.] [X.] entgegenste-hen, wenn die Form funktionsbedingt ist. Davon ist bei der äußeren Form eines Käses auszugehen, bei dem die Streifen und Rillen auf der Oberfläche beim Einfüllen und Pressen des Käses entstehen und bei dem die Einkerbungen [X.] sind.
[X.], [X.]. v. 3. April 2008 - [X.] - [X.] - 2 - Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat am 3. April 2008 durch [X.] [X.] und [X.], Dr. Bergmann und [X.] beschlossen: [X.] der Markeninhaberin gegen den an [X.] Statt am 4. April 2005 zugestellten [X.]uss des 28. Senats ([X.]) des [X.]s wird zurückgewiesen. Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 50.000 • festgesetzt. Gründe: [X.] Die Markeninhaberin begehrt für ihre [X.] Nr. 670 278 Schutz in der [X.]. Diese für die Waren "[X.], produits lai-tiers" registrierte Marke, die nachstehend in [X.] wiedergegeben ist, besteht aus einer dreidimensionalen Form, die an eine Blüte mit sechs [X.] - 3 - blättern erinnern soll und eine geriffelte Oberfläche mit weißen und orangefar-benen Streifen aufweist:

2 Die Markenstelle des [X.] hat der [X.] den Schutz für die Waren "[X.]" wegen Fehlens jeglicher Unter-scheidungskraft verweigert. Die Beschwerde der Markeninhaberin hat das [X.] zu-rückgewiesen ([X.]E 43, 153). 3 Auf die Rechtsbeschwerde der Markeninhaberin hat der Senat die [X.] Entscheidung aufgehoben und die Sache an das [X.] zurückverwiesen ([X.], [X.]. v. 4.12.2003 - [X.]/00, [X.], 329 = [X.], 492 - Käse in Blütenform). Er hat angenommen, dass der Marke der Schutz nicht nach Art. 5 Abs. 1 [X.] i.V. mit Art. [X.]. [X.] [X.] wegen Fehlens jeder Unterscheidungskraft zu versagen ist, sondern 4 - 4 - die [X.] den Anforderungen genügt, die an das Vorliegen von Unterschei-dungskraft zu stellen sind. 5 Das [X.] hat die Beschwerde der [X.] zurückgewiesen ([X.], [X.]. v. 4.4.2005 - 28 W(pat) 95/99, juris). Mit der (zugelassenen) Rechtsbeschwerde verfolgt die Markeninhaberin ihr Begehren auf Schutzerstreckung weiter. 6 I[X.] Das [X.] hat der [X.] erneut den Schutz für die [X.] versagt. Dazu hat es ausgeführt: 7 Die Marke verfüge über die abstrakte Markenfähigkeit nach § 3 Abs. 1 [X.]. Für einen Ausschluss der Schutzerstreckung nach § 3 Abs. 2 [X.] seien ausreichende tatsächliche Feststellungen nicht vorhanden. Zu-sätzlich sei nach § 8 Abs. 2 [X.] bzw. Art. [X.]. [X.] [X.] zu prüfen, ob die Marke über die konkrete Eignung verfüge, unterschei-dungskräftig zu wirken, und ob ein [X.] auszuschließen sei. 8 Auch wenn im Hinblick auf die Entscheidung des [X.] im ersten Rechtsbeschwerdeverfahren von einer hinreichenden Unterscheidungs-kraft auszugehen sei, stehe der [X.] der [X.] jedoch das Schutzhindernis des [X.]ses der Mitbewerber nach §§ 107, 113, 37 [X.] i.V. mit Art. 5 Abs. 1 [X.], Art. [X.]. [X.] [X.] entgegen, da die bloße Darstellung der Ware, in der sich hier die Marke erschöpfe, zwangsläufig das Produkt beschreibenden Charakter habe. [X.] könnten zwar nicht grundsätzlich vom Schutz ausgenommen wer-den. Das im Allgemeininteresse bestehende [X.] sei aber nicht 9 - 5 - erst im Falle unmittelbarer oder tatsächlicher Behinderungen tangiert, sondern bereits bei der potentiellen Beeinträchtigung wettbewerblicher Grundfreiheiten. 10 Die spezielle Gestaltung der Käserinde mit Streifen und Rillen sei [X.] bedingt; sie entstünden beim Einfüllen und Pressen der Käsemasse in bestimmte Formen und beim Reifeprozess. Die rötliche Färbung zeige den [X.] des Reifeprozesses. Auch die Warenform unterliege einem [X.]. Es handele sich um eine typische Kombination von Rund- und Tortenform, bei der zum Ausschneiden der "Tortenstücke" Einkerben gewählt worden seien, um eine möglichst gleichmäßige Portionierung zu ermöglichen. Diese Form falle nicht aus dem Rahmen verkehrsüblicher Formgestaltungen heraus. Bei Weichkäse seien nicht nur Rund- und Tortenformen marktüblich, sondern besonders häufig werde mit Portionierungshilfen gearbeitet. Markenschutz werde danach für eine typische Grundform in geringfügiger Abwandlung begehrt, die nicht so deutlich aus dem Rahmen des Verkehrsüblichen herausfalle, dass sie nicht allen Mitbe-werbern zur freien Verfügung stehen müsse. Ansonsten müssten die Mitbewer-ber bei der Herstellung und Vermarktung neuer Produkte umfangreiche [X.] durchführen. Für die in Rede stehenden Waren, die seit jeher in unterschiedlicher Größe, Konsistenz und Form angeboten würden, sei für die Mitbewerber unabdingbar, dass Planung und Herstellung solcher Produkte des täglichen Bedarfs auch in Zukunft frei von Markenrechten erfolgen könnten. Die Zuerkennung eines Markenschutzes würde zu beträchtlichen Unsicherheiten in der Beurteilung der Reichweite des Markenschutzes im Verletzungsverfahren und Einschränkungen bei der Herstellung führen und auch nicht im Interesse der Markeninhaber liegen, die zu ständigen Markenanmeldungen und Marktbe-obachtungen gezwungen würden. 11 - 6 - Ein Schutz für die beanspruchte Warenform komme nur bei einer Ver-kehrsdurchsetzung in Betracht, für die keine Anhaltspunkte bestünden. 12 13 II[X.] [X.] hat keinen Erfolg. Die Beurteilung des [X.], dass der Bewilligung des Schutzes der [X.] für Deutschland ein dem § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] entsprechendes Schutzhinder-nis nach Art. 5 Abs. 1 [X.], Art. [X.]. [X.] [X.] entge-gensteht, hält den Angriffen der Rechtsbeschwerde stand. 1. Mit der wirksamen Inanspruchnahme des "[X.], von der auch das [X.] ausgegangen ist, ist die Schutzerstreckung gemäß §§ 107, 113, 37 [X.] nach Art. 5 Abs. 1 [X.] i.V. mit Art. [X.]. [X.] [X.] zu prüfen. Dieser Prüfungsmaßstab stimmt mit dem der §§ 3, 8 Abs. 2 [X.] überein. Durch diese Bestimmungen des [X.] sind die Art. 2 und 3 der [X.] umgesetzt worden; die Vorschriften des Markengesetzes sind daher richtlinienkonform auszulegen. Andererseits ist es nach dem 12. Erwägungsgrund zur [X.] erforderlich, dass sich deren Vorschriften in vollständiger Übereinstimmung mit der [X.] befinden. Die Beurteilung nach den Vorschrif-ten des Markengesetzes führt daher zu keinem anderen Ergebnis als die [X.] nach Art. [X.]. B [X.] ([X.], [X.]. v. 17.11.2005 - [X.], [X.], 589 [X.]. 14 = [X.], 900 - Rasierer mit drei Scherköpfen; [X.]. v. [X.], [X.], 973 [X.]. 10 = [X.], 1459 - Rado-Uhr III). 14 2. Ohne Erfolg wendet sich die Rechtsbeschwerde gegen die Annahme des [X.]s, die Voraussetzungen des Schutzversagungsgrunds nach Art. 5 Abs. 1 [X.], Art. [X.]. [X.] [X.], § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] lägen vor. Der beantragten Schutzerstreckung steht ein über-15 - 7 - wiegendes Interesse der Allgemeinheit an der Freihaltung der beanspruchten Form der [X.] entgegen. 16 a) Nach der Vorschrift des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die zur Bezeichnung der Art oder Beschaffenheit der Waren dienen können. Da sich die [X.] darin erschöpft, die äußere Form der Ware - hier die Form eines Käses - wiederzugeben, handelt es sich um ein Zeichen, das Eigenschaften der beanspruchten Ware, und zwar deren äußere Gestaltung, beschreibt. Daran, dass derartige Gestaltungen frei ver-wendet werden können und nicht einem Unternehmen vorbehalten bleiben, be-steht grundsätzlich ein besonderes Interesse der Allgemeinheit ([X.], Urt. v. 8.4.2003 - [X.]/01-55/01, [X.]. 2003, [X.] = [X.], 514 [X.]. 73 = [X.], 627 - Linde, [X.]; Urt. v. 12.2.2004 - [X.]/01, [X.]. 2004, [X.] = [X.], 428 [X.]. 41 = [X.], 475 - [X.]), das ein Eintra-gungshindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] begründen kann. Denn die Freiheit der Gestaltung von Produkten darf nicht über Gebühr eingeschränkt werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass - wenn Formgestaltungen wie die vorliegende ohne weiteres als Marke eingetragen würden - nicht nur Lebensmit-telhersteller, sondern jedermann mit verhältnismäßig geringem Aufwand eine Vielzahl ähnlicher Gestaltungen zum Gegenstand von Markenanmeldungen machen könnte mit der Folge, dass diese Formgestaltungen zumindest inner-halb der Benutzungsschonfrist für die Wettbewerber verschlossen wären. [X.] würde sich eine erhebliche Einschränkung der Gestaltungsfreiheit erge-ben, weil sich neue Gestaltungen nicht nur von den Produkten der Wettbewer-ber, sondern auch von - möglicherweise unzähligen - Formgebungen absetzen müssten, denen Markenschutz zugebilligt wäre ([X.] 166, 65 [X.]. 21 - [X.]; [X.], [X.]. v. [X.], [X.], 71 [X.]. 28 = [X.], 107 - Fronthaube). - 8 - b) Das [X.] hat das Allgemeininteresse an der Freihal-tung der mit der Schutzerstreckung beanspruchten Warenform daraus abgelei-tet, dass die spezielle Gestaltung der Käserinde mit Streifen und Rillen auf der [X.] technisch bedingt sei. Diese Gestaltungsmerkmale ent-stünden beim Einfüllen und Pressen der Käsemasse in speziellen Formen und beim anschließenden Reifeprozess. Die Warenform unterscheide sich von marktüblichen Rund- und Tortenformen durch die Einkerbungen, die Portionie-rungshilfen seien und den Mitbewerbern zur freien Verfügung stehen müssten. Andere Hersteller verwendeten als Portionierungshilfen auf den Käselaib [X.] Etiketten, Folien mit Markierungen oder eine Warenform mit Ecken oder Einkerbungen. Diese im Wesentlichen auf tatrichterlichem Gebiet liegenden Feststellungen des [X.]s sind aus Rechtsgründen nicht zu [X.]. 17 c) Gegen die Annahme des [X.]s, die Streifen und Rillen der Käseoberfläche und ihre teilweise rötliche Färbung seien funktionsbedingt und deshalb freihaltebedürftig, erinnert die Rechtsbeschwerde nichts. [X.] sind insoweit auch nicht ersichtlich. 18 Ohne Erfolg beruft sich die Rechtsbeschwerde gegenüber der Annahme des [X.]s, die Warenform sei freizuhalten, darauf, durch die erste Senatsentscheidung sei entschieden, dass die beanspruchte Warenform aufgrund der Einkerbungen über eine konkrete Unterscheidungskraft begrün-dende Eigentümlichkeit verfüge und die Einkerbungen nicht funktionsbedingt für die Ware "Käse" seien. 19 [X.] nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 [X.] stehen selbständig nebeneinander und sind gesondert zu prüfen, auch wenn sich ihre Anwendungsbereiche häufig überschneiden (zu Art. 3 Abs. 1 [X.]: [X.] 20 - 9 - [X.], 514 [X.]. 67 - Linde, [X.]; Urt. v. 12.2.2004 - [X.]/99, [X.]. 2004, [X.] = [X.], 674 [X.]. 67 - Postkantoor). So ist der Umstand, dass eine Marke, die im geschäftlichen Verkehr gewöhnlich für die Präsentation der betreffenden Waren oder Dienstleistungen verwendet wer-den kann, nicht eintragungsfähig ist, im Rahmen des Schutzhindernisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 und nicht bei der Prüfung des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] zu be-rücksichtigen (vgl. zu Art. 7 Abs. 1 lit. b und c GMV [X.], Urt. v. 12.1.2006 - [X.]/04 P, [X.]. 2006, [X.] = [X.], 233 [X.]. 63 - Standbeutel). Vorliegend hat das [X.] anhand verschieden gestalteter Warenformen und auf den Produkten angebrachter Markierungen rechtsfehler-frei festgestellt, dass bei der Ware "Käse" auf unterschiedliche Art und Weise Portionierungshilfen zur Anwendung kommen und eine Art dieser Portionie-rungshilfen in den von verschiedenen Herstellern verwandten Einkerbungen besteht. Das [X.] hätte in diesem Zusammenhang noch darauf abstellen können, dass dem Verkehr in der Werbung der Käse der Markeninha-berin in Abbildungen präsentiert wird, bei denen entlang der Einkerbungen ein Käsestück herausgeschnitten worden ist. Auch unabhängig von dieser Präsen-tation in der Werbung für das Produkt der Markeninhaberin beruht die Beurtei-lung des [X.]s entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde auf nachprüfbaren Feststellungen. Das [X.] hat für die von ihm festgestellten Portionierungshilfen jeweils [X.] angeführt. Diese tragen für sich die Annahme des [X.]s in dem angefoch-tenen [X.]uss, die beanspruchte Warenform mit Einkerbungen sei für die Mitbewerber nach Art. 5 Abs. 1 [X.] i.V. mit Art. [X.]. [X.] [X.] von der Schutzerstreckung auf die [X.] aus-geschlossen. 21 - 10 - Auf die übrigen von der Rechtsbeschwerde vorgebrachten Angriffe gegen die weiteren Ausführungen des [X.]s in der angefochtenen Entscheidung kommt es danach nicht an. Etwas anderes ergibt sich schließlich auch nicht daraus, dass nach dem Vortrag der Markeninhaberin einem Antrag auf Schutzerstreckung der Marke in anderen Mitgliedstaaten der [X.] entsprochen worden ist (vgl. [X.] [X.], 428 [X.]. 63 - [X.]). 22 [X.] Pokrant Büscher
Bergmann Koch Vorinstanz: [X.], Entscheidung vom 04.04.2005 - 28 W(pat) 95/99 -

Meta

I ZB 46/05

03.04.2008

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.04.2008, Az. I ZB 46/05 (REWIS RS 2008, 4666)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 4666

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.