Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.11.2000, Az. I ZB 44/98

I. Zivilsenat | REWIS RS 2000, 659

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[X.] ZB 44/98Verkündet am:14. Dezember 2000FühringerJustizangestellteals Urkundsbeamtinder Geschäftsstellein der [X.] die [X.] Nr. 640 854- 2 -Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] vom 2. November 2000 durch [X.] und [X.] v. Ungern-Sternberg, [X.], [X.] undDr. [X.]:Auf die Rechtsbeschwerde der Markeninhaberin wird der [X.] 29. Senats ([X.]) des [X.] vom 13. Mai 1998 aufgehoben.Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidungan das [X.] zurückverwiesen.Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 50.000 [X.] 3 -Gründe:[X.] Die Markeninhaberin begehrt für ihre nachstehend abgebildete dreidi-mensionale [X.] Nr. 640 854 Schutz in der [X.] die Waren"[X.]" (Armbanduhren):Die zuständige Markenstelle des [X.] hat der [X.] wegen fehlender Unterscheidungskraft und wegen Vorliegens eines Frei-haltebedürfnisses den Schutz verweigert.Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Markeninhaberin ist erfolglosgeblieben.Mit der (zugelassenen) Rechtsbeschwerde verfolgt die Markeninhaberinihr [X.] 4 -I[X.] Das [X.] hat das Schutzhindernis gemäß § 8 Abs. 2Nr. 1 i.V. mit §§ 107, 113, 37 [X.] für gegeben erachtet und dazu ausge-führt:Es sei davon auszugehen, daß Gegenstand des Schutzerstreckungsge-suchs die konkrete dreidimensionale Form eines Uhrgehäuses ohne Zifferblattund Zeiger, jedoch mit Befestigungsvorrichtungen für das Armband sei undnicht eine Art Blanko-Schutz für einzelne Merkmale der Warenform von Uhrenbeansprucht werde, die ansonsten unterschiedlich gestaltet seien.Bei diesem Verständnis des Schutzerstreckungsgesuchs bestünden [X.] Bedenken gegen die abstrakte Unterscheidungskraft der [X.] nach § 3Abs. 1 [X.]. Ein [X.] nach § 3 Abs. 2 [X.] seiebenfalls nicht ersichtlich.Die [X.] sei jedoch wegen fehlender Unterscheidungskraft nach § 8Abs. 2 Nr. 1 [X.] schutzunfähig. Der dreidimensionalen Darstellung [X.] ohne Zifferblatt und Zeiger mit vier Befestigungselementen fürdas Armband, die in der Markendarstellung nur einseitig sichtbar seien, fehle inder konkreten Ausgestaltung die notwendige Unterscheidungskraft.Die Schutzfähigkeit könne nur durch eine auf die Herkunft hinweisendeoriginelle Gestaltung begründet werden, durch die das an der "Grundform" derWare bestehende [X.] und ihr Mangel an Unterscheidungskraftüberwunden werden könne. Bei der Begründung der Originalität der Ware oderihrer Teile müsse ein eher strenger Maßstab angelegt werden, weil die [X.] ihre Teile das wichtigste Mittel zu ihrer Beschreibung selbst seien und ihre- 5 -Monopolisierung die Gefahr einer Behinderung der Wettbewerber in der Ge-staltung ihrer Produkte mit sich bringe und ein [X.] zumindestnaheliegend sei. Dabei hänge der Grad der für eine Markeneintragung erfor-derlichen Originalität auch von den besonderen Verhältnissen auf dem [X.] ab.Auf dem Markt für Armbanduhren sei eine außerordentliche Vielfalt [X.] und Gestaltungen gebräuchlich. Dieses [X.] müsse [X.] ganz besonderem Maße von einem die Gestaltungsfreiheit über Gebühr ein-schränkenden Markenschutz freigehalten werden, damit es den [X.] noch möglich sei, den vorhandenen Formenschatz in beliebigen neuenKombinationen auszuschöpfen. Die vorliegende [X.] zeige überwiegendgängige oder in ähnlicher Form belegte Gestaltungselemente.Die Berufung der Markeninhaberin auf den "[X.]" gemäßArt. [X.] [X.] führe zu keinem anderen Ergebnis. Die [X.] des § 8 Abs. 2 [X.] richteten sich nach den Grenzen desArt. [X.] [X.].II[X.] Die zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache Erfolg.Die Beurteilung des [X.]s, die [X.] sei nicht unter-scheidungskräftig, hält auf der Grundlage der bisher vom [X.]getroffenen Feststellungen der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.Mit der wirksamen Inanspruchnahme des "[X.]es", vonder auch das [X.] ausgegangen ist, ist die Schutzerstreckunggemäß §§ 107, 113, 37 [X.] nach Art. 5 Abs. 1 [X.] i.V. mit Art. [X.]- 6 -Abschn. [X.] [X.] zu prüfen ([X.]Z 130, 187, 192 - Füllkörper; [X.],[X.]. v. 25.3.1999 - [X.], [X.], 728, 729 = [X.], 858- [X.]; [X.]/[X.], [X.], § 113 [X.]. 1). Der gegen eineunmittelbare Heranziehung von Art. 5 Abs. 1 [X.] i.V. mit Art. [X.]Abschn. [X.] [X.] gerichteten Kritik im Schrifttum (vgl. [X.], Markenrecht,2. Aufl., § 113 [X.]. 1; [X.]/[X.]/[X.], [X.], 6. Aufl., § 113[X.]. 4), das die Rechtsgrundlagen einer Schutzausschließung in §§ 3, 8[X.] sieht, braucht nicht nachgegangen zu werden. Die Vorschriften der§§ 3, 8 Abs. 2 [X.], durch die Art. 2 und Art. 3 der [X.] umgesetztworden sind, halten sich in den Grenzen des Art. [X.] Abschn. B [X.]. Denndiese Bestimmungen des [X.]es sind richtlinienkonform auszulegenund nach dem 12. Erwägungsgrund zur [X.] ist es [X.], daß sich diese in vollständiger Übereinstimmung mit der [X.] befindet. Im Ergebnis führt die Beurteilung nach den Vor-schriften des [X.]es daher, wie das [X.] zu [X.] hat, zu keinem anderen Ergebnis als die Prüfung nach Art. [X.]Abschn. B [X.] (vgl. [X.] aaO § 113 [X.]. 1; [X.]/[X.]/[X.] aaO§ 113 [X.]. 4).Nach Art. 5 Abs. 1 [X.] i.V. mit Art. [X.] Abschn. [X.] [X.] kannMarken der Schutz verweigert werden, die jeder Unterscheidungskraft entbeh-ren.1. Zu Recht ist das [X.] davon ausgegangen, daß die[X.] die allgemeinen Anforderungen an die Markenfähigkeit erfüllt, d.h.,daß sie abstrakt unterscheidungskräftig i.S. von § 3 Abs. 1 [X.] ist (vgl. fürdie [X.] [X.]Z 140, 193, 197 - Farbmarke gelb/schwarz; füreine Warenverpackung [X.], [X.]. v. 13.4.2000 - I ZB 6/98, [X.] 7 -1290, 1291 - [X.]; [X.]. v. 23.11.2000 - [X.], [X.]. [X.] f.- Gabelstapler; [X.] aaO § 3 [X.]. 203; [X.]/[X.] aaO § 3 [X.]. 16; Kur,Festschrift 100 Jahre Markenamt, [X.], 183; [X.], [X.], 1041).Zutreffend hat das [X.] auch ein Schutzhindernis nach § 3Abs. 2 [X.] verneint. Diese für sie günstige Beurteilung greift die Rechts-beschwerde nicht [X.] Das [X.] hat die angemeldete Marke für nicht ([X.]) unterscheidungskräftig i.S. von § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] gehalten.a) Unterscheidungskraft im Sinne der in Frage stehenden Vorschrift istdie einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unter-scheidungsmittel für die von der Marke erfaßten Waren oder [X.] gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zuwerden (vgl. [X.], [X.]. v. 8.12.1999 - [X.], [X.], 502, 503 =[X.], 520 - [X.]; [X.]. v. 10.2.2000 - I ZB 37/97, [X.],720, 721 = [X.], 739 - Unter Uns). Denn Hauptfunktion der Marke ist es,die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zugewährleisten (vgl. [X.], [X.]. v. 29.9.1998 - Rs. [X.] 39/97, Slg. 1998, [X.] =[X.] 1998, 922, 924 [X.]. 28 - [X.]anon; [X.], [X.]. v. 8.10.1998 - I ZB 35/95,[X.], 245, 246 = [X.], 196 - [X.]; [X.]. v. 17.2.2000- I ZB 33/97, [X.], 882 = [X.], 1140 - Bücher für eine bessereWelt). Dabei ist grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen,d.h. jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um [X.] zu überwinden.aa) Das [X.] hat in der angefochtenen [X.] in weiteren Entscheidungen ([X.]E 39, 219, 223 = [X.] [X.],- 8 -56 - Taschenlampen; [X.] [X.] 1998, 706, 709 und 710 - Montre I und II)an die Unterscheidungskraft der dreidimensionalen Marke, die die Form derWare oder eines Teils davon darstellt, einen strengeren Prüfungsmaßstab an-gelegt, als bei anderen Markenformen. Dies entspricht auch der Entschei-dungspraxis der Beschwerdekammern des [X.] für den [X.] zu der Art. 3 Abs. 1 lit. b [X.] wörtlich entsprechenden Vor-schrift des Art. 7 Abs. 1 lit. [X.] (Entscheidung v. 21.9.1999 - [X.]/1999-3,[X.] Int. 2000, 360 - [X.] [rund, rot/weiß]; Entscheidung v. 28.10.1999- [X.]/1999-3, [X.] Int. 2000, 363 - Strahlregler).bb) Der [X.] sieht dagegen keinen Anlaß, bei [X.], die die Form der Ware selbst oder eines Teils davon [X.], gegenüber herkömmlichen Markenformen strengere Anforderungen andie Unterscheidungskraft i.S. von § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] zu stellen (vgl. nä-her [X.], [X.]. v. 23.11.2000 - [X.], [X.]. S. 11 f. - Gabelstapler;[X.]. v. 23.11.2000 - [X.], [X.]. S. 11 f. - Stabtaschenlampen;[X.]. v. 23.11.2000 - [X.], [X.]. [X.]; vgl. hierzu auchEichmann, [X.] 1995, 184, 188; [X.]. [X.], S. 125, 162; Kie-the/[X.], [X.], 541, 546; [X.]/[X.]/[X.] aaO § 8[X.]. 38; [X.], [X.] der dreidimensionalen Marke nach dem [X.], [X.]; gegen einen unterschiedlichen Prüfungsmaßstab vgl. [X.]ourt [X.], [X.]. [X.], [X.] Int. 2000, 444 - [X.] NV v. Re-mington [X.]onsumer Products Ltd.). Wie bei jeder anderen Markenform, sollteauch bei der dreidimensionalen, die Ware selbst darstellenden Formmarke al-lein maßgebend sein, daß der angesprochene Verkehr - aus welchen Gründenauch immer - in dem angemeldeten Zeichen einen Herkunftshinweis erblickt.Der Senat hat deshalb die Frage nach den Anforderungen an die [X.] zur [X.] -scheidung vorgelegt (vgl. [X.], [X.]. v. 23.11.2000 - [X.]- Gabelstapler; [X.]. v. 23.11.2000 - [X.] - Stabtaschenlampen;[X.]. v. 23.11.2000 - [X.] - Rado-Uhr).b) Im vorliegenden Fall hat der Senat von einer Vorlage an den Ge-richtshof der Europäischen Gemeinschaften abgesehen, da es sinnvoll [X.], zunächst weitere tatrichterliche Feststellungen zu der Frage zu treffen,ob die Unterscheidungskraft vorliegend auf der Grundlage der vom Senat fürgeboten erachteten geringeren Anforderungen - wie sie in den [X.] zum Ausdruck kommen - überhaupt zu bejahen wäre (vgl.[X.], [X.]. v. 3.2.1994 - I ZR 282/91, [X.] 1994, 519, 521 = [X.], 533- Grand [X.]; [X.]. v. 11.5.1995 - [X.], [X.] 1995, 808, 809 - P3-plastoclin; [X.]. v. 20.10.1999 - [X.], [X.], 727, 729 = [X.],628 - Lorch Premium). Die Sache war daher zur erneuten Verhandlung [X.] an das [X.] zurückzuverweisen.Das [X.] wird bei der erneuten Prüfung zu entscheidenhaben, ob nicht auch bei Anlegung eines großzügigen Maßstabes und unge-achtet der zum [X.] angestellten Erwägungen der [X.] we-gen fehlender Unterscheidungskraft der Schutz zu versagen ist. Dabei wird das[X.] auf die besonderen Verhältnisse auf dem in Rede ste-henden [X.] abzustellen haben, wie es dies bereits bei der Prüfungunter Zugrundelegung der strengen Anforderungen an die [X.] in der angefochtenen Entscheidung getan hat. Denn der Vergleich dertatsächlich vorhandenen Gestaltungsformen läßt einen Schluß darauf zu, obder Verkehr der Marke einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft beilegt (vgl.für eine Bildmarke: [X.], [X.]. v. 10.4.1997 - [X.], [X.] 1997, 527,529 = WRP 1997, 755 - [X.]; zu einer dreidimensionalen Marke vgl. [X.]- 10 -[X.], 1290, 1292 f. - [X.]). Das [X.] hat [X.], daß sich die nach Darstellung der Markeninhaberin charakteristischenElemente der [X.], die in den jeweils vier Befestigungselementen für [X.] und in der geschwungenen Gehäuseform bestehen, in identischeroder jedenfalls angenäherter Form auch bei anderen Uhren finden. Nicht ent-scheidend ist in diesem Zusammenhang, daß das [X.] eineKombination aller Gestaltungselemente der [X.] bei anderen Uhren [X.] hat. Zwar nimmt der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen inaller Regel so auf, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Be-trachtungsweise zu unterziehen (vgl. [X.], [X.]. v. 8.12.1999 - [X.]/97,[X.], 323, 324 = [X.], 300 - Partner with the Best; [X.]. [X.] - [X.], [X.]. [X.] - RATIONAL SOFTWARE [X.]ORPORA-TION). Auf dem Sektor der Armbanduhren, auf dem der Verkehr nach den nichtzu beanstandenden Feststellungen des [X.]s eine nahezuunübersehbare Vielfalt von Gestaltungen kennt, vermag die beliebige Kombi-nation üblicher Gestaltungselemente, so wie sie sich aufgrund der Eintragungder Marke darstellt, jedoch in ihrer Gesamtheit für den Verkehr in der Regelkeinen Hinweis auf die betriebliche Herkunft zu begründen.Sollte das [X.] daher bei der erneuten Prüfung zu [X.] kommen, daß die [X.] auch bei Anlegung eines [X.] die Anforderungen an die Unterscheidungskraft nicht erfüllt, ist eine- 11 -Schutzverweigerung nach Art. 5 Abs. 1 [X.] i.V. mit Art. [X.] Abschn. [X.]. 2 [X.] geboten, ohne daß es auf die in den [X.] zu dreidimensionalen Formmarken dem Gerichtshof der Europäi-schen Gemeinschaften vorgelegten Fragen ankommt.[X.]. Ungern-Sternberg[X.][X.]Büscher

Meta

I ZB 44/98

02.11.2000

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.11.2000, Az. I ZB 44/98 (REWIS RS 2000, 659)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2000, 659

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