Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.11.2000, Az. I ZB 15/98

I. Zivilsenat | REWIS RS 2000, 407

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[X.] ZB 15/98Verkündet am:23. November 2000FühringerJustizangestellteals Urkundsbeamtinder Geschäftsstellein der [X.] die Markenanmeldung Nr. 395 52 135.1Nachschlagewerk: ja[X.]Z : [X.]: jaGabelstaplerErste Richtlinie 89/104/[X.] des Rates vom 21. Dezember 1988 zur [X.] der Mitgliedst[X.]ten über die Marken ([X.]-[X.]) Art. 3 Abs. 1 [X.]. b, c, e, Abs. 3;[X.] § 3 Abs. 1 und Abs. 2, § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2Dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften werden zur Auslegungvon Art. 3 Abs. 1 [X.]. b, c und e der [X.]/[X.] 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitglied-st[X.]ten über die Marken ([X.]. [X.] Nr. L 40 vom 11.2.1989, S. 1) folgende Fra-gen zur Vorabentscheidung [X.] -1.Ist bei der Feststellung der Unterscheidungskraft im Sinne von Art. 3 Abs. 1[X.]. b der genannten Richtlinie bei dreidimensionalen Marken, die die [X.] Ware darstellen, ein strengerer Maßstab an die [X.] als bei anderen Markenformen?2.Besitzt Art. 3 Abs. 1 [X.]. c neben Art. 3 Abs. 1 [X.]. e der Richtlinie für dreidi-mensionale Marken, die die Form der Ware darstellen, eine eigenständigeBedeutung? Ist [X.] bei der Prüfung von Art. 3 Abs. 1 [X.]. c- andernfalls bei [X.]. e - das Interesse des Verkehrs an der Freihaltung derProduktform dergestalt zu berücksichtigen, daß eine Eintragung jedenfallsgrundsätzlich ausgeschlossen ist und in der Regel nur bei Marken in [X.] kommt, die die Voraussetzungen des Art. 3 Abs. 3 Satz 1 der Richtli-nie erfüllen?[X.], [X.]. v. 23. November 2000 - [X.] - [X.]- 3 -Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] vom 6. Juli 2000 durch [X.] Dr. Erdmannund die Richter [X.], Prof. [X.], Pokrant und [X.]:[X.] Verfahren wird ausgesetzt.[X.] Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften werdenzur Auslegung von Art. 3 Abs. 1 [X.]. b, c und e der [X.] des [X.]/[X.] vom 21. Dezember 1988 zur An-gleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedst[X.]ten über [X.] ([X.]. [X.] Nr. L 40 vom 11.2.1989, S. 1) folgende Fra-gen zur Vorabentscheidung vorgelegt:1.Ist bei der Feststellung der Unterscheidungskraft im [X.] Art. 3 Abs. 1 [X.]. b der genannten [X.], die die Form der Ware darstellen, einstrengerer Maßstab an die Unterscheidungskraft anzulegenals bei anderen Markenformen?2.Besitzt Art. 3 Abs. 1 [X.]. c neben Art. 3 Abs. 1 [X.]. e der Richt-linie für dreidimensionale Marken, die die Form der Waredarstellen, eine eigenständige Bedeutung? Ist [X.] bei der Prüfung von Art. 3 Abs. 1 [X.]. c - andernfalls bei[X.]. e - das Interesse des Verkehrs an der Freihaltung derProduktform dergestalt zu berücksichtigen, daß eine Eintra-- 4 -gung jedenfalls grundsätzlich ausgeschlossen ist und in [X.] nur bei Marken in Betracht kommt, die die Vorausset-zungen des Art. 3 Abs. 3 Satz 1 der Richtlinie [X.]:[X.] Die Anmelderin begehrt mit ihrer am 21. Dezember 1995 eingereichtenAnmeldung die Eintragung des nachfolgend abgebildeten Fahrzeugs als drei-dimensionale Marke für die Waren "motorgetriebene Flurförderzeuge und son-stige fahrbare Arbeitsmaschinen mit Fahrerkabine, insbesondere [X.] 6 -Die zuständige Markenstelle des [X.] hat die Anmel-dung wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen.Die Beschwerde der Anmelderin ist erfolglos geblieben.Mit der (zugelassenen) Rechtsbeschwerde verfolgt die Anmelderin [X.] weiter.I[X.] Das [X.] hat die angemeldete Marke aufgrund [X.] des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] als von der Eintragung aus-geschlossen angesehen und zur Begründung ausgeführt:Es könne dahingestellt bleiben, ob das angemeldete Zeichen, das sichin der naturalistischen Darstellung der beanspruchten Waren aus unterschied-licher Perspektive erschöpfe, als dreidimensionales Gebilde markenfähig imSinne von § 3 [X.] sei oder ob nicht ein Fall des § 3 Abs. 2 [X.] vor-liege.Der angemeldeten Marke fehle jedenfalls jegliche [X.] § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.]. Die Beurteilung der Unterscheidungskraft imvorliegenden Fall erfordere wie bei allen anderen markenfähigen Darstellungendie Feststellung von Tatsachen, ob und inwieweit der Verkehr diesen in bezugauf die konkret beanspruchten Waren einen Hinweis auf die betriebliche Her-kunft der Waren beimesse. Dies sei vorliegend nicht der Fall. Der Verkehr [X.] einer solchen Darstellung der Ware nur diese selbst und messe ihr keinekennzeichnende Funktion zu, solange sich diese in dem ihm geläufigen ver-kehrsüblichen Rahmen bewege. Die Formgebung der Ware gehe nicht übermodernes Industriedesign hinaus. Sie hebe sich in ihren nichttechnischen [X.] 7 -staltungselementen nicht von üblichen Gestaltungen so weit ab, daß der [X.] nicht nur eine beliebige Variation bekannter Formen sehe, sondern [X.] eines Unternehmens. Gerade im [X.] - auch bei [X.] - sei die Hinwendung zu Softline-Produkten seit Jahren Standard,so daß eine solche Formgebung von Hause aus dem Verkehr keinen Hinweisauf einen bestimmten Hersteller gebe. Die angemeldete Marke weiche zu we-nig von den üblichen Formen ab. Sie weise keinen phantasievollen Überschußauf. Der Verkehr messe ihr nicht die Bedeutung eines Hinweises auf die be-triebliche Herkunft bei.[X.][X.] [X.] hängt von der Auslegung desArt. 3 Abs. 1 [X.]. b, c und e [X.] ab. Vor der Entscheidung über [X.] ist deshalb das Verfahren auszusetzen und gemäß Art. 234 Abs. 1[X.]. b und Abs. 3 [X.] eine Vorabentscheidung zu den im [X.]ußtenor gestell-ten Fragen einzuholen.1. Der Senat geht davon aus, daß die vom [X.] offen-gelassene Frage, ob der angemeldeten Marke [X.] nach der [X.] mit Art. 2 der [X.] übereinstimmenden Vorschrift des § 3 Abs. 1[X.] zukommt, zu bejahen ist.Nach dieser Regelung können Marken alle Zeichen sein, die geeignetsind, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen [X.] Unternehmen zu unterscheiden. Nach dem Wortlaut des Art. 2 [X.]und des § 3 Abs. 1 [X.] gehört dazu auch die Form der Ware. Erforderlichist, daß die angemeldete Marke die allgemeinen Anforderungen an die [X.] erfüllt, d.h. sie muß abstrakt zur Kennzeichnung von Waren oderDienstleistungen geeignet sein (vgl. für die konturlose Farbmarke [X.]Z 140,- 8 -193, 197 - Farbmarke gelb/schwarz; für eine Warenverpackung [X.], [X.].v. 13.4.2000 - [X.], [X.], 1290, 1291 - [X.]; Fezer, Marken-recht, 2. Aufl., § 3 Rdn. 203; [X.]/[X.], [X.], § 3 Rdn. 16; Kur,Festschrift [X.], [X.], 183; [X.], [X.], 1041),während das Erfordernis der konkreten Unterscheidungskraft, bezogen auf dieangemeldeten Waren oder Dienstleistungen aus Art. 3 Abs. 1 [X.]. b [X.]folgt (umgesetzt durch § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.]). Ein Zeichen, das die [X.] an die allgemeine [X.] nach Art. 2 i.V. mit Art. 3 Abs. 1[X.]. a [X.] nicht erfüllt, kann diesen Mangel - an[X.] als ein Zeichen, demlediglich die konkrete Unterscheidungskraft nach Art. 3 Abs. 1 [X.]. b [X.]fehlt - auch nicht infolge Benutzung gemäß Art. 3 Abs. 3 [X.] überwin-den.Nach Ansicht des Senats darf eine Marke, um markenfähig im Sinne vonArt. 2 [X.] (§ 3 Abs. 1 [X.]) zu sein, kein funktionell notwendigerBestandteil der Ware sein. Sie muß über die technisch bedingte Grundformhinausreichende nichttechnische Elemente aufweisen, die zwar nicht physisch,aber doch gedanklich von der Ware abstrahierbar sind und die [X.] erfüllen können (vgl. Fezer, Festschrift für [X.],[X.], 531 f.; [X.]/[X.] [X.]O § 3 Rdn. 6). In diesem Sinne muß die [X.] sein. Für dreidimensionale Markenformen ergibt sich der Grund-satz der Selbständigkeit der Marke von der Ware auch aus der [X.]. 3 Abs. 1 [X.]. e 1. und 2. Spiegelstrich [X.] (vgl. Fezer, Festschriftfür [X.], [X.], 526; [X.]., Markenrecht, 2. Aufl., § 3 Rdn. 227).Im vorliegenden Fall sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, die es [X.] könnten, der angemeldeten Formmarke die abstrakte Unterschei-dungseignung nach Art. 2 [X.] (§ 3 Abs. 1 [X.]) abzusprechen. [X.] 9 -sich aus den nachfolgenden Ausführungen unter [X.][X.] 2. ergibt, ist die Markeauch selbständig in dem genannten Sinne.2. Der Senat möchte auch den [X.] nach Art. 3 Abs. 1 [X.]. e[X.] (= § 3 Abs. 2 [X.]) verneinen. Diesem [X.] diejenigen Zeichen, die ausschließlich aus einer Form bestehen, diedurch die Art der Ware selbst bedingt ist oder die zur Herstellung einer techni-schen Wirkung erforderlich ist oder die der Ware einen wesentlichen Wertverleiht.Die angemeldete Marke weist über die technisch bedingten Gattungs-merkmale der Grundform eines Gabelstaplers hinaus eine Reihe von [X.] auf, die weder ausschließlich durch die Art der Ware selbstbedingt noch ausschließlich technisch oder wertbedingt sind. Zu nennen sindetwa der - ein abgerundetes Fünfeck darstellende - Fahrerkabinenrahmen, diedurchweg abgerundeten Kantenlinien und das rundlich ausgeprägte Heck.3. Danach kommt es für die Entscheidung über die Eintragung der [X.] Marke darauf an, ob ihr jede Unterscheidungskraft im Sinne vonArt. 3 Abs. 1 [X.]. b [X.] (= § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.]) fehlt oder ob einEintragungshindernis nach Art. 3 Abs. 1 [X.]. c [X.] (= § 8 Abs. 2 Nr. 2[X.]) besteht.a) Nach der Rechtsprechung des [X.] ist Unterschei-dungskraft im Sinne dieser Regelung die einer Marke innewohnende (konkrete)Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfaß-ten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen [X.] Unternehmen aufgefaßt zu werden, wobei grundsätzlich von einem groß-- 10 -zügigen Maßstab auszugehen ist, so daß jede auch noch so geringe [X.] ausreicht, um das Schutzhindernis zu überwinden (vgl. [X.],[X.]. v. 8.12.1999 - [X.], [X.], 502, 503 = [X.], [X.]; [X.]. v. 10.2.2000 - I ZB 37/97, [X.], 720, 721 =[X.], 739 - Unter Uns).[X.]) Bei zweidimensionalen Marken, die sich in der bloßen Abbildung [X.] erschöpfen, für die der Schutz in Anspruch genommen wird, geht [X.] auch bei Anlegung des beschriebenen großzügigen [X.] davon aus, daß ihnen im allgemeinen die nach Art. 3 Abs. 1[X.]. b [X.] (= § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.]) erforderliche (konkrete) [X.] fehlen wird. Die naturgetreue Wiedergabe des im Warenver-zeichnis genannten Erzeugnisses ist häufig nicht geeignet, die Ware ihrer Her-kunft nach zu individualisieren (vgl. [X.], [X.]. v. 5.11.1998 - [X.]/96,[X.], 495 = [X.], 526 - Etiketten). Soweit die zeichnerischenElemente einer angemeldeten Marke lediglich die typischen Merkmale der [X.] stehenden Waren darstellen und keine über die technische [X.] hinausgehenden Elemente aufweisen, ist das Zeichen im allgemei-nen wegen der bloß beschreibenden Angabe ebensowenig geeignet, die ge-kennzeichneten Waren von denjenigen anderer Herkunft zu unterscheiden, wieeinfachste geometrische Formen oder sonstige einfache graphische [X.], die in der Werbung oder aber auch auf Warenverpackungenoder in sonst üblicher bloß ornamentaler, schmückender Form verwendet wer-den (vgl. [X.] [X.], 495 - Etiketten; [X.], 502, 503 - [X.]; [X.], 1290, 1292 - [X.]). An[X.] liegt der Fall, wenn sichdie Bildmarke nicht in der Darstellung von Merkmalen erschöpft, die für die [X.] typisch oder zur Erreichung einer technischen Wirkung erforderlichsind, sondern darüber hinausgehende charakteristische Elemente aufweist. In- 11 -diesen Merkmalen wird der Verkehr häufig einen Hinweis auf die betrieblicheHerkunft sehen.Diese zur Frage der konkreten Unterscheidungseignung bei Bildmarkenentwickelten Grundsätze sind nach der bisherigen Rechtsprechung des [X.] in der Regel auch auf dreidimensionale Marken zu übertra-gen, die in der Form der Verpackung bestehen (vgl. [X.] [X.], 1290,1292 - [X.]).bb) Bei dreidimensionalen Marken, die die Form der Ware darstellen,werden in der Rechtsprechung des [X.]s zu der Art. 3 Abs. 1[X.]. b [X.] entsprechenden Bestimmung des [X.]es ([X.], 219, 223 = [X.], 56 - Taschenlampen; [X.], 706,709 und 710 - Montre I und [X.]) und in der Entscheidungspraxis der Beschwer-dekammern des Harmonisierungsamtes für den Binnenmarkt zu der Art. 3Abs. 1 [X.]. b [X.] wörtlich entsprechenden Vorschrift des Art. 7 Abs. 1[X.]. [X.] (Entscheidung v. 21.9.1999 - [X.]/1999-3, [X.]. 2000, 360- [X.] [rund, rot/weiß]; Entscheidung v. 28.10.1999 - [X.]/1999-3, [X.].2000, 363 - Strahlregler) strengere Anforderungen an die Unterscheidungskraftgestellt als bei anderen Marken. Zur Begründung dieser höheren Anforderun-gen an die Unterscheidungskraft stellt das [X.] auf ein nahe-liegendes Freihaltebedürfnis (vgl. [X.], 706, 709, 710 - Montre Iund [X.]) und auf die Wesensverschiedenheit zwischen dem der [X.] dienenden Markenrecht auf der einen und den den Schutz von [X.] eröffnenden Schutzrechten, insbesondere dem [X.], auf der anderen Seite ab (vgl. [X.] 39, 219, 223 = [X.], 56- Taschenlampen). Mit ähnlicher Begründung wird auch von der Dritten Be-schwerdekammer des Harmonisierungsamtes für den Binnenmarkt ein strenger- 12 -Prüfungsmaßstab angelegt und eine hinreichend eigenartige und einprägsameAusgestaltung gefordert, die in ihrer Origina[X.]ät die technisch oder ästhetischnotwendige Produktform erheblich übersteigt ([X.]. 2000, 360, 362Rdn. 22, 23 - [X.] [rund, rot/weiß]; [X.]. 2000, 363, 364 Rdn. 18, 19- [X.]) Der Senat hat dagegen bisher keinen Anlaß gesehen, bei [X.], die Ware selbst darstellenden Formmarken strengere Anforde-rungen an die Unterscheidungskraft zu stellen als bei herkömmlichen Marken-formen (vgl. für eine dreidimensionale Verpackungsform: [X.] [X.],1290, 1292 - [X.]; vgl. hierzu auch [X.], [X.] 1995, 184, 188;[X.]., Festschrift [X.], S. 125, 162; [X.]/[X.], [X.], 541,546).(1) Solche erhöhten Anforderungen an die Unterscheidungskraft lassensich nach Ansicht des Senats nicht unter Hinweis auf konkrete Anhaltspunktefür ein Interesse des Verkehrs rechtfertigen, die Produktform für andere Unter-nehmen freizuhalten (vgl. [X.], [X.]. v. [X.] - [X.], [X.],722, 723 = [X.], 741 - [X.]). Im Rahmen der Prüfung der durch [X.] erworbenen Unterscheidungskraft (Art. 3 Abs. 3 [X.]) hat es [X.] der Europäischen Gemeinschaften ebenfalls abgelehnt, bei [X.] der Unterscheidungskraft nach dem festgestellten Interesse an [X.] einer geographischen Bezeichnung zu differenzieren (Urt. v.4.5.1999 - verb. [X.]. [X.]/97, 109/97, [X.], 723, 727 Nr. 48 = [X.]1999, 629 - [X.]) Auch die allgemeine Gefahr einer Behinderung der [X.] rechtfertigt es nach Ansicht des Senats nicht, stren-- 13 -gere Anforderungen an die Unterscheidungskraft zu stellen. Das Interesse aneiner generellen Freihaltung der Gestaltungsformen sollte - ungeachtet einermöglichen Berücksichtigung bei Art. 3 Abs. 1 [X.]. c [X.] (dazu sogleichunter [X.]I 3 b) - im Rahmen der konkreten Unterscheidungskraft nach Art. 3Abs. 1 [X.]. b [X.] keine Rolle spielen, weil dieses Kriterium bei der Beur-teilung der konkreten Unterscheidungskraft systemfremd [X.]) Der Senat hält es - im Gegensatz zum [X.] - auchnicht für angezeigt, aus der Wesensverschiedenheit von Marken- und Ge-schmacksmusterrecht einen strengeren Maßstab für die Beurteilung der Vor-aussetzungen der Unterscheidungskraft dreidimensionaler Formmarken abzu-leiten. Während für das Geschmacksmusterrecht ebenso wie für das [X.] allein die schöpferische Leistung entscheidend ist, kommt es für [X.] allein auf die Unterscheidungsfunktion des Zeichens an. [X.] möchte daher nicht der Auffassung beitreten, daß bei dreidimensionalenMarken nur hinreichend eigenartige und einprägsame Ausgestaltungen [X.] aufweisen sollen, die die technisch oder ästhetisch notwendigeProduktform erheblich übersteigen.Besondere Eigenartigkeit und Origina[X.]ät sind nach Ansicht des [X.] zwingenden Erfordernisse für das Vorliegen von [X.] sollten deshalb auch nicht zum selbständigen Prüfungsmaßstab erhobenwerden (vgl. [X.] [X.], 722, 723 - [X.]; [X.], 1290, 1292- [X.]). Dies schließt es allerdings nicht aus, daß diese [X.] neben anderen - ein Indiz für die Eignung sein können, die konkret [X.] Waren eines bestimmten Anbieters von denen anderer zu unterscheiden(vgl. [X.], [X.]. v. 8.12.1999 - [X.], [X.], 321, 322 = [X.]2000, 298 - Radio von hier; [X.]. v. 8.12.1999 - [X.], [X.],- 14 -323, 324 = [X.], 300 - Partner with the Best). Wie bei jeder anderenMarkenform, sollte auch bei der dreidimensionalen, die Ware selbst darstellen-den Formmarke allein maßgebend sein, daß der angesprochene Verkehr - auswelchen Gründen auch immer - in dem angemeldeten Zeichen einen [X.] erblickt. Sonst würde durch erhöhte Anforderungen an die [X.] bei dreidimensionalen Formmarken die Möglichkeit eines sichändernden Verkehrsverständnisses nach der gesetzlichen Zulassung dieserMarken in einer durch die [X.] nicht vorgesehenen Weiseeingeschränkt.(4) Der Senat möchte die (konkrete) Unterscheidungskraft der [X.] Marke bejahen, weil sie den insofern zu stellenden Anforderungen(Abschn. [X.]I 3 a [X.]) genügt. Seiner Ansicht nach macht die [X.] Recht geltend, das Zeichen weise über die typischen Merkmale und dietechnisch notwendige Gestaltung eines Gabelstaplers hinaus charakteristischeElemente auf, in denen der Verkehr einen Hinweis auf die betriebliche Herkunftsieht. Danach zeichnet sich der Gabelstapler durch einen abgerundet ausge-bildeten Fahrzeugkörper, durch kurvenlinienförmig begrenzte Radläufe undeine als Fünfeck ausgebildete Fahrerkabine aus. Dagegen würde die [X.] Marke die strengen Anforderungen möglicherweise nicht erfüllen, diean eine die technisch und ästhetisch notwendige Produktform erheblich über-steigende Origina[X.]ät zu stellen wären. Es kommt daher auf die zu 1 gestellteAuslegungsfrage an.b) Wird vorliegend die konkrete Unterscheidungseignung im Sinne desArt. 3 Abs. 1 [X.]. b [X.] (= § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.]) bejaht, so kommt esmaßgebend auf die Auslegung des Art. 3 Abs. 1 [X.]. c [X.] (= § 8 Abs. 2Nr. 2 [X.]) [X.] sind von der Eintragung Marken ausgeschlossen, die aus-schließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Artoder Beschaffenheit der Ware dienen können. Diese Regelung, in der nachdeutschem Verständnis das Interesse des Verkehrs an der Freihaltung [X.] Markenformen zum Ausdruck kommt, wirft zwei Auslegungsfragen auf:[X.]) Zunächst ist im [X.] Schrifttum umstritten, ob das Freihaltebe-dürfnis an (dreidimensionalen) Produktformen in Art. 3 Abs. 1 [X.]. e [X.](= § 3 Abs. 2 [X.]) abschließend geregelt ist oder ob daneben noch Raumfür eine Anwendung des Art. 3 Abs. 1 [X.]. c [X.] (= § 8 Abs. 2 Nr. 2[X.]) bleibt (letzteres bejahend: [X.]/[X.]/[X.], [X.],6. Aufl., § 8 Rdn. 157; [X.]/[X.], [X.], 541, 546 f.; Kör-ner/Gründig-Schnelle, [X.], 535, 539; a.A. [X.], [X.] 1995,184, 188; [X.], [X.] 1996, 319, 321; Fuchs-Wissemann, [X.] 1999,183, 185). Der [X.] hält die Regelung des Art. 3 Abs. 1 [X.]. c[X.] - auch wenn deren Wortlaut dies nicht zwingend ergibt - ungeachtetder Vorschrift des Art. 3 Abs. 1 [X.]. e [X.] bei allen Markenformen, alsoauch bei Marken, die die Form der Ware darstellen, für selbständig anwendbar.Danach ist ein bestehendes Freihaltebedürfnis im Rahmen dieser [X.] nicht durch eine weite Auslegung des Art. 3 Abs. 1 [X.]. e [X.] zu be-rücksichtigen. Dafür spricht vor allem die Erwägung, daß das Eintragungshin-dernis des Art. 3 Abs. 1 [X.]. e [X.] nicht durch Benutzung im Sinne vonArt. 3 Abs. 3 [X.] überwunden werden könnte. Dies erscheint nicht ge-rechtfertigt.bb) Die Beantwortung der weiteren Frage, ob danach ein Freihaltebe-dürfnis an bestimmten Produktformen zu berücksichtigen ist, hängt davon [X.] 16 -auf welchem Grundverständnis die Anerkennung des dreidimensionalen For-menschutzes beruht. Insoweit besteht - national und international - eine Ten-denz, eine Ausweitung des Markenschutzes bei Marken, die die Form einerWare darstellen, im Blick auf eine befürchtete Dauermonopolisierung von Pro-duktformen einerseits und eines bestehenden Freihaltebedürfnisses an sol-chen Formen andererseits entgegenzuwirken (vgl. Court of Appeal, Urt. [X.], [X.]. 2000, 444, 445 und 446 - [X.] NV v. Re-mington Consumer Products Ltd.) und einen Markenschutz in der Regel nur beiden Formmarken zuzulassen, die durch Benutzung Unterscheidungskraft er-worben haben (vgl. U.S.-Supreme Court, Urt. v. 22.3.2000, [X.]. 2000,812, 813 - [X.] Stores, [X.] v. [X.], [X.]). Dahinter steht vorallem die Erwägung, daß andernfalls in das ihrem Wesen nach an[X.] gearteteSystem der Son[X.]chutzrechte - wie insbesondere das [X.] - mit ihren gegenüber dem Markenrecht unterschiedlichen Voraussetzun-gen und ihren abweichenden zeitlichen und inhaltlichen Schranken eingegrif-fen würde (vgl. [X.] 39, 238, 243 f. - POP swatch; [X.] [X.]O S. 188 f.;Sambuc, [X.] 1997, 403, 407).Die Gegenposition verweist gerade auf die Wesensverschiedenheit derSon[X.]chutzrechte einerseits und des Markenrechts andererseits und willdem [X.] vor allem durch Bemessung [X.] tragen (vgl. [X.]/[X.], [X.],541, 542 und 547).Der [X.] neigt dazu, ein bei (dreidimensionalen) Form-marken bestehendes Freihaltebedürfnis im Rahmen der Auslegung des Art. 3Abs. 1 [X.]. c [X.] zu berücksichtigen mit der Folge, daß ein Markenschutzin der Mehrzahl der Fälle nur bei Marken in Betracht kommt, die die Vorausset-- 17 -zungen des Art. 3 Abs. 3 Satz 1 der [X.] erfüllen. Es ist nicht zu verken-nen, daß durch den Sonderrechtsschutz - insbesondere den Geschmacksmu-sterschutz - das Produkt selbst gegen Nachahmung geschützt wird, währendim Gegensatz dazu der Markenschutz an sich niemanden daran hindert, das-selbe Produkt wie der Markeninhaber auf den Markt zu bringen, solange ersich eines anderen Kennzeichens bedient (vgl. Kur [X.]O [X.], 178). [X.] ist in Betracht zu ziehen, daß die Aufrechterhaltung des Markenschutzesan die Benutzung der Marke gebunden ist und daß das durch das [X.] nur dann über den zeitlich begrenztenSon[X.]chutz hinausgeht, wenn die Formgebung über die dort festgelegte zeit-liche Schutzdauer hinaus in unveränderter Form benutzt wird (vgl. Kur [X.]O[X.], 179 f.). Andererseits kann der markenrechtliche Schutz von [X.] gerade bei einer unveränderten Benutzung "zeitloser" Gestaltungenauf ein Dauermonopol für die Formgebung selbst hinauslaufen. Dies wäre vorallem in [X.] mit einem begrenzten Gestaltungsspielraum bedenk-lich. Es spricht deshalb mehr dafür, ein Freihaltebedürfnis im Rahmen desArt. 3 Abs. 1 [X.]. c [X.] nur dann nicht zu berücksichtigen, wenn es sichum [X.] handelt und den Mitbewerbern überdies ein hinrei-chender Spielraum für abweichende Gestaltungsformen verbleibt. In allen an-deren Fällen sollte ein Schutz für dreidimensionale Marken, die die Form [X.] selbst darstellen, nur bei Marken in Betracht kommen, die die Vorausset-zungen des Art. 3 Abs. 3 Satz 1 [X.] erfüllen.Erdmann[X.]Bornkamm Pokrant Büscher

Meta

I ZB 15/98

23.11.2000

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.11.2000, Az. I ZB 15/98 (REWIS RS 2000, 407)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2000, 407

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