Bundesfinanzhof, Beschluss vom 12.10.2010, Az. I R 59/09

1. Senat | REWIS RS 2010, 2482

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Gegenstand

Rückwirkende Aberkennung der Gemeinnützigkeit bei Ausschüttungen des Vermögens der Körperschaft an ihre steuerpflichtigen Gesellschafter - Gewinnausschüttung durch als Gehalt bzw. Abfindung verschleierte Anteilskaufpreiszahlung - Grundsatz der Vermögensbindung


Leitsatz

Ist die tatsächliche Geschäftsführung einer gemeinnützigen GmbH nicht während des gesamten Besteuerungszeitraums auf die ausschließliche und unmittelbare Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke gerichtet, führt dies grundsätzlich nur zu einer Versagung der Steuerbefreiung für diesen Besteuerungszeitraum. Schüttet eine gemeinnützige GmbH jedoch die aus der gemeinnützigen Tätigkeit erzielten Gewinne überwiegend verdeckt an ihre steuerpflichtigen Gesellschafter aus, liegt ein schwer wiegender Verstoß gegen § 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 AO vor, der die Anwendung des § 61 Abs. 3 AO ermöglicht .

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine [X.]mbH, betreibt seit 1990 eine Hochschule, die im [X.] als private [X.]achhochschule staatlich anerkannt wurde. [X.]egenstand des Unternehmens ist die [X.]örderung der [X.]us- und Weiterbildung bzw. der Berufsbildung durch die Unterhaltung einer privaten [X.]achhochschule. Die [X.] verfolgt nach ihrer [X.]atzung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke i.[X.]. der §§ 51 bis 68 der [X.]bgabenordnung ([X.]). Die Klägerin war seit dem Jahr 1993 wegen [X.]örderung der Berufsbildung als gemeinnützig anerkannt.

2

Mit Vertrag vom 1. [X.]pril 1992 erwarben [X.] und seine [X.]hefrau ([X.]) 25 % bzw. 75 % der [X.]eschäftsanteile an der Klägerin. [X.] wurde im [X.] zum ersten Präsidenten der privaten [X.]achhochschule ernannt. Die Klägerin schloss mit ihm am 1. Oktober 1996 einen [X.]eschäftsführervertrag, der ein monatliches Bruttogehalt von 10.000 [X.] vorsah. Der Vertrag war für die Dauer von fünf Jahren fest geschlossen und begann am 1. November 1996.

3

[X.]m 13. Mai 1998 veräußerten die [X.]heleute [X.] und [X.] ihre [X.]eschäftsanteile an der Klägerin an die B-g[X.]mbH zum Kaufpreis von 100.000 [X.]. Das [X.]tammkapital der B-g[X.]mbH wurde zu 98 % von dem [X.]er-[X.]eschäftsführer [X.] gehalten.

4

Unter dem Datum vom 26. März 1998 schloss die Klägerin mit [X.] einen "[X.]eschäftsführer-/Präsidentenvertrag", nach dem [X.] als [X.]eschäftsführer ein festes Jahresgehalt von 240.000 [X.] (brutto) erhalten sollte. [X.] verpflichtete sich, der [X.] auch bei [X.]bberufung als [X.]eschäftsführer als Präsident bis mindestens 31. März 2003 zur Verfügung zu stehen. [X.]uf einem Briefbogen der Klägerin stellte [X.] als [X.]eschäftsführer der Klägerin mit Datum vom 8. [X.]pril 1998 folgende Bestätigung aus: "Hiermit erkennen wir an, ([X.]) ... den Betrag von [X.] 1.200.000 ... zu schulden. [X.]uf diesen Betrag werden sämtliche Zahlungen an ([X.]) verrechnet."

5

Mit Datum vom 28. [X.]eptember 1998 kündigte [X.] den [X.]eschäftsführer-/Präsidentenvertrag fristlos. Begründet wurde dies damit, dass für die [X.]nteile der Klägerin ein Kaufpreis von 1.300.000 [X.] vereinbart worden sei. Dieser Kaufpreis hätte über einen [X.] als [X.]eschäftsführer bzw. Präsident der Klägerin erbracht werden sollen. Nachdem [X.] sich jedoch geweigert habe, den vereinbarten Kaufpreis über eine Darlehensregelung zu bezahlen, sei eine Zusammenarbeit nicht mehr zumutbar.

6

Die Klägerin erhob daraufhin am 14. Oktober 1998 gegen [X.] Klage mit dem [X.]ntrag festzustellen, dass das [X.]eschäftsführer-/Präsidentenvertragsverhältnis vom 26. März 1998 nicht durch die außerordentliche Kündigung vom 28. [X.]eptember 1998 aufgelöst worden sei, sondern fortbestehe. [X.]m 30. Dezember 1998 schlossen die Klägerin und [X.] einen [X.]ufhebungsvertrag. Danach sollte das [X.]eschäftsführer-/Präsidentenvertragsverhältnis mit [X.]blauf des 31. Dezember 1998 im gegenseitigen [X.]invernehmen sein [X.]nde finden. [X.] war jedoch verpflichtet, sich bis zum 31. Juli 1999 unentgeltlich in seiner [X.]igenschaft als Präsident der [X.] zu stellen. [X.] erhielt wegen der Beendigung des [X.]eschäftsführer-/[X.]nstellungsvertrages eine [X.]bfindung in Höhe von 1.080.000 [X.].

7

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das [X.]inanzamt --[X.][X.]--) war der [X.]uffassung, der Klägerin sei wegen einer schädlichen Mittelverwendung für den Prüfungszeitraum 1996 bis 1999 die [X.]emeinnützigkeit abzuerkennen. [X.]ufgrund der vorliegenden Verträge und [X.]chriftwechsel müsse davon ausgegangen werden, dass abweichend vom notariellen Kaufvertrag zwischen den [X.]heleuten [X.] und [X.] einerseits und der B-g[X.]mbH andererseits ein Kaufpreis in Höhe von 1.300.000 [X.] vereinbart und verdeckt aus Mitteln der Klägerin gezahlt worden sei.

8

Das [X.]inanzgericht ([X.][X.]) Münster wies die gegen die entsprechend geänderten [X.]teuerbescheide gerichtete Klage mit Urteil vom 3. März 2009  9 K 5195/04 K,[X.],[X.] zum überwiegenden Teil ab.

9

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin eine Verletzung materiellen Rechts.

[X.]ie beantragt, das angefochtene Urteil und die zugrunde liegenden Bescheide aufzuheben.

Das [X.][X.] beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II. Die Entscheidung ergeht gemäß § 126a der Finanzgerichtsordnung ([X.]O). Der [X.] hält einstimmig die Revision für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die Beteiligten sind davon unterrichtet worden und hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.

Das [X.] hat zu Recht entschieden, dass die Klägerin in den Streitjahren nicht gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 9 des [X.] ([X.]) und § 3 Nr. 6 des [X.] ([X.]) von der Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer befreit war.

1. Die Steuerbefreiungen gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 9 [X.], § 3 Nr. 6 [X.] setzen voraus, dass die Körperschaft nach ihrer tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen oder --was im Streitfall nicht in Betracht kommt-- mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dient (§ 59, § 63 Abs. 1 [X.]). Gemäß § 52 Abs. 1 Satz 1 [X.] verfolgt eine Körperschaft gemeinnützige Zwecke, wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern.

Selbstlosigkeit setzt u.a. voraus, dass die Mittel der Körperschaft nur für die satzungsmäßigen Zwecke, d.h. für die in der Satzung festgelegten gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecke verwendet werden (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 [X.]). Gesellschafter dürfen keine Gewinnanteile oder bei ihrem Ausscheiden mehr als ihre eingezahlten Kapitalanteile erhalten (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 und Nr. 2 [X.]). Ferner darf die Körperschaft keine Person durch Ausgaben, die dem Zweck der Körperschaft fremd sind, oder durch unverhältnismäßig hohe Vergütungen begünstigen (§ 55 Abs. 1 Nr. 3 [X.]).

2. Nach den Feststellungen und der Würdigung des [X.] hat die Klägerin [X.] ein um 110.000 DM überhöhtes Geschäftsführergehalt und im Jahr 1999 eine Abfindung gezahlt, bei der es sich in Höhe von 1.045.000 DM um eine verdeckte Kaufpreiszahlung für die von den [X.] und E an die B-gGmbH veräußerten Anteile handelt. Das [X.] hat diese Überzeugung nach Vernehmung des A als Zeugen und unter Würdigung verschiedener damit im Einklang stehender Schriftstücke gewonnen. Es hat daraus den Schluss gezogen, insoweit lägen verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA) der Klägerin i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 [X.] vor, wobei es offengelassen hat, ob es sich um vGA an A und/oder E oder solche an die B-gGmbH handelt.

3. Die Klägerin stellt nicht in Abrede, dass es sich bei den streitbefangenen Zahlungen um verdeckte Kaufpreiszahlungen für die Anteile der Klägerin handelt. Sie ist jedoch der Auffassung, es handele sich um vGA an die [X.] Eine Mittelfehlverwendung liege nicht vor, weil § 58 Nr. 2 [X.] ausdrücklich erlaube, dass eine Körperschaft ihre Mittel teilweise einer anderen, ebenfalls steuerbegünstigten Körperschaft zur Verwendung zu steuerbegünstigten Zwecken zuwende. Dem ist nicht beizupflichten.

Das [X.] hat zu Recht entschieden, dass offenbleiben könne, ob vGA an A und E oder bereits vGA an die neue Gesellschafterin, die B-gGmbH, vorliegen. Wären die Leistungen als vGA an A und E zu beurteilen, läge darin eine Mittelfehlverwendung nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 [X.]. Dies wird von den Beteiligten übereinstimmend so gesehen, sodass der [X.] insoweit von weiteren Ausführungen absieht. Nichts anderes gilt jedoch, wenn es sich --wie die Klägerin meint-- um vGA an die B-gGmbH handeln sollte. Zwar wird die Steuerbegünstigung nicht dadurch ausgeschlossen, dass eine Körperschaft ihre Mittel teilweise einer anderen, ebenfalls steuerbegünstigten Körperschaft zur Verwendung zu steuerbegünstigten Zwecken zuwendet (§ 58 Nr. 2 [X.]). Die Klägerin hat --eine vGA an die B-gGmbH unterstellt-- jedoch die Mittel an die B-gGmbH nicht (verdeckt) zur Verwendung für steuerbegünstigte Zwecke geleistet.

a) Wie die Klägerin zutreffend vorträgt, sind Anteile an einer gemeinnützigen GmbH, deren steuerbegünstigte Zwecke auch nach dem [X.] weiterverfolgt werden sollen, für einen steuerpflichtigen Erwerber nicht mehr wert als höchstens den Nominalwert der Anteile zuzüglich des gemeinen Werts der vom bisherigen Gesellschafter geleisteten Sacheinlagen. Denn nur diese, nicht dagegen Gewinne, dürfen an den Gesellschafter ausgekehrt werden (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 und 2 [X.]). Zahlt daher eine steuerbegünstigte Körperschaft für Anteile an einer gemeinnützigen Kapitalgesellschaft einem steuerpflichtigen Anteilseigner mehr als diese Beträge, liegt darin regelmäßig eine Mittelfehlverwendung i.S. des § 55 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 [X.], weil dem bisherigen Anteilseigner mehr als der Wert entgolten wird, der den Anteilen bei Fortführung des steuerbegünstigten Zwecks zukommt. Eine steuerbegünstigte Körperschaft darf zwar auf das Vermögen einer von ihr erworbenen steuerbefreiten Kapitalgesellschaft zugreifen, allerdings nur zur Verwendung für steuerbegünstigte Zwecke. Diese Mittel dürfen aber --jedenfalls bei einem steuerpflichtigen [X.] nicht Maßstab für die Bemessung des Kaufpreises für die Anteile an der Kapitalgesellschaft sein, weil andernfalls über den Kaufpreis Gewinne früherer Jahre sowie in anderer Weise erworbenes und gemeinnützigkeitsrechtlich gebundenes Vermögen der erworbenen Kapitalgesellschaft entgegen § 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 [X.] an den vormaligen Gesellschafter ausgekehrt würde. [X.] Einschränkungen des § 55 Abs. 1 [X.] werden umgangen, wenn dem Gesellschafter mit seinem Ausscheiden über den Kaufpreis aus der steuerbegünstigten Körperschaft genau die Mittel zugewendet werden, die im Fall einer Ausschüttung an ihn wegen Verstoßes gegen § 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 [X.] zur Aberkennung der Gemeinnützigkeit der Körperschaft führen würden. Dies gilt unabhängig davon, ob die Mittel --wie hier-- aus dem Vermögen der erworbenen steuerbegünstigten Kapitalgesellschaft oder aus dem Vermögen der steuerbegünstigten Muttergesellschaft selbst an den ehemaligen Gesellschafter geleistet werden.

b) Entgegen der Auffassung der Klägerin kann dies nicht nur zur Aberkennung der Gemeinnützigkeit der Muttergesellschaft führen. Vielmehr liegt auch eine Mittelfehlverwendung i.S. des § 55 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 [X.] der ausschüttenden [X.] vor, wenn ihr --wie im [X.] bekannt ist, dass die Mittel nicht zu steuerbegünstigten Zwecken ihrer Muttergesellschaft, sondern zu einer verdeckten Vorteilsgewährung an den früheren Gesellschafter eingesetzt werden. Denn § 58 Nr. 2 [X.] erlaubt nur die Überlassung eigener Mittel an eine andere steuerbefreite Körperschaft zur Verwendung zu steuerbegünstigten Zwecken. Die Klägerin hat die Geldbeträge an A geleistet, obwohl ihr klar war, dass diesem hierdurch der Kaufpreis für die Anteile an ihr entgolten werden sollte. Sie wusste daher, dass die Mittel nicht zu satzungsmäßigen Zwecken ihrer neuen Muttergesellschaft verwendet wurden, sondern zur Zahlung eines Kaufpreises, auf den A bei Beachtung gemeinnützigkeitsrechtlicher Vorgaben keinen Anspruch gehabt hätte. Eine gemäß § 58 Nr. 2 [X.] erlaubte Mittelüberlassung an die B-gGmbH lag damit nicht vor. Ob darüber hinaus --wie die Klägerin meint-- in derartigen Fällen auch die Muttergesellschaft ihre Steuerbefreiung gefährdet, ist nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens und bedarf daher keiner Erörterung.

4. Die tatsächliche Geschäftsführung entsprach damit in den Jahren 1998 und 1999 nicht den Vorgaben des § 63 Abs. 1 [X.]. Denn sie war nicht auf die ausschließliche und unmittelbare Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke gerichtet. Entgegen ihrer Pflicht, ihre Mittel ausschließlich für satzungsmäßige Zwecke zu verwenden und an ihre Gesellschafter keinen Gewinn auszuschütten, wurden A nicht nur die eingezahlten Kapitalanteile, sondern über den als Gehalts- und Abfindungszahlung verschleierten Kaufpreis Gewinn der Klägerin ausgeschüttet (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 und 2 [X.]). Da die tatsächliche Geschäftsführung den Anforderungen der §§ 52 bis 55 [X.] in den Streitjahren 1998 und 1999 nicht entsprach, war die Steuervergünstigung für diese beiden Jahre zu versagen (§ 63 Abs. 2 i.V.m. § 60 Abs. 2 [X.], § 59 [X.]).

5. Das [X.] hat zutreffend entschieden, dass die Klägerin auch in den Jahren 1996 und 1997 nicht von der Körperschaftsteuer und der Gewerbesteuer befreit war. Ist die tatsächliche Geschäftsführung nicht während des gesamten [X.] oder [X.] auf die ausschließliche und unmittelbare Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke gerichtet, führt dies grundsätzlich zu einer Versagung der Steuerbefreiung nur für diesen Veranlagungszeitraum (§ 63 Abs. 2 i.V.m. § 60 Abs. 2 [X.]). Nach § 63 Abs. 2 [X.] ist jedoch, wenn die Vorschrift über die Vermögensbindung verletzt wird, § 61 Abs. 3 [X.] entsprechend anzuwenden.

a) Nach § 55 Abs. 1 Nr. 4 [X.] darf das Vermögen der Körperschaft, soweit es die eingezahlten Kapitalanteile der Mitglieder und den gemeinen Wert der von den Mitgliedern geleisteten Sacheinlagen übersteigt, bei Auflösung oder Aufhebung der Körperschaft oder bei Wegfall ihres bisherigen Zwecks nur für steuerbegünstigte Zwecke verwendet werden (Grundsatz der Vermögensbindung). § 61 Abs. 1 [X.] verlangt eine Festlegung der vorgenannten Vermögensbindung in der Satzung. Wird die Bestimmung über die Vermögensbindung nachträglich so geändert, dass sie den Anforderungen des § 55 Abs. 1 Nr. 4 [X.] nicht mehr entspricht, so gilt sie gemäß § 61 Abs. 3 Satz 1 [X.] von Anfang an als steuerlich nicht ausreichend. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.] ist in diesem Fall mit der Maßgabe anzuwenden, dass Steuerbescheide erlassen, aufgehoben oder geändert werden können, soweit sie Steuern betreffen, die innerhalb der letzten zehn Kalenderjahre vor der Änderung der Bestimmungen über die Vermögensbindung entstanden sind (§ 61 Abs. 3 Satz 2 [X.]).

b) Der Verweis auf § 61 Abs. 3 [X.] in § 63 Abs. 2 [X.] betrifft zum einen Fälle, in denen bei Auflösung oder Aufhebung der Körperschaft zwar die Satzung nicht geändert, das Vermögen aber tatsächlich satzungswidrig verteilt wird. Zum anderen ermöglicht § 60 Abs. 2 i.V.m. § 61 Abs. 3 [X.] eine Nachversteuerung, wenn der Satzungszweck ohne Satzungsänderung tatsächlich geändert wird, das Vermögen aber nicht für steuerbegünstigte Zwecke verwendet wird. Zutreffend ist das [X.] davon ausgegangen, dass schwer wiegende Verstöße gegen § 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 [X.] die Anwendung des § 61 Abs. 3 [X.] ermöglichen (gl.[X.] zur Abgabenordnung zu § 61 Nr. 8; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.]/[X.]O, § 63 [X.] Rz 22; [X.], Gemeinnützigkeit im Steuerrecht, 9. Aufl., 2008, § 63 [X.]. [X.], [X.]; [X.] in Schauhoff, Handbuch der Gemeinnützigkeit, 2. Aufl., 2005, § 9 Rz 82, 118; [X.] in [X.]/ [X.], [X.], 2. Aufl., § 63 Rz 7; [X.]/[X.], Die Besteuerung gemeinnütziger Vereine, Stiftungen und der juristischen Personen des öffentlichen Rechts, 6. Aufl., Rz [X.]-226; zweifelnd hingegen [X.] Berlin, Beschluss vom 26. Juli 2001  7 [X.]/00, Entscheidungen der Finanzgerichte 2001, 1338 und nachfolgend Beschluss des [X.] --BFH-- vom 30. Oktober 2001 V B 142/01, [X.] 2002, 309, allerdings nicht Ausschüttungen an Gesellschafter betreffend; [X.], [X.], [X.], 216).

Der Grundsatz der Vermögensbindung soll sicherstellen, dass Vermögen, das die Körperschaft aufgrund der steuerbegünstigten Tätigkeit erworben hat, auch für steuerbegünstigte Zwecke verwendet wird ([X.] in [X.] 2002, 309). [X.] eine gemeinnützige Körperschaft jedoch --wie hier-- die aus der gemeinnützigen Tätigkeit erzielten Gewinne überwiegend verdeckt an ihre Gesellschafter aus, liegt eine so gewichtige Abkehr von gemeinnützigkeitsrechtlichen Grundsätzen vor, dass von einem "Wegfall des bisherigen Zwecks" i.S. des § 55 Abs. 1 Nr. 4 [X.] auszugehen ist.

Die Klägerin verfügte nach den Feststellungen des [X.] zum 31. Dezember 1997 über ein gezeichnetes Kapital von 100.000 DM und einen Gewinnvortrag in Höhe von 985.640 DM. Mit dem Kaufpreis sollte damit das gesamte Kapital der Klägerin zum 31. Dezember 1997 zuzüglich eines Anteils am laufenden Gewinn 1998, der nach den Feststellungen des [X.] ohne Berücksichtigung der vGA ca. 900.000 DM betrug, bis zur Anteilsveräußerung an A und E ausgeschüttet werden.

6. Die Klägerin greift die Einkommensermittlung des [X.] nicht an. Fehler des [X.] sind nicht ersichtlich, sodass der [X.] von weiteren Ausführungen hierzu absieht.

Meta

I R 59/09

12.10.2010

Bundesfinanzhof 1. Senat

Beschluss

vorgehend FG Münster, 3. März 2009, Az: 9 K 5195/04 K,G,F, Urteil

§ 52 Abs 1 S 1 AO, § 55 Abs 1 Nr 1 S 1 AO, § 55 Abs 1 Nr 1 S 2 AO, § 55 Abs 1 Nr 2 AO, § 55 Abs 1 Nr 3 AO, § 55 Abs 1 Nr 4 AO, § 58 Nr 2 AO, § 59 AO, § 60 Abs 2 AO, § 61 Abs 1 AO, § 61 Abs 3 AO, § 63 Abs 1 AO, § 63 Abs 2 AO, § 175 Abs 1 S 1 Nr 2 AO, § 3 Nr 6 GewStG 1991, § 5 Abs 1 Nr 9 KStG 1996, § 8 Abs 3 S 2 KStG 1996, § 3 Nr 6 GewStG 1999, § 5 Abs 1 Nr 9 KStG 1999, § 8 Abs 3 S 2 KStG 1999

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 12.10.2010, Az. I R 59/09 (REWIS RS 2010, 2482)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 2482

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