Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.06.2015, Az. IV ZR 489/14

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 9598

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
IV ZR 489/14

Verkündet am:

17. Juni 2015

Heinekamp

Amtsinspektor

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

-
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-

Der IV.
Zivilsenat des [X.] hat durch die Vorsitzende Richterin [X.], die Richterin [X.], die Richter Dr.
Karczewski, [X.] und die Richterin [X.] im schriftli-chen Verfahren, bei dem Schriftsätze bis zum 27.
Mai
2015 eingereicht werden konnten,

für Recht erkannt:

Auf die Revision der Klägerseite wird das Urteil des [X.] -
4.
Zivilkammer
-
vom 5.
März 2013 aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Der Streitwert wird auf 1.826,51

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerseite (Versicherungsnehmerin: im Folgenden d. [X.]) be-gehrt von dem beklagten Versicherer (im Folgenden Versicherer) Rück-zahlung geleisteter Versicherungsbeiträge einer fondsgebundenen Ren-tenversicherung
mit Kapitalleistung im Todesfall und [X.].

Diese wurde aufgrund eines Antrags d. [X.] mit [X.] zum 1.
September 2005 nach dem so genannten Policenmodell des §
5a [X.] in der seinerzeit
gültigen Fassung (im Folgenden §
5a [X.] 1
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a.[X.]) abgeschlossen. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts erhielt d.[X.] mit dem Versicherungsschein ein Begleitschreiben, das eine Belehrung über das Widerspruchsrecht nach §
5a [X.] a.[X.]
enthielt, die Versicherungsbedingungen und eine Verbraucherinformation nach §
10a des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG).
Mit Schreiben vom 17.
März 2010
erklärte d. [X.] "den Widerspruch gem.
§
5a [X.] a.[X.]
bzw. den [X.] nach §
8 [X.], bzw. den Widerruf nach §
355 BGB höchstvor-sorglich die Anfechtung nach §
119 I BGB, hilfsweise die Kündigung".
Der Versicherer akzeptierte die Kündigung und zahlte den Rückkaufs-wert aus.

Mit der Klage verlangt d. [X.] Rückzahlung aller auf den Vertrag ge-leisteten Beiträge nebst Zinsen abzüglich des bereits gezahlten [X.], insgesamt 1.826,51

.

Nach Auffassung d. [X.] ist der Versicherungsvertrag nicht wirksam zustande gekommen. Auch nach Ablauf der Frist des -
gegen Gemein-schaftsrecht verstoßenden
-
§
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] a.[X.] habe der [X.] noch erklärt werden können.

Der Versicherer hat die Einrede der Verjährung erhoben.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen, das [X.] die hiergegen gerichtete Berufung zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt d. [X.] das Klagebegehren
weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur [X.] an das Berufungsgericht.
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I. Dieses hat einen Prämienrückerstattungsanspruch aus unge-rechtfertigter Bereicherung verneint. Der Versicherer habe d. [X.] zwar nicht ordnungsgemäß über das Widerspruchsrecht belehrt. Die zusam-men mit dem Versicherungsschein übermittelte Belehrung entspreche wegen fehlender drucktechnischer Hervorhebung nicht den Maßgaben des §
5a Abs.
2 Satz
1 [X.] a.[X.] Dies gelte auch für die Belehrung im Antragsformular sowie die Bezugnahme in den mit dem [X.] übersandten Schreiben. Der Vertrag sei aber gemäß § 5a Abs.
2 Satz 4 [X.] a.[X.] ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie rückwirkend endgültig wirksam
geworden.

[X.] Die Revision ist begründet.

1. Der -
mit der Revision allein weiterverfolgte
-
Anspruch auf Prä-mienrückzahlung folgt dem Grunde nach aus §
812 Abs.
1 Satz
1 Alt.
1 BGB.

a) Der zwischen den Parteien geschlossene Versicherungsvertrag schafft keinen Rechtsgrund für die Prämienzahlung. Er ist infolge des Widerspruchs d. [X.] nicht wirksam zustande gekommen. Der [X.] war -
ungeachtet des Ablaufs der in §
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] a.[X.] normierten Jahresfrist
-
rechtzeitig.

aa)
Nach den revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden [X.] belehrte der Versicherer d. [X.] nicht ord-nungsgemäß i.S. von §
5a Abs.
2 Satz
1 [X.] a.[X.] über das [X.]srecht. Entgegen der Rüge der Revisionserwiderung hat das [X.] nicht die Anforderungen an eine drucktechnisch deutliche 8
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Form überspannt. Die Widerspruchsbelehrung in dem Policenbegleit-schreiben hob sich von dem übrigen Fließtext weder durch Fettdruck noch in sonstiger Weise ab. Sie war zudem inhaltlich unzureichend, weil sie für den Beginn der Widerspruchsfrist nur an den Erhalt des Versiche-rungsscheins, nicht auch an die Überlassung der [X.] und der Verbraucherinformation anknüpfte. Auch die [X.]sbelehrung unter Ziff.
6 der Verbraucherinformation war nicht in drucktechnisch deutlicher Form hervorgehoben.
Auf die -
ebenfalls nicht hervorgehobene
-
Belehrung im Antragsformular kommt es ohnehin nicht an.

Für einen solchen Fall einer nicht ordnungsgemäßen [X.]sbelehrung bestimmte §
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] a.[X.] zwar, dass das Widerspruchsrecht ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie erlischt.
Das Widerspruchsrecht bestand hier aber nach Ablauf der Jahresfrist und noch im Zeitpunkt der Widerspruchserklärung fort.

Das ergibt die richtlinienkonforme Auslegung des §
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] a.[X.] auf der Grundlage der Vorabentscheidung des [X.] der [X.] vom 19.
Dezember 2013 ([X.], 225). Der Senat hat mit Urteil vom 7.
Mai 2014 ([X.], [X.], 101 Rn.
17-34) entschieden und im Einzelnen begründet, die Regelung müsse richtlinienkonform teleologisch dergestalt reduziert werden, dass sie im Anwendungsbereich der [X.] und der [X.] keine Anwendung findet und für davon er-fasste Lebens-
und Rentenversicherungen sowie Zusatzversicherungen zur Lebensversicherung grundsätzlich ein Widerspruchsrecht fortbesteht, wenn d. [X.] -
wie hier
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nicht ordnungsgemäß über das Recht zum [X.] belehrt worden ist und/oder die Verbraucherinformation oder die Versicherungsbedingungen nicht erhalten hat.
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bb) Die (hilfsweise) Kündigung des [X.] steht dem Widerspruch nicht entgegen (vgl. Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 aaO Rn.
36 m.w.N.). Ein Erlöschen des Widerspruchsrechts nach beiderseits vollständiger Leistungserbringung kommt ebenfalls nicht in Betracht (vgl. Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 aaO Rn.
37 m.w.N.).

b) Die bereicherungsrechtlichen Rechtsfolgen der Europarechts-widrigkeit des §
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] a.[X.] sind nicht auf eine Wirkung ab Zugang des Widerspruchs (ex nunc) zu beschränken, sondern nur ei-ne Rückwirkung entspricht dem [X.] (dazu im Einzelnen Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 aaO Rn.
42-44).

2. Der [X.] war bei Erhebung der Klage im [X.] 2011 noch nicht verjährt. Zu diesem Zeitpunkt war die maßgebliche regelmäßige dreijährige Verjährungsfrist des §
195 BGB nicht abgelau-fen. Diese konnte erst mit Schluss des Jahres 2010 beginnen, da d. [X.] erst in diesem Jahr den Widerspruch erklärte. Der nach einem [X.] gemäß §
5a [X.] a.[X.] geltend gemachte Bereicherungsanspruch entstand erst mit Ausübung des Widerspruchsrechts im Sinne von §
199 Abs.
1 Nr.
1 BGB; jedenfalls zu diesem Zeitpunkt hatte d. [X.] Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners im Sinne von §
199 Abs.
1 Nr.
2 BGB (vgl. Senatsurteil vom 8.
April 2015 -
IV ZR 103/15, [X.], 865 Rn.
19
ff.).

3. Der Höhe nach umfasst der [X.] nach §
812 Abs.
1 Satz
1 Alt.
1 BGB nicht uneingeschränkt alle gezahlten Prämien. Vielmehr muss sich d. [X.] bei der bereicherungsrechtlichen Rückabwick-lung den jedenfalls bis zur Kündigung des Vertrages genossenen Versi-cherungsschutz anrechnen lassen. Der Wert des Versicherungsschutzes
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kann unter Berücksichtigung der Prämienkalkulation bemessen werden; bei Lebensversicherungen kann etwa dem Risikoanteil Bedeutung [X.] (Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 aaO Rn.
45 m.w.N.).

Da es hierzu an Feststellungen fehlt, ist der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuver-weisen. Es wird den Parteien Gelegenheit zu ergänzendem Vortrag zu geben haben (vgl. Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 aaO Rn.
46).

[X.] [X.] Dr.
Karczewski

[X.] [X.]
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 28.02.2012 -
101 C 126/11 -

LG [X.], Entscheidung
vom 05.03.2013 -
43 S 1301/12 -

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Meta

IV ZR 489/14

17.06.2015

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.06.2015, Az. IV ZR 489/14 (REWIS RS 2015, 9598)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 9598

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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IV ZR 76/11

IV ZR 103/15

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