Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.03.2017, Az. XI ZR 442/16

XI. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 14167

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:140317UXIZR442.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
XI [X.]
Verkündet am:

14.
März 2017

Herrwerth,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
ZPO § 51
Gibt der Kläger, der nicht Organ der beklagten Genossenschaft ist, in der Klageschrift den gesetzlichen Vertreter der Genossenschaft erkennbar irr-tümlich fehlerhaft an und wird die Klage an den richtigen gesetzlichen Vertre-ter zugestellt, ist sie ordnungsgemäß erhoben (Abgrenzung zu [X.], Urteile vom 26.
Juni 1995

II
ZR
122/94, [X.]Z
130, 108, 110
ff., vom 9. Oktober 1986

II
ZR
284/85, WM
1986, 1411, 1412 und vom 16.
Februar 2009

II
ZR
282/07, WM
2009, 702 Rn.
10).
ZPO §
256 Abs.
1
Zur Zulässigkeit einer Feststellungsklage, mit der der Verbraucher nach Wi-derruf
seiner auf Abschluss des [X.] gerichteten Willenserklärung die Umwandlung des [X.] in ein [X.] geltend macht.
-
2
-

BGB §
355 Abs.
2 Satz
2 (Fassung vom 23.
Juli 2002)
Mittels der erkennbar an den Verbraucher gerichteten Fußnote "Die [X.] beträgt gemäß §
355 Abs.
2 Satz
2 BGB einen Monat, wenn die [X.] erst nach Vertragsschluss in Textform dem Kunden mitge-teilt wird bzw. werden kann" im [X.] an die Angabe "zwei Wochen (ei-nem Monat)" macht der Verwender einer Widerrufsbelehrung hinreichend deutlich, von welchen Voraussetzungen die Geltung einer der beiden im Text alternativ genannten Fristlängen abhängt.
[X.], Urteil vom 14. März 2017 -
XI [X.] -
OLG [X.]

[X.]

-
3
-
Der XI.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 14.
März 2017
durch den Vizepräsidenten
Prof.
Dr.
Ellenberger, die Rich-ter Dr.
Grüneberg
und
Maihold
sowie die Richterinnen Dr.
Menges
und
Dr.
[X.]
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 8.
Zivilsenats des [X.] vom 19.
August 2016 im Kosten-punkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten erkannt worden
ist.
Die Berufung des [X.] gegen das Urteil der 5.
Zivilkammer des [X.]s
Mainz vom 24.
Februar 2016 wird zurückgewiesen, soweit der Kläger beantragt hat, die Beklagte zur Zahlung weiterer 928,80

erurteilen.
Im übrigen Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen [X.] und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit des vom Kläger, einem Bank-kaufmann, erklärten Widerrufs seiner auf den Abschluss von vier [X.] gerichteten Willenserklärungen.
1
-
4
-
Die Parteien schlossen im [X.] vier Immobiliardarlehensverträge, denen jeweils folgende, bis auf die Vertragsdaten gleichlautende Widerrufsbe-lehrung beigegeben war:
2
-
5
-

-
6
-
Der Kläger löste sämtliche Darlehen auf eigenen Wunsch gegen Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von 8.853,72

Mai 2012 ab. Unter dem 30.
Oktober 2014 widerrief er seine auf Abschluss der [X.] gerichteten Willenserklärungen, wobei er darauf hinwies, er habe "im [X.] rechtlichen Rat" unter anderem bei seinem Rechtsanwalt eingeholt.
In der von ihm bei dem [X.] anhängig gemachten Klage hat er die Beklagte als "

[X.], vertreten durch den Aufsichtsratsvor-sitzende[n]

H.

", bezeichnet. Die Klage ist an die "

[X.], v.d.d. Vorstand", zugestellt und dort an einen Prokuristen als Leiter des Bereichs "Sonderaufgaben Kredit und Recht" weitergegeben worden. Die-ser Prokurist und eine Mitarbeiterin, die zusammen zur Erteilung von Prozess-vollmachten für die Beklagte ermächtigt sind, haben unter dem Betreff "Neues Mandat:

S.

./.

[X.]" den vorinstanzlichen Pro-zessbevollmächtigten der Beklagten mit Schreiben vom 30.
Juli 2015 "um Übernahme des im Betreff genannten Mandates" gebeten. Der vorinstanzliche Prozessbevollmächtigte der Beklagten hat mit Schriftsatz vom 31.
Juli 2015 "die Vertretung und Verteidigungsbereitschaft der Beklagten" angezeigt.
Das [X.] hat die Angabe des [X.] zum gesetzlichen Vertreter der Beklagten in das Rubrum übernommen und die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des [X.] hat das Berufungsgericht unter Beibehaltung des Rubrums antragsgemäß festgestellt, dass die vier näher bezeichneten Darle-m-gewandelt" worden seien. Außerdem hat es die Beklagte zur Erstattung der Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von 8.853,72

e-richtlich verauslagter Anwaltskosten in Höhe von 928,80

hat es die Berufung des [X.] zurückgewiesen.
3
4
5
-
7
-
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, die der durch den vorinstanzlichen Prozessbevollmächtigten der Beklagten bestellte drittinstanzli-che Prozessbevollmächtigte in Übernahme des Rubrums der Vorinstanzen ein-gelegt und begründet hat, erstrebt die Beklagte unter Verweis auf einen Mangel ihrer gesetzlichen Vertretung bei Klageerhebung in erster Linie eine Abweisung der Klage als unzulässig. In zweiter Linie begehrt sie die vollständige Zurück-weisung der Berufung, weil das Berufungsgericht zu Unrecht eine
Verwirkung des Widerrufsrechts verneint habe.

Entscheidungsgründe:
A.
Die Revision ist zulässig. Die Prozessführung in dritter Instanz ist dem gemäß §
24 Abs.
1 [X.] zur gerichtlichen Vertretung der Beklagten berufenen Vorstand zuzurechnen. Der drittinstanzliche Prozessbevollmächtigte der [X.] ist gemäß §
81 ZPO wirksam durch deren zweitinstanzlichen Prozess-bevollmächtigten, den wiederum ein Prokurist im Verein mit einer Mitarbeiterin aufgrund seiner vom Vorstand abgeleiteten Vertretungsmacht ([X.]/ [X.]/[X.], [X.], 4.
Aufl., §
42 Rn.
2) mandatiert hat, bestellt worden (vgl. [X.], Urteile vom 1.
Dezember 2003

II
ZR
161/02, [X.]Z
157, 151, 156 und vom 15.
März 2006

XII
ZR
138/01, NJW
2006, 2334 Rn.
14).

B.
Die Revision der Beklagten hat Erfolg.
6
7
8
-
8
-
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im [X.] ausgeführt:
Die Feststellungsklage sei zulässig. Zwar genieße eine Leistungsklage grundsätzlich Vorrang. Bei einer Bank sei indessen ohne weiteres davon [X.], dass sie auf ein rechtskräftiges Feststellungsurteil leisten werde.
Der Kläger habe seine auf Abschluss der Darlehensverträge gerichteten Willenserklärungen Ende 2014 widerrufen können, weil mangels ordnungsge-mäßer Widerrufsbelehrung die Widerrufsfrist nicht an-
und abgelaufen sei. So hätten die Widerrufsbelehrungen der Beklagten zu der Fehlvorstellung verleitet, die Widerrufsfrist beginne bereits mit der Aushändigung einer Vertragserklärung der Beklagten ohne Rücksicht auf die Vertragserklärung des [X.]. Darauf, ob wegen der konkreten Situation des Vertragsschlusses dieses Missverständ-nis ausgeräumt gewesen sei, komme es nicht an, weil auch bei einem Prä-senzgeschäft über die Fehlerhaftigkeit der Widerrufsbelehrung allein anhand der objektiven Auslegung zu entscheiden sei. Da die Beklagte das Muster für die Widerrufsbelehrung des Verordnungsgebers nicht verwendet habe, könne sie sich auch nicht auf dessen Gesetzlichkeitsfiktion berufen. An der Widerruf-lichkeit der auf Abschluss der Darlehensverträge gerichteten Willenserklärun-gen habe sich durch deren vorzeitige Abwicklung nichts geändert.
Die Grundsätze von Treu und Glauben stünden der Ausübung des [X.] nicht entgegen. Das Widerrufsrecht sei nicht verwirkt, da das [X.] nicht erfüllt sei. Der Kläger habe die Darlehen zwar mehrere Jahre ordnungsgemäß bedient und sie dann im [X.] auf eigenen Wunsch vorzeitig abgelöst. Es lasse sich jedoch nicht feststellen, dass er dies alles in Kenntnis seines fortbestehenden Widerrufsrechts getan habe. Jedenfalls ge-9
10
11
12
-
9
-
nügten diese Aspekte nicht, um das Vertrauen der Beklagten darauf zu [X.], der Kläger werde sein Widerrufsrecht nicht mehr ausüben. Berufliches Sonderwissen des [X.] vermöge ein schutzwürdiges Vertrauen der Beklag-ten
ebenfalls nicht zu begründen, zumal nicht mit der erforderlichen Sicherheit habe festgestellt werden können, dass ihm die rechtliche Problematik des "[X.]" Widerrufsrechts bei [X.] vor Abgabe seiner Willenserklärungen bekannt gewesen sei. Darauf, ob der Kläger mit dem Wider-ruf "ein berechtigtes Interesse" verfolge, komme es nicht an. Für ein arglistiges Verhalten sei nichts ersichtlich. Es bestünden ferner keine hinreichend konkre-ten Anhaltspunkte dafür, dass die schutzwürdig auf
das Unterbleiben des [X.] vertrauende Beklagte tatsächlich so disponiert habe, dass der Widerruf für sie eine unzumutbare Belastung darstelle. Auch im Übrigen liege in der Ausübung des Widerrufsrechts keine unzulässige Rechtsausübung. Dass der Kläger
überhaupt

wenn auch fehlerhaft

über sein Widerrufsrecht belehrt [X.] sei, sei ohne Belang. Gleichfalls unerheblich sei, dass der Widerruf für den Kläger wirtschaftlich vorteilhaft sei, während die Beklagte aufgrund des [X.] gesunkenen Zinsniveaus finanzielle Einbußen erleide.
Dem Kläger stehe ein Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten [X.] zu. Herausgabe vermutlich gezogener Nutzungen könne er indessen nur in Höhe von 2,5
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz und nicht wie beantragt in Höhe von fünf
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz verlangen. Schließlich könne der Kläger als Verzugsschaden den Ersatz vorge-richtlich verauslagter Anwaltskosten beanspruchen.
13
-
10
-
II.
Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Überprüfung nicht in [X.] stand.
1. Allerdings ist das Berufungsgericht im Ergebnis zutreffend davon aus-gegangen, die Klage sei in Gänze zulässig gegen die Beklagte erhoben [X.].
Zwar ist die Klage in Fällen, in denen ein Kläger, der selbst zu einem Or-gan einer Gesellschaft gehört, den gesetzlichen Vertreter der beklagten Gesell-schaft

im Falle einer Genossenschaft: das nach §
24 Abs.
1, §
39 [X.] zu ihrer gerichtlichen Vertretung berufene Organ

nicht nur irrtümlich falsch [X.] hat
(dazu [X.], Urteile vom 9.
Oktober 1986

II
ZR 284/85, WM
1986, 1411, 1412 und vom 16.
Februar 2009 -
II
ZR
282/07, WM
2009, 702 Rn.
10) und in denen an diesen vermeintlichen gesetzlichen Vertreter mit Willen des [X.] zugestellt worden ist, unzulässig ([X.], Urteile vom 26.
Juni 1995

II
ZR
122/94, [X.]Z
130, 108, 110
ff., vom 1.
Dezember 2003

II
ZR
161/02, [X.]Z
157, 151, 154 und vom 16.
Februar 2009 aaO Rn.
4; vgl. auch [X.], [X.], 15.
Aufl., §
39 Rn.
6 a.E.; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 4.
Aufl., §
39 Rn.
10; [X.]/[X.] in [X.], 4.
Aufl., §
112 Rn.
112; [X.]/[X.], [X.], 12.
Aufl., §
112 Rn.
13; KK-[X.]/[X.]/[X.], 3.
Aufl., §
112 Rn.
13; MünchKomm[X.]/[X.], 4.
Aufl., §
112 Rn.
33; [X.]/ [X.], [X.], 2013, §
112 Rn.
17).
Anderes gilt aber, wenn in der Klageschrift der gesetzliche Vertreter [X.] irrtümlich fehlerhaft angegeben wird, sich

auch durch das Revisionsge-richt ([X.], Urteile vom 24.
Januar 1952

III
ZR
196/50, [X.]Z
4, 328, 335, vom 24.
November 1980

VIII
ZR
208/79, WM
1981, 46, 47 und vom 16.
Dezember 1997 -
VI
ZR
279/96, NJW
1998, 1496, 1497)

das Gemeinte 14
15
16
17
-
11
-
ermitteln lässt (vgl. [X.], Urteil vom 9.
Oktober 1986

II
ZR
284/85, WM
1986, 1411, 1412; [X.], MDR
2011, 957
f.; auch Musielak/[X.], ZPO, 13.
Aufl., §
51 Rn.
3; [X.]/[X.]/[X.], ZPO, 37.
Aufl., §
51 Rn.
7) und die Zustel-lung der Klageschrift tatsächlich an den richtigen gesetzlichen Vertreter bewirkt wird. In diesem Fall ist die Klage zulässig erhoben und entsteht das Prozess-rechtsverhältnis zu dem ordnungsgemäß gesetzlich vertretenen Beklagten.
So verhält es sich hier. Bei der Angabe des Aufsichtsratsvorsitzenden der Beklagten als ihres gesetzlichen Vertreters in der Klageschrift handelte es sich offensichtlich um eine versehentliche Falschbezeichnung, mit der keine positive Aussage über die gesellschaftsrechtlichen Vertretungsverhältnisse und insbesondere über die Reichweite des §
39 Abs.
1 Satz
1 [X.] getroffen wer-den sollte. Entsprechend hat die Geschäftsstelle des [X.]s, die die Zu-stellung der Klageschrift nach §
166 Abs.
2, §§
168, 170 ZPO zu bewirken [X.], die Bezeichnung des gesetzlichen Vertreters ausgelegt und die Zustellung an den (nicht notwendig namentlich zu benennenden, vgl. [X.], Urteil vom 29.
Juni 1993

X
ZR
6/93, WM
1993, 1818, 1821) Vorstand der Beklagten als deren gesetzlichen Vertreter bewirkt, so dass das Prozessrechtsverhältnis zur Beklagten wirksam zustande gekommen ist. Dass die unrichtige, aber offenbar fehlerhafte Bezeichnung des gesetzlichen Vertreters sowohl in die Berufungs-schrift als auch in die Entscheidungen der Vorinstanzen übergegangen ist, [X.] daran nichts.
2. Zu Unrecht ist das Berufungsgericht aber davon ausgegangen, die Feststellungsklage sei zulässig, weil das nach §
256 Abs.
1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse gegeben sei. Das trifft nicht zu. Der Kläger kann und muss vielmehr vorrangig insgesamt (und nicht nur die Vorfälligkeitsentschädi-gung betreffend) mit der Leistungsklage gegen die Beklagte vorgehen (vgl. im Einzelnen Senatsurteil vom 21.
Februar 2017

XI
ZR
467/15, [X.] Rn.
13
ff.). 18
19
-
12
-
Da nicht feststeht, die Parteien seien sich

die Wirksamkeit des Widerrufs un-terstellt

über die aus dem [X.] resultierenden Ansprü-che einig, das Berufungsgericht vielmehr im Gegenteil den Standpunkt des [X.] zu dem von ihm geforderten Nutzungsersatz als streitig referiert und die Revision unter anderem mit dem Hinweis darauf zugelassen hat, es bedürfe grundsätzlicher Ausführungen "zur Höhe des von der Bank geschuldeten [X.] bei Immobiliardarlehen", liegt eine Ausnahme vom Vorrang der Leistungsklage, wie sie Gegenstand des [X.] vom 24.
Januar 2017 (XI
ZR
183/15, [X.] Rn.
16) war, nicht vor.
3. Das Berufungsurteil hält rechtlicher Überprüfung überdies nicht stand, soweit das Berufungsgericht die Beklagte zur Rückzahlung der Vorfälligkeits-entschädigung in Höhe von 8.853,72

u-fungsgericht hat die rechtlichen Maßgaben verkannt, unter denen nach den [X.] vom 12.
Juli 2016 (XI
ZR
501/15, WM
2016, 1835 Rn.
38
ff. und XI
ZR
564/15, WM
2016, 1930 Rn.
33
ff., zur [X.] bestimmt in [X.]Z) sowie vom 11.
Oktober 2016 (XI
ZR
482/15, WM
2016, 2295 Rn.
29
ff., zur [X.] bestimmt
in [X.]Z) die Verwirkung des Widerrufsrechts steht.
a) Richtig hat das Berufungsgericht im Ausgangspunkt angenommen, dem Kläger habe ursprünglich ein Widerrufsrecht nach §
495 Abs.
1 BGB zuge-standen, über das die Beklagte ihn gemäß §
355 BGB in der zwischen dem 8.
Dezember 2004 und dem 10.
Juni 2010 geltenden Fassung (künftig: a.[X.]) habe belehren müssen.
b) Weiter zutreffend hat das Berufungsgericht gesehen, die Widerrufsbe-lehrungen der Beklagten hätten den Kläger nicht hinreichend deutlich über die
Voraussetzungen seines Widerrufsrechts unterrichtet.
20
21
22
-
13
-
aa) Allerdings belehrte die Beklagte, was das Berufungsgericht hat da-hinstehen lassen, hinreichend deutlich über die Länge der Widerrufsfrist. Mittels der hier erkennbar an den Verbraucher gerichteten (vgl. Senatsurteil vom 12.
Juli 2016

XI
ZR
564/15, WM
2016, 1930 Rn.
19) Fußnote im [X.] an die Angabe "zwei Wochen (einem Monat)"
machte die Beklagte ausreichend klar, von welchen Voraussetzungen die Geltung einer der beiden im Text alter-nativ genannten Fristlängen abhing. Dabei orientierte sie sich zulässig am Wort-laut des §
355 Abs.
2 Satz
2 BGB a.[X.] Zugleich machte sie das Gemeinte durch die ausdrückliche Benennung der Vorschrift deutlich (Senatsurteil vom 22.
November 2016

XI
ZR
434/15, WM
2017, 427 Rn.
19). Der Zusatz in der Fußnote "bzw. werden kann"
war nicht geeignet, den Hinweis zu verunklaren (a.A. OLG
Düsseldorf, Urteil vom 13.
Mai 2016

17
U
175/15, juris Rn.
16; OLG
Frankfurt/Main, Urteil vom 21.
Dezember 2016

24
U
151/15, juris Rn.
42; OLG
Hamm, Urteil vom 18.
Juli 2016

31
U
284/15, juris Rn.
40
ff.; OLG
Zweibrücken, Urteile vom 16.
Dezember 2016

7
U
119/15, juris Rn.
91
ff. und

7
U
133/15, juris Rn.
85
ff.). Eine so gestaltete Sammelbelehrung

hier: für die ursprüngliche und die Nachbelehrung

ist nach allgemeinen Grundsät-zen zulässig (vgl. Senatsurteil vom 21.
Februar 2017

XI
ZR
467/15, [X.] Rn.
51
f.; Senatsbeschluss vom 24.
Januar 2017

XI
ZR
66/16, juris Rn.
11).
[X.]) Das Berufungsgericht hat indessen zutreffend erkannt, dass die [X.] mittels der Wendung "der schriftliche Vertragsantrag"
nicht hinreichend deutlich zum Ausdruck brachte, dass Bedingung für das Anlaufen der [X.] die Vertragserklärung des [X.] war (Senatsurteil vom 21.
Februar 2017

XI
ZR
381/16, [X.]
Rn.
13
ff. [X.]). Auf die Umstände der Erteilung der Belehrung kommt es, wie der Senat zuletzt mit Senatsurteil vom 21.
Februar 2017 (aaO Rn.
16
ff.) klargestellt hat, nicht an. Die Gesetzlichkeitsfiktion des Musters für die Widerrufsbelehrung kommt der Beklagten nicht zugute. Die [X.] der Belehrungen gegenüber der Anlage
2 zu §
14 Abs.
1 und 3 23
24
-
14
-
BGB-InfoV in der hier maßgeblichen, zwischen dem 8.
Dezember 2004 und dem 31.
März 2008 geltenden Fassung gingen über das Maß hinaus, das der Senat als für den Erhalt der Gesetzlichkeitsfiktion unschädlich angesehen hat (Senatsurteil vom 12.
Juli 2016

XI
ZR
564/15, WM
2016, 1930 Rn.
20
ff.).
c) Schließlich hat das Berufungsgericht in Übereinstimmung mit der [X.]srechtsprechung (vgl. Senatsurteil vom 11.
Oktober 2016

XI
ZR
482/15, WM
2016, 2295 Rn.
28) erkannt, dass die auf Abschluss eines [X.] gerichtete Willenserklärung auch noch nach dessen vorzeitiger Beendi-gung widerrufen werden kann.
d) Einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand halten dagegen die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Frage der Verwirkung des Widerrufs-rechts.
Die Verwirkung als Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung wegen der illoyal verspäteten Geltendmachung von Rechten setzt neben einem Zeit-moment, für das die maßgebliche Frist mit dem Zustandekommen des [X.] zu laufen beginnt, ein Umstandsmoment voraus. Ein Recht ist verwirkt, wenn sich der Schuldner wegen der Untätigkeit seines Gläubigers über einen gewissen
Zeitraum hin bei objektiver Beurteilung darauf einrichten darf und eingerichtet hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen, so dass die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt. Zu dem Zeitablauf müssen besondere, auf dem Verhalten des Berechtigten beru-hende Umstände hinzutreten, die das Vertrauen des Verpflichteten rechtferti-gen, der Berechtigte werde sein Recht nicht mehr geltend machen. Ob eine Verwirkung vorliegt, richtet sich letztlich nach den vom Tatrichter festzustellen-den und zu würdigenden Umständen des Einzelfalles (Senatsurteile vom 12.
Juli 2016

XI
ZR
501/15, WM
2016, 1835 Rn.
40 und

XI
ZR
564/15, 25
26
27
-
15
-
WM
2016, 1930 Rn.
37, jeweils [X.]). Die Bewertung des Tatrichters kann in der Revisionsinstanz nur daraufhin überprüft werden, ob sie auf einer tragfähi-gen Tatsachengrundlage beruht, alle erheblichen Gesichtspunkte berücksichtigt und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt oder von einem falschen Wertungsmaßstab ausgeht (vgl. Senatsurteile vom 12.
Juli 2016

XI
ZR
501/15, aaO Rn.
18 und

XI
ZR
564/15, aaO Rn.
43 [X.]). Nach die-sen Maßstäben liegt hier ein revisionsrechtlich relevanter Rechtsfehler vor.
Wie der Senat mit Urteilen vom 12.
Juli 2016 (XI
ZR
501/15, WM
2016, 1835 Rn.
41) und vom 11.
Oktober
2016 (XI
ZR
482/15, WM
2016, 2295 Rn.
30) ausgeführt hat, ist bei beendeten Verträgen bei der Bewertung, ob der Verbraucher das Widerrufsrecht verwirkt hat, mit zu berücksichtigen, ob die Parteien auf Wunsch des Verbrauchers den [X.] beendet haben.
Diesen rechtlichen Gesichtspunkt hat das Berufungsgericht bei seiner Würdigung der für und gegen eine Verwirkung des Widerrufsrechts spre-chenden Umstände zwar erwähnt, aber als unmaßgeblich außer [X.] gelassen.
4. Das Berufungsurteil unterliegt schließlich der Aufhebung, soweit das Berufungsgericht dem Kläger auf seine Berufung vorgerichtlich verauslagte Anwaltskosten zuerkannt hat. Wie der Senat mit Senatsurteil vom 21.
Februar 2017 (XI
ZR
467/15, [X.]
Rn.
27
ff.) näher ausgeführt hat, setzt eine Erstat-tung solcher Kosten unter dem Gesichtspunkt des Verzugsschadens voraus, dass der Kläger seinerseits die von ihm nach §
357 Abs.
1 Satz 1 BGB in der bis zum 12.
Juni 2014 geltenden Fassung in Verbindung mit §§
346
ff. BGB geschuldete Leistung in einer den Annahmeverzug der Beklagten begründen-den Weise angeboten hat. Das war hier nicht der Fall.

28
29
-
16
-
III.
Soweit das Berufungsgericht Anwaltskosten zuerkannt hat, kann der [X.] gemäß §
563 Abs.
3 ZPO in der Sache selbst entscheiden und die Berufung zurückweisen, weil dem Kläger auch unter keinem sonstigen Gesichtspunkt, insbesondere nicht dem des Schadensersatzes wegen einer Verletzung der Pflicht zur richtigen Belehrung über sein Widerrufsrecht, ein Anspruch zusteht. Der [X.] ist daher abweisungsreif (Senatsurteil vom 21.
Februar 2017 -
XI
ZR
467/15, [X.] Rn.
37 [X.]). Im Übrigen ist dem Senat eine eigene Sachentscheidung verwehrt.
1. Nicht abweisungsreif ist der Feststellungsantrag.
a) Der Senat kann auf die Revision der Beklagten die Feststellungsklage nicht als unzulässig abweisen. Denn das Berufungsgericht hätte, wenn es die Unzulässigkeit des [X.] erkannt hätte, auf diese Tatsache hin-weisen müssen.
In solchen Fällen muss, sofern dies

wie hier

noch möglich ist, dem Kläger durch Zurückverweisung der Sache Gelegenheit gegeben wer-den, eine nach §
264 Nr.
2 ZPO zulässige Umstellung vorzunehmen (Senatsur-teil vom 21.
Februar 2017

XI
ZR
467/15, [X.]
Rn.
39).
b) Der Senat kann aber auch nicht auf die Unbegründetheit der Feststel-lungsklage erkennen. Freilich ist das Feststellungsinteresse gemäß §
256 Abs.
1 ZPO nur für ein stattgebendes Urteil echte Prozessvoraussetzung. Ein Feststellungsbegehren, das das Berufungsgericht für zulässig erachtet hat, kann bei tatsächlich fehlendem Feststellungsinteresse in der Revisionsinstanz aus sachlichen Gründen abgewiesen werden (Senatsurteil vom 21.
Februar 2017

XI
ZR
467/15, [X.] Rn.
41 [X.]). Aufgrund der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen ist die Klage indessen nicht in der [X.], weil nicht feststeht, dass der Kläger sein Widerrufsrecht verwirkt hat.
30
31
32
33
-
17
-
2. Aus denselben Gründen ist die Klage auf Erstattung der Vorfälligkeits-entschädigung nicht abweisungsreif, weil nicht feststeht, ob sich aufgrund des Widerrufs des [X.] die Darlehensverträge in [X.]se umgewandelt haben.

IV.
Der Senat weist deshalb die Sache in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang an das Berufungsgericht zurück, §
563 Abs.
1 ZPO, damit es dem Kläger Gelegenheit zur Anpassung seiner Klageanträge gibt und die zur Frage der Verwirkung des Widerrufsrechts erforderlichen Feststellungen [X.].

Ellenberger
Grüneberg
Maihold

Menges
[X.]
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 24.02.2016 -
5 [X.]/15 -

OLG [X.], Entscheidung vom 19.08.2016 -
8 U 369/16 -

34
35

Meta

XI ZR 442/16

14.03.2017

Bundesgerichtshof XI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.03.2017, Az. XI ZR 442/16 (REWIS RS 2017, 14167)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 14167

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XI ZR 442/16

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