Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.09.2013, Az. XII ZB 200/13

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 2444

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 200/13

vom

25. September 2013

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
ZPO §§ 233 [X.], 522 Abs. 1
Auf erkennbar unklare oder ergänzungsbedürftige Angaben in einem Wiedereinset-zungsantrag, deren Aufklärung nach §
139 ZPO geboten ist, hat das Gericht [X.]. Diese Angaben dürfen noch nach Fristablauf erläutert und vervollständigt werden (im [X.] an Senatsbeschluss vom 13.
Juni 2007
XII
ZB
232/06
Fa-mRZ 2007, 1458).
[X.], Beschluss vom 25. September 2013 -
XII ZB 200/13 -
KG [X.]

LG [X.]

-
2
-
Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat am 25.
September 2013
durch den
Vorsitzenden Richter Dose
und [X.], Dr.
Günter, Dr.
Nedden-Boeger und Guhling

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Beklagten zu 1 wird der Beschluss des 8.
Zivilsenats des [X.] in [X.] vom 7.
März 2013 aufgehoben.
Der Beklagten zu 1 wird gegen die Versäumung der Berufungsbe-gründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.
Im Übrigen wird die Sache zur erneuten Behandlung und Ent-scheidung, auch über die Kosten des [X.], an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
[X.]:

Gründe:
I.
Die Beklagte zu 1 (im Folgenden:
Beklagte) wendet sich gegen die [X.] ihrer Berufung wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist.
Das Urteil, mit dem die Beklagte zur Rückzahlung einer Mietkaution in Höhe von 10.090,33

Juli 2012 zugestellt worden. Die Beklagte hat am 28.
August 2012 Berufung eingelegt. Auf ihren Antrag hat das Berufungsgericht die Berufungsbegründungsfrist 1
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-
3
-
mehrmals, zuletzt bis zum 14.
Dezember 2012,
verlängert. Die Beklagte hat die Berufung am 16.
Januar 2013 begründet und zugleich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist [X.]. Zudem hat die Beklagte hilfsweise beantragt, das Rechtsmittel im Hinblick auf die vom Kläger bereits eingelegte Berufung als [X.]berufung zu [X.]. Zur Begründung des [X.] hat der Prozessbe-vollmächtigte der Beklagten unter anderem vorgetragen, dass er mit Diktat des Schriftsatzes vom 30.
November 2012, mit dem die letzte Fristverlängerung beantragt worden sei, seine seit Jahren tätige, zuverlässige Sekretärin [X.] habe, "[X.]en" für den 10.
Dezember und den 14.
Dezember 2012 in den Kalender einzutragen. Am 5.
Dezember 2012 habe er anlässlich des Eingangs der gerichtlichen Fristverlängerungsmitteilung nach Abgleich der gewährten Fristverlängerung und der in der Akte vermerkten [X.]en die Wiedervorlage für den 10.
Dezember 2012 verfügt. Nach Vorlage der Akte am 10.
Dezember 2012 habe er die Wiedervorlage auf die "in der Akte als ord-nungsgemäß notiert vermerkte [X.] für den 14.
Dezember 2012"
verfügt. Jedoch sei die letztgenannte Frist von der Sekretärin versehentlich nicht in den [X.] eingetragen worden. Das [X.] hat die Berufung der Beklagten unter Zurückweisung des [X.] verworfen. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Rechtsbeschwerde.

II.
Die Rechtsbeschwerde ist zulässig und begründet.
1. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß §§
574 Abs.
1 Nr.
1, 522 Abs.
1 Satz
4, 238 Abs.
2 Satz
1 ZPO statthaft. Sie ist auch im Übrigen zulässig. Die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Entscheidung des 3
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4
-
Senats (§
574 Abs.
2 Nr.
2 ZPO).
Der angefochtene Beschluss verletzt die [X.] in ihrem Verfahrensgrundrecht
auf Gewährung wirkungsvollen Rechts-schutzes (Art.
2 Abs.
1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip), das
den Gerichten verbietet, den Beteiligten den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung einge-räumten Instanz in unzumutbarer, aus [X.] nicht zu rechtfertigender Weise zu erschweren (Senatsbeschluss vom 23.
Januar 2013

XII
ZB
167/11

FamRZ 2013, 1117 Rn.
4 mwN).
Einen solchen Verstoß rügt die Rechtsbe-schwerde mit Erfolg.
Das Berufungsgericht hat gegen §
139 Abs.
1 ZPO verstoßen, indem es unterstellt hat, dass es an einer hinreichenden
Büroorganisation fehle, weil die Beklagte nicht dargetan
habe, dass die Akte einen Erledigungsvermerk enthal-ten habe
bzw. dass die Anweisung bestanden habe, einen solchen stets erst nach Eintragung im Kalender einzutragen.
Das Vorbringen des Prozessbevollmächtigten in seinem Wiedereinset-zungsgesuch legt die Deutung nahe, dass die Notierung der Fristen in den Handakten nach Eintragung der Fristen im Kalender mit einem entsprechenden
Erledigungsvermerk erfolgt. In der Begründung des [X.] hat der Prozessbevollmächtigte der Beklagten vorgetragen, er habe die Wie-dervorlage auf "die in der Akte als ordnungsgemäß notiert vermerkte [X.] für den 14.12.2012" verfügt. Ergänzend heißt es hierzu in der eidesstattlichen Versicherung des Prozessbevollmächtigten der Beklagten, dass die genannte Frist offensichtlich von der Sekretärin nicht in den [X.] eingetragen worden sei, "obwohl dies in der Akte vermerkt" gewesen sei. Soweit das Be-schwerdegericht daraus ersichtlich folgert, dass damit lediglich "in der Akte vermerkte" Fristen gemeint seien, ist dies eher fern liegend. Denn das Wört-chen "dies" kann sich im Rahmen der gebotenen Auslegung nur auf die Eintra-gung in den [X.] beziehen und nicht

wie das [X.] offen-5
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-
5
-
sichtlich meint

auf die in der Akte vermerkten Fristen.
Auch wenn der Vortrag der Beklagten nicht ganz eindeutig ist, hätte das [X.]
ihr jedenfalls Gelegenheit geben müssen, ihren Vortrag zu präzisieren
(vgl. Senatsbeschluss vom 13.
Juni 2007 -
XII
ZB
232/06
-
FamRZ 2007, 1458
f.).
2. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet. Der
Beklagten ist Wieder-einsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegrün-dungsfrist zu gewähren. Denn sie hat die Frist weder aus eigenem noch aus ihr
zurechenbarem Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten (§
85 Abs.
2 ZPO) versäumt.
Die Beklagte hat mit der Rechtsbeschwerde dargelegt, was sie nach Er-teilung des gebotenen Hinweises gegenüber dem Berufungsgericht vorgetragen hätte. Danach hätte sie ausgeführt, dass der Vermerk in den Handakten einen solchen Erledigungsvermerk enthalte und Fristen in den Handakten grundsätz-lich nur vermerkt würden, wenn sie im [X.] notiert worden seien.
Damit sind die Anforderungen, die der [X.] an die erforderlichen
Vorkehrungen
stellt, die eine Gegenkontrolle im Rahmen der Fristenkon-
trolle ermöglichen sollen, erfüllt (vgl. Senatsbeschluss vom 23.
Januar 2013

XII
ZB
167/11
-
FamRZ 2013, 1117 Rn.
10 mwN).
Zwar müssen nach §§
234 Abs.
1, 236
Abs.
2 ZPO alle Tatsachen, die für die Gewährung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand von Bedeutung sein können, innerhalb der Antragsfrist vorgetragen werden. Jedoch dürfen nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] erkennbar unklare oder ergänzungsbedürftige Angaben, deren Aufklärung nach §
139 ZPO gebo-ten gewesen wäre, noch nach Fristablauf erläutert und vervollständigt werden
(Senatsbeschluss vom 13.
Juni 2007 -
XII
ZB
232/06
-
FamRZ 2007, 1458, 1459
mwN). Nach der

nunmehr mit der Rechtsbeschwerde erfolgten

Klarstel-7
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-
6
-
lung hätte das Berufungsgericht die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht ablehnen dürfen, da der Beklagten keine Pflichtverletzung ihres Prozess-bevollmächtigten zuzurechnen ist. Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten hat durch seine Kanzleiorganisation für eine ausreichende Fristenkontrolle ge-sorgt. Das Fehlverhalten der [X.] kann der Beklagten nicht [X.] werden.
Dabei ist schließlich auch zu berücksichtigen, dass der [X.] entgegen der Auffassung des [X.] nicht verpflichtet ist, die Richtigkeit der Eintragung der Frist anhand des [X.]s selbst zu kon-trollieren.
3. Da die Rechtsbeschwerde bereits aus den vorgenannten Gründen [X.] hat, kommt es nicht mehr auf die
weitere Rüge der Beklagten an, der zufol-ge das Berufungsgericht ihre Berufung bereits aus verfahrensrechtlichen Grün-den nicht hätte verwerfen dürfen (vgl. dazu [X.] Beschluss vom 2.
Juli 1996

IX
ZB
53/96
-
NJW 1996, 2659, 2660, wonach die Möglichkeit, ein solches Rechtsmittel als unselbständige [X.]berufung zu behandeln, seiner [X.] entgegensteht).

10
-
7
-
III.
Gemäß §
577 Abs.
4 Satz
1 ZPO ist der angefochtene Beschluss [X.]. Da die Sache hinsichtlich des [X.] zur Entschei-dung reif ist,
entscheidet der Senat gemäß §
577 Abs.
5 Satz
1 ZPO insoweit abschließend in der Sache. Im Übrigen ist die Sache zur erneuten Entschei-dung gemäß §
577 Abs.
4 Satz
1 ZPO an das Berufungsgericht
zurückzuver-weisen.

Dose

Schilling

Günter

Nedden-Boeger

Guhling
Vorinstanzen:
LG [X.], Entscheidung vom 26.07.2012 -
32 [X.]/10 -

KG [X.], Entscheidung vom 07.03.2013 -
8 [X.] -

11

Meta

XII ZB 200/13

25.09.2013

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.09.2013, Az. XII ZB 200/13 (REWIS RS 2013, 2444)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 2444

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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