Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.01.2011, Az. XI ZB 32/10

XI. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 10120

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BUNDESGERICHTSHOF [X.] vom 25. Januar 2011 in dem Rechtsstreit - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat durch [X.] [X.] und [X.] Ellenberger, [X.], [X.] und [X.] am 25. Januar 2011 beschlossen: Auf die Rechtsmittel des Klägers werden die Beschlüsse des 19. Zivilsenats des [X.] vom 19. August 2010 und des [X.] vom 20. Mai 2010 aufge-hoben. Gründe:[X.] 1. Der Kläger macht gegen die Beklagte unter anderem Ansprüche im Zusammenhang mit der von ihm am 17. Juni 2004 gezeichneten Beteiligung an der [X.]

Medienfonds GmbH & Co. KG (im [X.]: Fonds) sowie eines zur teilweisen Finanzierung dieser Beteiligung aufge-nommenen Darlehens geltend. 1 Der Kläger stützt sein Klagebegehren zum einen auf eine angebliche Prospektverantwortung der Beklagten unter dem rechtlichen Gesichtspunkt [X.] im engeren Sinne mit der Begründung, der für die Anlage herausgegebene Prospekt sei inhaltlich aus verschiedenen Gründen falsch. Zum anderen nimmt er die Beklagte als die seine Beteiligung finanzierende Bank in Anspruch mit der Begründung, die Beklagte habe Aufklärungspflichten bei Eingehung des Darlehensvertrages verletzt. Schließlich stützt er sein [X.] - 3 - gebegehren auch auf einen Widerruf des Darlehensvertrages nach den [X.]. 3 Beim [X.] ist unter dem Aktenzeichen [X.] ein Verfahren nach dem [X.] (nachfolgend: [X.]) anhängig. Die Beklagte ist dort Musterbeklagte zu 2). Zu klären sind in diesem Verfahren, soweit es die hiesige Beklagte betrifft, deren Prospektver-antwortlichkeit und die Fehlerhaftigkeit des Prospekts. 2. Das [X.] hat das Verfahren nach § 7 [X.] ausgesetzt. Das Beschwerdegericht hat die sofortige Beschwerde gegen den Aussetzungsbe-schluss als unzulässig verworfen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen [X.]: 4 § 7 Abs. 1 Satz 4 [X.] lasse eine Beschwerde gegen den [X.] nicht zu. Aus dem klaren Wortlaut dieser Vorschrift ergebe sich, dass an sich auch die Voraussetzungen der Aussetzung gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 [X.] einer Überprüfung durch das Beschwerdegericht entzogen [X.]. Eine einschränkende Auslegung dieser Norm sei im Hinblick auf deren ein-deutigen Wortlaut nicht möglich. Zwar habe der [X.] die Anfech-tung von [X.], die auf § 7 Abs. 1 [X.] gestützt seien, insoweit zugelassen, als das Vordergericht den Beteiligtenbegriff aus dem [X.] verkannt und Verfahren ausgesetzt habe, in denen kein [X.] nach § 1 [X.] hätte gestellt werden können und die [X.] von § 7 Abs. 1 [X.] von vornherein nicht erfasst würden. Diese Vor-aussetzungen lägen hier nicht vor, weil die Beklagte eine der [X.] sei. Es sei somit nicht zweifelhaft, dass gegen die Beklagte ein Musterfeststel-lungsverfahren durchgeführt werden könne. Nach Bekanntmachung des [X.] gemäß § 6 [X.] sei die Verfahrensstellung von anderen [X.] - 4 - richten in anderen Verfahren nicht überprüfbar. Der Umstand, dass der Kläger seine Ansprüche daneben auf weitere Sachverhalte stütze, die nicht den Ge-genstand eines Musterfeststellungsantrags gemäß § 1 Abs. 1 [X.] darstell-ten, führe zu keiner anderen Beurteilung. § 7 Abs. 1 [X.] spreche nur von dem Verfahren als Ganzes und unterscheide nicht nach unterschiedlichen Streitgegenständen. Bei der hier vorliegenden alternativen Häufung von [X.] habe der Kläger hinzunehmen, dass es dem erkennenden [X.] frei stehe, welchen der Sachverhalte es als Erstes prüfe. Mit der - vom Beschwerdegericht zugelassenen - Rechtsbeschwerde be-gehrt der Kläger die Aufhebung des Beschlusses des [X.] und der Aussetzungsentscheidung des [X.]s. 6 I[X.] Die statthafte Rechtsbeschwerde (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO) ist [X.]. 7 1. Rechtsfehlerhaft ist das Beschwerdegericht der Ansicht, der [X.] des [X.]s sei gemäß § 7 Abs. 1 Satz 4 [X.] unan-fechtbar. § 7 Abs. 1 [X.] findet auf das Streitverhältnis der Parteien inso-weit keine Anwendung, als Ansprüche aus vorvertraglicher Aufklärungspflicht-verletzung der Beklagten aus dem [X.] bzw. Ansprüche aus einem Widerruf nach dem Verbraucherdarlehensrecht im Streit sind (vgl. Se-natsbeschluss vom 30. November 2010 - [X.] ZB 23/10, [X.], 110 ff.). [X.] ist die auf § 7 Abs. 1 [X.] gestützte Aussetzung des gesamten [X.] durch das [X.] unzulässig. 8 - 5 - a) Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] können Rechtsstreitigkeiten, in denen Schadensersatzansprüche auf vertraglicher Grundlage oder aus § 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 und 3 BGB bzw. aus der soge-nannten Prospekthaftung im weiteren Sinne geltend gemacht werden, von vornherein nicht Gegenstand eines Musterverfahrens nach § 1 Abs. 1 [X.] sein. Das gilt auch dann, wenn sich die Haftung aus der Verwendung eines feh-lerhaften Prospektes im Zusammenhang mit einer Beratung oder einer Vermitt-lung ergibt (vgl. zuletzt Senatsbeschluss vom 30. November 2010 - [X.] ZB 23/10, [X.], 110 Rn. 11 mwN). 9 b) Das gilt auch für Ansprüche des Anlegers gegen die die Anlage finan-zierende Bank wegen vorvertraglicher Aufklärungspflichtverletzungen aus dem [X.], wie sie hier in Rede stehen. Solche Ansprüche, die der Kläger hier neben einem Anspruch aus Prospekthaftung im engeren Sinne gel-tend macht, können nicht Gegenstand eines Musterverfahrens sein. Das gilt auch dann, wenn die Haftung - etwa aus einem Wissensvorsprung - die Kennt-nis von einer durch fehlerhafte Prospektangaben begangenen arglistigen [X.] voraussetzt (vgl. Senatsbeschluss vom 30. November 2010 - [X.] ZB 23/10, [X.], 110 Rn. 14 mwN). Erst Recht gilt dies für Ansprüche, die auf ein Widerrufsrecht nach den [X.] gestützt wer-den. 10 c) Entgegen der Ansicht des [X.] ändert die Tatsache, dass die Beklagte auch als Prospektverantwortliche nach den Grundsätzen der Prospekthaftung im engeren Sinne in Anspruch genommen wird, nichts daran, dass über die daneben geltend gemachten Ansprüche aus vertraglichen oder vorvertraglichen Pflichtverletzungen bzw. aus dem Widerruf des [X.] zu entscheiden ist, bevor eine Aussetzung nach dem [X.] in [X.] - 6 - tracht kommt (vgl. Senatsbeschluss vom 30. November 2010 - [X.] ZB 23/10, [X.], 110 Rn. 15 mwN). 12 Den [X.] im engeren Sinne liegt ein anderer Lebenssachverhalt zugrunde als den Ansprüchen wegen einer Aufklärungs-pflichtverletzung aus dem [X.] oder eines Widerrufs des [X.]. Ein fehlerhafter Prospekt führt nicht notwendig zur Haftung des Darlehensgebers, ein fehlerfreier Prospekt schließt seine Haftung nicht notwen-dig aus. Das gilt erst recht für Ansprüche wegen Widerrufs des [X.]. Es fehlt daher an gleichgerichteten Interessen, die allein durch das [X.] gebündelt werden sollen Auch gebietet das Gebot effektiven Rechts-schutzes eine Entscheidung über die nicht dem Anwendungsbereich des [X.] unterliegenden Sachverhalte. Denn wenn die Klage gegen die [X.] als Darlehensgeberin begründet sein sollte, wären dem Kläger [X.] und Kosten wegen eines Verfahrens, das auf den Erfolg seiner Klage kei-nen Einfluss hat, nicht zuzumuten (vgl. Senatsbeschluss vom 30. November 2010 - [X.] ZB 23/10, [X.], 110 Rn. 16 mwN). Aufgrund des Sach- und Streitstandes kann eine Haftung der Beklagten als Darlehensgeberin unter dem Gesichtspunkt einer vorvertraglichen Aufklä-rungspflichtverletzung nicht ohne weiteres verneint werden. Das [X.] muss diesem Sachvortrag daher nachgehen und auch unter Einbeziehung der bereits durchgeführten umfangreichen Beweisaufnahme prüfen, ob der [X.] gegen die Beklagte wegen vorvertraglicher Aufklärungs-pflichtverletzung gegeben ist. 13 - 7 - 2. Eine Kostenentscheidung ergeht nicht. Die Kosten des [X.] bilden einen Teil der Kosten des Rechtsstreits, die unabhängig vom Ausgang des Beschwerdeverfahrens die nach §§ 91 ff. ZPO in der Sache [X.] zu tragen hat (vgl. Senatsbeschluss vom 30. November 2010 - [X.] ZB 23/10, [X.], 110 Rn. 18 mwN). 14 [X.] Ellenberger [X.] Matthias [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 20.05.2010 - 32 O 10991/08 - [X.], Entscheidung vom 19.08.2010 - 19 W 1571/10 -

Meta

XI ZB 32/10

25.01.2011

Bundesgerichtshof XI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.01.2011, Az. XI ZB 32/10 (REWIS RS 2011, 10120)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 10120

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XI ZB 23/10

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