Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.05.2012, Az. II ZR 233/10

II. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 6242

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
II ZR 233/10
Verkündet am:

22. Mai 2012

Stoll

Justizhauptsekretärin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

ZPO § 531 Abs. 1
Hat das Berufungsgericht die Entscheidung dahingestellt bleiben lassen, ob es das erstmalige Bestreiten einer anspruchsbegründenden Tatsache (hier: des Vorliegens einer Haustürsituation) zulassen darf, kann das Revisionsgericht diese Entscheidung nicht anstelle des Berufungsgerichts treffen.
[X.], Urteil vom 22. Mai 2012 -
II ZR 233/10 -
LG [X.]

[X.]

-
2
-
Der I[X.]
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 22.
Mai 2012 durch
den
Vorsitzenden
Richter Prof.
Dr.
Bergmann, die
Richterin [X.] und die Richter
Dr.
[X.], [X.] und Sunder
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil der 8.
Zivilkammer des [X.] vom 4.
November 2010 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:
Der [X.] beteiligte sich mit Beitrittserklärung vom 24.
April 2006, die am 2. Mai 2006 angenommen wurde, an der Klägerin, einem geschlossenen Fonds in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, deren Zweck im Halten und Veräußern von Anteilen an Investmentvermögen besteht, welche von Kapitalgesellschaften ausgegeben werden. Unter den ihm in dem Beitritts-formular angebotenen Beteiligungsmöglichkeiten wählte er das Beteiligungs-programm Multi
D und verpflichtete sich zu monatlichen Ratenzahlungen von 50

% Agio über einen Zeitraum von 40
Jahren, beginnend mit 1
-
3
-
dem 1.
Juli 2006 (Vertragssumme: 25.200

d einer jährlichen Dynamisie-rung der Rateneinlagen um 5
%.
Das Beitrittsformular enthält folgende, von dem [X.]n [X.]:
Widerrufsbelehrung
Ich bin an meine auf den Abschluss der oben genannten Beitrittserklärung ge-richtete Willenserklärung nicht mehr gebunden, wenn ich sie binnen zwei [X.] widerrufe. Die M.

GbR verzichtet auf ein etwaiges vor-zeitiges Erlöschen des Widerrufsrechts nach den gesetzlichen Bestimmungen (§§
312
d Abs.
3, 355 Abs.
3 [X.]). Mit dem Widerruf meiner Willenserklärung kommt auch meine Beteiligung an der M.

GbR nicht wirksam zustande.
Form des Widerrufs
Der Widerruf muss in Textform (z.B. Brief, Fax) erfolgen. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten.
Fristablauf
Der Lauf der Frist für den Widerruf beginnt einen Tag, nachdem ich diese [X.] unterschrieben habe und [X.]

ein Exemplar dieser Widerrufsbelehrung und

mein schriftlicher Vertragsantrag oder eine Abschrift der [X.] bzw.
meines [X.] zur Verfügung ge-stellt wurden.
Zur
Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.
Adressat des Widerrufs
Der Widerruf ist zu senden an die M.

GbR, G.

str.

,

M.

, Telefon: (0

)
6

, Fax: (0

) 6

Widerruf bei bereits erhaltener Leistung
Habe ich vor Ablauf der Widerrufsfrist bereits Leistungen von der M.

GbR erhalten, so kann ich mein Widerrufsrecht
dennoch ausüben. [X.]e ich in diesem Fall, so muss ich empfangene Leistungen jedoch binnen 30 Tagen an die M.

GbR zurückgewähren und der M.

GbR die von [X.] aus den Leistungen gezogenen Nutzungen her-ausgeben. Die Frist beginnt mit Absendung des Widerrufs.
2
-
4
-
Kann ich die von der M.

GbR [X.] gegenüber erbrachten Leistungen ganz oder teilweise nicht zurückgewähren -
beispielsweise weil dies nach dem Inhalt der erbrachten Leistungen ausgeschlossen ist
-, so bin ich verpflichtet, insoweit Wertersatz zu leisten. Dies gilt auch für den Fall, dass ich die von der M.

GbR erbrachten Leistungen bestim-mungsgemäß genutzt habe. Die Verpflichtung zum Wertersatz kann ich [X.], wenn ich die Leistungen vor Ablauf der Widerrufsfrist nicht in An-spruch nehme."
Der [X.] zahlte lediglich eine Rate.
Die Klägerin verlangt im [X.] vom [X.]n die rückstän-digen Raten (einschließlich Dynamisierung) von Juli 2006 bis Dezember 2009 s-kosten in Höhe von 316,18

Februar 2010 hat der [X.] seine Beitrittserklärung außerordentlich gekündigt, wegen arglisti-ger Täuschung angefochten und deren Widerruf erklärt.
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen; das Berufungsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die vom [X.] zugelassene Revision der Klägerin.

Entscheidungsgründe:
Die Revision der Klägerin hat Erfolg und führt unter Aufhebung der [X.] Entscheidung zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsge-richt.

3
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6
-
5
-
A.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im [X.] ausgeführt:
Der [X.] habe seine Beitrittserklärung wirksam widerrufen. Es könne dahinstehen, ob das erstmalige Bestreiten des Bestehens einer sogenannten Haustürsituation bei der Abgabe der Beitrittserklärung des [X.]n durch die Klägerin in der Berufungsinstanz noch berücksichtigt werden könne. Der [X.] sei unabhängig von dem Vorhandensein einer Haustürsituation wirksam, da die Klägerin dem [X.]n ein vertragliches Widerrufsrecht eingeräumt habe, dessen Ausübungsfrist im Zeitpunkt der Erklärung des Widerrufs nicht abgelau-fen gewesen sei, weil die Widerrufsbelehrung nicht den gesetzlichen [X.] genügt habe. Auf den Widerruf des Beitritts fänden die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft Anwendung mit der Folge, dass die Klägerin die rück-ständigen Raten wegen Bestehens der [X.] nicht mehr isoliert geltend machen könne. Die Klage sei daher abzuweisen.
B.
Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung im entscheidenden Punkt nicht stand.
[X.] Die Revision ist unbeschränkt zulässig.
Zwar hat das Berufungsgericht die Zulassung der -
im Tenor uneinge-schränkt zugelassenen
-
Revision damit begründet, dass die Voraussetzungen des §
543 Abs.
2 Satz
1 Nr.
2 ZPO im Hinblick auf die Frage vorlägen, welchen rechtlichen Anforderungen die Widerrufsbelehrung unter Berücksichtigung der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft genügen müsse.
7
8
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-
6
-
Die Zulassung der Revision kann nach ständiger Rechtsprechung des [X.] nur auf einen tatsächlich und rechtlich selbständigen Teil des
Gesamtstreitstoffs beschränkt werden, der Gegenstand eines Teilurteils sein oder auf den der Revisionskläger selbst seine Revision beschränken könn-te. Unzulässig ist es, die Zulassung auf einzelne von mehreren Anspruchs-grundlagen oder auf bestimmte Rechtsfragen zu beschränken (siehe nur [X.], Urteil vom 3.
Juni 1987 -
IVa
ZR
292/85, [X.]Z
101, 276, 278; Urteil vom 20.
Mai 2003 -
XI
ZR
248/02, ZIP
2003, 1240, 1241). Danach kann hier nicht davon ausgegangen werden, dass das Berufungsgericht die Zulassung auf die Frage der inhaltlichen Anforderungen der Widerrufsbelehrung beschränken wollte.

I[X.] Zu Recht wendet sich die Revision gegen die Ansicht des Berufungs-gerichts, der [X.] habe aufgrund eines ihm vertraglich eingeräumten [X.] seine Beitrittserklärung am 4.
Februar 2010 wirksam widerrufen.
1. Nach herrschender Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum kann ein Widerrufsrecht nicht nur von Gesetzes wegen bestehen, sondern grundsätzlich auch im Vereinbarungswege festgelegt werden. Danach können Vertragspartner -
als Ausprägung der Vertragsfreiheit
-
ein Widerrufsrecht [X.] vereinbaren und für die nähere Ausgestaltung sowie die Rechtsfolgen auf die §§
355, 357 [X.] verweisen (vgl. [X.]/[X.], [X.] [2004], §
355 Rn.
11; [X.]/[X.], [X.], 71.
Aufl., Vorb v §
355 Rn.
5; [X.]/[X.]/[X.], [X.], 2.
Aufl., §
355 Rn.
4; NK-[X.]/[X.], 2. Aufl., §
355 Rn.
26; zur vertraglichen Vereinbarung einer Verlängerung der Widerrufsfrist vgl. [X.], Urteil vom 13.
Januar 2009 -
XI
ZR
118/08, WM
2009, 350 Rn.
16
f.).
2. Ob einer Widerrufsbelehrung, die keine Beschränkung darauf enthält, dass sie nur in gesetzlich vorgesehenen Fällen gelten soll, die Vereinbarung 12
13
14
15
-
7
-
eines vertraglichen Widerrufsrecht entnommen werden kann, kann hier dahin-gestellt bleiben (vgl. zu dieser Problematik [X.], Urteil vom 15.
Oktober 1980 -
VIII
ZR
192/79, WM
1980, 1386, 1387, insoweit in [X.]Z
78, 248 nicht abge-druckt; Urteil vom 30.
Juni 1982 -
VIII
ZR
115/81, WM
1982, 1027; Urteile vom 6.
Dezember 2011 -
XI
ZR
401/10, ZIP
2012, 262 Rn.
17 und -
XI
ZR
442/10, juris Rn.
24; [X.], Urteil vom 19.
Juni 2009 -
11
U
210/06, juris Rn.
121; [X.], Urteil vom 22.
Juli 2009 -
27
U
5/09, juris Rn.
22
f.; Münch-Komm[X.]/[X.], 6.
Aufl., §
360 Rn.
15; [X.], NJW
2011, 1029, 1030
f.; [X.], [X.], 3. Aufl., Rn. 486
f.; Münscher, WuB
I G
1.5.03; [X.], EWiR
2009, 243, 244; [X.], [X.], 88). Denn der [X.] hätte ein ihm vertraglich eingeräumtes Widerrufsrecht jedenfalls nicht fristgemäß ausgeübt.
a) Der [X.] war -
ein vertraglich eingeräumtes Widerrufsrecht unter-stellt
-
nach der Widerrufsbelehrung berechtigt, seine Beitrittserklärung binnen zwei Wochen zu widerrufen. Der Lauf der Frist hätte danach einen Tag, nach-dem er die Widerrufsbelehrung unterschrieben hatte und ihm ein Exemplar der Belehrung sowie sein schriftlicher Vertragsantrag oder eine Abschrift der [X.] bzw. seines Vertragsantrags zur Verfügung gestellt worden [X.], begonnen. Diese [X.], die am 25.
April 2006 zu laufen [X.] hätte, wäre am 4. Februar 2010, als sein Prozessbevollmächtigter den [X.] erklärte, längst abgelaufen gewesen.
b) Für den Beginn der Widerrufsfrist kommt es nicht darauf an, ob die Widerrufsbelehrung den Anforderungen an eine Belehrung über ein gesetzli-ches Widerrufsrecht entspricht.
Den Formulierungen des [X.] lässt sich -
wenn man der Widerrufsbelehrung überhaupt die Einräumung eines [X.]en Widerrufsrechts entnehmen wollte
-
im Wege der Auslegung [X.] nicht entnehmen, die Klägerin habe dem [X.]n nicht nur ein vertragli-16
17
-
8
-
ches Widerrufsrecht mit der in der Widerrufsbelehrung beschriebenen Ausge-staltung einräumen wollen, sondern sich darüber hinaus auch verpflichtet, ihm gegenüber alle im Falle eines gesetzlichen Widerrufsrechts einzuhaltenden ge-setzlichen [X.] erfüllen zu wollen und ihm bei deren Nichteinhal-tung ein unbefristetes Widerrufsrecht einzuräumen.
aa) Bei der Auslegung der Vertragserklärung ist der Hintergrund der ge-setzlichen Widerrufsvorschriften in den Blick zu nehmen:
Die Fälle des gesetzlichen Widerrufsrechts, die eine Durchbrechung des Grundsatzes "pacta sunt servanda" darstellen, sind enumerativ und abschlie-ßend geregelt (§ 355 Abs. 1 Satz 1 [X.]) und knüpfen an bestimmte gesetzli-che Merkmale an (s. insoweit auch [X.], Urteile vom 6.
Dezember 2011 -
XI
ZR
401/10, ZIP
2012, 262 Rn.
17 und -
XI
ZR
442/10, juris Rn.
24). Wird einem Vertragspartner vertraglich ein Widerrufsrecht eingeräumt, das ihm nach dem [X.] fehlt, kann nicht ohne weiteres davon ausge-gangen werden, dass sich die Vertragspartner gleichwohl in einer solchen Situ-ation begegnen. Sie sind vielmehr grundsätzlich als vom Gesetz gleichgewich-tig eingeschätzte Vertragspartner anzusehen. Dann bestimmt sich der Inhalt des Widerrufsrechts aber auch ausschließlich durch Auslegung ihrer vertragli-chen Vereinbarung.
[X.]) Vor diesem Hintergrund bedarf es dann, wenn ein Unternehmer ei-nem Verbraucher, ohne dazu gesetzlich verpflichtet zu sein, ein Widerrufsrecht eingeräumt hat, konkreter Anhaltspunkte in der getroffenen Vereinbarung dafür, dass zwar das Widerrufsrecht als solches von den gesetzlichen Voraussetzun-gen (z.B. einer Haustürsituation) unabhängig sein soll, gleichwohl die für die 18
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-
9
-
Ausübung des Widerrufsrechts vereinbarte Frist nur dann in Gang gesetzt wer-den soll, wenn der Unternehmer dem Anleger zusätzlich eine Belehrung erteilt hat, die den Anforderungen für ein gesetzliches Widerrufsrecht (hier: §§
312, 355 [X.] in der Fassung des [X.] vom 20.
November 2001,
[X.]l. [X.] 3138) entspricht.
Derartige Anhaltspunkte bestehen vorliegend nicht. Ein vernünftiger Empfänger der Erklärung der Klägerin konnte den Formulierungen der [X.]sbelehrung nicht entnehmen, dass die Klägerin sich für den Fall, dass ein gesetzliches Widerrufsrecht nicht besteht, verpflichten wollte, dem Anleger [X.] ein unbefristetes Widerrufsrecht einräumen zu wollen, wenn die von ihr in der Widerrufsbelehrung genannten Voraussetzungen des Widerrufsrechts nicht den vom Gesetz für ein gesetzliches Widerrufsrecht aufgestellten [X.] genügten.
Für die gegenteilige Auslegung reicht es nicht aus, dass sich die Klägerin bei den Formulierungen an den Vorgaben des gesetzlichen Widerrufsrechts orientiert hat. Dies ist ersichtlich lediglich dem Umstand geschuldet, dass die Widerrufsbelehrung für den Fall des Eingreifens einer gesetzlichen Verpflich-tung zur Belehrung in das Formular aufgenommen wurde, und besagt deshalb nichts für einen Willen der Klägerin, nicht bestehende [X.] übernehmen und erfüllen zu wollen. Ebenso wenig folgt aus der Tatsache, dass die Klägerin selbstverständlich beabsichtigte, im Falle des Eingreifens eines gesetzlichen Widerrufsrechts mit der Belehrung die gesetzlichen Anforderungen zu erfüllen, aus der Sicht eines verständigen Empfängers ein Anhaltspunkt [X.], dass er sein (möglicherweise vertragliches) Widerrufsrecht unter anderen als unter den formulierten Voraussetzungen werde ausüben können.

21
22
-
10
-
Auch aus dem Umstand, dass die Klägerin unter Hinweis auf §
312d Abs.
3 [X.], §
355 Abs.
3 [X.] auf ein "etwaiges vorzeitiges Erlöschen" des Widerrufsrechts nach diesen Vorschriften verzichtet hat, folgt aus der maßgeb-lichen Sicht des Anlegers nicht, dass die Klägerin die gesetzlichen [X.] auch in dem Fall erfüllen wollte, dass der Vertragsschluss nicht in [X.] erfolgte. Es kann dahinstehen, ob der in der Widerrufsbe-lehrung erklärte Verzicht auf ein vorzeitiges Erlöschen des Widerrufsrechts nach den gesetzlichen Bestimmungen überhaupt dahin ausgelegt werden kann, er solle gegebenenfalls auch dann gelten, wenn die gesetzlichen Bestimmun-gen mangels Vorliegens
eines gesetzlichen Widerrufsrechts schon nicht an-wendbar sind und allenfalls ein vertraglich eingeräumtes Widerrufsrecht in Rede steht. Jedenfalls kommt in diesem Verzicht nicht zum Ausdruck, dem Anleger sämtliche Rechte, die das [X.] in der besonders schutz-würdigen Situation eines Geschäftsabschlusses in einer Haustürsituation ge-währt, selbst dann einräumen zu wollen, wenn eine solche Situation nicht ge-geben ist. Der Verbraucher kann der Erklärung allenfalls entnehmen, dass der Unternehmer ihm damit ein Widerrufsrecht unter den in der Belehrung formu-lierten Voraussetzungen einräumt. Die Bezugnahme auf die gesetzlichen [X.] ist für ihn nur insoweit von Bedeutung, als das ihm gegenüber [X.] (dadurch) nicht eingeschränkt wird.
II[X.] Der Senat kann in der Sache nicht abschließend selbst entscheiden (§ 563 Abs. 1 ZPO).
1. Das Amtsgericht hat festgestellt, dass der Beitritt des [X.]n "un-streitig" in einer sogenannten Haustürsituation erfolgt ist. Das Berufungsgericht hat die Entscheidung darüber, ob es das nach seinen -
von der Klägerin nicht mit einem Tatbestandsberichtigungsantrag nach §
320 ZPO angegriffenen (s. hierzu [X.], Urteil vom 10. Mai 2011 -
II ZR 227/09, [X.], 1362 Rn.
19 23
24
25
-
11
-
m.w.N.)
-
bindenden Feststellungen erstmalige Bestreiten der Haustürsituation durch die Klägerin in der Berufungsinstanz zulassen darf, dahingestellt lassen. Diese Entscheidung kann der Senat nicht an Stelle des Berufungsgerichts tref-fen (st. Rspr., siehe nur [X.], Urteil vom 22.
Februar 2006 -
IV
ZR
56/05, [X.]Z
166, 227 Rn.
12 m.w.N.).
2. Für das wiedereröffnete Berufungsverfahren weist der Senat auf fol-gendes hin.
a) Sollte das Berufungsgericht das erstmalige Bestreiten der [X.] durch die Klägerin in der Berufungsinstanz für unzulässig halten (§
531 Abs.
2 Nr.
3 ZPO), stünde fest, dass der Beitritt des [X.]n in einer Haustür-situation nach §
312 Abs.
1 Satz
1 Nr.
1 [X.] (in der Fassung des [X.] vom 20.
November 2001,
[X.]l. [X.] 3138) erfolgt ist. Diese Vorschrift findet auf Verträge über den Beitritt zu einer Gesell-schaft, die wie die Klägerin der Kapitalanlage dienen soll, nach der vom Ge-richtshof der [X.] bestätigten (Urteil vom 15.
April 2010
-
C
215/08, [X.], 772) ständigen Rechtsprechung des Senats Anwendung (siehe hierzu nur [X.], Urteil vom 12.
Juli 2010 -
II
ZR 292/06, [X.]Z 186, 167 Rn.
12 -
FRIZ II).
Diesen Beitritt hätte der [X.] wirksam widerrufen. Sein Widerruf vom 4.
Februar 2010 wäre fristgerecht, weil die Widerrufsbelehrung nicht den ge-setzlichen Anforderungen (§§
312, 355 [X.]) entspricht.
Der Schutz des Verbrauchers erfordert nach der ständigen Rechtspre-chung des [X.] eine möglichst umfassende, unmissverständli-che und aus dem Verständnis der Verbraucher eindeutige Belehrung (siehe nur [X.], Urteil vom 4.
Juli 2002 -
I
ZR
55/00, ZIP
2002, 1730, 1731; Urteil vom 12.
April 2007 -
VII
ZR
122/06, [X.]Z
172, 58 Rn.
13; Urteil vom 10.
März 2009 26
27
28
29
-
12
-
-
XI
ZR
33/08, [X.]Z
180, 183 Rn.
14; siehe nunmehr §
360 Abs.
1 [X.]). Die Widerrufsbelehrung hat dem Verbraucher die ihm durch den Widerruf eröffne-ten wesentlichen Rechte und Pflichten bewusst zu machen; in ihr sind die tat-sächlichen materiellen Rechtsfolgen der Erklärung des Widerrufs abzubilden (vgl. [X.], Urteil vom 12.
April 2007 -
VII
ZR
122/06, [X.]Z
172, 58 Rn.
11, 13
ff.; Urteil vom 2.
Februar 2011 -
VIII
ZR
103/10, ZIP
2011, 572 Rn.
17).
Diesen Anforderungen genügt die dem [X.]n erteilte Belehrung nicht, ohne dass der Senat an dieser Stelle entscheiden müsste, wie die [X.]sbelehrung im Falle des Widerrufs einer Beteiligung an einer [X.] formuliert werden muss (Probleme insoweit aufzeigend
Podewils, MDR
2010, 117
ff.; [X.], ZGS
2011, 397
ff.). Die Belehrung entspricht schon deshalb nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil sie ledig-lich auf aus dem Widerruf folgende Pflichten des [X.]n hinweist, nicht [X.] darauf, wie sich der Widerruf auf (etwaige) Rechte des [X.]n im [X.] auf von ihm bereits an die Klägerin geleistete Zahlungen auswirkt. Ein sol-cher Hinweis war nicht deshalb entbehrlich, weil der [X.] nach der konkre-ten Vertragsgestaltung Zahlungen erst nach Ablauf der Widerrufsfrist leisten musste. Es kommt nicht darauf an, ob vertragliche Leistungen nach der von der Klägerin beabsichtigten Vertragsgestaltung ausgeschlossen sein sollten, son-dern ob sie nach der tatsächlichen Vertragsgestaltung auch ausgeschlossen waren. Das war vorliegend nicht der Fall. Zum einen war der [X.] berech-tigt, Zahlungen bereits vor dem festgelegten Fälligkeitstermin und damit auch vor Ablauf der Widerrufsfrist zu entrichten (§
271 Abs.
2 [X.]). Zudem waren die Fälligkeitstermine handschriftlich einzutragen; schon nach der vertraglichen Gestaltung war mithin die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, die Fälligkeit von Zahlungen vor Ablauf der Widerrufsfrist zu vereinbaren. Im Übrigen geht die von der Klägerin verwendete Widerrufsbelehrung selbst davon aus, dass Leis-tungen vor Ablauf der Widerrufsfrist in Betracht kamen; andernfalls hätte es 30
-
13
-
nicht des in der Belehrung enthaltenen Hinweises bedurft, dass im Falle eines wirksamen Widerrufs bereits empfangene Leistungen zurückzugewähren seien (vgl. [X.], Urteil vom 2.
Februar 2011 -
VIII
ZR
103/10, ZIP
2011, 572 Rn.
19).
b) Sollte das Berufungsgericht in der wiedereröffneten [X.] erneut zu dem Ergebnis gelangen, dass der Widerruf der Beitrittser-klärung durch den [X.]n wirksam ist, führte
dies, wie das Berufungsgericht richtig gesehen hat, nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] und zur Ermittlung des Wertes des [X.] beigetretenen Gesellschaf-ters im Zeitpunkt seines Ausscheidens (siehe nur [X.], Urteil vom 2.
Juli 2001 -
II
ZR
304/00, [X.]Z
148, 201, 207
f.; Urteil vom 12.
Juli 2010 -
II
ZR
492/06, [X.]Z
186, 167 Rn.
11
f. -
FRIZ
II;
Urteil vom 17.
Mai 2011 -
II
ZR
285/09, ZIP
2011, 1359 Rn.
14, 17). Das stünde einem Erfolg der Klage entgegen.
Zwar wäre der [X.] mit Zugang des Widerrufs mit Wirkung "ex nunc" aus der Klägerin ausgeschieden, mit (u.a.) der Folge, dass er zur Zahlung rück-ständiger, noch nicht erbrachter ([X.] an die [X.] bliebe (st. Rspr., siehe nur [X.], Beschluss vom 5.
Mai 2008 -
II
ZR
292/06, ZIP
2008, 1018 Rn.
9 m.w.N. -
FRIZ
I). Diesen Anspruch kann die Klägerin jedoch nicht
mehr isoliert geltend machen. Nach der vom [X.] insoweit zutreffend gesehenen ständigen Rechtsprechung des Se-nats unterliegen sowohl die Ansprüche des Gesellschafters gegen die Gesell-schaft als auch die der [X.] zum Stichtag des Ausscheidens einer [X.]; die gegenseitigen Ansprüche wer-den zu unselbständigen Rechnungsposten der Auseinandersetzungsrechnung (siehe nur [X.], Urteil vom 15.
Mai 2000 -
II
ZR
6/99, ZIP
2000, 1208, 1209; Urteil vom 2.
Juli 2001 -
II
ZR
304/00, [X.]Z
148, 201, 207
f.; Urteil vom 12.
Juli 2010 -
II
ZR
492/06, [X.]Z
186, 167 Rn.
12
-
FRIZ
II; Urteil vom 17.
Mai 2011 31
32
-
14
-
-
II
ZR
285/09, ZIP
2011, 1359 Rn.
14, 17). Der Senatsentscheidung vom 16.
Dezember 2002 ([X.], [X.]Z 153, 214 ff.) ist nichts Abweichendes zu entnehmen.

Das Berufungsgericht hat jedoch nicht in den Blick genommen, dass die unter Verkennung der [X.] auf Zahlung gerichtete Klage im ordentlichen Verfahren als Minus ein Feststellungsbegehren enthält, das darauf gerichtet ist, dass die entsprechende Forderung in die Auseinandersetzungs-rechnung der Parteien eingestellt wird (siehe nur [X.], Urteil vom 9.
März 1992 -
II
ZR
195/90, NJW
1992, 2757, 2758; Urteil vom 15.
Mai 2000 -
II
ZR
6/99, ZIP
2000, 1208, 1210; Urteil vom 18.
März 2002 -
II
ZR
103/01, NZG
2002, 519). Im [X.] vermag diese Auslegung der Klage jedoch nicht zum Erfolg zu verhelfen; sie wäre insoweit als im [X.] unstatthaft ab-zuweisen (siehe hierzu [X.], Urteil vom 22.
Mai 2012 -
II
ZR
2/11, Umdruck S.
17
f., z.[X.].; siehe auch [X.]/[X.], ZPO, 9.
Aufl. §
597 Rn.
2).
c) Sollte das Berufungsgericht das Bestreiten der Haustürsituation durch die Klägerin für zulässig erachten, wird es zu prüfen haben, ob das [X.] als [X.] im Sinne der §§
592, 595 ZPO zum Nachweis der von der Klägerin behaupteten Bestellung im Sinne des §
312 Abs.
3 Nr. 1 [X.] ausreicht. Es wird dabei in den Blick zu nehmen haben, dass die insoweit darlegungs-
und beweisbelastete
Klägerin (siehe nur [X.], Urteil vom 15.
April 2010 -
III
ZR
218/09, [X.]Z
185, 192 Rn.
14 m.w.N.) mit Hilfe des Gesprächsprotokolls nachweisen müsste, dass der [X.] den Vermittler zu konkreten Vertragsverhandlungen in seine Wohnung bestellt hat (vgl. [X.], Ur-teil vom 19.
November 1998 -
VII
ZR
424/97, ZIP
1999, 70, 71 f.; siehe auch Urteil vom 15.
April 2010 -
II
ZR
218/09, [X.]Z
185, 192 Rn.
13
ff. sowie [X.], Urteil vom 29.
Februar 2012 -
1
U
66/11, juris Rn. 34 f.). Eine den An-forderungen des §
312 Abs.
3 Nr.
1 [X.] genügende Einladung liegt aber nur 33
34
-
15
-
dann vor, wenn vorher der Gegenstand der Verhandlungen hinreichend konkret bezeichnet wird und sich die Einladung auf eine bestimmte Art von Leistungen bezieht, damit der Verbraucher in der Lage ist, sich auf das Angebot des [X.] vorzubereiten und nicht der für Haustürsituation typischen Überrumpe-lungsgefahr ausgesetzt ist.
d) Soweit das Berufungsgericht das Bestreiten der Haustürsituation durch die Klägerin für zulässig halten und das Vorliegen der Haustürsituation als im Urkundenverfahren nicht beweisbar ansehen sollte, wird es sich mit den weiteren vom [X.]n geltend gemachten Gründen der Berechtigung seiner außerordentlichen Kündigung -
die ebenfalls zur Anwendung der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft führen würden (siehe nur [X.], Urteil vom 21.
Juli 2003 -
II
ZR
387/02, [X.]Z
156, 46, 51
ff.)
-
zu befassen haben.

Bergmann

[X.]

[X.]

[X.]

Sunder
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 01.04.2010 -
2 [X.] -

LG [X.], Entscheidung vom 04.11.2010 -
8 S 12/10 -

35

Meta

II ZR 233/10

22.05.2012

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.05.2012, Az. II ZR 233/10 (REWIS RS 2012, 6242)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 6242

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II ZR 233/10

II ZR 227/09

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