Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 16.04.2012, Az. 4 B 29/11

4. Senat | REWIS RS 2012, 7320

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Gegenstand

Darlegungslast der Gemeinde für Unwirksamkeit einer früheren Fassung eines Bebauungsplans


Gründe

1

Die auf die Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO gestützte [X.]eschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision bleibt ohne Erfolg.

2

1. Die [X.]eschwerde rügt als Verfahrensfehler, das Oberverwaltungsgericht habe entgegen dem Amtsermittlungsgrundsatz den Sachverhalt nicht hinreichend aufgeklärt. Diese Rüge bleibt ohne Erfolg.

3

Das Oberverwaltungsgericht hat die [X.]erufung der beklagten [X.] gegen das Urteil des [X.] zurückgewiesen. [X.]eide Instanzen sind übereinstimmend zu dem Ergebnis gelangt, dass die [X.]eklagte verpflichtet ist, der Klägerin den beantragten [X.]auvorbescheid zu erteilen. Dabei gehen sie davon aus, der das [X.]auvorhaben betreffende [X.]ebauungsplan in der Fassung seiner 2. Änderung (2009/2011) sei hinsichtlich des Ausschlusses von Lebensmitteleinzelhandel unwirksam, denn es bestünden nicht genug Anhaltspunkte für eine Gefährdung der Nahversorgung in [X.] ([X.]). Daher gelte für das Grundstück der Klägerin der [X.]ebauungsplan in seiner Ursprungsfassung vom 1. Dezember 1977 ([X.] S. 15, [X.]). Danach sei Lebensmitteleinzelhandel mit nicht wesentlich störenden Schallimmissionen zulässig.

4

Die [X.]eklagte ist der Ansicht, das Oberverwaltungsgericht hätte - ausnahmsweise auch ohne [X.]eweisantrag - eine weitere Sachaufklärung zur Wirksamkeit des ursprünglichen [X.]ebauungsplans betreiben müssen. Dies begründet sie mit dem Hinweis, dem Oberverwaltungsgericht hätte sich eine Aufklärung aufdrängen müssen, "nachdem es einen relevanten Fehler des neueren Plans festgestellt" habe ([X.]eschwerdebegründung S. 8). Dem ist nicht zu folgen.

5

Ein Aufklärungsmangel ist nur dann im Sinne von § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO bezeichnet, wenn er sowohl in den ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen als auch in seiner rechtlichen Würdigung substantiiert dargetan wird. Es muss dementsprechend substantiiert dargelegt werden, hinsichtlich welcher tatsächlichen Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in [X.]etracht gekommen wären und welche tatsächlichen Feststellungen bei Durchführung der unterbliebenen Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären; weiterhin hätte dargelegt werden müssen, dass bereits im Verfahren vor dem [X.], insbesondere in der mündlichen Verhandlung, entweder auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr gerügt wird, hingewirkt worden ist oder dass sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken von sich aus hätten aufdrängen müssen. Denn die Aufklärungsrüge stellt kein Mittel dar, um Versäumnisse eines Verfahrensbeteiligten in der Tatsacheninstanz, vor allem das Unterlassen der Stellung von [X.]eweisanträgen, zu kompensieren (stRspr). Diesen Anforderungen genügt die Verfahrensrüge vorliegend nicht.

6

Hinzu kommt, dass es grundsätzlich Sache einer Gemeinde ist, diejenigen tatsächlichen Abläufe vorzutragen und darzulegen, mit denen sie die Unwirksamkeit der früheren Fassung eines [X.]ebauungsplans geltend machen will, wenn das Oberverwaltungsgericht (hier in Übereinstimmung mit der Entscheidung der Vorinstanz) materiellrechtliche [X.]edenken gegen eine spätere Fassung des [X.]ebauungsplans äußert, mit der [X.] eingeschränkt werden. Denn sie ist im [X.]esitze der entsprechenden Verwaltungsvorgänge einschließlich der Abläufe im Zusammenhang mit der [X.]ekanntmachung.

7

Die [X.]eklagte legt ferner nicht abschließend dar, dass das [X.]erufungsurteil auf dem behaupteten Verfahrensmangel beruht; denn sie setzt sich nicht mit der Frage auseinander, ob die erneute [X.]ekanntmachung vom 25. März 2011 nicht auch einen eventuellen Mangel des ursprünglichen [X.]ebauungsplans geheilt hat, der nach der [X.]ehauptung der [X.]eklagten darin liegen soll, dass es an einem Hinweis darauf gefehlt hat, in welcher Form [X.]etroffene von der in [X.]ezug genommenen [X.] 18005 Kenntnis erlangen können.

8

Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs scheidet von vornherein aus, da die [X.]eklagte sich bereits nach dem erstinstanzlichen Urteil darauf einstellen konnte, dass ein Rückgriff auf den [X.]ebauungsplan aus dem Jahre 1977 in [X.]etracht kam.

9

2. Das [X.]eschwerdevorbringen ergibt auch nicht, dass die Revision wegen grundsätzlicher [X.]edeutung der Rechtssache zuzulassen wäre. Dies setzt die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die Revisionsentscheidung erheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts und außerdem die Angabe voraus, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende [X.]edeutung bestehen soll (stRspr).

Die [X.]eklagte wirft die Frage auf, ob ein [X.] verpflichtet ist, die Rechtswirksamkeit eines [X.]ebauungsplans in jedem Fall von Amts wegen zu prüfen, jedenfalls aber dann, wenn es einen ihn ersetzenden [X.]ebauungsplan für fehlerhaft hielt und der Ursprungsbebauungsplan u.a. an demselben Rechtsfehler leidet.

Die [X.]eschwerde genügt nicht den [X.]. Sie legt selbst dar, dass ein Gericht bei der Normenkontrolle nicht auf die Überprüfung der von den [X.]eteiligten geltend gemachten Mängel beschränkt ist ([X.]eschluss vom 4. Oktober 2006 - [X.]VerwG 4 [X.] 26.06 - [X.]), andererseits es [X.] richterlichen Handelns darstellt, nicht gleichsam ungefragt auf Fehlersuche zu gehen (Urteil vom 17. April 2002 - [X.]VerwG 9 CN 1.01 - [X.]VerwGE 116, 188 <196 f.>; [X.]eschluss vom 6. März 1996 - [X.]VerwG 4 [X.] 184.95 - [X.]RS 58 Nr. 78). Dagegen wird nicht erkennbar, aus welchen Gründen diese Rechtsprechung einer Weiterentwicklung bedürfte. Soweit in der [X.]eschwerdebegründung auf die [X.]esonderheiten des vorliegenden Einzelfalls eingegangen wird, sind diese nicht geeignet, eine grundsätzliche [X.]edeutung zu belegen. Im Übrigen fehlt es bereits an Feststellungen des [X.] zu Text und Verfahren des [X.]ebauungsplans in seiner ursprünglichen Fassung; die Verfahrensrüge ist aus den oben ausgeführten Gründen erfolglos geblieben.

Meta

4 B 29/11

16.04.2012

Bundesverwaltungsgericht 4. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend OVG Lüneburg, 27. April 2011, Az: 1 LC 96/10, Urteil

§ 96 VwGO

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 16.04.2012, Az. 4 B 29/11 (REWIS RS 2012, 7320)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 7320

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