Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 05.01.2016, Az. 5 PB 23/15

5. Senat | REWIS RS 2016, 18103

© Bundesverwaltungsgericht, Foto: Michael Moser

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Abgrenzung von Verwaltungsanordnung und Anordnung im personalvertretungsrechtlichen Sinn


Gründe

1

Die auf die Zulassungsgründe der grundsätzlichen [X.]edeutung einer Rechtsfrage (1.) und der Abweichung (2.) gestützte [X.]eschwerde nach § 88 Abs. 2 Satz 1 SächsPersVG i.V.m. § 92a Satz 1 ArbGG gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde in dem [X.]eschluss des [X.] vom 25. Juni 2015 hat keinen Erfolg.

2

1. Die [X.]eschwerde zeigt nicht in einer den Darlegungsanforderungen gerecht werdenden Weise auf, dass die Rechtsbeschwerde wegen einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage mit grundsätzlicher [X.]edeutung zuzulassen ist.

3

Grundsätzliche [X.]edeutung im Sinne von § 88 Abs. 2 Satz 1 SächsPersVG i.V.m. § 92 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG kommt einer Rechtsfrage nur zu, wenn mit ihr eine für die erstrebte Rechtsbeschwerdeentscheidung erhebliche Frage aufgeworfen wird, die im Interesse der Einheit und Fortbildung des Rechts der Klärung bedarf. Die Rechtsfrage muss zudem klärungsfähig sein, was der Fall ist, wenn sie in der [X.] beantwortet werden kann.

4

Nach § 88 Abs. 2 Satz 1 SächsPersVG i.V.m. § 92a Satz 2 i.V.m. § 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 ArbGG muss die [X.]egründung der auf den Zulassungsgrund des § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG gestützten Nichtzulassungsbeschwerde die Darlegung der grundsätzlichen [X.]edeutung einer Rechtsfrage und deren Entscheidungserheblichkeit enthalten. Dieses [X.] setzt die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die Rechtsbeschwerdeentscheidung erheblichen Rechtsfrage sowie die Angabe voraus, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende [X.]edeutung besteht. Die [X.]eschwerde muss substantiiert erläutern, dass und inwiefern die Rechtsbeschwerdeentscheidung zur Klärung einer bisher vom [X.] nicht beantworteten, fallübergreifenden und entscheidungserheblichen Rechtsfrage führen kann (vgl. [X.]VerwG, [X.]eschluss vom 28. Juli 2014 - 5 P[X.] 1.14 - juris Rn. 4).

5

Den vorstehenden Anforderungen genügt die [X.]egründung der [X.]eschwerde nicht.

6

a) Dies gilt zunächst, soweit die [X.]eschwerde in [X.]ezug auf § 77 Abs. 1 Nr. 1 des [X.] (SächsPersVG) i.d.F. der [X.]ekanntmachung vom 25. Juni 1999, bezogen auf den hier maßgeblichen Zeitpunkt zuletzt geändert durch Art. 10 des Gesetzes vom 27. Januar 2012 (SächsGV[X.]l. [X.], 139) - SächsPersVG 2012 - die Frage als klärungsbedürftig erachtet,

"ob eine Anordnung, die sich - soweit mehr als drei Personen betroffen sind - auf bestimmte [X.]eschäftigte oder einen bestimmten, eng begrenzten Kreis der [X.]eschäftigten bezieh[t], unter den [X.]egriff der [X.] fallen", (S. 10 f. der Nichtzulassungsbeschwerdebegründung).

7

Die [X.]eschwerde zeigt nicht auf, dass die so formulierte Frage der Klärung bedarf. An einer Klärung der aufgeworfenen Frage in einem Rechtsbeschwerdeverfahren besteht kein [X.]edarf, wenn sich die aufgeworfene Frage auf der Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung und mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Gesetzesinterpretation ohne Weiteres beantworten lässt (stRspr, vgl. [X.]VerwG, [X.]eschlüsse vom 9. Dezember 2011 - 5 [X.] - juris Rn. 5 und vom 20. Dezember 2012 - 5 [X.] 34.12 - juris Rn. 4).

8

Gemäß § 77 Abs. 1 Nr. 1 SächsPersVG 2012 wirkt der Personalrat mit bei [der] Vorbereitung von [X.] einer Dienststelle für die innerdienstlichen, [X.] und persönlichen Angelegenheiten der [X.]eschäftigten ihres Geschäftsbereichs, wenn nicht nach gesetzlichen Vorschriften die Spitzenorganisationen der zuständigen [X.] bei der Vorbereitung zu beteiligen sind.

9

In der zu dem [X.]egriff der [X.] im Sinne der weitgehend wortgleichen [X.]estimmung des § 78 Abs. 1 Nr. 1 [X.]PersVG ergangenen Rechtsprechung des [X.]s ist geklärt, dass eine Anordnung, die sich auf bestimmte [X.]eschäftigte oder einen bestimmten, eng begrenzten Kreis der [X.]eschäftigten bezieht, nicht unter den [X.]egriff der [X.] fällt. § 78 Abs. 1 Nr. 1 [X.]PersVG knüpft nicht an den technischen [X.]egriff der [X.] im Sinne des Verwaltungsrechts an. Zu den [X.] im Sinne dieser Vorschrift zählen dementsprechend auch allgemeine Weisungen und Anordnungen, die im Rahmen des aus einem Arbeitsverhältnis folgenden Direktionsrechts des Arbeitgebers ergehen und die gestaltend in die innerdienstlichen, [X.] oder persönlichen [X.]elange der [X.]ediensteten eingreifen. Die [X.] müssen stets allgemeine Regelungen in dem Sinne sein, dass sie die [X.]eschäftigten in ihrer Gesamtheit, mindestens aber einen unbestimmten Teil der [X.]eschäftigten betreffen. Dementsprechend unterfallen Anordnungen, die sich auf die Aufgaben und [X.]efugnisse nur bestimmter [X.]eschäftigter beziehen, diesem [X.]egriff nicht. Dies folgt zum einen aus der Abgrenzung der [X.] von der (konkreten) Weisung und zum anderen aus dem Sinn und Zweck der [X.]eteiligungsvorschrift. Durch die [X.]eteiligung des Personalrats in der Form der Mitwirkung suchte der Gesetzgeber sicherzustellen, dass die Überlegungen der Personalvertretung bereits bei der Vorbereitung allgemeiner Regelungen einbezogen werden, welche sich auf die [X.]elange der [X.]eschäftigten auswirken können. Dadurch sollten jedoch die [X.]eteiligungsbefugnisse der Personalvertretung bei der Regelung konkreter Einzelfälle nicht gegenständlich erweitert werden. Insoweit sind die [X.]efugnisse der Personalvertretung in den Mitbestimmungstatbeständen der §§ 75 ff. [X.]PersVG abschließend geregelt ([X.]VerwG, [X.]eschluss vom 23. Juli 1985 - 6 P 13.82 - [X.]uchholz 238.3A § 78 [X.]PersVG Nr. 4 S. 3 f.). Eine [X.] im personalvertretungsrechtlichen Sinne ist somit jede Regelung, welche die Dienststelle in Wahrnehmung ihrer Aufgaben und Rechte als Dienstherr oder Arbeitgeber gegenüber allen ihren [X.]eschäftigten, jedenfalls aber gegenüber einer unbestimmten Anzahl ihrer [X.]eschäftigten trifft, ohne dass es auf ihre Form ankommt ([X.]VerwG, [X.]eschluss vom 11. Dezember 2012 - 6 P 2.12 - [X.]uchholz 250 § 78 [X.]PersVG Nr. 24 Rn. 10 m.w.N.). Das weite, nicht auf seinen verwaltungsrechtlichen Sinngehalt beschränkte Verständnis des [X.]egriffes "[X.]" schließt auch solche allgemeinen Weisungen und Anordnungen ein, welche im Rahmen des aus einem Arbeitsverhältnis folgenden Direktionsrechts des Arbeitgebers ergehen und gestaltend in die innerdienstlichen, [X.] oder persönlichen [X.]elange der [X.]ediensteten eingreifen, unabhängig davon, ob im Einzelfall ein Fall der Mitbestimmung oder der Mitwirkung gegeben ist. Demgegenüber unterfallen Anordnungen, die sich auf die Aufgaben und [X.]efugnisse bestimmter [X.]eschäftigter oder eines bestimmten, eng begrenzten [X.] desselben beziehen, nicht diesem [X.]egriff ([X.]VerwG, [X.]eschluss vom 31. Juli 1990 - 6 P 19.88 - [X.]uchholz 251.0 § 80 [X.]aWüPersVG Nr. 4 S. 5 f.).

Da nicht ersichtlich ist, dass die Merkmale "[X.]" in § 78 Abs. 1 Nr. 1 [X.]PersVG einerseits und in § 77 Abs. 1 Nr. 1 SächsPersVG 2012 andererseits unterschiedlich auszulegen sind, ist die hier in Rede stehende Frage von angeblich grundsätzlicher [X.]edeutung in ihrer Allgemeinheit, wie sie gestellt ist, geklärt. Ob eine Maßnahme des Dienstherrn im Einzelfall gemessen an den aufgezeigten Grundsätzen eine [X.] darstellt, ist einer grundsätzlichen Klärung in einem Rechtsbeschwerdeverfahren nicht zugänglich.

b) Ohne Erfolg bleibt die [X.]eschwerde auch hinsichtlich der ebenfalls auf § 77 Abs. 1 Nr. 1 SächsPersVG 2012 bezogenen Frage

"Liegt eine der Mitwirkung unterfallende [X.] vor, wenn die beabsichtigte [X.] die [X.]eschäftigten durch die Festlegung des Standortes der Dienststelle in ihren spezifischen Interessen als [X.]eamte oder Arbeitnehmer berührt, auch wenn personelle Auswirkungen erst durch weitere Umsetzungsmaßnahmen eintreten?" (S. 8 der Nichtzulassungsbeschwerdebegründung).

Der Frage fehlt die Klärungsbedürftigkeit, da sie nicht entscheidungserheblich ist. Das Oberverwaltungsgericht hat seine Annahme, das Grobkonzept für die Errichtung eines Operativen Abwehrzentrums zur [X.]ekämpfung des Rechtsextremismus im [X.] stelle keine [X.] im Sinne des § 77 Abs. 1 Nr. 1 SächsPersVG 2012 dar, auf zwei selbständig tragende [X.]egründungen gestützt. So ziele das Konzept nicht unmittelbar auf die Regelung von Angelegenheiten der [X.]eschäftigten; es enthalte keine unmittelbar an die Mitarbeiter gerichtete Regelung ([X.]A S. 9 und 10). Selbst wenn indes von einer unmittelbar geltenden Regelung der innerdienstlichen Angelegenheiten der [X.]eschäftigten des [X.] auszugehen wäre, genüge das Konzept nicht den Anforderungen an eine [X.] im Sinne des § 77 Abs. 1 Nr. 1 SächsPersVG 2012, da es nicht einen unbestimmten, sondern nur einen bestimmten, eng begrenzten Teil der Dienststelle betreffe ([X.]A S. 10 f.).

[X.]ei einer solchen Mehrfachbegründung kann die Rechtsbeschwerde nur zugelassen werden, wenn hinsichtlich jeder der [X.]egründungsstränge ein Zulassungsgrund geltend gemacht wird und vorliegt ([X.]VerwG, [X.]eschluss vom 29. April 2015 - 3 [X.] 29.14 - NVwZ-RR 2015, 616 Rn. 10 m.w.N.; [X.]AG, [X.]eschluss vom 18. März 2010 - 2 [X.] 889/09 - [X.], 838 Rn. 13). Dies ist hier nicht der Fall. Wie unter a) dargelegt, greift die Rüge, die sich gegen die Annahme des [X.] richtet, das Konzept stelle keine [X.] im Sinne des § 77 Abs. 1 Nr. 1 SächsPersVG 2012 dar, da es nicht einen unbestimmten, sondern nur einen bestimmten, eng begrenzten Teil der Dienststelle betreffe, nicht durch.

2. Aus den gleichen Gründen vermag auch die Rüge der [X.]eschwerde, die angefochtene Entscheidung beruhe auf einer Abweichung von den [X.]eschlüssen des [X.]s vom 23. Juli 1985 - 6 P 13.82 - ([X.]uchholz 238.3A § 78 [X.]PersVG Nr. 4 S. 4 f.) und vom 7. Februar 2012 - 6 P 26.10 - ([X.]uchholz 251.2 § 90 [X.]lnPersVG Nr. 1 Rn. 10) (S. 6 f. der Nichtzulassungsbeschwerdebegründung), eine Zulassung der Rechtsbeschwerde nicht zu begründen. Die Rüge ist schon nicht entscheidungserheblich, da sie sich ebenso wie die Grundsatzrüge unter 1.b) allein auf die Annahme des [X.], das Konzept ziele nicht unmittelbar auf eine Regelung der Angelegenheiten der [X.]eschäftigten, und damit nur auf eine von zwei selbständig tragenden [X.]egründungen bezieht.

3. Von einer weiteren [X.]egründung wird nach § 88 Abs. 2 Satz 1 SächsPersVG i.V.m. § 92a Satz 2 i.V.m. § 72a Abs. 5 Satz 5 Alt. 1 ArbGG abgesehen.

Meta

5 PB 23/15

05.01.2016

Bundesverwaltungsgericht 5. Senat

Beschluss

Sachgebiet: PB

vorgehend Sächsisches Oberverwaltungsgericht, 25. Juni 2015, Az: 9 A 190/14.PL, Beschluss

§ 77 Abs 1 Nr 1 PersVG SN vom 27.01.2012, § 78 Abs 1 Nr 1 BPersVG

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 05.01.2016, Az. 5 PB 23/15 (REWIS RS 2016, 18103)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 18103

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

5 P 3/18 (Bundesverwaltungsgericht)

Begriff der Verwaltungsanordnung im Sinne des § 77 Abs. 1 Nr. 1 SächsPersVG


5 P 1/19 (Bundesverwaltungsgericht)

Anpassung der für Beamtinnen und Beamte der Deutschen Rentenversicherung Bund geltenden Ämterzuordnung an die neue …


5 PB 5/15 (Bundesverwaltungsgericht)

Anfechtung einer Personalratswahl; Zusammensetzung des Wahlvorstands


5 PB 7/15 (Bundesverwaltungsgericht)


5 PB 6/15 (Bundesverwaltungsgericht)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

2 AZN 889/09

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.