Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.03.2007, Az. IX ZB 204/05

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2007, 4458

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[X.][X.]/05 vom 29. März 2007 in dem Insolvenzverfahren Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja [X.] § 251 a) Ob der Gläubiger, welcher den Versagungsantrag stellt, durch den Insolvenzplan wirtschaftlich benachteiligt wird, ist auf der Grundlage des glaubhaft gemachten [X.] des Gläubigers zu beurteilen. b) Macht der Gläubiger geltend, er sei durch den Entzug der [X.] benachteiligt, obwohl der Insolvenzplan eine höhere Quote als das Regelverfahren erwarten lässt, muss das behauptete Ergebnis überwiegend wahrscheinlich sein. [X.], [X.]uss vom 29. März 2007 - [X.] 204/05 - [X.] AG Pinneberg - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat durch [X.] [X.], [X.] Ganter und [X.], die Richterin [X.] und [X.] [X.] am 29. März 2007 beschlossen: Die Rechtsbeschwerde gegen den [X.]uss der 4. Zivilkammer des [X.] vom 27. Juli 2005 wird auf Kosten des Beteiligten zu 1 zurückgewiesen. Der Gegenstandswert des Verfahrens der Rechtsbeschwerde wird auf 5.000 Euro festgesetzt. Gründe: [X.] Die Insolvenzschuldnerin (fortan: Schuldnerin), die Restschuldbefreiung beantragt hat, ist als Zahnärztin in eigener Praxis tätig. Die weitere Beteiligte zu 2 (fortan: Verwalterin) hat einen Insolvenzplan vorgelegt, nach dem alle [X.] der Schuldnerin die zur Tabelle festgestellten Forderungen vollständig erlassen. Sie erhalten für die Dauer von drei Jahren "aus den erwirt-schafteten Überschüssen der Praxis eine Quote ausgezahlt". Dadurch soll eine Quote von etwa 9,28 % erreicht werden, während die voraussichtliche Befriedi-gungsquote im Regelinsolvenzverfahren 2,77 % beträgt. 1 - 3 - Im [X.] und Abstimmungstermin regte der Vertreter des (weite-ren) Beteiligten zu 1, des für die Schuldnerin zuständigen Finanzamtes, eine Änderung dahingehend an, dass er während der im Insolvenzplan vorgesehe-nen Wohlverhaltensperiode von drei Jahren mit [X.]n aufrechnen dürfe. Die übrigen Gläubiger widersprachen diesem Vorschlag. Der Plan wurde mit Kopf- und Summenmehrheit angenommen. Der Beteiligte zu 1 beantragte daraufhin die Versagung der Bestätigung, weil der Plan seinen [X.] beeinträchtige. Das Insolvenzgericht bestätigte den Plan. Die sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 1 ist erfolglos geblieben. Mit seiner Rechtsbeschwerde will der Beteiligte zu 1 weiterhin die Versagung der Bestätigung des Plans erreichen. 2 I[X.] Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§§ 6, 7, 253 [X.], § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.]) und zulässig (§ 574 Abs. 2 ZPO). Sie bleibt im Ergebnis [X.] ohne Erfolg. 3 1. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt: [X.], die nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstünden, würden von der Abtretung gemäß § 287 Abs. 2 Satz 1 [X.] nicht umfasst. Der Insolvenzplan ohne Aufrechnungsvorbehalt stelle den Beteiligten zu 1 daher schlechter. Die Annahme einer rechtlich relevanten Schlechterstellung widerspreche jedoch dem Ziel der Gleichbehandlung aller Insolvenzgläubiger. [X.] entstünden aus der Erhebung letztlich nicht geschuldeter Steuern, auf deren Höhe das Finanzamt zudem durchaus Einfluss nehmen könne. Rechtlich 4 - 4 - geschützte Interessen des Beteiligten zu 1 würden durch den Verlust der [X.] daher nicht verletzt. 2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung im Ergebnis stand. 5 a) Allerdings lässt sich mit der Begründung des [X.] eine zum Widerspruch gegen den Insolvenzplan berechtigende Schlechterstellung nicht verneinen. 6 aa) Nach § 251 Abs. 1 Nr. 2 [X.] ist die Bestätigung des Insolvenzplans auf Antrag eines Gläubigers dann zu versagen, wenn dieser Gläubiger durch den Insolvenzplan schlechter gestellt würde, als er ohne den Plan stünde. Zu vergleichen sind also die Positionen des Gläubigers bei Abwicklung des [X.] nach den Vorschriften der Insolvenzordnung und bei [X.]. Bringt der Plan für den widersprechenden Gläubiger wirtschaftliche Nachteile, hat der Widerspruch Erfolg. Die Vorschrift des § 251 [X.] soll jedem Gläubiger den Wert garantieren, den seine Rechtsposition im Insolvenzverfahren noch hat (HK-[X.]/[X.], 4. Aufl. § 251 Rn. 1). Die Mehrheitsentscheidung ist keine ausreichende Legitimation dafür, dass einem einzelnen Beteiligten gegen seinen Willen Vermögenswerte entzogen werden (BT-Drucks. 12/2443, [X.], zu § 298 [X.]). 7 [X.]) Bei Durchführung des Regelinsolvenzverfahrens könnte der [X.] zu 1 nach Aufhebung des Verfahrens (§ 200 [X.]) mit den zur Tabelle fest-gestellten Steuerforderungen gegen [X.] der Schuldne-rin aufrechnen. Wie der Senat nach Erlass des angefochtenen [X.]usses entschieden hat, erfasst die Abtretung gemäß § 287 Abs. 2 [X.] nicht den [X.] - 5 - spruch auf Erstattung von Lohn- und Einkommensteuerzahlungen ([X.] 163, 391, 393; [X.], [X.]. v. 12. Januar 2006 - [X.] 239/04, [X.], 539 f). In der Wohlverhaltensperiode besteht kein allgemeines Aufrechnungsverbot für die Insolvenzgläubiger. Insbesondere gilt die Vorschrift des § 96 Abs. 1 Nr. 1 [X.] nicht ([X.] 163, 391, 398). Die vom Beschwerdegericht für maßgeblich gehaltenen Überlegungen dazu, ob und aus welchen Gründen Aufrechnungen in der Wohlverhaltensperiode gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung aller Gläubiger verstoßen, ändern nichts daran, dass die Aufrechnung mit Steuerer-stattungsansprüchen zulässig ist. Der Insolvenzplan sieht demgegenüber den vollständigen und unbedingten Erlass der zur Tabelle festgestellten Forderung vor. Eine Aufrechnung wäre schon wegen Fehlens einer Forderung, gegen die aufgerechnet wird, ausgeschlossen. b) Der Vortrag des Beteiligten zu 1 zu künftig entstehenden Erstattungs-ansprüchen der Schuldnerin genügt jedoch den Anforderungen des § 251 Abs. 2 [X.] nicht. 9 aa) Nach § 251 Abs. 2 [X.] ist der Antrag, die Bestätigung des [X.] zu versagen, nur zulässig, wenn der Gläubiger die Verletzung seines wirtschaftlichen Interesses glaubhaft macht. Diese - an § 188 KO angelehnte - Voraussetzung soll das Insolvenzgericht davor bewahren, dass ein Antrag, der auf bloße Vermutungen gestützt wird, zu umfangreichen Ermittlungen führt (BT-Drucks. 12/2443, [X.]). Geht es - wie hier - um eine Prognose, muss die Entwicklung, die eine Benachteiligung bewirken könnte, nicht nur abstrakt mög-lich, sondern aufgrund konkreter Anhaltspunkte wahrscheinlicher sein als eine Nichtschlechterstellung (vgl. BT-Drucks. 14/120, [X.] zu Art. 2 Nr. 14 EG[X.] [X.]). Der Gläubiger muss also Tatsachen vortragen und glaubhaft machen, aus denen sich die überwiegende Wahrscheinlichkeit seiner Schlechterstellung 10 - 6 - durch den Insolvenzplan ergibt. Die Prüfung des Insolvenzgerichts ist auf die vom Gläubiger vorgebrachten (und glaubhaft gemachten) Tatsachen und Schlussfolgerungen beschränkt (vgl. [X.], [X.], 436, 437; BayObLG [X.], 145, 147; [X.] [X.], 594, 595; [X.]/[X.], [X.] 12. Aufl. § 251 Rn. 17; [X.]/[X.]/[X.], [X.] § 251 Rn. 8; [X.], [X.] 2006, 135, 147). [X.]) Der Beteiligte zu 1 hat seinen Versagungsantrag damit begründet, dass sein "Anspruch auf Aufrechnung mit [X.]n" durch den Insolvenzplan beeinträchtigt sei. Die abstrakte Möglichkeit, durch eine künf-tige Entwicklung - hier: das Entstehen von [X.]n in un-bekannter Höhe während der Wohlverhaltensphase - Vorteile zu erlangen, die durch den Insolvenzplan ausgeschlossen werden, reicht für die [X.] einer Schlechterstellung durch den Insolvenzplan nicht aus. In seiner Beschwerdebegründung hat der Beteiligte zu 1 sein Vorbringen dahingehend ergänzt, es sei nicht auszuschließen, dass künftig Ansprüche aufgrund Steuer-erstattungen entstehen könnten. Damit ist eine Benachteiligung im Sinne von § 251 Abs. 2 [X.] nicht überwiegend wahrscheinlich. 11 - 7 - Das im Rechtsbeschwerdeverfahren nachgeholte tatsächliche Vorbrin-gen kann nicht berücksichtigt werden (§ 577 Abs. 2 Satz 4, § 559 Abs. 1 ZPO). 12 Dr. [X.] [X.] [X.]

[X.] Dr. [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 31.05.2005 - 71 IN 220/02 - [X.], Entscheidung vom 27.07.2005 - 4 T 219/05 -

Meta

IX ZB 204/05

29.03.2007

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.03.2007, Az. IX ZB 204/05 (REWIS RS 2007, 4458)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 4458

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