Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 27.06.2017, Az. 4 C 3/16

4. Senat | REWIS RS 2017, 9046

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Gegenstand

Errichtung eines privilegierten Bauvorhabens im durch Geruchsimmissionen erheblich vorbelasteten Außenbereich; Normativität der Geruchsimmissionsrichtlinie (GIRL)


Leitsatz

In einem durch landwirtschaftliche Geruchsimmissionen vorbelasteten Gebiet steht § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB der Errichtung eines Ferkelaufzuchtstalles nicht entgegen, wenn durch das Vorhaben die vorhandene Immissionssituation zumindest nicht verschlechtert wird, sofern die Vorbelastung die Grenze zur Gesundheitsgefahr noch nicht überschritten hat und das - immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftige - Vorhaben den Anforderungen des § 22 Abs. 1 BImSchG genügt.

Tatbestand

1

Gegenstand des Verfahrens ist die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung zum Neubau eines [X.]stalles für 1 920 Ferkel, drei [X.] und eines Güllebehälters.

2

Der Beigeladene ist Landwirt und betreibt u.a. [X.]. Seine Hofstelle befindet sich in einer Ortsrandlage von [X.] Die Klägerin ist Eigentümerin eines Grundstücks in [X.] Das Grundstück liegt am nördlichen Rand des Ortskerns und grenzt an den Außenbereich. Die Klägerin betreibt dort ein Fotoatelier und hält Pferde. In einem Abstand von ca. 50 m südwestlich davon befindet sich ein landwirtschaftlicher Betrieb; das Baugrundstück liegt in einer Entfernung von ca. 160 m nordöstlich des Grundstücks der Klägerin. Insgesamt sind im Ortsteil [X.] neun landwirtschaftliche Betriebe ansässig, die zumeist südlich des klägerischen Grundstücks in einer Entfernung von bis zu 600 m liegen. In sechs Betrieben werden Rinder gehalten, in den übrigen überwiegend Schweine.

3

Widerspruch und erstinstanzliche Klage gegen die Baugenehmigung blieben erfolglos. Das Oberverwaltungsgericht hat das Urteil des [X.] geändert und die Baugenehmigung aufgehoben. Der Bescheid sei rechtswidrig, denn das Bauvorhaben verstoße zulasten der Klägerin gegen das Gebot der Rücksichtnahme. Die [X.] an deren Wohngrundstück sei aktuell bereits so erheblich, dass keine weiteren emittierenden Betriebe mehr zugelassen werden könnten. Das gelte selbst dann, wenn - wie hier - das Vorhaben zu einer (leichten) Verbesserung der Geruchsbelastung am klägerischen Grundstück führe.

4

Gegen das Berufungsurteil hat der Beigeladene die vom Senat zugelassene Revision eingelegt. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor, das Oberverwaltungsgericht habe das [X.] fehlerhaft angewendet und die bestehenden Vorbelastungen nicht schutzmindernd berücksichtigt. Das angefochtene Urteil sei auch deshalb zu beanstanden, weil das Berufungsgericht die [X.] ([X.]) strikt - rechtssatzartig - angewendet habe. Die [X.] sei aber keine Rechtsnorm, sondern ein antizipiertes Sachverständigengutachten und enthalte nur Orientierungswerte, keine Grenzwerte. Daher verbiete sich eine pauschale oder sklavische Anwendung. Mit seiner Auffassung schneide das Oberverwaltungsgericht die Berücksichtigung von [X.] weitgehend ab.

5

Der Beklagte schließt sich der Stellungnahme des Beigeladenen an. Die Klägerin tritt der Revision entgegen und verteidigt das angefochtene Urteil.

Entscheidungsgründe

6

Die Revision des [X.]eigeladenen, über die der Senat mit Einverständnis der [X.]eteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 101 Abs. 2 i.V.m. § 141 Satz 1, § 125 Abs. 1 Satz 1 VwGO), ist begründet. Das [X.]erufungsurteil verletzt [X.]undesrecht (1.). Zur Entscheidung in der Sache bedarf es weiterer tatsächlicher Feststellungen. Das Verfahren ist deshalb nach § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen (2.).

7

1. Die auf eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme gestützte Aufhebung der [X.]augenehmigung verstößt gegen [X.]undesrecht.

8

Das [X.]erufungsgericht hat angenommen, dass das Grundstück der Klägerin bereits jetzt unzumutbaren Geruchsbeeinträchtigungen ausgesetzt sei. Jedes neue [X.]auvorhaben müsse darauf überprüft werden, ob es mit den geltenden Vorschriften im Einklang stehe, und zwar unabhängig davon, ob sich die vorhandene Situation "zum Schlechten" verändere oder - wie hier - sogar leicht verbessere. Die [X.], die in [X.] für [X.] heranzuziehen sei, sehe für ein Dorfgebiet eine Geruchshäufigkeit von 15 % der [X.] als zumutbar an und trage damit bereits dem Umstand Rechnung, dass [X.] sowohl der Landwirtschaft als auch dem sonstigen Wohnen dienten. Am Grundstück der Klägerin betrage die [X.] nach dem im [X.]augenehmigungsverfahren eingeholten Geruchsgutachten bereits jetzt 34,7 % der [X.], nach Verwirklichung des Vorhabens des [X.]eigeladenen werde sie bei 33,7 % liegen. Es sei nicht erkennbar, dass hier eine von den Vorgaben der [X.] abweichende Einschätzung - auch im Hinblick auf die leichte Verbesserung, die zu erwarten sei - zugrunde zu legen wäre. Auch wenn das Grundstück der Klägerin bis in die 1980er Jahre landwirtschaftlich genutzt worden sei und an den Außenbereich angrenze, könne es hinsichtlich der hinzukommenden [X.]en nicht mit einem im Außenbereich liegenden ehemalig oder aktiv landwirtschaftlich genutzten Grundstück gleichgesetzt und damit einer weit über 20 % der [X.] liegenden [X.] ausgesetzt werden.

9

Die Auffassung des [X.], ein landwirtschaftliches Vorhaben verletze das Gebot der Rücksichtnahme zulasten eines Wohngebäudes bereits dann, wenn es in einer erheblich über den in der [X.] genannten Werten vorbelasteten Umgebung verwirklicht werden soll, und zwar selbst dann, wenn durch das Vorhaben die bestehende [X.]elastung nicht erhöht, sondern sogar leicht gesenkt werde, ist mit [X.]undesrecht unvereinbar.

Das Gebot der Rücksichtnahme ist kein generelles Rechtsprinzip des öffentlichen [X.]aurechts und verkörpert auch keine allgemeine Härteregelung, die über den speziellen Vorschriften des [X.] oder gar des gesamten öffentlichen [X.]aurechts steht. Es ist vielmehr [X.]estandteil einzelner gesetzlicher Vorschriften des [X.]aurechts ([X.], Urteil vom 30. September 1983 - 4 C 74.78 - [X.]E 68, 58 <60>) und als solches in den [X.] der §§ 30 bis 35 [X.]auG[X.] und des § 15 Abs. 1 [X.] enthalten ([X.], Urteil vom 30. September 1983 a.a.[X.]). Es ist gegenüber anderen (ausdrücklich und von vornherein) nachbarschützenden Vorschriften subsidiär.

[X.]ei [X.] hat das Gebot der Rücksichtnahme in [X.]ezug auf "schädliche Umwelteinwirkungen" in § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 [X.]auG[X.] eine ausdrückliche Regelung erfahren ([X.], [X.]eschluss vom 28. Juli 1999 - 4 [X.] 38.99 - [X.] 406.19 [X.] Nr. 160 = juris Rn. 6; siehe auch Urteil vom 21. Januar 1983 - 4 C 59.79 - [X.] 406.11 § 35 [X.][X.]auG Nr. 196 = juris Rn. 13); im Übrigen ist es, soweit es nicht um (schädliche) Immissionen geht, sondern um sonstige nachteilige Wirkungen eines [X.]s, ein ungeschriebener öffentlicher [X.]elang im Sinne von § 35 Abs. 3 Satz 1 [X.]auG[X.] ([X.], [X.]eschlüsse vom 5. September 2000 - 4 [X.] - [X.] 406.11 § 35 [X.]auG[X.] Nr. 344 und vom 28. Juli 1999 - 4 [X.] 38.99 - [X.] 406.19 [X.] Nr. 160). Hieraus folgt, dass das Vorhaben des [X.]eigeladenen zuvörderst an § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 [X.]auG[X.] zu messen ist. Das hat das Oberverwaltungsgericht verkannt.

Nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 [X.]auG[X.] stehen einem nach § 35 Abs. 1 [X.]auG[X.] privilegiert zulässigen [X.] öffentliche [X.]elange unter anderem dann entgegen, wenn es schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann. Die Vorschrift verweist auf die [X.]egriffsbestimmung der schädlichen Umwelteinwirkung in § 3 Abs. 1 [X.]ImSchG ([X.], Urteil vom 25. Februar 1977 - 4 C 22.75 - [X.]E 52, 122 <126>; [X.]eschluss vom 2. August 2005 - 4 [X.] - [X.] 69 Nr. 102), worunter auch [X.] fallen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, erhebliche [X.]elästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen ([X.], Urteil vom 21. Dezember 2011 - 4 C 12.10 - [X.]E 141, 293 Rn. 22). Ist die Schwelle der Erheblichkeit - wie bei [X.] - nicht durch Gesetz, Rechtsverordnung oder normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift bestimmt, kommt es darauf an, ob die Immissionen das nach der gegebenen Situation zumutbare Maß überschreiten. Die [X.] ist auf Grund einer umfassenden Würdigung aller Umstände des Einzelfalls und insbesondere der speziellen Schutzwürdigkeit des jeweiligen [X.]augebiets zu bestimmen ([X.], Urteil vom 21. Dezember 2011 a.a.[X.]). Der Schutz vor Immissionen im [X.]auplanungsrecht über § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 [X.]auG[X.] ist dabei kein anderer und fällt nicht geringer aus als der Schutz vor Immissionen nach dem [X.] (vgl. [X.], Urteile vom 30. September 1983 - 4 C 74.78 - [X.]E 68, 58 <60>, vom 30. September 1983 - 4 C 18.80 - [X.] 406.25 § 5 [X.]ImSchG Nr. 8 S. 26 <28> = juris Rn. 13, vom 24. September 1992 - 7 C 7.92 - [X.] 406.12 § 15 [X.] Nr. 22 = juris Rn. 17 und vom 7. August 2012 - 7 C 7.11 - [X.] 406.25 § 15 [X.]ImSchG Nr. 9 = juris Rn. 19 m.w.[X.]; [X.]eschluss vom 22. Februar 1988 - 7 [X.] 28.88 - [X.] 406.25 § 5 [X.]ImSchG Nr. 11 S. 1 <2> = juris Rn. 3). All dies ist gefestigte Rechtsprechung des [X.] (vgl. [X.], [X.]eschluss vom 2. August 2005 - 4 [X.] - [X.] 2005, 806 = [X.] 2005, 1900 = juris Rn. 3). Ebenso ist geklärt, dass für die [X.]eurteilung der Zumutbarkeit der von Schweineställen verursachten Gerüche als Orientierungshilfe auch auf die [X.] (vgl. etwa [X.].[X.]. 2009 S. 795 ff.) zurückgegriffen werden darf ([X.], Urteil vom 21. Dezember 2011 a.a.[X.]). Dabei verbietet sich allerdings jede schematische Anwendung bestimmter Immissionswerte ([X.], [X.]eschluss vom 17. Juli 2003 - 4 [X.] - [X.] 406.19 [X.] Nr. 166 = juris Rn. 8).

[X.]ei der [X.]estimmung der Zumutbarkeit von [X.]elästigungen sind etwaige Vorbelastungen schutzmindernd zu berücksichtigen, die eine schutzbedürftige Nutzung an einem Standort vorfindet, der durch eine schon vorhandene emittierende Nutzung vorgeprägt ist ([X.], Urteile vom 14. Dezember 1979 - 4 C 10.77 - [X.]E 59, 253 <260>, vom 22. März 1985 - 4 C 63.80 - [X.]E 71, 150 <155 ff.>, vom 22. Mai 1987 - 4 C 33-35.83 - [X.]E 77, 285 <292 ff.>, vom 23. Mai 1991 - 7 C 19.90 - [X.]E 88, 210 = juris Rn. 10, vom 21. Dezember 2010 - 7 A 14.09 - [X.] 316 § 74 VwVfG Nr. 81 = juris Rn. 28 ff. und vom 29. November 2012 - 4 C 8.11 - [X.]E 145, 145 Rn. 16). Im Umfang der Vorbelastung sind Immissionen zumutbar, auch wenn sie sonst in einem vergleichbaren Gebiet nicht hinnehmbar wären (vgl. [X.], Urteile vom 22. Juni 1990 - 4 C 6.87 - [X.] 406.11 § 35 [X.]auG[X.] Nr. 261, vom 29. Januar 1991 - 4 C 51.89 - [X.]E 87, 332 <357> und vom 23. Mai 1991 - 7 C 19.90 - [X.]E 88, 210). Soll in einem erheblich vorbelasteten Gebiet ein weiteres emittierendes Vorhaben zugelassen werden, ist das nach der Rechtsprechung des Senats jedenfalls dann möglich, wenn hierdurch die vorhandene [X.] verbessert oder aber zumindest nicht verschlechtert wird (vgl. [X.], Urteil vom 27. August 1998 - 4 C 5.98 - [X.] 406.11 § 34 [X.]auG[X.] Nr. 190 = juris Rn. 31), sofern die Vorbelastung die Grenze zur Gesundheitsgefahr noch nicht überschritten hat (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) und das - immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftige - Vorhaben den Anforderungen des § 22 Abs. 1 [X.]ImSchG genügt ([X.], Urteile vom 21. Januar 1983 - 4 C 59.79 - [X.] 1983, 139 <140> = juris Rn. 14 und vom 22. Juni 1990 - 4 C 6.87 - [X.] 406.11 § 35 [X.]auG[X.] Nr. 261 = juris Rn. 29 ff.). Sind diese Voraussetzungen erfüllt, steht § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 [X.]auG[X.] dem Vorhaben nicht entgegen.

Mit diesen bundesrechtlichen Maßstäben ist das Urteil des [X.] nicht vereinbar. Das [X.]erufungsgericht hat festgestellt, dass die Geruchsbelastung am Wohnhaus der Klägerin zwar erheblich über den einschlägigen Werten der [X.] liegt, die Grenze zur Gesundheitsgefahr aber noch nicht überschritten ist. Mangels zulässiger und begründeter Verfahrensrügen ist der Senat hieran gebunden (§ 137 Abs. 2 VwGO). Ferner hat es festgestellt, dass sich die [X.] am Grundstück der Klägerin von derzeit 34,7 % der [X.] nach Verwirklichung des Vorhabens auf 33,7 % der [X.] reduziert. Auch diese Feststellung ist für den Senat bindend, denn die von der Klägerin in der Form der Gegenrüge erhobenen Aufklärungsrügen genügen schon nicht den Darlegungserfordernissen gemäß § 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO (siehe hierzu etwa [X.], [X.]eschluss vom 17. November 2016 - 9 [X.] 51.16 - juris Rn. 10 m.w.[X.]). Unter diesen Voraussetzungen durfte die [X.]augenehmigung ohne Prüfung des § 22 Abs. 1 [X.]ImSchG nicht aufgehoben werden.

Das Oberverwaltungsgericht hat seine gegenteilige Auffassung auch darauf gestützt, dass eine erhebliche Überschreitung der in der [X.] vorgesehenen Werte auf unabsehbare Dauer festgeschrieben würde, wenn [X.]aumaßnahmen ermöglicht werden, die sich zwar jeweils unterhalb der durch die Vorbelastung gezogenen Grenze bewegten, aber nicht zu spürbaren Verbesserungen führten. Das verkennt den rechtlichen Maßstab. Das [X.]erufungsgericht übersieht, dass die [X.] nicht rechtssatzartig, insbesondere nicht im Sinne einer Grenzwertregelung, sondern nur als Orientierungshilfe angewendet werden darf ([X.], Urteil vom 21. Dezember 2011 - 4 C 12.10 - [X.]E 141, 293 Rn. 22) und dass sie auf nicht genehmigungsbedürftige Anlagen nach Nr. 1 Abs. 4 nur sinngemäß Anwendung findet. Maßgeblich für die [X.]estimmung der [X.] sind folglich die konkreten Umstände des Einzelfalls, die einer umfassenden Würdigung zu unterziehen sind. Hiervon geht im Übrigen, ohne dass dem normativer Gehalt beizumessen wäre, auch die [X.] aus. Nach deren Nr. 3.1 Abs. 5 reicht ein Vergleich mit den [X.] nicht immer zur [X.]eurteilung der Erheblichkeit der [X.]elästigung aus. Regelmäßiger [X.]estandteil der [X.]eurteilung der Zumutbarkeit von [X.] sei deshalb im [X.] an die [X.]estimmung der Geruchshäufigkeit die Prüfung, ob Anhaltspunkte für die Notwendigkeit einer Prüfung nach [X.] für den jeweiligen Einzelfall bestünden. Gemäß [X.] ist zu berücksichtigen, dass die Grundstücksnutzung mit einer gegenseitigen Pflicht zur Rücksichtnahme belastet sein könne, mit der Folge, dass die oder der [X.]elästigte im höheren Maße Geruchseinwirkungen hinnehmen müsse. Die Auffassung des [X.]erufungsgerichts könnte im Übrigen auch zu unverhältnismäßigen Ergebnissen führen. Denn es ist nicht gerechtfertigt, demjenigen, der sein Grundstück in einer baurechtlich zulässigen Weise bebauen will, dieses Recht nur deshalb vorzuenthalten, weil die [X.]etreiber emittierender Anlagen die ihnen gesetzlich obliegenden Pflichten nicht erfüllen und die zuständige [X.]ehörde nichts tut, sie dazu anzuhalten ([X.], Urteil vom 18. Mai 1995 - 4 C 20.94 - [X.]E 98, 235 = juris Rn. 27).

2. Das [X.]erufungsgericht hat keine Feststellungen dazu getroffen, ob das Vorhaben des [X.]eigeladenen den Anforderungen des § 22 Abs. 1 [X.]ImSchG entspricht. Das zwingt zur Zurückverweisung der Sache (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).

Für das durchzuführende [X.]erufungsverfahren weist der Senat darauf hin, dass das Oberverwaltungsgericht auch der Frage nachzugehen haben wird, ob die [X.]aumaßnahme des [X.]eigeladenen im Hinblick auf die hiermit im Zusammenhang stehenden Änderungen an bereits bestehenden Ställen der Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bedurft hätte (zur sogenannten nachträglichen Kumulation siehe etwa [X.], Urteil vom 18. Juni 2015 - 4 C 4.14 - [X.]E 152, 219); auf das Fehlen einer erforderlichen Umweltverträglichkeitsprüfung könnte sich die Klägerin berufen ([X.], Urteil vom 18. Juni 2015 a.a.[X.] Rn. 8). Ferner wird zu klären sein, ob die am Grundstück der Klägerin als Vorbelastung festgestellte [X.] sich rechtmäßig betriebenen, mithin entsprechend genehmigten Anlagen zuordnen lässt. Denn nur in diesem Umfang wirken Vorbelastungen schutzmindernd ([X.], Urteil vom 22. Juni 1990 - 4 C 6.87 - [X.] 406.11 § 35 [X.]auG[X.] Nr. 261 = juris Rn. 32; siehe auch [X.], [X.]ImSchG, 11. Aufl. 2015, § 3 Rn. 59).

Meta

4 C 3/16

27.06.2017

Bundesverwaltungsgericht 4. Senat

Urteil

Sachgebiet: C

vorgehend OVG Lüneburg, 9. Juni 2015, Az: 1 LC 25/14, Urteil

§ 35 Abs 3 S 1 Nr 3 BauGB, § 22 Abs 1 BImSchG, GImRL ND

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 27.06.2017, Az. 4 C 3/16 (REWIS RS 2017, 9046)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 9046

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