Bundessozialgericht, Urteil vom 05.07.2016, Az. B 2 U 4/15 R

2. Senat | REWIS RS 2016, 8766

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Gegenstand

Sozialgerichtliches Verfahren - zulässige Klageänderung vor dem LSG - Unzulässigkeit der geänderten Klage: Nichtwahrung der Klagefrist - Änderung des Streitgegenstandes: Anerkennung einer Wie-Berufskrankheit anstelle einer Listenberufskrankheit - revisionsgerichtliche Prüfung der Sachurteilsvoraussetzungen der zuletzt anhängigen Klage von Amts wegen


Tenor

Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 14. Januar 2015 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die vor dem [X.] erhobene Klage auf Feststellung einer Siderofibrose als Wie-Berufskrankheit gemäß § 9 Abs 2 [X.] unzulässig ist.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten im Revisionsverfahren nur noch über die Anerkennung einer Siderofibrose als Wie-Berufskrankheit (Wie-[X.]) nach § 9 Abs 2 [X.]B VII.

2

Der im Jahr 1949 geborene Kläger ist gelernter Metallwerker. Er war nach seiner Ausbildung von Juni 1967 bis Februar 2005 (mit Unterbrechungen) als Schweißer beschäftigt. Seither arbeitet er als Betriebsschlosser. Während seiner beruflichen Tätigkeit war er einer Gesamtdosis an [X.] in Höhe von 359,3 mg/m³ x Jahre ([X.]jahren) ausgesetzt. Er arbeitete dabei zumeist in einer 100 m² großen und durch 2,5 m hohe Stellwände von der übrigen 15 m hohen Produktionshalle abgegrenzten Schweißkabine, welche nach oben offen war, sodass die Schweißgase aufgrund thermischer Effekte nach oben abziehen konnten. Mindestens einmal stündlich kam es zu einem Luftaustausch in der Produktionshalle.

3

Im März 2003 leitete eine Rechtsvorgängerin der Beklagten infolge einer ärztlichen Verdachtsanzeige ein Verwaltungsverfahren ein. Nach Ermittlungen zur Exposition von [X.] und Einholung einer beratungsärztlichen Stellungnahme lehnte die Beklagte die Anerkennung der Erkrankung als bzw wie eine [X.] ab (Bescheid vom 21.8.2003). Beim Kläger bestehe zwar eine geringe Lungenfibrose. Ein solcher Befund könne jedoch keiner Listen-[X.] zugeordnet werden. Auch eine Wie-[X.] liege nicht vor, weil keine neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Verursachung der Siderofibrose vorlägen.

4

Zum [X.] wurde in die Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung ([X.]V) die [X.] Nr 4115 eingeführt (in Zukunft [X.] 4115). Diese lautet: "Lungenfibrose durch extreme und langjährige Einwirkung von [X.] und [X.] - (Siderofibrose)". Dieser Einführung lag die wissenschaftliche Begründung des [X.] vom 1.9.2006 zugrunde.

5

Die Beklagte leitete im Oktober 2007 nach erneuter Verdachtsanzeige ein neues Verfahren ein. Nach Einholung einer weiteren Auskunft des [X.] sowie zweier medizinischer Sachverständigengutachten lehnte die Beklagte die Rücknahme des Bescheids vom 21.8.2003 gemäß § 44 [X.] ab. Zur Begründung führte sie aus, der Kläger sei zwar langjährig der Einwirkung von [X.] ausgesetzt gewesen, er habe aber nicht unter extremen Bedingungen bei eingeschränkten [X.] geschweißt (Bescheid vom [X.]).

6

Der Widerspruch des [X.] blieb erfolglos. Die Beklagte führte in dem Widerspruchsbescheid vom [X.] aus, dass zwar im [X.] eine Wie-[X.] zu prüfen gewesen sei, im aktuellen Überprüfungsverfahren aber die neu eingeführte [X.] 4115 geprüft werden könne. Der Widerspruch sei unbegründet, weil mangels extremer Arbeitsbedingungen keine [X.] anerkannt werden könne.

7

Die mit dem Ziel erhobene Klage, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom [X.] in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom [X.] zu verurteilen, den Bescheid vom 21.8.2003 aufzuheben und den Kläger hinsichtlich der Anerkennung einer [X.] 4115 der Anlage 1 zur [X.]V unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden, hat das [X.] mit Urteil vom 3.7.2012 abgewiesen. Zur Begründung hat das [X.] ausgeführt, der Kläger sei zwar langjährig [X.] ausgesetzt gewesen, jedoch fehle es an den für die Anerkennung der [X.] 4115 erforderlichen extremen Bedingungen.

8

Hiergegen hat der Kläger Berufung eingelegt und zunächst das Ziel der Anerkennung einer [X.] 4115 weiter verfolgt. In der mündlichen Verhandlung hat er den Antrag sodann jedoch umgestellt und nunmehr begehrt, ab dem 1.9.2006 eine Siderofibrose als Wie-[X.] anzuerkennen. Das L[X.] hat die Berufung zurückgewiesen, weil die arbeitstechnischen Voraussetzungen für die Anerkennung einer Wie-[X.] nicht erfüllt seien. Es hat zunächst ausgeführt, dass die Beklagte entgegen der Begründung und des Tenors des Bescheids vom [X.] nicht im Rahmen eines Neufeststellungsverfahrens, sondern in einem originären Verwaltungsfahren nach neuer Verdachtsanzeige entschieden habe. Zulässiger Verfahrensgegenstand sei damit alleine eine Wie-[X.]. Zwar komme nach der [X.] des § 6 Abs 2 Satz 1 [X.]V auch eine [X.] 4115 in Betracht. Da jedoch beide Verdachtsanzeigen vor der Einführung der [X.] 4115 zum [X.] vorgelegen hätten und die Beklagte alleine über das Vorliegen einer Wie-[X.] entschieden habe, komme nur dieser Versicherungsfall als Verfahrensgegenstand in Betracht. Hierfür sei allerdings auf die Tatbestandsmerkmale der neuen [X.] 4115 zurückzugreifen. Das Tatbestandsmerkmal der "extremen Einwirkung" iS der [X.] 4115 sei nur gegeben, wenn das Schweißen unter eingeschränkten [X.]n, wie zB in Kellern, Tunneln, Behältern, Tanks, Containern, engen Schiffsräumen oder vergleichbaren räumlichen Verhältnissen bei arbeitshygienisch unzureichenden Vorkehrungen stattgefunden habe. Dies sei beim Kläger nicht der Fall. Alleine eine Exposition, wie sie bei allen langjährig tätigen [X.] aufträte, sei auch für die Anerkennung einer Wie-[X.] nicht ausreichend.

9

Mit seiner vom L[X.] zugelassenen Revision hat der Kläger die Verletzung des § 9 Abs 1 und Abs 2 [X.]B VII gerügt und zunächst begehrt, eine Siderofibrose "als/wie eine Berufskrankheit" festzustellen. Das L[X.] habe die Begriffe der extremen und langjährigen Einwirkung von [X.] und [X.] falsch ausgelegt. In der mündlichen Verhandlung vor dem B[X.] hat der Kläger sodann nur noch die Anerkennung einer Wie-[X.] nach § 9 Abs 2 [X.]B VII geltend gemacht.

Der Kläger beantragt,

        

das Urteil des [X.] vom 14.1.2015 und das Urteil des [X.] vom 3.7.2012 aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten vom [X.] in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom [X.] aufzuheben und festzustellen, dass bei dem Kläger ab dem 1.9.2006 eine Siderofibrose als Wie-Berufskrankheit gemäß § 9 Abs 2 [X.]B VII vorliegt.

Die Beklagte beantragt,

        

die Revision zurückzuweisen.

Aus der wissenschaftlichen Begründung zu der [X.] 4115 ergebe sich, dass für die Auslegung des Tatbestandsmerkmals der "extremen Einwirkung" auf eingeschränkte [X.] abzustellen sei, wie sie in Kellern, Tunneln, Behältern, Tanks und Waggons herrschten. Unter solchen Bedingungen habe der Kläger nicht gearbeitet. Die Exposition von [X.] unter normalen [X.]n sei nicht ausreichend.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist - nachdem der Kläger in der mündlichen Verhandlung nur noch die Feststellung einer Wie-[X.] und nicht alternativ einer [X.] - zulässig. Die Revision ist unbegründet, weil das [X.] zwar zu Unrecht die Berufung gegen die erstinstanzliche Klageabweisung zurückgewiesen hat, sich die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen als richtig darstellt (§ 170 Abs 1 S 2 [X.]). Daher war im Sinne einer verfahrensrechtlichen Korrektur des angegriffenen Urteils klarzustellen, dass das [X.] die Klage bereits als unzulässig hätte abweisen müssen.

1. Der Kläger ist durch die Ablehnung der Feststellung einer Wie-[X.] im Urteil des [X.] beschwert und daher klagebefugt. Die Revisionsbegründung genügt noch den Voraussetzungen des § 164 Abs 1 und [X.] [X.]. Sie setzt sich hinreichend mit § 9 [X.] [X.] und den diesbezüglichen Gründen des [X.] auseinander.Zwar beschäftigt sich die Revisionsbegründung vordergründig mit den Voraussetzungen der Anerkennung einer [X.], gerügt wird jedoch die "Auslegung des § 9 Abs. 1, Abs. 2 [X.] in Anwendung der Voraussetzungen gemäß dem Merkblatt zur [X.] nach [X.]". Damit lässt der Hinweis auf § 9 [X.] [X.] noch hinreichend auf die Feststellung einer Wie-[X.] als Verfahrensziel schließen. Es wird außerdem das Begehren des [X.] deutlich, die zweitinstanzliche Entscheidung in ihr Gegenteil zu verkehren und die dort abgelehnte Feststellung nunmehr zu erhalten. Damit ist hinreichend erkennbar iS des § 164 [X.] Satz 3 [X.], weshalb die das Urteil des [X.] tragenden Gründe nach Überzeugung der Revision unrichtig sein sollen und dass die Rechtslage von ihr umfassend durchdacht worden ist (zu den Anforderungen an die Revisionsbegründung nach § 164 [X.] vgl das Urteil des [X.]s vom 11.4.2013 - [X.] U 21/11 R - NZS 2013, 639, 640; vgl auch B[X.] vom 26.8.2015 - B 13 R 14/15 R - juris; B[X.] vom 14.11.2013 - [X.] U 27/12 R - [X.] 4-2700 § 8 [X.], sowie [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 11. Aufl 2014, § 164 Rd[X.] 9c mwN).

2. Auf die Revision des [X.] war lediglich auszusprechen, dass das [X.] die (geänderte) Klage als unzulässig hätte abweisen müssen. Zwar handelte es sich bei der (erstmaligen) Beantragung der Feststellung einer Wie-[X.] vor dem [X.] um eine zulässige Klageänderung durch den Kläger iS des § 99 [X.] (dazu unter a). Jedoch war die mit dieser Änderung der Klage erhobene (neue) Klage vor dem [X.] unzulässig (dazu unter b), während der mit der ursprünglichen Klage vor dem [X.] und der Berufung geltend gemachte Anspruch auf Feststellung einer (Listen-)[X.] durch diese Klageänderung vor dem [X.] zurückgenommen wurde und daher nicht mehr Streitgegenstand des Verfahrens vor dem [X.] war (dazu unter c). Da sich damit die Entscheidung des [X.] selbst jedoch aus anderen Gründen als zutreffend darstellt, war die Revision insgesamt als unbegründet zurückzuweisen.

a) Die Klageänderung vor dem [X.] war gemäß §§ 99, 153 Abs 1 [X.] zulässig. Der Kläger hatte zunächst im Berufungsverfahren den vor dem [X.] geltend gemachten Antrag auf Anerkennung einer Listen-[X.] weiterverfolgt. In der mündlichen Verhandlung beim [X.] hat er sodann aber die Anerkennung einer Wie-[X.] ab dem 1.9.2006 beantragt. Hierin lag eine mangels widerspruchsloser Einlassung der [X.]n zulässige Klageänderung iS des § 99 [X.] [X.]. Eine Klageänderung liegt jedenfalls dann vor, wenn sich der durch Klageantrag und Klagegrund (Lebenssachverhalt) bestimmte Streitgegenstand ändert ([X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 11. Aufl 2014, § 99 Rd[X.] 2). Die Klagen auf Anerkennung einer Listen-[X.] nach § 9 Abs 1 [X.] iVm der Anlage 1 zur [X.]V einerseits und einer Wie-[X.] gemäß § 9 [X.] [X.] andererseits sind nach der ständigen Rechtsprechung des Unfallsenats des B[X.] angesichts der unterschiedlichen Voraussetzungen auf verschiedene Streitgegenstände gerichtet (vgl nur B[X.] vom 27.6.2006 - [X.] U 77/06 B - [X.] 4-1500 § 55 [X.] Rd[X.]0; B[X.] vom 2.12.2008 - [X.] KN 3/07 U R - [X.] 4-2700 § 9 [X.]; B[X.] vom 20.7.2010 - [X.] U 19/09 R - juris Rd[X.]4). Nachdem der Kläger vor dem [X.] ausschließlich die Anerkennung einer (Listen-)[X.] beantragt und das [X.] diese Klage abgewiesen hatte, stellte der in der mündlichen Verhandlung vor dem [X.] erfolgte Antrag auf Feststellung (allein) einer Wie-[X.] eine Klageänderung gemäß § 99 Abs 1 [X.] dar. Der Kläger hat damit in der mündlichen Verhandlung beim [X.] deutlich gemacht, dass er einen anderen als den ursprünglich beim [X.] und mit der Berufung zunächst weiterhin geltend gemachten Ausspruch des Gerichts begehrt. Die damit vorgenommene Klageänderung war aufgrund der widerspruchslosen Einlassung der [X.]n zulässig (§ 99 [X.] [X.]).

b) Diese geänderte Klage war jedoch unzulässig, was das [X.] hätte aussprechen müssen. Denn die Zulässigkeit der geänderten Klage ist grundsätzlich von der Zulässigkeit einer Klageänderung zu unterscheiden. Wie der [X.] bereits entschieden hat, ersetzt eine wirksame Klageänderung nicht die für die Zulässigkeit der geänderten Klage erforderlichen, ggf fehlenden Prozessvoraussetzungen (insbesondere B[X.] vom 18.3.2015 - [X.] U 8/13 R - juris Rd[X.]4 und B[X.] vom 2.12.2008 - [X.] KN 2/07 U R - juris Rd[X.]7). Die Prozessvoraussetzungen einer Klage müssen vielmehr in jeder Lage des Verfahrens gegeben sein und stehen nicht zur Disposition der Beteiligten (B[X.] vom 9.12.2003 - [X.] U 54/02 R - B[X.]E 91, 287 = [X.] 4-2700 § 160 [X.], Rd[X.]; B[X.] vom [X.] - [X.] 4-2600 § 2 [X.] Rd[X.]2, zur Veröffentlichung auch in B[X.]E vorgesehen; Bieresborn in [X.]/[X.], [X.], § 99 Rd[X.]1). Das Vorliegen der Sachurteilsvoraussetzungen für die zuletzt vor dem [X.] noch anhängige Klage hat das Revisionsgericht dabei von Amts wegen zu prüfen (B[X.] vom 18.3.2015 - [X.] U 8/13 R - juris Rd[X.]4; B[X.] vom 8.5.2007 - B 2 U 3/06 R - [X.] 4-2700 § 136 [X.] Rd[X.]8).Hierzu zählt auch die Einhaltung der Klagefrist (§ 87 [X.]). Die Monatsfrist des § 87 Abs 1 [X.] war angesichts der Ablehnung einer Wie-[X.] spätestens mit Erlass des Widerspruchsbescheids der [X.]n vom 7.1.2010 und Stellung des Klageantrags auf Anerkennung einer Wie-[X.] vor dem [X.] am 14.1.2015 für diese (geänderte) Klage nicht gewahrt (B[X.] vom 28.11.1979 - 3 RK 90/78 - B[X.]E 49, 163, 165; vgl auch [X.] vom 23.3.1972 - [X.] 132.70 - [X.]E 40, 25, 32; [X.] vom [X.] - 3 C 35/96 - [X.]E 105, 288 S 294; [X.] vom [X.] - [X.]/78 - [X.]E 130, 12 = BeckRS 1980, 22005230 = juris Rd[X.] f; [X.] vom [X.] - [X.]E 135, 154 = BeckRS 1982, 22006000 = juris Rd[X.]6; [X.] vom 23.10.1989 - [X.] - [X.]E 159, 4, 10 = NVwZ 1990, 598, 599 = juris Rd[X.]1).

Die Klagefrist ist auch nicht durch den auf Aufhebung des Bescheids vom [X.] in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7.1.2010 gerichteten ursprünglichen Anfechtungsantrag vor dem [X.] kombiniert mit dem [X.] hinsichtlich einer Neuverbescheidung der Anerkennung der [X.] gewahrt worden. Bei einer kombinierten Anfechtungs- und Feststellungs- bzw Leistungsklage ist der Anfechtungsteil regelmäßig nur unselbständiges Hilfsmittel mit dem Ziel, den angefochtenen Bescheid insoweit zu beseitigen, wie er dem Leistungs- oder Feststellungsbegehren entgegen steht. Damit wird der nicht angefochtene Teil bestandskräftig (vgl [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 11. Aufl 2014, § 99 Rd[X.]a). Dem beim [X.] gestellten Antrag und dem Verfahrensstoff ist jedoch nicht zu entnehmen, dass die Bescheide der [X.]n gerade im Hinblick auf die Ablehnung einer Wie-[X.] angefochten worden sind, so dass nicht gemäß § 123 [X.] ein dem Wortlaut des [X.] Begehren angenommen werden kann (vgl B[X.] vom [X.] - [X.] 4-2600 § 2 [X.] Rd[X.]2). Daher kann auch dem vor dem [X.] zunächst gestellten Klageantrag nicht die Wirkung einer fristwahrenden Klage gegen die Ablehnung der Anerkennung einer Wie-[X.] nach § 9 [X.] [X.] zugemessen werden.

Dahinstehen kann damit, ob es auch an der funktionellen (instanziellen) Zuständigkeit des [X.] gemäß § 29 [X.] als für die Feststellung einer Wie-[X.] erstmals angerufenem Gericht fehlt (vgl dazu die beim [X.] anhängige Revision [X.] U 4/16 R; zuletzt B[X.] vom 26.4.2016 - [X.] U 13/14 R - juris Rd[X.] 22; B[X.] vom 18.3.2015 - [X.] U 8/13 R - juris Rd[X.]4; B[X.] vom [X.] - [X.] 4-2600 § 2 [X.] Rd[X.]2, zur Veröffentlichung auch in B[X.]E vorgesehen sowie B[X.] vom [X.] - B 4 RA 20/01 R - [X.] 3-1500 § 29 [X.] S 6; hierzu [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 11. Aufl 2014, § 96 Rd[X.]; Roller in [X.], [X.], 4. Aufl 2012, § 99 Rd[X.] 9; [X.] in [X.], [X.], 4. Aufl 2012, § 153 Rd[X.] 21).

Ebenso kann dahinstehen, ob die Zulässigkeit der geänderten Klage auch an einem fehlenden Vorverfahren (§ 78 [X.]) betreffend die Klage auf Anerkennung einer Wie-[X.] scheitert (vgl B[X.] vom 24.6.2003 - [X.] U 21/02 R - B[X.]E 91, 128 = [X.] 4-2700 § 157 [X.], Rd[X.] 8; [X.] in [X.]/Fichte, [X.], 2. Aufl 2013, § 99 Rd[X.] 21), weil die [X.] in ihrem Widerspruchsbescheid vom 7.1.2010 offenbar nicht über einen Anspruch auf Anerkennung einer Wie-[X.], sondern nur über eine Listen-[X.] entschieden haben könnte (zur Auslegung von Verwaltungsakten zuletzt B[X.] vom 3.4.2014 - [X.] U 25/12 R - B[X.]E 115, 256 = [X.] 4-2700 § 136 [X.], Rd[X.]5).

c) Der mit der ursprünglichen Klage vor dem [X.] und der Berufung geltend gemachte Anspruch auf Feststellung einer (Listen-)[X.] ist hingegen durch die Klageänderung vor dem [X.] konkludent zurückgenommen worden (B[X.] vom 31.3.1993 - 13 RJ 33/91 - juris Rd[X.]5; vgl [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 11. Aufl 2014, § 102 Rd[X.] 2). Dieser Anspruch hatte sich damit erledigt (§ 102 Abs 1 Satz 2 [X.]), weshalb er nicht mehr Gegenstand einer Berufungsentscheidung sein konnte.

Das [X.] hat mithin - insoweit es mit der Zurückweisung der Berufung über das im Berufungsverfahren im Wege der Klageänderung erstmalig erhobene Begehren auf Feststellung einer Wie-[X.] entschieden hat - die Unzulässigkeit dieser Klage verkannt.Damit erweist sich aber die Entscheidung des [X.], mit der es das [X.] des [X.] - nämlich die Berufung gegen die Abweisung seiner Klage - zurückgewiesen hat, aus anderen - prozessualen - Gründen als richtig und die Revision war gemäß § 170 Abs 1 Satz 2 [X.] zurückzuweisen (vgl zum umgekehrten Fall B[X.] vom 28.10.1966 - 4 RJ 339/64 - B[X.]E 25, 251, 253 f; B[X.] vom 11.12.1963 - 5 [X.] 39/62 - [X.] [X.]0 zu § 51 [X.] sowie B[X.] vom [X.] - 1 RA 43/79 - [X.] 1200 § 14 [X.] 8 = juris Rd[X.] 27). Das [X.] hätte die geänderte Klage als unzulässig abweisen müssen, was im Tenor der Zurückweisung der Revision klarzustellen war.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183, 193 [X.] und berücksichtigt die nur geringfügige verfahrensrechtliche Korrektur der angegriffenen Entscheidung.

Meta

B 2 U 4/15 R

05.07.2016

Bundessozialgericht 2. Senat

Urteil

Sachgebiet: U

vorgehend SG Magdeburg, 3. Juli 2012, Az: S 8 U 15/10, Urteil

§ 9 Abs 1 SGB 7, § 9 Abs 2 SGB 7, Anl 1 Nr 4115 BKV, § 90 SGG, § 87 Abs 1 SGG, § 99 SGG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 05.07.2016, Az. B 2 U 4/15 R (REWIS RS 2016, 8766)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 8766

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