Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.03.2015, Az. VI ZR 215/14

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 14331

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
VI [X.]
Verkündet am:

10. März 2015

Holmes

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
ZPO § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2
Wird die Klage allein aus dem Gesichtspunkt der Verjährung abgewiesen, reicht es grundsätzlich für eine ordnungsgemäße Berufungsbegründung aus, dass der Kläger vorträgt, die aus einem bestimmten Unfallereignis geltend gemachten Schadensersatzansprüche seien nicht verjährt.
[X.], Urteil vom 10. März 2015 -
VI [X.] -
LG [X.]

[X.]

-

2

-

Der VI.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom
10. März 2015
durch den Vorsitzenden [X.], [X.], [X.] und [X.] und die Richterin Dr. Oehler

für Recht erkannt:
Auf die Revision des [X.] wird das Urteil der 8.
Zivilkammer des [X.] vom 23.
April 2014 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das Berufungsge-richt zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:
Der Kläger verlangt von
den
[X.] Schadensersatz aufgrund eines Verkehrsunfalls am 21.
November 2009. Bei dem Unfall kollidierte der im [X.] des [X.] stehende Pkw
mit einem von dem [X.] zu
2 gesteuerten, von der [X.] zu
3 gehaltenen und bei der [X.] zu
1 pflichtversicher-ten Pkw. Nach Behauptung des [X.] ist der Pkw
der [X.] zu
3 beim Überholen des klägerischen Fahrzeugs zu knapp vor diesem wieder einge-schert. Der Kläger macht
Schadensersatz in Höhe von 2.171,93

geltend
(Wiederbeschaffungsaufwand: 1.650

, Schadensfeststellungskosten: 496,93

,
Kleinkosten zur Schadensverfolgung: 25

1
-

3

-

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen, weil etwaige Ansprüche ver-jährt seien. Das [X.] hat die Berufung des [X.] verworfen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Scha-densersatzansprüche weiter.

Entscheidungsgründe:
I.
Nach Auffassung des Berufungsgerichts genügt die Berufungsbegrün-dung nicht den Anforderungen des §
520 Abs.
3 Satz
2 Nr.
2 ZPO, weil sie nicht
erkennen lasse, dass und inwiefern der gerügte Fehler in der [X.] für die angefochtene Entscheidung erheblich sei. Der Kläger berufe sich auf eine Verletzung des materiellen Rechts durch das Amtsgericht, da dieses zu Unrecht von einer Verjährung der Schadensersatzansprüche ausgegangen sei. Er habe -
zugeschnitten auf den Streitfall und aus sich heraus verständlich
-
diejenigen Punkte rechtlicher Art darzulegen, die er als unzutreffend beurteilt ansehe, und die Gründe anzugeben, aus denen sich die Fehlerhaftigkeit jener Punkte und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung herleite. Aus der Berufungsbegründung ergebe sich nicht, dass und weshalb die ange-führte Rechtsverletzung für die angefochtene Entscheidung im Ergebnis auch erheblich sei. Der Kläger habe weder dargelegt, wie der Rechtsstreit bei Be-rücksichtigung seiner Rechtsansicht zu entscheiden wäre, noch habe er in [X.] oder allgemeiner Weise auf sein erstinstanzliches Vorbringen Bezug ge-nommen und dieses so zum Gegenstand der Berufungsbegründung gemacht. Aus dieser ergebe sich lediglich, dass ein "Schadensersatzanspruch" nicht we-gen Verjährung gehemmt wäre. Dass und in welcher Höhe ihm ein solcher An-spruch zustehe, habe der Kläger weder ausdrücklich noch durch eine Bezug-2
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nahme dargelegt.
Bei
der Prüfung, ob die für die zulässige Berufung notwendi-ge Berufungsbegründung den Anforderungen des §
520 ZPO genüge, könne nicht auf den gesamten [X.] abgestellt werden. Es stellte einen Zirkel-schluss dar, wenn bereits bei der Prüfung der Zulässigkeit der Berufung, deren Folge eine
Anlandung des gesamten [X.]es in der zweiten Instanz sei, der gesamte [X.] zu prüfen und zu berücksichtigen wäre.

II.
Diese Erwägungen halten der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.
Die
Verwerfung der Berufung als unzulässig verletzt den Kläger in sei-nem Verfahrensgrundrecht auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art.
2 Abs.
1 GG in Verbindung mit
dem Rechtsstaatsprinzip).
a)
Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung ist die Berufung nicht schon deshalb unzulässig, weil nicht erkennbar ist, dass die Berufungsbe-gründung von dem durch den Briefbogen als Ersteller ausgewiesenen Rechts-anwalt unterschrieben wurde. Es ist
zwar anders als in anderen Schriftsätzen in der Berufungsbegründung nicht angegeben, dass die Unterschrift von dem Pro-zessbevollmächtigten zweiter Instanz des [X.] stammt. Zudem unterschei-det sich die Unterschrift von den Unterschriften unter den anderen Schriftsät-zen. Der Kläger hat jedoch durch Vorlage von Kopien des Ausweises der Rechtsanwaltskammer, des Führerscheins sowie des Personalausweises sei-nes zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten und dessen anwaltliche Versi-cherung glaubhaft gemacht, dass dieser die Berufungsbegründung unterschrie-ben hat. Der erkennende Senat hat aufgrund dessen Begründung, er unter-zeichne
nach geäußerten Bedenken des Vorsitzenden einer Berufungskammer gegen seine übliche Unterschrift
Berufungsschriftsätze anders als andere 4
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5

-

Schriftsätze mit seiner "bürgerlichen Unterschrift",
keine Zweifel daran, dass die Berufungsbegründung von ihm unterschrieben wurde.
b) Das Berufungsgericht hat die in §
520 Abs.
3 Satz
2 ZPO beschriebe-nen Anforderungen an den Inhalt der Berufungsbegründung überspannt und hierdurch dem Kläger den Zugang zur Berufungsinstanz in unzulässiger
Weise versagt.
aa) Nach §
520 Abs.
3 Satz
2 Nr.
2 ZPO muss die Berufungsbegründung die Umstände bezeichnen, aus denen sich nach Ansicht des Berufungsklägers die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entschei-dung ergeben. Dazu gehört eine aus sich heraus verständliche Angabe, welche bestimmten Punkte des angefochtenen Urteils der Berufungskläger bekämpft und welche tatsächlichen oder rechtlichen Gründe er ihnen im Einzelnen entge-gensetzt. Besondere formale Anforderungen bestehen zwar nicht; auch ist es für die Zulässigkeit der Berufung ohne Bedeutung, ob die Ausführungen in sich schlüssig oder rechtlich haltbar sind. Die Berufungsbegründung muss aber auf den konkreten Streitfall zugeschnitten sein. Es reicht nicht aus, die Auffassung des Erstgerichts mit formularmäßigen Sätzen oder allgemeinen Redewendun-gen zu rügen oder lediglich auf das Vorbringen erster Instanz zu verweisen (st. Rspr., vgl. Senat, Beschlüsse vom 11.
März 2014 -
VI
ZB 22/13, [X.], 895 Rn.
8; vom 27.
Januar 2015 -
VI
ZB 40/14, juris Rn. 7; vom 10.
Februar 2015 -
VI
ZB 26/14, z.[X.].; [X.], Beschlüsse
vom 13.
September 2012 -
III
ZB 24/12, NJW 2012, 3581 Rn.
8; vom 23. Oktober 2012 -
XI
ZB 25/11, [X.], 174 Rn. 10; vom 22.
Mai 2014 -
IX
ZB 46/12, juris Rn. 7;
jeweils
mwN).
bb) Nach diesen Grundsätzen hat das Berufungsgericht zu strenge
An-forderungen an den Inhalt der Berufungsbegründung gestellt (§
520 Abs.
3 Satz
2 ZPO).
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Der Kläger hat -
wie gefordert zugeschnitten auf den Streitfall und
aus sich heraus verständlich
-
den vom Amtsgericht für die Klageabweisung maß-geblichen Gesichtspunkt angegriffen, dass die Schadensersatzansprüche des [X.] aus dem Unfallereignis vom 21.
November 2009 verjährt seien. Er hat dies näher ausgeführt und die Umstände mitgeteilt, die aus
seiner
Sicht das Urteil in Frage stellen. Für die Zulässigkeit der Berufung ist ohne Bedeutung, ob die Ausführungen in sich schlüssig oder rechtlich haltbar sind.
Aus der Berufungsbegründung ergibt sich auch
noch ausreichend, dass der
Kläger
Schadensersatzansprüche aus einem Unfallereignis vom 21.
November 2009 geltend macht und der Auffassung ist, dass ihm solche [X.] zustehen. Nachdem das Amtsgericht die Klage allein aus dem Ge-sichtspunkt der Verjährung abgewiesen und dementsprechend etwaige [X.] aus §§
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ff. [X.] und §
823
BGB nicht geprüft hat, war es nicht geboten, ausdrücklich noch einmal das
gesamte erstinstanzliche Vorbringen zu den Vo-raussetzungen des verfolgten [X.] zu wiederholen
und auf diese Weise die Entscheidungserheblichkeit des Berufungsangriffs darzutun. Diese ergibt sich im Streitfall bereits daraus, dass eine inhaltliche Prüfung der geltend gemachten Schadensersatzansprüche nicht erfolgt und die Klage allein wegen Verjährung abgewiesen worden ist. Im Übrigen ergeben sich nähere Umstände des Sachverhalts und des Vorbringens des [X.] aus dem Tatbestand des amtsgerichtlichen Urteils, auf den das landgerichtliche Urteil Bezug genommen hat.

III.
Nach alledem durfte das Berufungsgericht die Berufung nicht als unzu-lässig verwerfen, so dass das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache 9
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an das Berufungsgericht zurückzuverweisen ist, damit es über die Begründet-heit der Berufung befindet (§
563 Abs.
1 ZPO).
Galke
[X.]
[X.]

[X.]
Oehler

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 26.09.2013 -
33 [X.]/13 -

LG [X.], Entscheidung vom 23.04.2014 -
8 S 56/13 -

Meta

VI ZR 215/14

10.03.2015

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.03.2015, Az. VI ZR 215/14 (REWIS RS 2015, 14331)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 14331

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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