Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.07.2003, Az. VII ZR 218/02

VII. Zivilsenat | REWIS RS 2003, 2132

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[X.] DES VOLKESVERSÄUMNISURTEIL[X.]Verkündet am:24. Juli 2003Heinzelmann,[X.] Geschäftsstellein dem [X.]:ja[X.]Z: jaBGB §§ 133 B, [X.], 649; VOB/B § 8a)Eine Kündigung, die ausschließlich für den Fall erklärt wird, daß ein außerordentli-cher Kündigungsgrund nach § 8 [X.] bis 4 VOB/B vorliegt, ist unwirksam, wennein solcher Grund nicht gegeben [X.])Ob eine außerordentliche Kündigung eines Bauvertrages auch als freie Kündigungnach § 649 Satz 1 BGB oder nach § 8 Nr. 1 Abs. 1 VOB/B verstanden werdenkann, richtet sich nach dem Inhalt der [X.])Im Regelfall ist die Kündigung eines Bauvertrages dahin zu verstehen, daß [X.] freie Kündigung gewollt ist. [X.] der Auftraggeber seine Kündigung nicht soverstanden wissen, muß sich das aus der Erklärung oder den Umständen erge-ben.[X.], Versäumnisurteil vom 24. Juli 2003 - [X.] -OLG [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] durch [X.] Dressler und die [X.], [X.], Prof. Dr. [X.] und [X.] Recht erkannt:Auf die Revision der [X.] wird das Urteil des [X.] vom 9. April 2002 im Kosten-punkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der [X.] worden ist.Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten [X.] und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das Berufungsgericht zurückverwiesen.Von Rechts [X.]:Der Kläger verlangt von der [X.] Rückzahlung einer geleistetenAbschlagszahlung von 33.904 [X.] sowie Erstattung von Kosten in Höhe von3.724,71 [X.] nach Kündigung eines Vertrages über die schlüsselfertige Her-stellung eines Einfamilienhauses. Die Parteien streiten im wesentlichen [X.], ob der Vertrag wirksam durch Kündigung beendet worden ist.Mit Bauvertrag vom 19./22. Juli 2000 verpflichtete sich die Beklagte unterGeltung der VOB/B als Generalunternehmerin zur schlüsselfertigen [X.] -eines Einfamilienhauses für den Kläger zum Pauschalpreis von 423.000 [X.].Nach [X.] des [X.] war "angestrebt, die Bautätigkeit innerhalb vonvier Wochen nach Vorlage der Baugenehmigung zu beginnen". Der Bau solltesieben Monate später fertiggestellt sein. Der Kläger zahlte [X.] erste Abschlagszahlung in Höhe von 33.904 [X.] (8% des Kaufpreises) nachVorlage der Baugenehmigung. Eine zweite Zahlung von 22% des [X.] sollte bei Beginn der [X.] geleistet werden. Wegen einer aufWunsch des [X.] erforderlichen Änderung übergab dieser erst am6. November 2000 eine Änderungsgenehmigung und forderte die Beklagte auf,umgehend mit dem Bau zu beginnen.Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der per-sönlich haftenden Gesellschafterin der [X.], [X.], verhandelten [X.] über die Reduzierung der zweiten Abschlagszahlung auf 13,5%, wasdie Beklagte ablehnte. Der Kläger beanstandete mit Schreiben vom4. Dezember 2000, daß der Bau entgegen der Ankündigung der [X.] [X.] 29. November 2000 begonnen worden sei. Er kündigte am [X.] "nach § 5 VOB/B wegen Verzögerung des Auftragnehmers bei Beginn derBauausführung" und forderte die Abschlagszahlung zurück.Nachdem die Beklagte mit Schreiben vom 13. Dezember 2000 mitgeteilthatte, daß statt der [X.] Otto H. als persönlich haftender Gesellschaftereingetreten sei, erklärte der Prozeßbevollmächtigte des [X.] mit [X.] 19. Dezember 2000, daß er wegen der von der [X.] erklärten [X.] die Kündigung vom 8. Dezember 2000 zurücknehme. In diesemSchreiben forderte er die Beklagte zugleich auf, mit dem Bau ([X.]) bisspätestens 8. Januar 2001 zu beginnen. Andernfalls drohte er "Entziehung [X.] nach § 8 Ziff. 3 VOB/B an". Die Beklagte berief sich mit Schreiben [X.] Dezember 2000 auf die Kündigung und teilte mit weiterem Schreiben vom- 4 -28. Dezember 2000 mit, sie könne den Inhalt des Schreibens vom19. Dezember 2000 und die Fristsetzung zum 8. Januar 2001 nicht hinnehmen.Sie habe die ausgesprochene Kündigung akzeptiert und dementsprechend ge-plant, sei jedoch hinsichtlich eines [X.] gesprächsbereit. [X.] Beklagte am 8. Januar 2001 nicht mit den Bauarbeiten begonnen hatte,kündigte der Klägervertreter am 9. Januar 2001 nach § 8 Nr. 3 VOB/B auswichtigem Grund.Der Kläger verlangt Rückzahlung der Abschlagszahlung (33.904 [X.]),Kosten der Tektur (200 [X.]), Anwaltskosten in Höhe von 3.504,71 [X.] sowieZinsen und vorgerichtliche Kosten.Das [X.] hat der Klage in Höhe von 33.904 [X.] (Abschlagszah-lung) stattgegeben. Auf beiderseitige Berufung hat das Berufungsgericht [X.] zur Zahlung von 17.437,10 [X.] so-wie Tektur von 200 [X.]) zuzüglich Zinsen und vorgerichtliche Kosten verurteilt.Das Berufungsgericht hat die Revision der [X.] zu der Frage [X.], ob eine vom Auftraggeber zu Unrecht aus wichtigem Grund ausge-sprochene Kündigung eines Werkvertrags als freie Kündigung nach § 649Satz 1 BGB oder nach § 8 Nr. 1 VOB/B das Vertragsverhältnis beendet.Die Beklagte verfolgt mit der Revision ihr Begehren auf [X.] 5 -Entscheidungsgründe:Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des [X.] zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.Auf das Schuldverhältnis findet das Bürgerliche Gesetzbuch in der biszum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung Anwendung (Art. 229 § 5 Satz 1EGBGB).I.Das Berufungsgericht ist der Ansicht, der Vertrag sei nicht durch dasKündigungsschreiben vom 8. Dezember 2000, sondern erst durch das [X.] vom 9. Januar 2001 aus wichtigem Grund gekündigt worden. Der [X.] daher Anspruch auf Schadensersatz gemäß § 8 Nr. 3 VOB/B oder § 326BGB in Höhe der geleisteten Abschlagszahlung, die für die nicht mehr brauch-bare Planung der [X.] erfolgt sei, sowie der nutzlos aufgewendeten Ko-sten der Änderungsplanung von 200 [X.].1. Das [X.] habe zutreffend die Voraussetzungen einer Auftrags-entziehung aus wichtigem Grund nach § 8 Nr. 3 Abs. 1 Satz 1 VOB/B in [X.] mit § 5 Nr. 4 VOB/B bei der Kündigung vom 8. Dezember 2000 ver-neint. Es habe bereits an einer Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung gefehlt.Auf einen möglichen Kündigungsgrund aus § 8 [X.] VOB/B könne sich [X.] nicht mehr berufen, weil er nach erklärter Leistungsfähigkeit der [X.] am Vertrag habe festhalten wollen. Auch ein wichtiger Grund in ent-sprechender Anwendung des § 8 Nr. 3 VOB/B wegen einer schweren Vertrags-verletzung der [X.], die dem Kläger ein Festhalten am Vertrag unzumut-bar gemacht hätte, habe nicht [X.] -2. [X.] vom 8. Dezember 2000 habe das Vertrags-verhältnis nicht als freie Kündigung nach § 8 Nr. 1 VOB/B beendet. Der inRechtsprechung und Literatur vertretenen Ansicht, daß eine außerordentlicheKündigung zur Vertragsbeendigung als freie Kündigung führe, wenn Gründe fürdie außerordentliche Kündigung nicht gegeben seien, sei nur zu folgen, wennsich aufgrund der Kündigungserklärung oder aus sonstigen Umständen der[X.]e des Bestellers ergebe, den Werkvertrag auf jeden Fall beenden zu wollen.Der Kündigungserklärung vom 8. Dezember 2000 sei deutlich zu entnehmen,daß der Kläger das Vertragsverhältnis ohne Gegenleistung habe beenden [X.]. Seine Erklärung könne daher nicht als Kündigung nach § 8 Nr. 1 Abs. 1VOB/B ausgelegt oder umgedeutet werden.3. Der Werkvertrag sei durch das Schreiben des Rechtsanwalts des [X.] vom 9. Januar 2001 wirksam gekündigt worden. Da der [X.] habe und die Beklagte ihrerseits nicht gekündigt habe, habe der [X.] § 8 Nr. 3 Abs. 1 VOB/B wirksam kündigen können. Die Fristsetzungzum 8. Januar 2001 im Schriftsatz vom 19. Dezember 2000 sei zwar unange-messen kurz gewesen. Eine längere Fristsetzung sei jedoch wegen der [X.] Erfüllungsverweigerung der [X.] entbehrlich gewesen. Die Kündi-gung sei daher nicht verfrüht erfolgt.[X.] hält der rechtlichen Nachprüfung im entscheidenden Punkt [X.].Der Bauvertrag der Parteien ist durch die Kündigung des [X.] vom8. Dezember 2000 beendet worden. Die gegenteilige Auffassung des [X.] -fungsgerichts läßt die maßgeblichen Grundsätze zur Auslegung der [X.] Bauvertrages außer [X.] Zutreffend nimmt das Berufungsgericht an, daß das Recht, den [X.] nach § 8 Nr. 1 Abs. 1 VOB/B kündigen zu können, zu unterscheiden ist vondem Recht, den Vertrag außerordentlich in den Fällen kündigen zu können, [X.] § 8 [X.] bis 4 VOB/B genannt [X.]) Das freie Kündigungsrecht nach § 8 Nr. 1 Abs. 1 VOB/B lehnt sich andas Kündigungsrecht aus § 649 Satz 1 BGB an. Es besteht "jederzeit". [X.] zum Ausdruck gebracht, daß der Auftraggeber den [X.] kann,ohne daß ihm ein besonderer Kündigungsgrund zur Seite steht. Der [X.] hat vorzugsweise Interesse an der Ausführung des Werkes und soll [X.] Möglichkeit einer Lösung vom [X.] erhalten, daß das [X.] wegfällt. Der Auftragnehmer ist nach der Wertung des Gesetzes durch dieRegelung des § 649 Satz 2 BGB, dem § 8 Nr. 1 Abs. 2 VOB/B entspricht, aus-reichend geschützt ([X.], Urteil vom 8. Juli 1999 - [X.], [X.] = [X.] 1999, 1294 = [X.] 2000, 30). Danach behält der Auftragnehmerseinen vertraglichen Vergütungsanspruch; er muß sich jedoch dasjenige an-rechnen lassen, was er infolge der Aufhebung des [X.] oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zuerwerben böswillig unterläßt.b) Dagegen gewährt § 8 [X.] bis 4 VOB/B dem Auftraggeber ein [X.] Kündigungsrecht nur in den dort genannten Fällen. Nach einerwirksamen Kündigung auf Grundlage des § 8 [X.] bis 4 VOB/B hat der [X.] lediglich Anspruch auf Vergütung der bis zur Kündigung erbrachtenLeistungen (vgl. [X.], Urteil vom 26. November 1959 - [X.], [X.]Z31, 224, 229; Urteil vom 12. Februar 2003 - [X.], [X.], 880, [X.] -im Fall des § 8 [X.] VOB/B nach Maßgabe des § 6 Nr. 5 VOB/B ([X.], [X.] 7. Januar 2003 - [X.] = [X.], 877). Eine Kündigung, die aus-schließlich für den Fall erklärt wird, daß ein außerordentlicher Kündigungsgrundnach § 8 [X.] bis 4 VOB/B vorliegt, ist unwirksam, wenn ein solcher Grundnicht vorliegt. Das Vertragsverhältnis dauert an. Die Vertragspflichten bleibenbestehen.2. Rechtsfehlerfrei und von der Revision nicht beanstandet geht das Be-rufungsgericht davon aus, daß eine außerordentliche Kündigung am8. Dezember 2000 nicht gerechtfertigt war. Eine Kündigung nach § 8 Nr. 3 [X.] mit § 5 Nr. 4 VOB/B war nicht wirksam, weil der Kläger keine [X.] Arbeitsaufnahme gesetzt und auch nicht die Kündigung angedroht hat. [X.] wird auch richtig gesehen, daß ein sofortiges außerordentli-ches Kündigungsrecht unter Verzicht auf eine Fristsetzung mit Kündigungsan-drohung nicht gegeben war sowie die Voraussetzungen des § 8 [X.] VOB/[X.] Zutreffend geht das Berufungsgericht schließlich davon aus, daß nachder Rechtsprechung des [X.] eine außerordentliche Kündigunggrundsätzlich nicht "automatisch" als freie Kündigung gewertet werden kann(vgl. [X.], NJW 1995, 1313, 1314). Vielmehr kann eine unwirksame außer-ordentliche Kündigung nur dann als eine freie Kündigung ausgelegt bzw. um-gedeutet werden, wenn nach der Sachlage anzunehmen ist, daß diese dem[X.]en des Erklärenden entspricht und dieser [X.]e in seiner Erklärung gegen-über deren Empfänger zum Ausdruck gekommen ist ([X.], Urteil vom 26. [X.], [X.], 621, 622).Das Berufungsgericht läßt jedoch bei seiner Auslegung der Kündigungs-erklärung die Besonderheiten des Bauvertrages unberücksichtigt und stellt [X.] -halb rechtsfehlerhaft allein darauf ab, daß der Kläger die Kündigung nur aufeinen wichtigen Grund gestützt habe. Daraus ergebe sich für die Beklagte er-kennbar, daß der Kläger das Risiko einer freien Kündigung, die volle Vergütungzahlen zu müssen, nicht habe übernehmen wollen. Diese Erwägungen tragendie Entscheidung [X.]) Für die Frage, ob eine außerordentliche Kündigung eines Bauvertra-ges auch als freie Kündigung nach § 649 Satz 1 BGB oder § 8 Nr. 1 Abs. 1VOB/B verstanden werden kann, kommt es maßgeblich darauf an, ob sich ausder Kündigungserklärung ergibt, daß der Bauvertrag unabhängig davon been-det sein soll, ob der geltend gemachte Kündigungsgrund vorliegt. Das wird [X.] der Kündigung eines Bauvertrages regelmäßig ergeben, wenn ausden Umständen des Einzelfalls nichts anderes folgt. Die Kündigung eines Bau-vertrages ist eine Entscheidung, die in aller Regel nicht nur rechtliche, sondernauch tatsächliche Wirkungen hat. Mit ihr wird nicht nur zum Ausdruck gebracht,daß das Vertragsverhältnis beendet ist, sondern mit ihr werden auch die Vor-aussetzungen für den Einsatz eines Drittunternehmers oder für den vollständi-gen Abbruch des Bauvorhabens geschaffen. Das ist konfliktfrei nur möglich,wenn die außerordentliche Kündigung auch für den Fall wirksam sein soll, daßder Kündigungsgrund nicht besteht. Deshalb wirkt eine außerordentliche Kündi-gung als Erklärung, nach der alle in Betracht kommenden Kündigungsmöglich-keiten, auch die nach § 649 Satz 1 BGB oder § 8 Nr. 1 Abs. 1 VOB/B, [X.] werden sollen.Dieser Auslegung der Kündigung im Regelfall steht nicht entgegen, daßder Auftraggeber grundsätzlich nicht bereit ist, eine Vergütung nach § 649Satz 2 BGB zu zahlen, worauf das Berufungsgericht maßgeblich abgestellt hat.Denn der Auftraggeber trägt dieses Risiko in der Regel auch dann, wenn seineKündigung nur als außerordentliche verstanden würde. Der Auftragnehmer be-- 10 -hielte in dem regelmäßig vorliegenden Fall, daß der Auftraggeber nach [X.] die Fortsetzung der Bauleistung für den Auftragnehmer unmöglichgemacht hat, nach § 324 BGB a.F. oder § 326 Abs. 2 BGB n.F. den Anspruchauf die Gegenleistung abzüglich der Ersparnis, des anderweitigen Erwerbs oderdes böswillig unterlassenen anderweitigen Erwerbs. Allein aus dem Umstand,daß der Auftraggeber bei der Kündigung davon ausgeht und er das auch zumAusdruck bringt, ihm stehe ein Recht zur außerordentlichen Kündigung zu,kann entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht geschlossen wer-den, er wolle nicht das Risiko einer Gegenleistung übernehmen. Die [X.] sich vielmehr unter Inkaufnahme dieses Risikos als eine durch § 649Abs. 1 BGB geschaffene Möglichkeit dar, den Bauvertrag in jedem Fall zu [X.]. [X.] der Auftraggeber seine Kündigung nicht so verstanden wissen, mußsich das aus der Erklärung oder den Umständen ergeben.b) Dieses Verständnis einer Kündigung eines Bauvertrages ist interes-sengerecht. Der Bauvertrag ist ein Vertragsverhältnis, das in aller Regel in ei-nen zeitlichen Rahmen gefaßt ist und von gegenseitigen Rechten und Pflichten,auch zur Kooperation während der Bauzeit, geprägt ist. Mit diesem Vertragstypist ein Zustand schwer zu vereinbaren, der Unsicherheit darüber schafft, ob [X.] noch mit dem Auftragnehmer fortgeführt werden muß oder nicht. Dieregelmäßig zutreffende Auslegung einer außerordentlichen Kündigung [X.] dahin, daß jedenfalls die freie Kündigung gewollt ist, stellt dieweitere Abwicklung des Bauvorhabens auf eine sichere rechtliche und zeitlicheGrundlage. Das Vertragsverhältnis mit dem Auftragnehmer ist in jedem Fall be-endet. Beide Parteien haben Sicherheit für ihre zukünftigen Dispositionen, [X.] sie in Rechnung stellen müßten, daß eine von ihnen sich auf die [X.] der Kündigung beruft und sodann die Frage auftaucht, ob der Vertragfortzuführen wäre. Es geht deshalb nur noch um die rechtlichen Folgen, insbe-sondere um die Frage, ob dem Auftragnehmer der Vergütungsanspruch nach- 11 -§ 649 Satz 2 BGB zusteht oder nach § 631 Abs. 1 BGB lediglich für die er-brachten Leistungen. Das ist für beide Parteien erkennbar und regelmäßig [X.] auch so gewollt.Der Auftraggeber hat in der Regel kein Interesse an einer Rechtslage,die die Frage, ob die Kündigung wirksam war, in der Schwebe hält. Denn ihmist grundsätzlich daran gelegen, das Bauvorhaben auf der Grundlage einer si-cheren rechtlichen Bewertung fortzuführen. Anders könnte der Auftraggeber,ohne sich der Gefahr auszusetzen, selbst vertragsbrüchig zu sein, auch nichteinen Drittunternehmer einsetzen. Das Risiko, bei einer Fehleinschätzung [X.] abzüglich der ersparten Aufwendungen, des anderweitigen Erwerbsoder des böswillig unterlassenen Erwerbs tragen zu müssen, trägt er, wie [X.], ohnehin. In dem Fall, in dem ihn die Kündigung reut, weil er möglicher-weise nachträglich festgestellt hat, daß die Kündigungsvoraussetzungen nichtvorliegen, ist er ohnehin nicht schützenswert.Der Auftragnehmer hat ebenfalls kein schützenswertes Interesse daran,daß die Kündigung nicht als freie Kündigung verstanden wird. Denn ihm bleibtin diesem Fall der volle Vergütungsanspruch nach Maßgabe des § 649 Satz [X.]. Ebenso wie der Auftraggeber hat er regelmäßig kein Interesse an einerRechtslage, die die Frage der Wirksamkeit der Kündigung in der Schwebe hält.Denn er muß nach einer Kündigung neu disponieren.c) Diese Auslegungsgrundsätze gelten, wenn der Auftraggeber zu Un-recht eine außerordentliche Kündigung eines Bauvertrages erklärt, denn [X.] darüber, daß der außerordentliche Kündigungsgrund nicht besteht,macht die auch als freie verstandene Kündigung nicht unwirksam. Soweit [X.] im Urteil vom 5. Dezember 1968 ([X.], 128/66, NJW 1969, 419,421) weitergehend zum Ausdruck gebracht haben sollte, daß jede außerordent-- 12 -liche Kündigung als hilfsweise erklärte freie Kündigung zu werten sei, hält [X.] nicht fest. Maßgebend ist unter Beachtung der dargelegten Auslegungs-grundsätze die Auslegung der Erklärung im Einzelfall. Der [X.] in ständiger Rechtsprechung entschieden, daß eine Abrechnung der [X.] nach § 649 Satz 2 BGB erfolgt, wenn sich herausstellt, daß der gel-tend gemachte Grund zur außerordentlichen Kündigung nicht besteht ([X.],Urteil vom 8. Februar 1996 - [X.], [X.] 1996, 200; Urteil vom10. Oktober 1996 - [X.], [X.], 157 = [X.] 1997, 36 = NJW1997, 259; Urteil vom 24. Juni 1999 - [X.], NJW 1999, 3554 = [X.]1999, 1319 = [X.] 2000, 28; Urteil vom 8. Juli 1999 - [X.], [X.]1999, 1294). Die vom Berufungsgericht zitierte Entscheidung des [X.](Urteil vom 26. Juli 2001 - [X.], [X.], 621, 622) weicht von dendargestellten Grundsätzen des Bauvertragsrechts nicht ab. Sie betrifft die Aus-legung einer Kündigungserklärung in einem Softwareentwicklungsvertrag. [X.] dahinstehen, ob in anderen Vertragstypen andere Auslegungsgrundsätzemaßgeblich sind, wie das z.B. für diejenigen Verträge gelten kann, auf die § 649BGB nicht anwendbar ist (vgl. [X.], Urteil vom 14. Februar 2000 - [X.]/97,ZIP 2000, 539, 540). Jedenfalls ist nicht ersichtlich, daß der X. Zivilsenat diegefestigte Rechtsprechung des [X.]. Zivilsenats in Frage stellen wollte.4. [X.] ist nach den dargestelltenGrundsätzen wirksam. Es handelt sich um eine außerordentliche Kündigung,die dahin auszulegen ist, daß sie den Vertrag auch dann beenden soll, wennder geltend gemachte außerordentliche Kündigungsgrund nicht vorliegt. [X.], daß die Kündigung wegen des verzögerten Baubeginns erklärt wordenist, folgt nichts anderes. Die Kündigung wirkt rechtsgestaltend. Sie konnte nichtzurückgenommen [X.] -III.Danach kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben. Für die weitereVerhandlung weist der Senat auf folgendes hin:Nicht gefolgt werden kann der Meinung des Berufungsgerichts, ein An-spruch des [X.] auf Rückzahlung der geleisteten Abschlagszahlungen er-gebe sich aus § 812 Abs. 1 BGB. Aus der Vereinbarung über [X.] folgt vielmehr die vertragliche Verpflichtung des Auftragnehmers, seine [X.] abzurechnen ([X.], Urteil vom 11. Februar 1999 - [X.] ZR 399/97, [X.]Z140, 365, 374; Urteil vom 24. Januar 2002 - [X.] ZR 196/00, NJW 2002, 1567= [X.] 2002, 938 = [X.] 2002, 474). Ergibt die Abrechnung einen Überschuß,dann hat der Auftraggeber einen vertraglichen Anspruch auf Auszahlung [X.].Da in der Revision davon auszugehen ist, daß mit der Errichtung [X.] noch nicht begonnen worden ist, ist das Vorbringen zur Rückzahlungder Abschlagszahlung schlüssig. Die Beklagte hat Gelegenheit, gemäß § 8Nr. 1 Abs. 2 VOB/B abzurechnen.DresslerHausmann Kuffer[X.]Bauner

Meta

VII ZR 218/02

24.07.2003

Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.07.2003, Az. VII ZR 218/02 (REWIS RS 2003, 2132)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 2132

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