Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.08.2015, Az. 1 StR 300/15

1. Strafsenat | REWIS RS 2015, 7026

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1
StR 300/15

vom
5. August
2015
in der Strafsache
gegen

1.
2.

wegen
Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln

in nicht geringer Menge

-
2
-
Der 1. Strafsenat des [X.] hat am 5. August
2015
gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO
beschlossen:

1. Auf die Revision des Angeklagten [X.]

wird das Urteil des [X.] vom 17. März 2015, soweit es ihn [X.], mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
2. Auf die Revision des Angeklagten E.

wird das vorgenannte Urteil, soweit es ihn betrifft, im Strafausspruch aufgehoben.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten der [X.], an eine andere Strafkammer des [X.] zurückverwiesen.
4. Die weitergehende Revision des Angeklagten E.

wird verwor-fen.

Gründe:
Das [X.] hat die Angeklagten jeweils wegen Beihilfe zum [X.] Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig gesprochen, gegen den Angeklagten [X.]

eine Freiheitsstrafe von acht Jahren und sechs Monaten und gegen den Angeklagten E.

eine Freiheitsstrafe von acht Jahren verhängt. Zudem hat es auf Einziehung von etwa 14 kg Kokain erkannt. Die Revision des Angeklagten [X.]

führt mit einer Verfahrensrüge zur Aufhebung des Urteils, soweit es ihn betrifft. Die Revision des Angeklagten E.

führt mit der näher ausgeführten Sachrüge zur Aufhebung des ihn betreffenden Strafausspruchs; im Übrigen ist die Revision des Angeklagten E.

aus den 1
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Gründen der Antragsschrift des [X.] unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
1. Den Beweisantrag des Angeklagten [X.]

, die in seinem Geldbeutel si-chergestellten Zettel mit handschriftlichen Aufzeichnungen durch einen Sach-verständigen zum Beweis der Tatsache untersuchen zu lassen, dass sich [X.] weder Fingerabdrücke noch DNA dieses Angeklagten befinden, hat das [X.] mit der Begründung als tatsächlich bedeutungslos zurückgewiesen,
die [X.] lasse nur einen möglichen, nicht aber einen zwingenden Schluss darauf zu, dass der Angeklagte [X.]

die Zettel nicht berührt habe; den möglichen Schluss wolle die Kammer nicht ziehen. Bei den [X.] handelt es sich nach den Urteilsgründen um das zentrale Beweismittel, mit dem die Ein-lassung der Angeklagten, der Angeklagte [X.]

habe von den transportierten Betäubungsmitteln nichts gewusst und die benannten Zettel habe ihm der An-geklagte E.

untergeschoben, aus Sicht der Strafkammer widerlegt wurde. Die Revision des Angeklagten [X.]

rügt zu Recht, dass die Begründung des [X.] den Anforderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung an die Ablehnung eines Beweisantrags wegen tatsächlicher Bedeutungslosigkeit einer [X.] nicht entspricht.
Eine unter Beweis gestellte Indiz-
oder Hilfstatsache ist aus tatsächlichen Gründen für die Entscheidung bedeutungslos, wenn sie in keinem Zusammen-hang mit der Urteilsfindung steht oder wenn
sie trotz eines solchen Zusam-menhangs selbst im Falle ihrer Bestätigung keinen Einfluss auf die richterliche Überzeugung vom entscheidungserheblichen Sachverhalt hätte, da sie nur ei-nen möglichen Schluss auf das Vorliegen oder Fehlen einer [X.]
oder den Beweiswert eines anderen Beweismittels ermöglicht und das Gericht der Überzeugung ist, dass dieser Schluss in Würdigung der gesamten Beweis-2
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lage nicht gerechtfertigt wäre. Ob der Schluss gerechtfertigt wäre, hat das [X.] nach den Grundsätzen der freien Beweiswürdigung zu beurteilen. [X.] hat es die unter Beweis gestellte Indiz-
oder Hilfstatsache so, als sei sie [X.], in das bisherige Beweisergebnis einzustellen und prognostisch zu [X.], ob hierdurch seine bisherige Überzeugung zu der von der potentiell berühr-ten [X.] bzw. zum Beweiswert des anderen Beweismittels in einer für den Schuld-
oder Rechtsfolgenausspruch bedeutsamen Weise erschüttert [X.] (st. Rspr.; vgl. nur [X.], Beschluss vom 3. Februar 2015

3 [X.], [X.], 296 m. Anm.
[X.]; [X.], Urteil vom 21. August 2014

1 StR 13/14, [X.], 316). Die Anforderungen an die Begründung entspre-chen grundsätzlich den Darlegungserfordernissen bei der Würdigung von durch die Beweisaufnahme gewonnenen [X.]n in den Urteilsgründen
(vgl. [X.], Beschluss vom 27. März 2012

3 StR 47/12).
Diesen Anforderungen wird die Beweisantragsablehnung des Landge-richts nicht gerecht. Angesichts des Umstandes, dass es sich bei den im Be-weisantrag benannten [X.] um das [X.] handelte, durfte das [X.] den Beweisantrag nicht mit der bloßen Begründung ablehnen, der von dem Angeklagten erstrebte Schluss sei nicht zwingend, sondern nur möglich. Damit wurde die unter Beweis gestellte [X.] gerade nicht als erwiesen in das bisherige Beweisergebnis eingestellt, sondern lediglich isoliert betrachtet.
Der [X.] kann nicht ausschließen, dass das Urteil auf dem [X.] beruht. Dies zieht die Aufhebung des Urteils, soweit es den Angeklagten [X.]

betrifft, mit den zugehörigen Feststellungen nach sich. Nicht erfasst [X.] ist die Einziehungsentscheidung, die ihre Rechtfertigung bereits im rechts-kräftigen Schuldspruch des Angeklagten E.

findet.
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5
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2. Die Strafzumessung leidet hinsichtlich des Angeklagten E.

an einem durchgreifenden Rechtsfehler. Das [X.] hat bei der Prüfung eines min-der schweren Falls nach § 29a Abs. 2 BtMG den vertypten [X.] der
Beihilfe nicht erörtert (vgl. zur Prüfungsreihenfolge [X.], Beschluss vom 11.
Februar 2015

1 StR 629/14). Der [X.] kann nicht ausschließen, dass sich
dieser Rechtsfehler auf den Strafausspruch bei dem Angeklagten E.

aus-gewirkt hat. Zwar liegt

worauf der [X.] zutreffend hinweist

nahe, dass sich der Angeklagte E.

auch wegen tateinheitlichen Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig gemacht hat, in welchem Fall der vertypte [X.] der Beihilfe keine Rolle mehr spielen würde. Diese Bewertung steht aber vorliegend

gegebenenfalls nach Hinweis gemäß § 265 Abs. 1 StPO

dem neuen Tatrichter zu; das Verschlechterungsverbot nach § 358 Abs. 2 StPO würde einer Verböserung des Schuldspruchs nicht entgegenstehen.
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6
-
Der Aufhebung von Feststellungen bedarf es nicht, weil diese vom [X.] nicht betroffen sind (vgl. § 353 Abs. 2 StPO). Der neue Tatrichter kann ergänzende Feststellungen treffen, sofern diese zu den vorhandenen nicht in Widerspruch stehen.
Raum Graf Jäger

Cirener

Mosbacher
7

Meta

1 StR 300/15

05.08.2015

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.08.2015, Az. 1 StR 300/15 (REWIS RS 2015, 7026)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 7026

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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3 StR 544/14

1 StR 13/14

3 StR 47/12

1 StR 629/14

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