Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.10.2013, Az. 3 StR 215/13

3. Strafsenat | REWIS RS 2013, 1966

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BUNDESGERICHTSHO[X.]

BESCHLUSS
3 StR 215/13
vom
15. Oktober 2013
in der Strafsache
gegen

wegen
Diebstahls
u.a.

-
2
-
Der 3. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des [X.] -
zu 1.
a) und 2. auf dessen Antrag -
am 15. Oktober 2013 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlos-sen:
1. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Land-gerichts [X.] vom 21.
März 2013 wird
a) die Urteilsformel dahin ergänzt, dass der Angeklagte auch einer tatmehrheitlich begangenen Bedrohung schuldig ist;
b) das vorgenannte Urteil im [X.] mit den zuge-hörigen [X.]eststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere [X.] des [X.]s zurückver-wiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:
Das [X.] hat den wegen Körperverletzung, Diebstahls und eines Straßenverkehrsdelikts vorbestraften Angeklagten wegen Diebstahls in drei [X.]ällen, Beleidigung in zwei [X.]ällen sowie falscher Verdächtigung zu einer [X.]
-
3
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samtfreiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt und die Unter-bringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Die Vollstreckung der Gesamtfreiheitsstrafe sowie der Unterbringung hat es zur Bewährung ausgesetzt. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung materiellen Rechts. Das Rechtsmittel führt aus den Gründen der Antragsschrift des [X.] zur Ergänzung der Urteilsformel um eine tatmehr-heitlich begangene Bedrohung ([X.]all II. 6. der Urteilsgründe). Im Übrigen hat es lediglich zum [X.] Erfolg.
I. Schuld-
und Strafausspruch weisen, wie der [X.] in seiner Antragschrift zutreffend ausgeführt hat, keinen durchgreifenden sachlich-rechtlichen [X.]ehler zum Nachteil des Angeklagten auf (§ 349 Abs. 2 StPO).
II. Die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einem psychiat-rischen Krankenhaus hält [X.] Prüfung dagegen nicht stand; denn die [X.] hat die nach § 63 StGB erforderliche Gefährlichkeits-prognose nicht rechtsfehlerfrei getroffen.
Eine Unterbringung nach § 63 StGB kommt nur in Betracht, wenn eine Wahrscheinlichkeit höheren Grades dafür besteht, dass der Täter infolge sei-nes Zustands in Zukunft Taten begehen wird, die eine schwere Störung des Rechtsfriedens zur [X.]olge haben. Die erforderliche Prognose ist auf der [X.] einer umfassenden Würdigung der Persönlichkeit des [X.], seines [X.] und der von ihm begangenen [X.] zu entwickeln ([X.], Urteil vom 17. November 1999 -
2 StR 453/99, [X.]R StGB § 63 Gefährlichkeit 27; Beschluss vom 16. Januar 2013 -
4 [X.], [X.], 141, 142). Die Anordnung einer Maßregel nach § 63 StGB bedarf insgesamt einer besonders sorgfältigen Begründung, weil sie eine schwerwiegende und gegebenenfalls langfristig in das Leben des Betroffenen eingreifende Maßnahme darstellt 2
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([X.], Beschluss vom 8. Juni 2011 -
5 [X.], [X.]R StGB § 63 Gefähr-lichkeit 32; vom 17.
[X.]ebruar 2009 -
3 StR 27/09, [X.], 169). Diesen Maßstäben genügen die Erwägungen der
[X.]
nicht.
1. Das [X.] hat ausgeführt, der Angeklagte leide bei einer disso-zial geprägten Persönlichkeit an einer paranoiden Schizophrenie ([X.] 10: [X.]); darüber hinaus bestehe eine Abhängigkeit von Cannabinoiden und Amphetaminen mit ständigem Substanzgebrauch ([X.] 10: [X.] 12.25). Bei den [X.] sei seine Steuerungsfähigkeit erheblich vermindert im Sinne des § 21 StGB gewesen; bei den übrigen Taten sei dies nicht auszuschließen. Es müsse "auch zukünftig damit gerechnet werden", dass der Angeklagte Straf-taten, "insbesondere im aggressiven körperlichen Bereich bis hin zu schweren Körperverletzungs-
sowie Tötungsdelikten" begehen werde.
2. Es ist bereits fraglich, ob diesen [X.]ormulierungen entnommen werden kann, dass die [X.] ihre Entscheidung an dem nach ständiger Recht-sprechung anzuwendenden Maßstab einer Wahrscheinlichkeit höheren Grades ([X.], Urteil vom 17. November 1999 -
2 StR 453/99, [X.]R StGB § 63 Ge-fährlichkeit 27; Beschluss vom 20. [X.]ebruar 2009 -
5 [X.], [X.]R StGB §
63 Gefährlichkeit 31) ausgerichtet hat. Jedenfalls hat sie bei ihrer Prognose, es sei mit Delikten bis hin zu schweren Körperverletzungs-
und Tötungsstrafta-ten zu rechnen, wesentliche, in die erforderliche Gesamtwürdigung des Ange-klagten und seiner Taten einzustellende Umstände nicht berücksichtigt und deshalb ihre Erwartung nicht tragfähig begründet. Angeführt sind insoweit ledig-lich die Chronifizierung der Erkrankung des Angeklagten sowie dessen Verhal-ten anlässlich der ambulanten Behandlungstermine und der [X.], bei denen er verbal bedrohlich bzw. deutlich reizbar und aggressiv aufgetreten sei, ohne dass allerdings insoweit nähere Einzelheiten mitgeteilt 5
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-
5
-
werden. Dies reicht bereits für sich genommen nicht aus, um den dargelegten erhöhten Begründungsanforderungen gerecht zu werden. Hinzu kommt, dass das [X.] in diesem Zusammenhang etwa nicht berücksichtigt hat, dass der Angeklagte bisher nur wegen vergleichsweise geringfügiger Delikte [X.] ist und auch den hier abgeurteilten Taten keine besonderen Hinweise auf seine Bereitschaft zu entnehmen sind, aggressiv und gewalttätig gegen Körper und Gesundheit anderer vorzugehen. Ebenso bleibt -
im Gegensatz zur positi-ven Entscheidung über die Aussetzung der Vollstreckung der Gesamtfreiheits-strafe zur Bewährung nach § 56 Abs. 1, 2 StGB -
unberücksichtigt, dass der Angeklagte nach Begehung der letzten Tat für den Zeitraum von mehr als ein-einhalb Jahren nicht mehr strafrechtlich in Erscheinung getreten ist und seine Lebensverhältnisse sich stabilisiert haben.
III. Über den [X.] ist deshalb neu zu verhandeln und zu entscheiden.
[X.] Pfister Schäfer

Ri[X.] [X.] befindet sich Spaniol

im Urlaub und ist daher

gehindert zu unterschreiben.

[X.]
7

Meta

3 StR 215/13

15.10.2013

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.10.2013, Az. 3 StR 215/13 (REWIS RS 2013, 1966)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 1966

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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4 StR 520/12

5 StR 199/11

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