Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.05.2012, Az. EnVR 46/10

Kartellsenat | REWIS RS 2012, 6422

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen


BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
[X.] 46/10
[X.]erkündet am:

15. Mai 2012

Bürk

Justizhauptsekretärin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in der energiewirtschaftsrechtlichen [X.]erwaltungssache

-
2 -
Der Kartellsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.]erhandlung vom 15.
Mai
2012
durch den Präsidenten des [X.] Prof.
Dr.
Tolksdorf und die Richter Dr.
Raum,
[X.], Dr.
Kirchhoff
und
Dr.
Grüneberg
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin
gegen den Beschluss des 3.
Kartellsenats des [X.]s Düsseldorf vom 17.
März
2010
wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin
trägt
die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens und die der [X.] entstandenen notwendigen Auslagen.
Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird
auf 20.000

e-setzt.

-
3 -
Gründe:

[X.] Die Antragstellerin
betreibt ein
Elektrizitätsverteilernetz mit weniger
als 100.000
unmittelbar oder mittelbar angeschlossenen Kunden. Sie begehrt von der [X.] den Erlass einer Festlegung, mit der die Kostenanteile für die Beschaffung von [X.] bei einer von ihr entsprechend einer freiwilligen Selbstverpflichtung vorgenommenen Beschaffung als
wirksam
verfahrensreguliert i.S.d. § 11 Abs. 2 Satz 4 [X.] erklärt werden.

Die [X.] leitete
im Februar
2008
ein [X.]erfahren zur Festlegung des Ausschreibungsverfahrens für [X.] und zur Bestimmung der [X.] gemäß § 27 Abs. 1 Nr. 6, § 10 Abs. 1 StromNZ[X.] i.[X.].m. § 22 Abs. 1, § 29 [X.] ein. Mit Festlegung vom 21. Oktober 2008 ([X.]-08-006) schloss sie
das [X.]erfahren ab und stellte Rahmenvorgaben für die Beschaffung von [X.] auf.

Parallel dazu entwickelten
die Netzbetreiber unter Federführung des Bun-desverbandes der Energie-
und Wasserwirtschaft ([X.]) und des [X.] ([X.]) im Mai 2008 eine "Freiwillige Selbstverpflich-tung nach § 11 Abs. 2 [X.] der [X.] [X.]erteilungsnetzbetreiber für ein ver-bindliches [X.]erfahren zur Beschaffung von Energie zur Deckung von [X.]erlusten ge-mäß § 22 Abs. 1 1. Alternative [X.], § 10 Abs. 1 StromNZ[X.]". Mit Schreiben vom 7.
August
2008 unterwarf sich die Antragstellerin gegenüber der [X.] dieser freiwilligen Selbstverpflichtung und beantragte, das darin enthaltene Rege-lungswerk als wirksame [X.] i.S.d. § 11 Abs. 2 Satz 4 i.[X.].m. § 32 Abs. 1 Nr. 4 [X.] festzulegen. Mit Beschluss vom 12.
Dezember
2008
lehnte
die [X.]
den Antrag ab.
1
2
3

-
4 -

Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Antragstellerin, mit der sie hilfs-weise die [X.]erurteilung der [X.] zur Anerkennung der Festlegung vom 21. Oktober 2008 ([X.]-08-006) als wirksame
[X.] i.S.d. §
11 Abs.
2 Sätze 2 und 4 [X.] begehrt hat, hat das Beschwerdegericht zurückgewie-sen. Mit der -
zugelassenen -
Rechtsbeschwerde verfolgt die Antragstellerin
ihren Antrag weiter.

I[X.] Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Das [X.] hat die Beschwerde der Antragstellerin
gegen den angefochtenen Beschluss
der Bundes-netzagentur zu
Recht zurückgewiesen.

1. Das Beschwerdegericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

Die von der Antragstellerin
erhobene
[X.]erpflichtungsbeschwerde sei gemäß §
75 Abs. 3 Satz 1 [X.] statthaft. Insbesondere sei die Antragstellerin [X.], weil ihr [X.]orbringen das Bestehen eines Anspruchs auf die begehrte Fest-legung als möglich erscheinen lasse.

Die Beschwerde sei aber unbegründet. Die [X.] habe den Antrag auf Festlegung des der freiwilligen Selbstverpflichtung zugrundeliegenden [X.]erfahrens als wirksame [X.] für die Beschaffung von [X.]erlust-energie zu Recht abgelehnt. Aus der Regelungssystematik und dem Sinn und Zweck der § 21a [X.], § 11 [X.] ergebe sich, dass die Regulierungsbehörde [X.] nur dann als dauerhaft nicht beeinflussbar gelten lassen und insoweit ein Festlegungsverfahren nach § 11 Abs. 2
Satz 4, § 32 Abs. 1 Nr. 4 [X.] einleiten müsse, wenn es sich tatsächlich um objektiv nicht vom Netzbetreiber beeinflussbare Kosten handele.
Andernfalls stehe der Regulierungsbehörde ein weites (Aufgreif-, 4
5
6
7
8

-
5 -
Entschließungs-
und Gestaltungs-)Ermessen zu, das nicht den rechtlich geschützten Interessen des Netzbetreibers diene.

Nach diesen Maßgaben habe die Antragstellerin keinen Anspruch auf Erlass der begehrten Festlegung. Bei den Kosten für die Beschaffung von [X.] handele es sich nicht um objektiv nicht beeinflussbare Kosten. [X.]ielmehr könne die Antragstellerin auf der Grundlage der von ihr abgegebenen Selbstverpflichtung die Beschaffungskosten durch die Wahl von [X.] und
-zeiträumen sowie
der Losgröße der Langfristkomponente, durch die Bildung von Ausschreibungsgemeinschaften, die Form der Beschaffung des langfristig prognosti-zierbaren [X.]bedarfs und die Art und Weise der Prognose des zu be-schaffenden Bedarfs sowie durch die fehlenden [X.]orgaben für die Beschaffung der Kurzfristkomponente beeinflussen.

Die Antragstellerin habe auch keinen Anspruch auf eine ermessensfehler-freie Neubescheidung ihres Antrags. Ein solcher Anspruch setze voraus, dass das der Behörde eingeräumte Ermessen auch den rechtlich geschützten Interessen des Antragstellers diene. Dies sei hier nicht der Fall. Das der Regulierungsbehörde nach § 32 Abs. 1 Nr. 4 [X.] eingeräumte Ermessen solle ihr die Möglichkeit geben, von den Grundzügen des gesetzgeberisch vorgegebenen Modells der Anreizregulierung in Fortführung der vorgegebenen Methode konsequente Abweichungen zu entwi-ckeln. Das Ermessen diene daher nicht einem rechtlich geschützten Interesse des einzelnen Netzbetreibers, sondern vornehmlich der Erreichung der in §
32 Abs. 1 [X.] genannten Ziele und Zweckrichtungen. Der einzelne Netzbetreiber werde durch eine ihn begünstigende Entschließung
der Regulierungsbehörde
lediglich in seinen wirtschaftlichen Interessen betroffen.
9
10

-
6 -

Unabhängig davon habe die [X.] den Antrag aber auch in der Sache zu Recht abgelehnt. Das der Selbstverpflichtung zugrunde liegende [X.]erfahren lasse maßgebliche Punkte der Festlegung vom 21. Oktober 2008 ([X.]-08-006) au-ßer Betracht, so dass es nicht als wirksame [X.] i.S.d. § 11 Abs.
2 Sätze
2 und 4
[X.] anzuerkennen sei. Dies gelte insbesondere für die
Abwei-chungen in Bezug auf die [X.]ertragslaufzeit,
auf den
fehlenden Mindestzeitraum zwi-schen Angebotszuschlag und Lieferbeginn
und die Frist für die [X.]eröffentlichung von Angebotsinformationen vor Beginn der Ausschreibung.

Die Antragstellerin könne zu ihren Gunsten auch nichts aus den gegenüber einzelnen Übertragungsnetzbetreibern ergangenen Festlegungen einer wirksamen [X.] bezüglich eines verbindlichen Anreizsystems für Sys-temdienstleistungen, wie etwa der von ihr vorgelegten Festlegung vom 27. Novem-ber 2009 ([X.]-09-005), herleiten. Die Festlegungen richteten sich ausschließlich
an Übertragungsnetzbetreiber und berücksichtigten deren Sondersituation.

Schließlich könne die Antragstellerin auch nicht verlangen, dass die Bundes-netzagentur die in der Festlegung vom 21. Oktober 2008 ([X.]-08-006) getroffenen [X.]orgaben als wirksame [X.] festlege.
Dem stehe schon entgegen, dass diese [X.]orgaben nach der erklärten Zielsetzung der Festlegung, aber auch ma-teriell den
[X.]erteilernetzbetreibern
noch Spielräume einer Kostenbeeinflussung lie-ßen.

2. Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand.
11
12
13
14

-
7 -

a) Das Beschwerdegericht
hat zu Recht die Zulässigkeit der von der Antrag-stellerin erhobenen [X.]erpflichtungsbeschwerde bejaht.

Gemäß § 75 Abs. 3 Satz 1 [X.] ist eine Beschwerde auch gegen die Un-terlassung einer beantragten Entscheidung der
Regulierungsbehörde zulässig, auf deren Erlass der Antragsteller einen Rechtsanspruch geltend macht. Die erforderli-che
Beschwerdebefugnis fehlt nur dann, wenn ein Recht auf die begehrte Entschei-dung offensichtlich nach keiner Betrachtungsweise bestehen kann (vgl. [X.], Be-schluss
vom 24. Mai
2011
-
[X.] 27/10, [X.], 420 Rn. 15 mwN
-
Freiwillige Selbstverpflichtung).

Nach diesen Maßgaben ist die Beschwerdebefugnis der Antragstellerin ge-geben. Die Antragstellerin hat den Erlass einer Festlegung dahingehend begehrt, dass durch die freiwillige Selbstverpflichtung eine umfassende Regulierung der Be-schaffung von [X.] im Sinne der § 11 Abs. 2 Satz 4, § 32 Abs. 1 Nr.
4 [X.] vorliegt. Nach dem
Wortlaut dieser [X.]orschriften kann
das Bestehen eines subjektiven Rechts der Antragstellerin auf den Erlass einer solchen Festlegung nicht von vornherein verneint werden.

b) Anders als die Rechtsbeschwerde meint, hat das Beschwerdegericht den mit der [X.]erpflichtungsbeschwerde verfolgten Hauptantrag der Antragstellerin aber zu Recht zurückgewiesen.

Dabei kann dahinstehen, ob -
was das Beschwerdegericht gemeint hat -
der Erlass einer solchen Festlegung im Ermessen der Regulierungsbehörde steht. Dies bedarf keiner Entscheidung, weil bereits die tatbestandlichen [X.]oraussetzungen der §
11 Abs. 2 Satz 4, § 32 Abs. 1 Nr. 4 [X.] nicht gegeben sind.
15
16
17
18
19
20

-
8 -

Der Erlass einer Festlegung nach § 11 Abs. 2 Satz 4 [X.], §
32 Abs.
1 Nr.
4 [X.] setzt voraus, dass der betreffende Bereich durch vollziehbare Entschei-dungen der
Regulierungsbehörden oder, was hier allein in Betracht kommt, durch freiwillige Selbstverpflichtungen der Netzbetreiber umfassend reguliert ist. Die der Regulierung zugrunde liegende freiwillige Selbstverpflichtung muss einerseits mit den für den betreffenden Bereich geltenden Rechtsnormen in Einklang stehen (vgl. hierzu Senatsbeschluss vom 24. Mai 2011 -
[X.] 27/10, [X.], 420 Rn. 20 ff.

Freiwillige Selbstverpflichtung). Zum anderen muss das darin enthaltene Regelwerk in dem Sinne umfassend sein, dass den Netzbetreibern dadurch keine oder nur ge-ringfügige Möglichkeiten einer eigenständigen Kostenbeeinflussung gelassen werden (vgl. [X.]. 417/07, [X.]). Daran fehlt es hier.

Die freiwillige Selbstverpflichtung der Antragstellerin stellt keine umfassende Regulierung des Bereichs für die Beschaffung von [X.] dar. Diese regelt -
wie auch die inhaltlich weitergehende Festlegung der [X.] vom 21.
Oktober 2008 ([X.]-08-006), die ebenfalls keine umfassende Regulierung ist (vgl. hierzu Senatsbeschluss vom 24. Mai 2011 -
[X.] 27/10, [X.], 420 Rn. 28

Freiwillige Selbstverpflichtung) -
zwar
nähere Einzelheiten des Ausschreibungsver-fahrens. Es fehlen
aber etwa
-
anders als in der Festlegung -
[X.]orschriften
in Bezug auf die Kurzfristkomponente. Ferner enthält die Selbstverpflichtung der Antragstelle-rin -
anders als Nummer 6 der Festlegung -
keine Bestimmung über einen Mindest-zeitraum zwischen Angebotszuschlag und Lieferbeginn. Schließlich enthält die Selbstverpflichtung -
anders als Nummer 4 der Festlegung -
keine verbindliche [X.]or-gabe für die maximale [X.]ertragslaufzeit.
21

-
9 -

Diese Regelungslücken lassen der Antragstellerin nicht nur geringfügige Möglichkeiten einer eigenständigen Kostenbeeinflussung. In Bezug auf die Kurzfrist-komponente ergibt sich dies bereits daraus, dass dieser Bereich zur Gänze ungere-gelt bleiben soll. Dies gilt aber auch für die fehlende Festlegung einer maximalen [X.]ertragslaufzeit. Eine solche hat zum Ziel, auch kleineren Anbietern die Möglichkeit der Ausschreibungsteilnahme zu geben und somit auf dem Bereich für [X.]erlustener-gie durch häufig wiederkehrende Ausschreibungen einen wirksamen und nachhalti-gen Wettbewerb zu etablieren (vgl. Nummer I[X.] 4.2.1 der Gründe der Festlegung vom 21. Oktober 2008).

c) Entgegen der
Auffassung der Rechtsbeschwerde hat die Antragstellerin auch nicht deshalb einen Anspruch auf Erlass einer Festlegung nach § 11 Abs.
2 Satz 4 [X.], weil es sich bei den Kosten für die Beschaffung von [X.] naturgemäß
um dauerhaft nicht beeinflussbare Kosten handele. Dies ist nicht der Fall
(vgl. [X.], Beschluss vom 28. Juni 2011 -
[X.] 48/10, [X.], 308 Rn. 77

EnBW Regional AG).

d) Das Beschwerdegericht hat auch den mit der [X.]erpflichtungsbeschwerde verfolgten Hilfsantrag der Antragstellerin, die [X.] zu verpflichten, die
Festlegung vom 21. Oktober 2008 ([X.]-08-006) als wirksame [X.] i.S.v. §
11 Abs. 2 Sätze 2 und 4 [X.] festzulegen, zu Recht zurückgewiesen. Wie der Senat mit Beschluss vom 24. Mai 2011 ([X.] 27/10, [X.], 420 Rn. 28

Freiwillige Selbstverpflichtung) entschieden und im Einzelnen begründet hat, stellt diese Festlegung keine umfassende Regulierung der Beschaffung von [X.]erlustener-gie dar.
22
23
24

-
10 -

II[X.] Die Kostenentscheidung beruht auf §
90 [X.].
Tolksdorf
Raum
Strohn

Kirchhoff
Grüneberg
[X.]orinstanz:
[X.], Entscheidung vom 17.03.2010 -
[X.]I-3 Kart 47/09 ([X.]) -

25

Meta

EnVR 46/10

15.05.2012

Bundesgerichtshof Kartellsenat

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.05.2012, Az. EnVR 46/10 (REWIS RS 2012, 6422)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 6422

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

EnVR 46/10 (Bundesgerichtshof)

Energiewirtschaftliche Verwaltungssache: Anerkennungsfähigkeit einer freiwilligen Selbstverpflichtung eines Stromnetzbetreibers zur Beschaffung von Verlustenergie als wirksame Verfahrensregulierung


EnVR 27/10 (Bundesgerichtshof)

Energiewirtschaftliche Verwaltungssache: Anerkennungsfähigkeit einer freiwilligen Selbstverpflichtung eines Stromnetzbetreibers zur Beschaffung von Verlustenergie - Freiwillige Selbstverpflichtung


EnVR 27/10 (Bundesgerichtshof)


EnVR 29/16 (Bundesgerichtshof)

Berücksichtigung nur "großer" Netzbetreiber bei Ermittlung ansatzfähiger Verlustenergiekosten nicht zu beanstanden


EnVR 62/14 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.