Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.08.2005, Az. 5 StR 352/04

5. Strafsenat | REWIS RS 2005, 2241

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5 StR 352/04
BUN[X.]ESGERICHTSHOF IM NAMEN [X.]ES VOLKES URTEIL
vom 9. August 2005 in der Strafsache gegen

wegen schwerer Körperverletzung u. a.

- 2 - [X.]er 5. Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom [X.], an der teilgenommen haben:

[X.] [X.] als Vorsitzender,

[X.] [X.], [X.] [X.]r. Raum, [X.] [X.]r. Brause, [X.] [X.]

als beisitzende [X.],

[X.]

als Vertreter der [X.]schaft,

Rechtsanwalt [X.]

als Verteidiger,

Rechtsanwalt G

als Vertreter des [X.] ,

Rechtsanwalt [X.]

als Vertreter des [X.],

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle, - 3 - für Recht erkannt:

1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das [X.]eil des [X.] vom 3. März 2004 mit den zu-gehörigen Feststellungen [X.] unter Ausnahme derjeni-gen zu den äußeren [X.], die bestehen [X.], [X.] aufgehoben, soweit der Angeklagte [X.]we-gen a) schwerer Körperverletzung zum Nachteil des [X.]in Tateinheit mit Beihilfe zur ge-fährlichen Körperverletzung zum Nachteil des [X.], b) gefährlicher Körperverletzung zum Nachteil des [X.] und c) gefährlicher Körperverletzung zum Nachteil des Zeugen [X.]a verurteilt ist,
ferner im Gesamtstrafausspruch. [X.]ie Aufhebung des [X.]eils zu a) und b) erfolgt auch auf
die Revisionen der Nebenkläger [X.]und [X.].
2. [X.]ie Revision des Angeklagten [X.]gegen das [X.] wird verworfen. Er hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen und die hierdurch entstande-nen notwendigen Auslagen der Nebenkläger. - 4 - 3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der übrigen Rechtsmittel, an eine andere Schwurge-richtskammer des [X.] zurückverwiesen.

[X.] Von Rechts wegen [X.]

G r ü n d e
[X.]as [X.] hat den Angeklagten [X.]wegen schwerer Kör-perverletzung in Tateinheit mit Beihilfe zur gefährlichen Körperverletzung und wegen gefährlicher Körperverletzung in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheits-strafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. [X.]er Angeklagte wendet sich mit seinem Rechtsmittel gegen den gesamten Schuldspruch. [X.]ie vom [X.] vertretene Revision der Staatsanwaltschaft erstrebt [X.] wie die Nebenkläger [X.]und [X.], soweit diese betroffen sind [X.] in den drei Fällen, in denen die Nebenkläger und der Zeuge [X.]a verletzt wurden, eine weitergehende Verurteilung wegen versuchten Totschlags. [X.]ie Revisio-nen der Staatsanwaltschaft und der Nebenkläger haben Erfolg. [X.]as [X.] des Angeklagten ist unbegründet.
1. [X.]as [X.] hat im Wesentlichen folgende Feststellungen ge-troffen:
[X.]er zur Tatzeit 23 Jahre alte [X.] Angeklagte [X.]

betreibt seit Jahren Bodybuilding mit sich steigerndem hormongestützten Muskelauf-bau. Seit Februar 2003 führte der Angeklagte eine —Kur für Qualitätsmuskula-turfi durch, in deren Verlauf er sich ab März wöchentlich 525 mg [X.]rmonprä-parate oral und 18 ml subkutan zuführte [X.] die nahezu doppelte der in der [X.] sonst üblichen [X.]osis. [X.]er Angeklagte erreichte vor allem - 5 - einen übermäßigen Aufbau der Arm-, Brust- und Schultermuskeln und wog [X.] bei 185 cm Körpergröße [X.] aufgrund seiner Muskelmasse 120 kg. [X.]er [X.] führte auch zu einer Wesensveränderung des Angeklagten. Sein Aggressions- und [X.]urchsetzungsverhalten steigerte sich deutlich und führte zu einem übermäßigen [X.]ominanzstreben.
Trotz einer Warnung vor der in der [X.]iskothek —M 1fi herrschenden aggressiven Stimmung betrat der Angeklagte in Begleitung der [X.]und [X.] am 18. April 2003 gegen 0.30 Uhr dieses Lokal. [X.]er Ange-klagte drängelte sich rücksichtslos durch die Menge und rempelte den [X.] [X.]von hinten an. Nachdem [X.]den Angeklagten gefragt hatte, was er in der [X.]iskothek suche und ob er nicht in seinem eigenen Bezirk [X.] könne, versuchte der Angeklagte, [X.]in den —[X.] zu [X.]. [X.]er Nebenkläger konnte sich aber dem Griff des Angeklagten entwin-den. Auf eine Beleidigung des [X.]entgegnete der Angeklagte mit den [X.]: —Ich ficke deine Mutter, ich stech dich ab, du [X.]
Hieraus entwickelte sich ein heftiges Wortgefecht, das in [X.] zwischen den sich um den Angeklagten und den Nebenkläger [X.] gebildeten Besuchergruppen [X.] drohte. [X.]ie Türsteher traten dazwi-schen und drängten beide Gruppen aus der [X.]iskothek.
[X.]er Zeuge [X.]folgte der Gruppe um den Angeklagten auf den [X.]arkplatz und rief: —Halt! Bleibt stehn, ihr Arschlöcher, ihr Kanaken!fi [X.] trat daraufhin mit einer am Flaschenhals ergriffenen Glasflasche auf den [X.] zu und schlug auf ihn ein. [X.]griff [X.]

an dessen Kleidung und schlug ihm mit der Faust in das Gesicht. [X.] wehrte sich mit Fußtritten, so dass [X.] nur Fuß und Oberschenkel traf und [X.]am Kinn verletzt [X.]. [X.]ie Nebenkläger und der Zeuge [X.]beobachteten diese Auseinandersetzung und eilten herbei, um [X.]zu helfen. - 6 - Jetzt griff der Angeklagte [X.] ein, um [X.] und [X.]bei deren Auseinandersetzung mit [X.]zu unterstützen. Er nahm ein mit einer spitz zulaufenden zweischneidigen Klinge von 6,5 cm versehenes Klappmesser in die rechte Hand und trat damit [X.]wortlos entgegen. [X.]em Nebenkläger ge-lang es, den ersten Angriff des Angeklagten auf den Kopf durch Erheben des linken Armes abzuwehren. [X.]erlitt oberhalb des linken Ellenbogens eine Stichverletzung. [X.]er Angeklagte traf danach mit einer [X.] seines rechten Arms den Nebenkläger mit dem Messer am linken Nacken. [X.]as Messer drang bis in das Rückenmark ein. [X.]sackte sofort zusammen. [X.]ies hatte [X.] beobachtet. Er wollte [X.]zu Hilfe kommen. [X.]er Ange-klagte trat auf [X.] zu und führte [X.] wie gegen [X.][X.] einen Messerangriff mit einem Schwinger gegen den Kopf des Zeugen. [X.]em konnte [X.]ausweichen, ohne verletzt zu werden. [X.]er zweite Angriff des Angeklagten führte zu einer tiefen und stark blutenden Schnittwunde am linken [X.]. [X.]er Zeuge [X.]a trat hinzu, um [X.] zu helfen. Ihm fügte der [X.] mit einer weiteren [X.] gegen den Kopf eine heftig pulsie-rende Verletzung der [X.] zu. Mehrere Männer umringten den Angeklagten. [X.]iese hielt er auf [X.]istanz, indem er sein Messer hin und her schwenkte und drohte: —Ich stech euch alle ab, ihr [X.] [X.]em [X.] gelang es zu fliehen. Er traf später am Rand des [X.]arkplatzes auf den alkoholisierten Zeugen [X.]. [X.]er Angeklagte verbarg zunächst das Mes-ser hinter dem Rücken und griff dann den Zeugen durch einen Schwinger mit dem Messer in Richtung des Kopfes an. [X.] konnte einen Stich gegen den Kopf durch Erheben beider Arme abwehren. [X.]abei wurde er am linken [X.] verletzt.
[X.]ie linke Körperseite des [X.] ist vollständig gelähmt, die rechte unsensibel. [X.]leidet unter Störungen der Sexualfunktion und Einschränkungen bei der Stimmbildung. Er ist depressiv. Nur mit Gehstützen kann er sich deutlich verlangsamt und unter höchster Konzentration fortbe-wegen. [X.]er Nebenkläger [X.] musste Einschränkungen in der [X.] 7 - [X.] seines verletzten Armes hinnehmen. Seinen Beruf als Zahntechniker kann er nicht mehr ausüben.
[X.]as [X.] hat [X.] sachverständig beraten [X.] angenommen, dass die Hemmungs- und Steuerungsfähigkeit des Angeklagten aufgrund der [X.] Auswirkungen der [X.]rmonbehandlung und der zur Tatzeit wirken-den Alkoholbeeinflussung im Umfang von maximal 1,37 [X.]romille [X.] erheb-lich vermindert war. Es verneint das Vorliegen eines bedingten [X.] im Blick auf ein fehlendes Motiv. [X.]er Angeklagte habe lediglich ver-hindern wollen, dass die Geschädigten dem Zeugen [X.]

zu Hilfe kom-men. [X.]er Angeklagte habe seine Opfer auch nicht gekannt. Ferner hätten der äußerst dynamische Verlauf der [X.] und das ausgeprägte Ag-gressions- und [X.]ominanzverhalten des Angeklagten dazu führen können, dass der Angeklagte sich keine Gedanken über die möglicherweise tödlichen Folgen seines Verhaltens gemacht habe.
[X.]as [X.] hat die dem Regelstrafrahmen der § 226 Abs. 1, § 224 Abs. 1 StGB entnommenen Strafen nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB ge-mildert und [X.] von drei Jahren (Nebenkläger [X.]), zwei Jahren (Nebenkläger [X.]), einem Jahr und sechs Monaten (Zeuge [X.]a

) sowie einem Jahr (Zeuge [X.]) festgesetzt.
2. [X.]ie Revisionen der Staatsanwaltschaft und der Nebenkläger ha-ben Erfolg. [X.]as [X.] hat das Vorliegen eines bedingten [X.] mit Wertungsfehlern verneint.
a) [X.]ie Abgrenzung des bedingten Tötungsvorsatzes vom Körperver-letzungsvorsatz erfordert bei schwerwiegenden Gewalttaten eine sorgfältige [X.]rüfung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls. [X.]er Täter handelt mit bedingtem Tötungsvorsatz, wenn er den Eintritt des Todes als möglich und nicht ganz fernliegend erkennt und ihn billigt oder sich um des erstrebten Zieles willen mit ihm abfindet. Für den Nachweis stellt die offen-- 8 - sichtliche Lebensgefährlichkeit einer Handlung einen Umstand von erhebli-chem Gewicht dar, so dass bei äußerst gefährlichen Gewalthandlungen der subjektive Tatbestand eines Tötungsdelikts sehr nahe liegt. Angesichts der hohen Hemmschwelle bei Tötungsdelikten bedarf die Frage der Billigung des Todes indes einer Gesamtschau aller objektiven und subjektiven Tatumstän-de, in die auch die psychische Verfassung des [X.] bei der Tatbegehung sowie seine Motive mit einzubeziehen sind (vgl. [X.]R StGB § 212 Abs. 1 Vorsatz, bedingter 35, 38, 51; [X.], 165; [X.], [X.]. v. 24. März 2005 [X.] 3 [X.]).
b) [X.]ie Würdigung der äußeren Umstände der Tat zum Nachteil des [X.] durch das [X.] lässt besorgen, dass es der hier vorliegenden offensichtlichen Lebensgefährlichkeit des Angriffs des Ange-klagten nicht in dem gebotenen Maße indizielles Gewicht für die Annahme eines bedingten Tötungsvorsatzes beigemessen hat (vgl. [X.]R StGB § 212 Abs. 1 Vorsatz bedingter 57; [X.], [X.]. v. 24. März 2005 [X.] 3 [X.]). [X.]er Angeklagte drang mit seinem Messer in die Halswirbelsäule bis in das Rückenmark ein. [X.]ie beidseitig geschliffene, relativ schmale und kurze Klin-ge war in der Hand des kräftigen Angeklagten besonders geeignet, weiter in und durch die Halswirbelsäule zu dringen und bei schon geringfügig größe-rem Kraftaufwand den Tod sofort herbeizuführen. Bei der vom Angeklagten gewählten Art der Messerführung, einer dem Boxsport entlehnten Schwing-bewegung, war der Krafteinsatz aber nicht im Einzelnen dosierbar (vgl. [X.], [X.]. v. 24. März 2005 [X.] 3 [X.]), so dass es hier dem Zufall überlassen blieb und nicht dem Willen des Angeklagten zuzurechnen ist, dass [X.] und Wirbelsäule nicht weiter durchtrennt worden sind. [X.]amit hätte es tragfähiger Anhaltspunkte dafür bedurft, dass der Angeklagte ernsthaft dar-auf vertraut haben könnte, der Geschädigte werde nicht zu Tode kommen (vgl. [X.] aaO). Solche hat das [X.] aber nicht festgestellt:
Soweit das [X.] aus den objektiven Umständen gefolgert hat, der Angeklagte habe lediglich verhindern wollen, dass die Geschädigten dem - 9 - von [X.]und [X.] angegriffenen [X.] zu Hilfe kommen und dass der Angeklagte somit über kein Tötungsmotiv verfügt habe, steht dem entge-gen, dass es dem Angeklagten schon allein durch bloßes Hin- und Her-schwenken des Messers und einer [X.]rohung mit Worten problemlos gelungen war, mehrere [X.]ersonen gleichzeitig von einem Eingreifen abzuhalten. Eines zielgerichteten Stiches hätte es also nicht bedurft, um gegen [X.]ritte nur eine abschreckende Wirkung zu erzielen.
[X.]ie Wertung des [X.], der Angeklagte habe seine Opfer nicht gekannt, trifft auf den Nebenkläger [X.]nicht zu. [X.]er Angeklagte und [X.] hatten sich noch in der [X.]iskothek wechselseitig beleidigt. [X.]er Angeklagte hatte darüber hinaus dem Nebenkläger gedroht, ihn —abzustechenfi.
Auch die Erwägung des [X.], der dynamische Verlauf der [X.] habe dem Angeklagten kaum Gelegenheit geboten, sich über die seinem Handeln innewohnende Todesgefahr Gedanken zu machen, wird von den Feststellungen nicht getragen. [X.]ie Tat zum Nachteil des [X.] war nicht durch eine besondere [X.], womit ein wechselndes Agie-ren und Reagieren der Kämpfenden gemeint ist, gekennzeichnet. Vielmehr griff allein der Angeklagte, ohne ein Wort zu sagen, zielgerichtet den über-raschten Zeugen [X.]an, der lediglich den ersten [X.] unter Hinnahme einer Stichverletzung am Arm abwehren konnte. [X.]ominierte somit allein der Angeklagte das Kampfgeschehen, konnte seine Gedankenführung nicht durch Kampfhandlungen seines Gegners beeinflusst werden.
Soweit das [X.] es nicht auszuschließen vermochte, dass sich der Angeklagte im Blick auf sein deutlich ausgeprägtes Aggressions- und [X.]ominanzverhalten keine Gedanken über die möglicherweise tödlichen Folgen seines Verhaltens gemacht hatte, steht dem [X.] worauf die Revisionen zu Recht hinweisen [X.] entgegen, dass umgekehrt ein solches Verhalten bei gezielten Stichen gegen den Hals eines Menschen die Annahme eines [X.] eher aufdrängt. - 10 -
[X.]ie subjektiven Tatumstände der Messerstiche zum Nachteil des [X.] bedürfen demnach neuer Aufklärung und Bewertung. [X.]er Senat ist nicht in der Lage, auf versuchten Totschlag durchzuentscheiden. Es bleibt allein dem Tatrichter vorbehalten, die subjektiven Tatumstände umfas-send festzustellen und zu bewerten. [X.]ie rechtsfehlerfrei getroffenen Feststel-lungen zu den äußeren [X.] können indes aufrechterhalten [X.].
c) Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft und des [X.] ist der Schuldspruch auch aufzuheben, soweit der Angeklagte we-gen der Taten zum Nachteil dieses Nebenklägers und des Zeugen [X.]a ebenfalls nur wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt worden ist. Zwar belegen die objektiven Tatumstände in geringerem Umfang als bei der Tat zum Nachteil des [X.] Indizien, die für eine Gesamtschau zur [X.]rüfung eines bedingten Tötungsvorsatzes heranzuziehen gewesen wären. Im Blick auf die gleichartige Tatausführung und die mögliche indizielle Wir-kung der Umstände der Tat zum Nachteil des [X.]

(vgl. [X.] wistra 2002, 260, 261; 430) ist aber eine [X.] bisher nicht vorgenommene [X.] dif-ferenzierte Feststellung und Bewertung aller subjektiven Umstände auch in diesen Fällen geboten.
3. [X.]ie auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision des [X.]n ist unbegründet. [X.]ie wegen gefährlicher Körperverletzung zum Nachteil des Zeugen [X.] festgesetzte Freiheitsstrafe von einem Jahr ist damit rechtskräftig. Sie wird in eine neu zu bildende Gesamtfreiheitsstrafe einzube-ziehen sein.
4. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf folgendes hin:
a) Auch wenn die tatrichterliche Wertung bei der Abgrenzung zwi-schen (Mit-)[X.]chaft und Beihilfe vom Revisionsgericht bis zur Grenze des - 11 - Vertretbaren hinzunehmen ist ([X.]St 47, 383, 385 m.w.N.), kann solches nicht von der [X.]flicht entbinden, die für die Wertung herangezogenen Um-stände zumindest knapp darzustellen. Für die hierfür in Betracht kommende Tathandlung des Angeklagten zum Nachteil des Zeugen [X.]

wird es frei-lich naheliegen, von § 154a Abs. 2 St[X.]O Gebrauch zu machen.
b) Für den Fall, dass erneut eine verminderte Steuerungsfähigkeit des Angeklagten festgestellt werden kann, wird der Tatrichter über die fakul-tative Strafrahmenverschiebung gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB nach seinem pflichtgemäßen Ermessen und aufgrund einer Gesamtabwägung aller schuldrelevanten Umstände zu entscheiden haben (vgl. [X.]St 49, 239, 241). Hier liegen Umstände vor, die es rechtfertigen könnten, dem [X.]n die Strafmilderung zu versagen.
[X.]er Senat hat solches bei erheblicher Alkoholisierung angenommen, wenn der Täter die für ihn besonders ungünstige Wirkung des [X.] kannte und wusste oder wissen musste, dass er dann zu Gewalttätigkei-ten oder anderen Straftaten neigt, und hat darauf abgestellt, ob besondere Umstände in der [X.]erson des [X.] im konkreten Einzelfall vorhersehbar das Risiko der Begehung rechtswidriger Taten signifikant erhöht haben ([X.]St aaO S. 242). [X.]ies ist auch bei Einnahme aggressivitätssteigernder Substan-zen allein oder in Verbindung mit einer weiteren Enthemmung durch Alkoholgenuss in Betracht zu ziehen.
[X.]er Angeklagte hat durch systematische übermäßige Einnahme von männlichen Sexualhormonen eine Wesensveränderung [X.] gesteigerte [X.] und übermäßiges [X.]ominanzstreben [X.] herbeigeführt. [X.]ie Erhöhung der Aggressivität ist vorliegend ein vom Angeklagten geschaffener [X.]auerzu-stand, der in besonderem Maß geeignet ist, wenigstens in aggressionsträch-tigen Situationen schon ohne alkoholbedingte Enthemmung das Risiko einer Verletzung erheblicher Rechtsgüter [X.]ritter zu steigern. Hier tritt als weiterer gefahrerhöhender Umstand eine nicht unerhebliche Alkoholisierung des [X.] - geklagten im Umfang einer Blutalkoholkonzentration von 1,37 [X.]romille hinzu und ferner, dass der Angeklagte [X.] nach Ausschlagen einer Warnung [X.] be-wusst eine gewaltträchtige Situation aufgesucht hat (vgl. [X.]St aaO [X.]).
Im Blick auf diese Anhäufung von Umständen, die das Risiko der Begehung von Straftaten erhöhen, dürfte es eher fernliegen, dass der Ange-klagte sein erhöhtes Aggressionspotential nicht erkannt hatte oder [X.] nicht hatte erkennen müssen. [X.] [X.] Raum Brause [X.]

Meta

5 StR 352/04

09.08.2005

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.08.2005, Az. 5 StR 352/04 (REWIS RS 2005, 2241)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 2241

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