Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.11.2015, Az. 2 StR 462/15

2. Strafsenat | REWIS RS 2015, 2086

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]:[X.]:[X.]:2015:191115B2STR462.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 462/15
vom
19. November
2015
in der Strafsache
gegen

wegen Vergewaltigung u.a.

-
2
-
Der 2. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des Generalbun-desanwalts
und des Beschwerdeführers
am 19.
November
2015
gemäß §
349 Abs.
2 und 4 StPO beschlossen:

1.
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 30.
April 2015
a)
im Schuldspruch aufgehoben, soweit der Angeklagte wegen versuchter räuberischer Erpressung (Fall
II.
2) und wegen versuchter besonders schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und
mit Verge-waltigung (Fall II.
3) verurteilt worden ist; die Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen und zur subjektiven Tatseite im Falle der tateinheitlichen Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung und Vergewaltigung bleiben aufrechterhal-ten;
b) im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels und die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstan-denen notwendigen Auslagen, an eine andere Strafkammer des [X.] zurückverwiesen.
2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
-
3
-

Gründe:
Das [X.] hat deErpressung sowie versuchter besonders schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Vergewaltigung

zu der Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und wegen Körperverletzung zu der gesonderten Geldstrafe von 90 [X.] zu jeweils 43 Euro verurteilt.
Die Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge den aus dem Tenor ersichtlichen Teilerfolg und führt zur Aufhebung des Schuldspruchs, soweit der Angeklagte im
Fall II.
2 der Urteilsgründe wegen versuchter räuberischer [X.] und

tatmehrheitlich hierzu

im Fall II.
3 wegen versuchter beson-ders schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperver-letzung und
Vergewaltigung verurteilt worden ist. Die [X.] entzieht dem Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe die Grundlage. Im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet (§
349 Abs.
2 StPO).
1.
Die Verurteilung des Angeklagten wegen versuchter räuberischer [X.] im Fall II.
2 kann nicht bestehen bleiben, weil die Annahme eines fehlgeschlagenen Versuchs nicht tragfähig begründet ist.
a) Nach den Feststellungen begab sich der Angeklagte am 9.
März 2014 gegen 4.20
Uhr in eine Terminwohnung und führte dort gegen ein Entgelt in Höhe von 50
Euro mit der Zeugin L.

Oralverkehr, Vaginalverkehr und zwei wei-tere Male den Oralverkehr durch. Die vom Angeklagten gewünschte erneute Durchführung des [X.] lehnte die Zeugin L.

ab und vertröstete den Angeklagten auf den nächsten
Tag. Hierüber geriet der erheblich alkoholisierte Angeklagte in Wut und schlug die Zeugin L.

mit der flachen Hand fest ins Ge-1
2
3
4
-
4
-
sicht, so dass sie zu Boden fiel; anschließend versetzte er ihr Tritte gegen Ober-
und Unterschenkel (Fall II. 1).
b) Die Zeugin L.

gab dem Angeklagten daraufhin den von ihm entrichte-ten Geldbetrag zurück, um ihn zu besänftigen. Dies misslang. Der Angeklagte forderte nunmehr Geld von der Zeugin L.

fünf und zwei Nullen in die Luft, schlug mit
der Hand gegen die Wand und droh-te, sie zu töten, wenn sie ihm kein Geld gebe. Anschließend begab er sich zur Toilette. Die Zeugin L.

nutzte diese Gelegenheit und bat eine Arbeitskollegin, die Zeugin [X.]

, telefonisch um Hilfe. Bis zum Eintreffen der Zeugin [X.]

ver-suchte die Zeugin L.

und mit der Faust gegen Küchentür und Wände schlug (Fall II.
2). [X.] dazu, ob der Angeklagte seine Geldforderung in diesem Zeitraum wieder-holte sowie Feststellungen zu seinem Vorstellungsbild hat die Kammer nicht getroffen.
c) Nach dem Eintreffen der Zeugin [X.]

drohte der Angeklagte ihr, er werde die Wohnung zerstören, wenn sie ihm nicht 5.000
Euro gebe. Nachdem die Zeugin [X.]

ihn darauf hingewiesen
hatte, dass sie über einen solchen Geldbetrag nicht verfüge, schlug der Angeklagte ihr mit der flachen Hand auf den Kopf, beschimpfte anschließend die Zeugin L.

versuchte erneut, auch sie zu schlagen, was ihm nicht gelang. Der Zeugin [X.]

gelang es, den Angeklagten abzulenken und der Zeugin L.

die Flucht zu er-möglichen. Der Angeklagte schlug daraufhin die Zeugin [X.]

mehrfach mit einer um den Hals getragenen,
schweren Metallkette ins Gesicht, so dass ihre Lippe aufplatzte. Er erneuerte seine
Geldforderung und versetze der Zeugin weitere Tritte und erzwang schließlich, dass die Zeugin [X.]

den Oralverkehr an ihm vollzog und den Vaginalverkehr duldete; dabei drückte er den Kopf der [X.] Frau auf sein Geschlechtsteil, fasste sie wenig später an den Ober-5
6
-
5
-
armen und drückte sie sehr grob auf das Bett, so dass die Zeugin Hämatome am Rücken und Schmerzen im Rücken und am Nacken verspürte. Nachdem er den Beischlaf bis zum Samenerguss ausgeführt und die Geschädigte während-dessen beschimpft und bespuckt hatte, wiederholte er seine Geldforderung und drohte der Zeugin, ihr die Beine zu brechen, wenn sie ihm nicht sofort das Geld gebe. Während der Angeklagte erneut zur Toilette ging, gelang der Zeugin [X.]

die Flucht.
d) Diese Feststellungen tragen im Fall II.
2 die Annahme eines fehlge-schlagenen Versuchs der räuberischen Erpressung zum Nachteil der Zeugin L.
nicht.
aa) Fehlgeschlagen ist der Versuch, wenn die Tat nach dem Misslingen des zunächst vorgestellten Tatablaufs mit den bereits eingesetzten oder den ihm sonst zur Verfügung stehenden Mitteln objektiv nicht mehr vollendet wer-den kann, ohne dass eine neue
Handlungs-
und Kausalkette in Gang gesetzt wird und der Täter dies erkennt, oder wenn er subjektiv die Vollendung der Tat nicht mehr für möglich hält (vgl. [X.], Beschluss vom 29.
September 2015
-
2
StR 309/15; Beschluss vom 9. April 2015 -
2 [X.], [X.], 291; [X.], Beschluss vom 7.
Mai 2014 -
4 [X.], [X.], 240). [X.] ist insoweit das Vorstellungsbild des [X.] nach Abschluss der letz-ten Ausführungshandlung (sogenannter Rücktrittshorizont, vgl. [X.], [X.] vom 2.
Juli 2013 -
2 StR 91/13, [X.], 639, 640). Die Annahme eines Fehlschlags vom Versuch erfordert daher regelmäßig Feststellungen zum Rücktrittshorizont.
[X.])
Hieran fehlt es. Es bleibt schon unklar, ob der Angeklagte nach [X.] Rückkehr von der Toilette seine Geldforderung gegenüber der Zeugin L.
wiederholte. Hierfür könnte zwar sprechen, dass er weiterhin gegen Küchentür 7
8
9
-
6
-
und Wände schlug. Ob er damit jedoch weiterhin sein Ziel verfolgte, die Zeugin L.

zur Aushändigung des zuvor geforderten Geldbetrags zu motivieren, ist we-der festgestellt noch lässt sich dies dem Gesamtzusammenhang der Urteils-gründe zweifelsfrei entnehmen. Ebenso wenig enthält das Urteil Feststellungen zum Vorstellungsbild des Angeklagten nach Abschluss der letzten Ausfüh-rungshandlung.
2.
Der [X.] hebt auch den für sich genommen rechtsfehlerfrei getroffe-nen Schuldspruch im Fall II.
3 der Urteilsgründe auf, um dem neuen Tatrichter insgesamt widerspruchsfreie Feststellungen zur inneren Tatseite und zugleich eine rechtsfehlerfreie Beurteilung der [X.] zu ermöglichen. Der neue Tatrichter wird insoweit für den Fall, dass im Fall II.
2 ein
Fehlschlag des Versuchs nicht festzustellen ist, die Annahme einer natürlichen Handlungs-einheit mit der zum Nachteil der Zeugin [X.]

begangenen versuchten schweren räuberischen Erpressung in Betracht zu ziehen haben.
Einer Aufhebung der Feststellungen
zum äußeren Tatgeschehen
in den Fällen II.
2 und 3 sowie einer Aufhebung der Feststellungen zur subjektiven Tatseite, soweit der Angeklagte im Fall II.
3 wegen gefährlicher Körperverlet-zung in Tateinheit mit Vergewaltigung verurteilt worden ist, bedarf es
nicht, da sie von dem Rechtsfehler nicht betroffen sind. Ergänzende Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen sind möglich, sofern sie den bisherigen nicht widerspre-chen.
3.
Die Aufhebung des Schuldspruchs in den Fällen II.
2 und 3 entzieht dem Ausspruch über die Gesamtstrafe die Grundlage. Die Sache bedarf daher auch insoweit neuer Verhandlung und Entscheidung.

10
11
12
-
7
-
Die im Fall II.
1 wegen vorsätzlicher Körperverletzung verhängte [X.] weist keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf und bleibt daher gesondert bestehen.
Der [X.] sieht jedoch Anlass zu folgendem Hinweis:
Der Tatrichter hat für die Tat II. 1 -
die zum Nachteil der Zeugin L.
be-gangene vorsätzliche Körperverletzung -
als Einzelstrafe eine Geldstrafe von 90
Tagessätzen zu jeweils 43 Euro verhängt und von der in seinem pflichtge-mäßen Ermessen stehenden Möglichkeit, gesondert auf Geldstrafe zu erken-nen, Gebrauch gemacht (§
53 Abs.
2 Satz
2 StGB). Die hierfür gegebene Be-gründung, die Einbeziehung der Geldstrafe sei unterblieben, weil sie die Ge-samtfreiheitsstrafe insgesamt erhöht hätte und deshalb als das schwerere Strafübel anzusehen sei, ist nicht tragfähig.

Nach §
53 Abs.
2 Satz
1 StGB wird in Fällen, in denen Freiheitsstrafe mit Geldstrafe zusammentrifft, regelmäßig auf eine Gesamtfreiheitsstrafe erkannt, weil die Bildung einer Gesamtfreiheitsstrafe in aller Regel günstiger für den [X.] ist. Anderes kann in besonderen Fallkonstellationen gelten, in denen die Bildung der Gesamtfreiheitsstrafe als das schwerere Übel erscheint, etwa weil sie eine Strafaussetzung zur Bewährung erschwert oder verhindert ([X.], Beschluss vom 11.
Juni 2002 -
1
StR 142/02, [X.], 264; Beschluss vom 26.
September 2006 -
4 [X.], [X.], 129) oder sonstige nachtei-lige Folgen für den Angeklagten nach sich zieht (vgl. [X.], Beschluss vom 11.
August 1989 -
2
StR 170/89, NJW 1989, 2900). Hierfür ist nichts ersichtlich.
13
14
15
16
-
8
-
Der Angeklagte ist durch den hierin liegenden Rechtsfehler jedoch nicht beschwert. Anhaltspunkte dafür, dass
er die Geldstrafe voraussichtlich nicht wird bezahlen können (vgl. zu dieser Konstellation [X.], Beschluss vom 1.
August 2008 -
2
StR 250/03, juris), bestehen nicht.
Ri[X.] Prof. Dr. Krehl Eschelbach

Ott
ist aus tatsächlichen
Gründen an der Unter-
schrift gehindert.

Eschelbach

Zeng Bartel

17

Meta

2 StR 462/15

19.11.2015

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.11.2015, Az. 2 StR 462/15 (REWIS RS 2015, 2086)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 2086

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen
Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

2 StR 462/15

2 StR 402/14

4 StR 105/14

2 StR 91/13

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.