Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.04.2008, Az. XII ZR 7/05

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2008, 4431

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 16. April 2008 Breskic, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: ja [X.]R: ja BGB §§ 1361 Abs. 3, 1579 Nr. 7 n.F. Für die Frage, ob die Aufnahme einer neuen Beziehung durch den [X.] einen Härtegrund im Sinne von § 1579 Nr. 7 i.V.m. § 1361 Abs. 3 BGB darstellt, kommt es nicht darauf an, ob es sich um eine gleichgeschlechtli-che oder eine heterosexuelle Beziehung handelt. [X.], Urteil vom 16. April 2008 - [X.] - [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 16. April 2008 durch die Vorsitzende Richterin [X.] und [X.], [X.], Prof. Dr. Wagenitz und Dose für Recht erkannt: Auf die Revision des Beklagten und die [X.]revision der Klägerin wird das Urteil des 2. [X.]s für Familiensachen des [X.] vom 30. November 2004 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als der Klägerin [X.] zuerkannt sowie soweit ihre Klage wegen der [X.] Unterhaltsforderungen abgewiesen worden ist: für Mai und Juni 2001 unter Zurückweisung der weitergehenden [X.]revision in Höhe weiterer 59 • monatlich für Januar bis März 2002 in Höhe weiterer 66 • monatlich für die [X.] vom 1. April bis 10. Juli 2002 und vom 1. August 2002 bis 10. März 2003: jeweils in Höhe weiterer 132 • monatlich. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das [X.] zurückverwiesen. Von Rechts wegen
- 3 - Tatbestand: 1 Die Parteien streiten um Trennungsunterhalt für die [X.] vom 1. Mai 2001 bis zu der (am 11. März 2003 rechtskräftig gewordenen) Scheidung ihrer Ehe. 2 Die am 14. August 1953 geborene Klägerin und der am 8. Dezember 1953 geborene Beklagte haben am 5. April 1975 die Ehe geschlossen. Sie ha-ben fünf gemeinsame Kinder, die in den Jahren 1973, 1975, 1981, 1984 und 1990 geboren wurden. Am 7. Februar 2000 verließ die Klägerin die eheliche Wohnung und zog zu einer Freundin nach [X.] in [X.]. Zu die-sem [X.]punkt lebten die drei jüngeren Kinder noch im elterlichen Haushalt. Sie verblieben bei dem Auszug der Klägerin bei dem Beklagten. Die Klägerin, die eine Ausbildung als Finanzökonomin absolviert hatte, war während des Zusammenlebens der Parteien viele Jahre berufstätig. In der [X.] ab Januar 2001 ging sie keiner Erwerbstätigkeit nach, sondern bezog [X.] Krankengeld und im [X.] daran Sozialhilfe. Die auf den Träger der Sozialhilfe übergegangenen Unterhaltsansprüche sind (durch Vereinbarung vom 17. Juli 2007) auf die Klägerin rückübertragen worden. 3 Der Beklagte, der Diplomingenieur ist, absolvierte während des Zusam-menlebens der Parteien ein Studium zum Diplombetriebswirt, das er Anfang 2000 erfolgreich abschloss. Er ist in leitender Position tätig. 4 Die Klägerin hat den Beklagten auf Zahlung von Trennungsunterhalt in Anspruch genommen. Sie hat beantragt, ihn zur Zahlung von monatlich 1.071,54 • für Juli 2002, von monatlich 1.147,79 • ab August 2002 und von (insgesamt) 11.825,11 • für die [X.] von Mai 2001 bis Juni 2002 zu verurteilen. Zur Begründung hat sie vorgetragen, sie sei aus gesundheitlichen Gründen nicht erwerbsfähig. 5 - 4 - Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Er hat geltend gemacht, die Klägerin habe einen Unterhaltsanspruch verwirkt, weil sie aus intakter Ehe ausgebrochen sei und ein intimes Verhältnis zu einer Frau aufgenommen habe. 6 7 Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat die Auffassung ver-treten, der Klägerin stehe ein Unterhaltsanspruch nicht zu, weil ihr ein offen-sichtlich schwerwiegendes, eindeutig bei ihr liegendes Fehlverhalten gegen den Beklagten zur Last falle. Auf die Berufung der Klägerin, mit der sie ihr Unter-haltsbegehren - für die [X.] von Mai 2001 bis Juli 2002 in eingeschränktem [X.] - weiterverfolgt hat, hat das [X.] der Klage teilweise stattge-geben. Es hat der Klägerin zeitlich gestaffelt Trennungsunterhalt in unterschied-licher Höhe zuerkannt, für den letzten [X.]raum vom 1. Januar bis 10. März 2003 in Höhe von monatlich 971 •. Dagegen [X.]det sich der Beklagte mit der zugelassenen Revision, mit der er die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils erstrebt. Die Klägerin hat sich der Revision angeschlossen. Sie greift die Klageabweisung wegen eines Betrages von monatlich 59,16 • für Mai und Juni 2001, monatlich 66 • von Januar bis März 2002 und von monatlich 132 • für die [X.] vom 1. April bis 10. Juli 2002 und vom 1. August 2002 bis 10. März 2003 an. Entscheidungsgründe: Revision und [X.]revision haben Erfolg. Sie führen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang und insoweit zur Zurückverweisung der Sache an das [X.]. 8 - 5 - [X.] 9 1. Das Berufungsgericht hat die Klägerin nach Maßgabe des § 1361 Abs. 1 BGB für unterhaltsberechtigt gehalten, weil sie nach dem eingeholten Sachverständigengutachten jedenfalls in der [X.] von Januar 2001 bis Ende 2002 aufgrund gesundheitlicher bzw. psychischer Störungen nicht erwerbfähig gewesen sei. Ob dieser Zustand noch länger angedauert habe, könne dahin-stehen. Denn der Klägerin müsse von dem [X.]punkt ihrer Genesung an in je-dem Fall eine im Januar 2003 beginnende Übergangszeit von drei Monaten zugebilligt werden, um eine neue Arbeitsstelle zu finden. Deshalb sei der Ermitt-lung des [X.]bedarfs für den gesamten streitgegenständlichen [X.]raum allein das tatsächliche Einkommen der Klägerin zugrunde zu legen. Eine Verletzung der Erwerbsobliegenheit sei unter Berücksichtigung aller Um-stände auch zuvor, von der Trennung bis zum Beginn der Inanspruchnahme des Beklagten, nicht feststellbar. In die Unterhaltsbemessung müsse auch das tatsächliche Einkommen des Beklagten eingestellt werden, da nicht davon auszugehen sei, dass sein Anfang 2002 erfolgter beruflicher Aufstieg auf einer unerwarteten, vom [X.] abweichenden Entwicklung beruhe. Vielmehr sei die Beförderung des Beklagten nach dem auch im Interesse des Arbeitgebers bereits 1995 begon-nenen und Anfang 2000 abgeschlossenen Studium zu erwarten gewesen. Zu berücksichtigen seien danach um berufsbedingte Auf[X.]dungen in Höhe von 5% bereinigte durchschnittliche monatliche Nettoeinkünfte von (jeweils gerun-det) 3.117 • für 2001, 4.064 • für 2002 und 4.683 • für 2003. Hiervon seien [X.] monatliche Ratenzahlungen in einer Gesamthöhe von 948,73 • auf be-stehende Verbindlichkeiten in Abzug zu bringen. Weitere Abzüge, insbesondere wegen der Höhe der zu zahlenden Miete, seien nicht gerechtfertigt. 10 - 6 - Die ehelichen Lebensverhältnisse der Parteien seien allerdings auch durch die Unterhaltsverpflichtung gegenüber den gemeinsamen Kindern ge-prägt gewesen. Insofern sei es grundsätzlich geboten, bei der [X.] auch den für die volljährigen Kinder geleisteten Barunterhalt vorweg abzuziehen, zu dem der Beklagte allein beigetragen habe. Für den ältesten [X.] sei Unterhalt allerdings nicht geleistet worden. Die Zahlungen an den 1975 geborenen [X.] seien geringer gewesen als das für ihn bezogene Kindergeld, so dass für diese beiden Söhne ein Vorwegabzug ausscheide. Der Bedarf der 1981 geborenen Tochter [X.], die im Juni 2001 die Schulausbildung mit dem Abitur beendet, zum Wintersemester 2001/02 ein Studium in [X.] aufgenommen habe und seit dem 1. Oktober 2002 eine Ausbildung als Rechts-anwalts- und Notarfachangestellte absolviere, richte sich allein nach dem Ein-kommen des Beklagten. Unter Berücksichtigung der jeweils geltenden Unter-haltsleitlinien des [X.]s bzw. seit Oktober 2001 des Kammerge-richts sei von einem nicht durch BAföG-Leistungen bzw. Ausbildungsvergütung gedeckten monatlichen Bedarf auszugehen, der höchstens 418,75 • und we-nigstens 273,62 • betrage. Der 1984 geborene [X.] M. habe bis 15. November 2002 das Gymnasium besucht und von Februar bis August 2003 zur [X.] auf die beabsichtigte Krankenpflegeausbildung ein unbezahltes Praktikum abgeleistet. Sein - ebenfalls am Einkommen des Beklagten ausgerichteter - [X.] sei für die [X.] der Volljährigkeit (ab 1. April 2002) mit monatlich 498 • und ab Januar 2003 mit monatlich 560 • anzusetzen. Für die 1990 geborene und daher durchgehend minderjährige Tochter [X.] sei der Tabellenunterhalt abzüg-lich der für sie gewährten Unterhaltsvorschussleistungen zu berücksichtigen. Darüber hinaus sei für sie ein Betreuungsbonus von monatlich 150 • in Abzug zu bringen. Der Vorwegabzug des Unterhalts für [X.] komme allerdings mangels Leistungsfähigkeit des Beklagten nicht durchgehend zum Tragen. 11 - 7 - 2. a) Diese Ausführungen, gegen die die Revision keine Ein[X.]dungen erhebt und die [X.]revision nur hinsichtlich der Behandlung des für die unterhaltsberechtigten volljährigen Kinder bezogenen Kindergeldes angreift, begegnen - von dem beanstandeten Punkt abgesehen - auch keinen rechtli-chen Bedenken. 12 13 b) Die [X.]revision macht zu Recht geltend, das Berufungsgericht habe bei der Berechnung des [X.] nicht beachtet, dass das für volljährige Kinder bezogene Kindergeld bedarfsdeckend zu berücksichtigen sei. Unstreitig habe der Beklagte das Kindergeld für alle Kinder erhalten. Es habe für [X.] im Jahr 2001 monatlich 138,04 • betragen und sei ab Januar 2002 mit monatlich jeweils 154 • für [X.] und M. zur Auszahlung gelangt. Nach der Rechtsprechung des [X.]s ist das staatliche Kindergeld in voller Höhe auf den Unterhaltsbedarf eines volljährigen Kindes anzurechnen. Mit dem Kindergeld soll die [X.] im Ganzen, also für alle Unterhalts-pflichtigen, erleichtert werden. Deshalb muss es, [X.]n mehrere Personen zu Unterhaltsleistungen verpflichtet sind, allen Unterhaltspflichtigen zugute [X.], und zwar ohne Rücksicht darauf, wer öffentlich-rechtlich als Empfangsbe-rechtigter bestimmt ist und an [X.] das Kindergeld ausgezahlt wird. Wenn ein minderjähriges unverheiratetes Kind von seinen Eltern in der Weise unterhalten wird, dass der eine Elternteil die Pflege und Erziehung übernimmt, während der andere für den Barunterhalt aufkommt, so ist darin regelmäßig eine Unterhalts-leistung zu gleichen Teilen zu sehen (§ 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB) mit der Folge, dass den Eltern das Kindergeld je zur Hälfte zusteht. Ist gegenüber einem voll-jährigen Kind dagegen nur ein Elternteil (bar-)unterhaltspflichtig, so [X.] es dem Zweck des Kindergeldes, [X.]n es ihm - jedenfalls bis zur Höhe seiner Unterhaltsleistungen - nicht allein zugerechnet würde, nachdem der [X.] auf Betreuungsunterhalt entfallen ist. Eine Aufteilung des Kindergeldes 14 - 8 - kommt dann nur noch insoweit in Betracht, als die Eltern den geschuldeten [X.] anteilig erbringen. Eine solche Aufteilung lässt sich am einfachsten dadurch erreichen, dass das Kindergeld auf den Unterhaltsbedarf des volljähri-gen Kindes bedarfsdeckend angerechnet wird und damit beide Elternteile ent-sprechend der jeweils geschuldeten Quote vom Barunterhalt entlastet. Für den Fall der Leistungsunfähigkeit eines Elternteils führt dies nach § 1612 b Abs. 3 BGB in der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung zur alleinigen Ent-lastung des barunterhaltspflichtigen Elternteils ([X.]surteil [X.] 164, 375, 382 ff. = [X.], 99 ff.). Dabei macht es keinen Unterschied, ob ein voll-jähriges unverheiratetes Kind bis zum 21. Lebensjahr noch eine Schulausbil-dung absolviert und deswegen nach § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB privilegiert ist, oder ob es sich in einer Berufsausbildung befindet und eine eigene Wohnung unterhält. In beiden Fällen soll das Kindergeld nur den (bar-)unterhaltspflich-tigen Elternteil entlasten ([X.]surteil vom 17. Januar 2007 - [X.] ZR 166/04 - FamRZ 2007, 542, 544). Eine dieser Rechtsprechung entsprechende [X.] des Kindergeldes sieht nunmehr auch § 1612 b Abs. 1 Nr. 2 BGB in der Fassung des zum 1. Januar 2008 in [X.] getretenen [X.] vom 21. Dezember 2007 ([X.] I 3189 ff.) vor. c) Da das Berufungsgericht bei der Ermittlung des der Tochter [X.] und dem [X.] M. - insoweit nach Eintritt der Volljährigkeit - geschuldeten Unterhalts das Kindergeld nicht auf den festgestellten Bedarf angerechnet und damit zu hohen Kindesunterhalt im Rahmen des [X.] berücksichtigt hat, ist der Klägerin - vorbehaltlich der Prüfung, ob der Inanspruchnahme des [X.] ein Härtegrund nach § 1361 Abs. 3 i.V. m. § 1579 BGB entgegensteht - zu geringer Unterhalt zuerkannt worden. Ihr ungekürzter Unterhaltsanspruch wür-de sich nach den vorstehenden Ausführungen in den mit der [X.]revision allein angegriffenen [X.]räumen wie folgt errechnen: 15 - 9 - Für Mai und Juni 2001: 16 2.168,56 • (bereinigtes Einkommen des Beklagten) abzüglich 268,95 • (Unterhalt für [X.], nämlich: 406,99 • [Bedarf] abzüglich 138,04 • [Kindergeld]) abzüglich 352,28 • (Unterhalt für den noch minderjährigen M.) abzüglich 166,17 • (Unterhalt für [X.]) abzüglich 150 • (Betreuungsbonus) = 1.231,16 • ab-züglich 175,88 • (1/7 Erwerbstätigenbonus) = 1.055,28 • abzüglich 525,90 • (Einkommen der Klägerin) = 529,38 • : 2 = 264,69 •, gerundet 265 • (= Mehr-forderung von 59 •). Januar bis März 2002:3.116,17 • (bereinigtes Einkommen des Beklagten) abzüglich 144,96 • (Unterhalt für [X.], nämlich: 298,96 • [Bedarf] abzüglich 154 • [Kindergeld]) ab-züglich 431 • (Unterhalt für den noch minderjährigen M.) abzüglich 231 • (Un-terhalt für [X.]) abzüglich 150 • (Betreuungsbonus) = 2.159,21 • abzüglich 308,46 • (1/7 Erwerbstätigenbonus) = 1.850,75 • abzüglich 533,70 • (Ein[X.] der Klägerin) = 1.317,05 • : 2 = 658,53 •, gerundet 659 • (Mehrforderung von 66 •). 17 1. April bis 31. Mai 2002:3.116,17 • (bereinigtes Einkommen des Beklagten) abzüglich 144,96 • (Unterhalt für [X.]) abzüglich 344 • (Unterhalt für M., nämlich: 498 • [Bedarf] ab-züglich 154 • [Kindergeld]) abzüglich 231 • (Unterhalt für [X.]) abzüglich 150 • (Betreuungsbonus) = 2.246,21 • abzüglich 320,89 • (1/7 Erwerbstätigenbonus) = 1.925,32 • abzüglich 533,70 • (Einkommen der Klägerin) = 1.391,62 • : 2 = 695,81 •, gerundet 696 • (= Mehrforderung von 132 •). 18 Die Berechnung für die weiteren die [X.]revision betreffenden [X.]-räume (1. Juni bis 10. Juli 2002 und 1. August 2002 bis 10. März 2003) führt 19 - 10 - trotz teilweiser anderer Einzelbeträge ebenfalls zu einer Mehrforderung der Klägerin von monatlich jeweils 132 •, da sich der unterbliebene [X.] rechnerisch gleichbleibend auswirkt. Damit erweist sich die [X.]revi-sion in vollem Umfang als gerechtfertigt, falls der Klägerin ein Anspruch auf ungekürzten Trennungsunterhalt zusteht. I[X.] 1. Das Berufungsgericht hat das - im Gegensatz zum Amtsgericht - be-jaht und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: [X.] des § 1579 Nr. 6 BGB (a.F.) i.V. m. § 1361 Abs. 3 BGB sei anzu[X.]den, [X.]n dem Berechtigten ein offensichtlich schwerwiegendes, eindeutig bei ihm liegendes Fehlverhalten gegen den Verpflichteten zur Last falle. Vorliegend könne offen bleiben, ob das Verhalten der Klägerin den Tatbestand des § 1579 Nr. 6 BGB bereits deshalb nicht erfülle, weil die Ehe der Parteien zum [X.]punkt der Tren-nung schon nicht mehr intakt gewesen sei. Jedenfalls sei die Abkehr der Kläge-rin von der Ehe nicht ohne objektiven Grund, sondern aus verständlichen Moti-ven erfolgt, so dass es an dem Tatbestandsmerkmal "Ausbruch aus der Ehe" fehle. Zumindest sei der Aufkündigung der Ehe durch die Klägerin nicht das besondere Gewicht (grobe Verantwortungslosigkeit) beizumessen, das für die Annahme des § 1579 Nr. 6 BGB erforderlich sei. Schließlich stelle sich das Verhalten der Klägerin nicht als schuldhaft dar. Zwischen den Parteien stehe nämlich außer Streit, dass sie vor allem aufgrund ihrer sexuellen [X.] und gleichgeschlechtlichen Neigungen im Februar 2000 die Trennung [X.] habe. Die Klägerin sei damals zu der Zeugin M. gezogen, mit der sie seit Juni 2000 auch eine intime Beziehung unterhalte. Sie habe sich also zuerst von 20 - 11 - der Ehe losgesagt, bevor es zu dem intimen Verhältnis gekommen sei. Zwar werde ein schwerwiegendes Verhalten regelmäßig auch dann bejaht, [X.]n die intime Beziehung zu einem anderen Partner erst nach der Trennung aufge-nommen werde, soweit sich der andere Ehegatte vorher nicht seinerseits von der Ehe losgesagt habe. Ein solcher "normaler" Regelfall liege hier aber nicht vor. Bereits die Abkehr von dem Beklagten könne nicht als Fehlverhalten be-wertet werden. Erst recht stelle sich die Aufkündigung der Ehe durch die Kläge-rin nicht als Sachverhalt mit [X.] dar. Eine solche Betrach-tungsweise werde der aufgetretenen sexuellen Problematik nicht gerecht. Die Klägerin habe sich nicht von jeglichen ehelichen Bindungen gelöst, um ein inti-mes Verhältnis aufzunehmen, sondern aufgrund ihrer ernsthaften und nachhal-tigen sexuellen Umorientierung. In dieser Situation habe es für sie kaum eine andere adäquate Reaktion als die Lösung aus der ehelichen [X.] ge-geben. Die zu beachtende Verzahnung mit den Grundrechten verbiete es im Ergebnis auch, die sexuelle Umorientierung auf Seiten der Klägerin zu sanktio-nieren. Denn hierbei handele es sich um eine schicksalsbedingte, natürliche Gegebenheit, die nicht steuerbar sei und die ehelichen Verhältnisse durchein-ander bringe. Infolge einer solchen Entwicklung sei die eheliche Treuepflicht des sexuell umorientierten [X.] zumindest als entscheidend gelockert, [X.]n nicht gar als beendet anzusehen. Wenn man der Klägerin verwehren würde, sich aus den ehelichen Bindungen zu lösen, müsste man ihr konsequen-terweise auch abverlangen, ihren ehelichen Pflichten nachzukommen und [X.] Kontakte des Beklagten zuzulassen. Dies könne aber weder in dessen Interesse sein, noch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten von der Klägerin erwartet werden. Aufgrund der sehr langen Ehezeit, der fünf gemein-samen Kinder und der gehobenen wirtschaftlichen Verhältnisse werde die Grenze des Zumutbaren deshalb nicht überschritten, [X.]n dem Beklagten un-ter dem Gesichtspunkt der nachwirkenden ehelichen Solidarität abverlangt [X.] 12 - de, die Unterhaltsansprüche seiner getrennt lebenden Ehefrau zu erfüllen, ob-wohl sie sich bewusst von jeglichen ehelichen Bindungen gelöst habe. 21 Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nur im [X.] stand. 22 2. Im Ansatz zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass der Tatbestand des § 1579 Nr. 7 BGB in der Fassung des Unterhalts-rechtsänderungsgesetzes (§ 1579 Nr. 6 BGB a.F.), der ein offensichtlich schwerwiegendes, eindeutig bei dem Berechtigten liegendes Fehlverhalten ge-gen den Verpflichteten voraussetzt, erfüllt sein kann, [X.]n der Berechtigte ge-gen den Willen des anderen Ehegatten eine eheähnliche [X.] be-gründet oder ein nachhaltiges, auf längere Dauer angelegtes intimes Verhältnis zu einem anderen Partner aufnimmt. Darin ist eine so schwerwiegende Abkehr von den ehelichen Bindungen zu sehen, dass nach dem Grundsatz der Gegen-seitigkeit, der dem ehelichen Unterhaltsrecht zugrunde liegt, die Inanspruch-nahme des anderen Ehegatten auf Unterhalt grob unbillig erscheint ([X.]sur-teile vom 27. September 1989 - [X.] - FamRZ 1989, 1279, 1280; vom 26. Januar 1983 - [X.] - FamRZ 1983, 569, 571; vom 3. Februar 1982 - [X.] - FamRZ 1982, 463, 464 und vom 25. Februar 1981 - [X.] - FamRZ 1981, 439, 440 f.). Das Berufungsgericht hat offen gelassen, ob ein Fehlverhalten vorliegt, das eindeutig der Klägerin zuzurechnen ist, oder ob die Ehe zur [X.] der Tren-nung bereits gescheitert war. Für das Revisionsverfahren ist deshalb zugunsten des Beklagten zu unterstellen, dass die Ehe der Parteien im Februar 2000 noch intakt war. 23 3. Für die Annahme, ein Härtegrund i.S. des § 1579 Nr. 7 BGB liege un-abhängig von der Frage der Einseitigkeit eines Fehlverhaltens nicht vor, hat das 24 - 13 - Berufungsgericht maßgebend darauf abgestellt, dass es der Klägerin wegen ihrer sexuellen Umorientierung und Entwicklung gleichgeschlechtlicher Neigun-gen nicht habe verwehrt werden können, sich aus der ehelichen [X.] zu lösen. Dabei hat es verkannt, dass allein dieser Schritt der Klägerin ohnehin nicht vorgeworfen werden kann. 25 Nach der Neufassung des § 1361 BGB durch das [X.] richtet sich der Anspruch auf Trennungsunterhalt allein nach den Lebens-, Erwerbs- und Vermögensverhältnissen der Ehegatten, ohne dass es auf die Gründe der Trennung ankommt. Das Verhalten des Unterhalt begehrenden Ehegatten, der die Trennung herbeigeführt hat, kann nur nach Maßgabe der Härteregelung des § 1579 BGB berücksichtigt werden. Dem liegt die gesetzgeberische Wertung zugrunde, dass die Trennung als solche keine unterhaltsrechtlichen Sanktionen zur Folge haben soll. Wenn ein Ehegatte seinen Entschluss zur Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft verwirklicht, begibt er sich not[X.]digerweise der Möglichkeit, seinen weiteren Unterhalt in Form des [X.] (§ 1360 a BGB) zu erhalten. Würde ihm schon diese mit der Trennung verbun-dene Folge nach der Härteregelung entgegengehalten werden können, würde ein mittelbarer Zwang zur Aufrechterhaltung der ehelichen [X.] aus-geübt. Infolgedessen müsste - wie nach dem Rechtszustand vor Inkrafttreten des [X.] - im Einzelfall ermittelt werden, ob der Ehegatte zur Trennung "berechtigt" war. Nach geltendem Recht soll der bedürftige getrennt lebende Ehegatte aber grundsätzlich ohne Rücksicht auf die Gründe der Trennung an-gemessenen Unterhalt in Form einer Geldrente (§ 1361 Abs. 4 Satz 1 BGB) beanspruchen können ([X.]surteil vom 11. Dezember 1985 - [X.]/84 - FamRZ 1986, 434, 435 f.; [X.], Urteil vom 7. März 1979 - [X.] - FamRZ 1979, 569, 570). Es kommt deshalb in diesem Zusammenhang nicht darauf an, aufgrund welcher Umstände die eheliche Lebensgemeinschaft [X.] 14 - gehoben worden ist und ob diese aus der Sicht des die Trennung herbeiführen-den Ehegatten mehr oder [X.]iger nahe liegend oder gar zwingend waren. 26 4. Der entscheidende Gesichtspunkt für die Annahme eines Härtegrun-des gemäß §1579 Nr. 7 BGB ist danach nicht in der Trennung als solcher zu sehen, sondern in der Widersprüchlichkeit des Verhaltens des [X.], der sich zum einen aus der ehelichen Bindung löst, zum anderen aber die eheliche Solidarität durch ein Unterhaltsbegehren einfordert, ohne sei-nerseits das Prinzip der Gegenseitigkeit zu wahren. Dieses Prinzip wird verletzt, [X.]n der Berechtigte sich gegen den Willen seines Ehegatten einem anderen Partner zu[X.]det und jenem die dem Ehegatten geschuldete Hilfe und [X.] zuteil werden lässt. Eine in dieser Weise erfolgte Abkehr von der Ehe, die vor allem in der Begründung einer eheähnlichen [X.] oder der Auf-nahme eines nachhaltigen, auf längere Dauer angelegten intimen Verhältnisses liegen kann, führt dazu, dass die Inanspruchnahme des anderen Ehegatten auf Unterhalt grob unbillig erscheint ([X.]surteile vom 23. April 1980 - [X.] - FamRZ 1980, 665, 666 f.; vom 26. Januar 1983 - [X.] - FamRZ 1983, 569, 572 und vom 27. September 1989 - [X.] - FamRZ 1989, 1279, 1280). Dabei ist es, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, regelmäßig nicht von Bedeutung, ob der Berechtigte sich im unmittelbaren [X.] an die Trennung einem anderen Partner in der vorgenannten Art zu-[X.]det oder ob dies erst zu einem späteren [X.]punkt des Getrenntlebens ge-schieht (vgl. [X.]surteil vom 27. September 1989 - [X.] - FamRZ 1989, 1279, 1280). Wesentlich ist vielmehr, ob das Verhalten des Berechtigten für das Scheitern der Ehe ursächlich war. Das wäre etwa dann nicht der Fall, [X.]n die Aufnahme der Beziehung erst zu einem [X.]punkt erfolgte, als der Verpflichtete sich seinerseits bereits von seinem Ehegatten abgewandt hatte (so etwa auch [X.]/Borth, Handbuch des Scheidungsrechts 5. Aufl. [X.]. 487). - 15 - 5. Diese Beurteilung gilt für den hier in Rede stehenden Tatbestand des § 1579 Nr. 7 BGB unabhängig davon, ob der Berechtigte eine heterosexuelle oder eine gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaft begründet oder zu [X.] oder einer Frau ein nachhaltiges auf Dauer angelegtes intimes Verhältnis aufnimmt. Soweit das Berufungsgericht ausführt, aus verfassungsrechtlicher Sicht verbiete es sich, die sexuelle Umorientierung auf Seiten der Klägerin zu sanktionieren, ist dem entgegenzusetzen, dass allein die sexuelle [X.] keinen Anlass zu unterhaltsrechtlichen Sanktionen gibt. Die Entwicklung gleichgeschlechtlicher Neigungen und die deshalb vorgenommene Trennung bleiben dem Berechtigten unbenommen. Die Annahme eines Härtegrundes nach § 1579 Nr. 7 BGB ist erst dann gerechtfertigt, [X.]n der Berechtigte sich unter Abkehr von der Ehe einem anderen Partner zu[X.]det. Insofern gewähr-leistet § 1579 BGB gerade die Verfassungsmäßigkeit des verschuldensunab-hängigen Unterhaltsrechts. Mit dieser Vorschrift hat der Gesetzgeber [X.], dass der mit der Auferlegung von Unterhaltsleistungen verbundene [X.] in die Handlungsfreiheit des Verpflichteten nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstößt. Die Grenze der Zumutbarkeit eines schuldunab-hängigen Unterhaltsanspruchs würde aber dort überschritten, wo ein getrennt lebender oder geschiedener Ehegatte Unterhaltsansprüche seines [X.] zu erfüllen hätte, obwohl dieser sich durch Verhaltensweisen, wie sie in den [X.] des § 1579 Nr. 2 bis 8 BGB normiert sind, ganz bewusst von jegli-chen ehelichen Bindungen gelöst hat. In einem solchen Fall wäre die mit der Inanspruchnahme verbundene Beschränkung der Dispositionsfreiheit des [X.] im finanziellen Bereich nicht mehr Bestandteil der verfassungsmäßi-gen Ordnung und könnte vor dem Grundrecht des Art. 2 Abs. 1 GG nicht beste-hen ([X.]surteil vom 26. Januar 1983 - [X.] - FamRZ 1983, 569, 571 f.; [X.] FamRZ 1981, 745, 748 ff.). Für den Verpflichteten macht es [X.] auch keinen maßgebenden Unterschied, ob sein Ehegatte eine Bezie-27 - [X.] zu [X.] oder zu einer Frau aufgenommen hat. Andererseits stellt sich das Fehlverhalten des Berechtigten nicht deshalb in einem milderen Licht dar, weil er einen gleichgeschlechtlichen neuen Partner gewählt hat. 28 6. Danach kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Klägerin ein schwerwiegendes, eindeutig bei ihr liegendes Fehlverhalten gegen den [X.] zur Last fällt. Für die Annahme, das Eingehen des nachhaltigen intimen Verhältnisses zu der Zeugin M. sei der Klägerin nicht vorwerfbar, sind nach den bisherigen Feststellungen jedenfalls keine Anhaltspunkte ersichtlich. 7. Nach alledem kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben. Dem [X.] ist es nicht möglich, in der Sache abschließend zu befinden. 29 Das Berufungsgericht hat von seinem Standpunkt aus folgerichtig keine Feststellungen dazu getroffen, ob sich die Trennung der Klägerin als Ausbruch aus einer intakten Ehe darstellt oder ob die Ehe im Februar 2000 bereits aus anderen Gründen gescheitert war. Sollte letzteres der Fall gewesen sein, läge ein schwerwiegendes, eindeutig der Klägerin anzulastendes Fehlverhalten nicht vor. Die erforderlichen Feststellungen werden nachzuholen sein. Die Sache ist deshalb an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. 30 8. Für das weitere Verfahren weist der [X.] auf folgendes hin: 31 Falls die Ehe der Parteien bei der Trennung noch nicht gescheitert ge-wesen sein sollte, wird das Berufungsgericht weiterhin zu prüfen haben, ob der Beklagte sich von der Klägerin bereits abgewandt hatte, als diese das intime Verhältnis zu der Zeugin M. im Juni 2000 aufnahm. Sollte das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangen, dass der Tatbestand des § 1579 Nr. 7 BGB erfüllt ist, wird es in einem weiteren Schritt zu beurteilen haben, inwieweit der Unter-haltsanspruch der Klägerin unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles, 32 - 17 - insbesondere der Ehedauer und der fünf gemeinsamen Kinder, zu versagen, herabzusetzen oder zeitlich zu begrenzen ist (vgl. hierzu etwa [X.]surteil vom 12. Januar 1983 - [X.] - FamRZ 1983, 670, 672). Hahne [X.] [X.] Wagenitz Dose
Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 20.06.2003 - 4 F 267/01 - [X.], Entscheidung vom 30.11.2004 - 10 UF 166/03 -

Meta

XII ZR 7/05

16.04.2008

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.04.2008, Az. XII ZR 7/05 (REWIS RS 2008, 4431)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 4431

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