Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.05.2011, Az. V ZB 166/10

V. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 6737

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V
ZB 166/10
vom

12. Mai
2011

in der Abschiebungshaftsache

-
2
-

Der V.
Zivilsenat des [X.] hat am
12. Mai
2011
durch den
Vorsitzenden [X.] Prof.
Dr.
Krüger, die [X.] Prof.
Dr.
Schmidt-Räntsch und
Dr.
[X.] und die
[X.]innen
Dr.
Brückner
und Weinland
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird festgestellt, dass der Beschluss des [X.] vom 16.
Mai 2010 und der Beschluss des [X.] vom 3.
Juni 2010 den Betroffenen in seinen Rechten verletzt haben, soweit die Haft zur Sicherung der Zurückschiebung ab dem 16.
Mai 2010 angeordnet und aufrechterhalten worden ist; im Übrigen wird das Rechtsmittel als unzulässig verworfen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben. Die Landeshauptstadt [X.] trägt die notwendigen Auslagen des Betroffenen aller [X.].
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt
3.000

Gründe:
I.
Der Betroffene ist libyscher Staatsangehöriger. Am 14.
Mai 2010 reiste er ohne Aufenthaltstitel in das Bundesgebiet
ein. Am nächsten Tag wurde er von der [X.] festgenommen und im [X.] daran zur Dienststelle der [X.] Mitte verbracht, wo er als Beschuldigter wegen des 1
-
3
-

Verdachts der unerlaubten Einreise vernommen
wurde. Auf Antrag der [X.] zu 2, dem das Protokoll über die Vernehmung des Betroffenen als Beschul-digter beigefügt war, hat das Amtsgericht
mit Beschluss vom 16.
Mai 2010 die Haft
zur Sicherung der Zurückschiebung bis längstens 18.
August 2010 ange-ordnet
und zudem die Ingewahrsamnahme des Betroffenen für rechtmäßig er-klärt. Die hiergegen gerichtete Beschwerde ist erfolglos geblieben. Am 9.
Juni 2010 wurde der Betroffene nach [X.] zurückgeschoben.
Mit der Rechts-beschwerde beantragt
er nunmehr die Feststellung, dass er durch die Ent-scheidungen des Amtsgerichts und des [X.] in seinen Rechten verletzt worden ist.

II.
Das Beschwerdegericht ist der Auffassung, dass die Freiheitsentziehung
zu Recht angeordnet und bis zur Ausreise des Betroffenen aufrechterhalten worden ist.

III.
Das Rechtsmittel hat ganz überwiegend Erfolg.
1. Soweit der Betroffene seinen Fortsetzungsfeststellungsantrag im Zu-sammenhang mit der von der Beteiligten zu 2
kurzzeitig angeordneten Inge-wahrsamnahme weiterverfolgen möchte, ist das Rechtsmittel allerdings unzu-lässig. Zwar ist die Rechtsbeschwerde grundsätzlich auch nach Erledigung der Hauptsache mit dem Feststellungsantrag analog §
62 FamFG ohne Zulassung nach §
70 Abs. 3 Nr. 3 FamFG statthaft (vgl. Senat, Beschluss vom 25. Februar 2
3
4
-
4
-

2010 -
V
ZB 172/09, [X.] 2010, 150, 151; Beschluss vom 29.
April 2010 -
V
ZB 218/09, InfAuslR
2010, 359, 360). Hiervon ausgenommen sind nach §
70 Abs.
4 FamFG jedoch Entscheidungen in Verfahren, in denen über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung befun-den worden ist (vgl. auch BT-Drucks. 16/6308, S.
209). Dass hierzu -
verfassungsrechtlich unbedenklich
-
auch Entscheidungen über vorläufige Haftanordnungen gehören, die von einem [X.] nach §
427 FamFG i.[X.].
§
62 Abs.
1 bis 3 [X.] angeordnet worden sind, hat der Senat bereits ent-schieden (Beschluss vom 3. Februar -
V
ZB 128/10, juris Rn.
6; vgl. auch [X.] vom 11.
November 2010 -
V
ZB 123/10, juris Rn.
3
f.). Gleiches gilt [X.] für die der richterlichen Beschlussfassung vorgelagerte Möglichkeit der Behörde, einen Ausländer unter den strengen Voraussetzungen des §
62 Abs.
4 [X.] für
einen kurzen Zeitraum vorläufig in Gewahrsam zu nehmen, um diesen unverzüglich dem [X.] vorzuführen (Senat, Beschluss vom 12.
Mai 2011 -
V
ZB 135/10, zur [X.] vorgesehen). Davon abgese-hen ist die Rechtsbeschwerde mit Blick auf die behördliche Ingewahrsamnahme auch deshalb unzulässig, weil das Rechtsmittel insoweit
nicht in einer den Vor-gaben nach §
71 Abs. 3 Nr.
2
Buchst.
a FamFG genügenden Weise begründet worden ist.
2. Im Übrigen ist die Rechtsbeschwerde zulässig
und begründet. Der Be-troffene ist durch die Haftanordnung des Amtsgerichts und durch die diese be-stätigende Beschwerdeentscheidung des [X.] in seinen Rechten ver-letzt. Die Haft hätte schon deshalb nicht angeordnet werden dürfen, weil der Haftantrag unzulässig war.
Ob ein zulässiger Haftantrag vorliegt, ist in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen (vgl. Senat, Beschluss vom 29. April 2010 -
V
ZB 218/09, [X.] 2010, 210, 211; Beschluss vom 9.
Dezember 2010 -
V
ZB 5
6
-
5
-

136/10, zur [X.] bestimmt; jeweils mwN). Zu den unerlässlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen gehört es nach §
417 Abs.
2 Satz
2 Nr.
5 [X.], dass die Antragsbegründung insbesondere Angaben zu den Vorausset-zungen und zur Durchführbarkeit der Abschiebung enthält (Senat, Beschluss vom 20. Januar 2011 -
V
ZB 226/10, Rn.
8
f.). Diesen Anforderungen wird der gestellte Antrag nicht gerecht. Nach §
72 Abs. 4 Satz 1 [X.] darf ein [X.], gegen den öffentliche Klage erhoben oder ein strafrechtliches Ermitt-lungsverfahren eingeleitet ist, nur im
Einvernehmen mit der zuständigen Staatsanwaltschaft ausgewiesen und abgeschoben werden; für die Zurück-schiebung gilt nichts anderes (Senat, Beschluss vom 24. Februar 2011 -
V [X.]; Beschluss vom 7. April 2011 -
V
ZB 211/10; beide
Entscheidungen zur [X.] bestimmt). Fehlen in dem Haftantrag Ausführungen zu dem Einvernehmen, obwohl sich aus ihm selbst oder den ihm beigefügten Unterla-gen ohne weiteres ergibt, dass die öffentliche Klage erhoben worden ist oder ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren geführt wird, ist der Haftantrag
unzu-lässig (Senat, Beschluss vom 20.
Januar 2011 -
V
ZB
226/10, aaO). So verhält es sich hier. Wie sich spätestens aus dem dem Haftantrag beigefügten Proto-koll über die Beschuldigtenvernehmung
ergibt, wurde gegen den Betroffenen ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren geführt.

IV.
Die Kostenentscheidung folgt aus §
81
Abs.
1 Satz
1 und 2, §
84
[X.], §
128c Abs. 3 Satz 2 [X.], wobei der Senat bei der [X.] dem Umstand Rechnung getragen hat, dass der
Betroffene nur in ganz geringfügigem Umfang unterlegen ist und es bei dieser Sachlage unbillig wäre, ihn mit Verfahrenskosten
zu belasten. Die
Festsetzung des Gegenstandswerts 7
-
6
-

beruht auf
§
128c Abs. 2 [X.]
i.[X.]. §
30 [X.]
(Senat, Beschluss vom 29.
April 2010 -
V
ZB
218/09, juris Rn. 27
f.).
Krüger
Schmidt-Räntsch
[X.]

Brückner
Weinland
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 16.05.2010 -
43 [X.] -

LG [X.], Entscheidung vom 03.06.2010 -
8 T 28/10 -

Meta

V ZB 166/10

12.05.2011

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.05.2011, Az. V ZB 166/10 (REWIS RS 2011, 6737)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 6737

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