Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.07.2011, Az. V ZB 187/10

V. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 4766

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V
ZB 187/10
vom

14. Juli
2011

in der Abschiebungshaftsache

-
2
-

Der V.
Zivilsenat des [X.] hat am
14.
Juli
2011
durch den Vor-sitzenden Richter Prof.
Dr.
Krüger, die Richterin [X.],
[X.]
[X.] und die
Richterinnen
Dr.
Brückner
und Weinland
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Betroffenen wird der Beschluss der 10.
Zivilkammer des [X.] vom 24.
Juni 2010 auf-gehoben. Es wird festgestellt, dass der Beschluss
des Amtsge-richts [X.] vom 16.
Februar 2010 die Betroffene in ihren Rech-ten verletzt hat.
Gerichtskosten werden nicht erhoben. Die

[X.]

trägt die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung not-wendigen Auslagen der
Betroffenen aller Instanzen.
Der Gegenstandswert des [X.] beträgt 3.000

Gründe:
I.
Die Betroffene, eine [X.] Staatsanghörige, reiste am 11.
Januar 2010 mit dem Flugzeug von [X.] nach [X.] mit einem [X.]n Reisepass, einer
italienische Identitätskarte und einer
Aufenthaltserlaubnis für [X.]
ein. Sie ist mit einem [X.] Staatsbürger verheiratet.
Am 1
-
3
-

15.
Februar 2010 wurde sie von der Polizei in einem Bordell in [X.]

, in dem sie als Prostituierte gearbeitet hatte, festgenommen und als Beschuldigte ver-nommen.
Mit Verfügung der Beteiligten zu 2 vom 16.
Februar 2010 wurde sie aus dem Gebiet der [X.] ausgewiesen und ihr die Abschiebung nach [X.], hilfsweise nach [X.], angedroht.
Mit Antrag vom 16.
Februar 2010, dem das Protokoll über die Verneh-mung der Betroffenen als Beschuldigte beigefügt war, hat die Beteiligte zu
2 Haft zur Sicherung der Abschiebung beantragt. Zu dem unter den Vorausset-zungen des §
72 Abs.
4 Satz 1 [X.] erforderlichen Einvernehmen der Staatsanwaltschaft verhält sich der Antrag nicht. Noch am selben Tag hat das Amtsgericht dem Antrag stattgegeben. In dem die Haft anordnenden Beschluss heißt es u.a., es sei gerichtsbekannt, dass die Staatsanwaltschaft mit Blick auf das "wohl ausschließlich laufende strafrechtliche Ermittlungsverfahren wegen Verstoßes
gegen das [X.]"
ihr Einvernehmen mit der Abschiebung erklä-ren werde. Dies stehe einer "vorweggenommenen Inhaftierung"
jedoch nicht entgegen.
Auf die Beschwerde der Betroffenen, mit der diese zugleich die Feststel-lung beantragt hat, dass die Anordnung der Abschiebungshaft von Anfang an rechtswidrig gewesen sei, hat das Amtsgericht die Haftanordnung aufgehoben und die sofortige Entlassung der Betroffenen aus der Haft angeordnet. Dem
Feststellungsantrag hat es nicht stattgegeben
und die Beschwerde insoweit dem [X.] zur Entscheidung vorgelegt. Dieses hat
die Beschwerde zu-rückgewiesen.
Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde, mit der die Be-troffene ihren Feststellungsantrag
weiter verfolgt.

2
3
-
4
-

II.
Das Beschwerdegericht ist der Auffassung, dass
die Freiheitsentziehung
zu Recht angeordnet und bis zur Aufhebung der Haft aufrechterhalten worden ist.
III.
Die auch nach Erledigung der Haftanordnung gemäß §
70 Abs.
3 Satz
1 Nr.
3, Satz
2 FamFG
statthafte und auch im Übrigen nach §
71 FamFG
zulässi-ge Rechtsbeschwerde ist begründet. Die
Betroffene ist in ihren Rechten ver-letzt. Die Haft hätte schon deshalb nicht angeordnet werden dürfen, weil der Haftantrag unzulässig war.
1. Ob ein zulässiger Haftantrag vorliegt, ist in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen (vgl. Senat, Beschluss vom 29. April 2010 -
V
ZB 218/09, [X.] 2010, 210, 211; Beschluss vom 9.
Dezember 2010 -
V
ZB 136/10,
juris Rn.
6; jeweils mwN). Zu den unerlässlichen Zulässigkeitsvoraus-setzungen gehört es nach §
417 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 FamFG, dass die [X.] insbesondere Angaben zu den Voraussetzungen und zur Durch-führbarkeit der Abschiebung enthält (Senat, Beschluss vom 20. Januar 2011 -
V
[X.], [X.] 2011, 202, 203 Rn.
8
f.). Diesen Anforderungen wird der gestellte Antrag nicht gerecht.
Nach §
72 Abs. 4 Satz 1 [X.] darf ein Ausländer, gegen den öffent-liche Klage erhoben oder ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet ist, nur im Einvernehmen mit der zuständigen Staatsanwaltschaft ausgewiesen und abgeschoben werden. Zwar kann das Einvernehmen auch allgemein erteilt werden (Senat, Beschluss vom 20. Januar 2011 -
V
[X.], juris Rn.
25; 4
5
6
7
-
5
-

Senat, Beschluss vom 10.
Februar 2011 -
V
ZB 49/10, juris Rn.
8). Es muss jedoch -
gleichgültig auf welche Weise es erteilt wird
-
im Zeitpunkt der Haftan-ordnung vorliegen (Senat, Beschluss vom 17.
Juni 2010 -
V
ZB
93/10, NVwZ 2010, 1574, 1575, Rn.
8; ebenso für die Zurückschiebung Senat, Beschluss vom 24. Februar 2011 -
V [X.], juris Rn.
13
ff.). Fehlen in dem Haftantrag Ausführungen dazu, obwohl sich aus dem Antrag selbst oder aus den ihm [X.] Unterlagen ohne weiteres ergibt, dass die öffentliche Klage erhoben worden ist oder ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren geführt wird, ist der Haftantrag unzulässig (Senat, Beschluss vom 20.
Januar 2011 -
V [X.], aaO; Senat, Beschluss vom 10.
Februar 2011 -
V
ZB 49/10, aaO). So verhält es sich hier. Wie sich aus dem dem Haftantrag beigefügten Protokoll über die [X.] vom 16. Februar 2010 ergibt, wurde gegen die Be-troffene ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren geführt. Ob dabei zu Recht ein Anfangsverdacht für das Bestehen einer Straftat nach §
95 [X.] ange-nommen worden ist, hat der Haftrichter nicht zu prüfen.

2. [X.] kann selbst durch die spätere Erteilung des Einvernehmens nicht rückwirkend und für die Zukunft nur unter der Vorausset-zung geheilt werden, dass die den Haftantrag stellende Behörde die [X.] um Darlegungen zu dem nunmehr vorliegenden Einvernehmen ergänzt und der Betroffene hierzu in einer Anhörung Stellung nehmen kann (vgl. Senat, Beschluss vom 3. Mai 2011
-
V
ZA 10/11, juris Rn.
11). An beidem fehlt es
hier.
8
-
6
-

III.
Die Kostenentscheidung beruht auf
§
81
Abs.
1 Satz
1 und 2, §§
84,
430
FamFG, §
128c Abs.
3 Satz
2 KostO, wobei der Senat bei der [X.] dem Umstand Rechnung getragen hat, dass den von der Betroffenen in der Beschwerdeinstanz teilweise zurückgenommenen Anträgen nur unterge-ordnete Bedeutung zukam. Die Festsetzung des [X.] folgt aus §
128c Abs. 2 KostO i.V.m. §
30 KostO.
Krüger
[X.]
[X.]

Brückner
Weinland
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 16.02.2010 -
92 XIV 85/10 -

LG [X.], Entscheidung vom 24.06.2010 -
10 T 140/10 (a) -

9

Meta

V ZB 187/10

14.07.2011

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.07.2011, Az. V ZB 187/10 (REWIS RS 2011, 4766)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 4766

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