Bundesfinanzhof, Urteil vom 11.12.2014, Az. II R 30/14

2. Senat | REWIS RS 2014, 445

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Gegenstand

(Keine Steuerbegünstigung nach § 13c ErbStG für ein Grundstück mit einem nicht bezugsfertigen Gebäude)


Leitsatz

1. Eine Steuerbegünstigung nach § 13c ErbStG scheidet aus, wenn von Todes wegen ein Grundstück mit einem nicht bezugsfertigen Gebäude erworben wird .

2. Für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen der Steuerbegünstigung nach § 13c ErbStG erfüllt sind, ist entscheidend auf die Verhältnisse zum Zeitpunkt der Entstehung der Steuer abzustellen .

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist [X.]lleinerbe der [X.]rblasserin ([X.]), die zwischen dem 26. und 27. Juni 2012 verstorben ist.

2

Zum Nachlass gehörten u.a. die Miteigentumsanteile der [X.] an zwei in [X.] gelegenen Grundstücken, die der Kläger und [X.] im Mai 2011 erworben hatten. Nach dem [X.]bbruch der dort befindlichen Gebäude ließen sie auf den Grundstücken zwei neue [X.]infamilienhäuser errichten, die nach den [X.]ngaben des Klägers vermietet werden sollten. Die Gebäude waren zum Zeitpunkt des [X.]blebens der [X.] noch im [X.] und nicht bezugsfertig. Nach der Fertigstellung im Februar 2013 wurden sie vom Kläger vermietet.

3

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --F[X.]--) setzte mit Bescheid vom 26. März 2013, der nach § 164 [X.]bs. 1 der [X.]bgabenordnung unter Vorbehalt der Nachprüfung erging, gegen den Kläger [X.]rbschaftsteuer in Höhe von 231.420 € fest.

4

Der [X.]inspruch, mit dem der Kläger u.a. für den [X.]rwerb der Miteigentumsanteile an den Grundstücken die Steuerbegünstigung nach § 13c des [X.]rbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes in der ab 2009 geltenden Fassung ([X.]rbStG) begehrte, blieb ohne [X.]rfolg. Das F[X.] nahm an, dass eine Steuerbegünstigung für den [X.]rwerb der Miteigentumsanteile zu versagen sei, weil die Grundstücke beim Tod der [X.] noch nicht bebaut und nicht vermietet gewesen seien. Unter Zugrundelegung der festgestellten [X.] wurde die [X.]rbschaftsteuer in der [X.]inspruchsentscheidung auf 304.200 € erhöht. In den Feststellungsbescheiden vom 7. Oktober 2013 waren für die Grundstücke jeweils [X.] von 237.120 € und als [X.]rt der wirtschaftlichen [X.]inheit jeweils "Unbebautes Grundstück im Zustand der Bebauung" festgestellt worden.

5

Die Klage hatte hinsichtlich der Steuerbegünstigung nach § 13c [X.]rbStG für den [X.]rwerb der Miteigentumsanteile an den beiden Grundstücken [X.]rfolg. Das Finanzgericht ([X.]) war der [X.]nsicht, dass auch Grundstücke im Zustand der Bebauung begünstigt seien. Das Urteil des [X.] ist in [X.]ntscheidungen der Finanzgerichte ([X.][X.]) 2014, 1128 veröffentlicht.

6

Mit der Revision rügt das F[X.] die Verletzung des § 13c [X.]bs. 1 und 3 [X.]rbStG.

7

Das F[X.] beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

8

Der Kläger beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur [X.]ufhebung der Vorentscheidung und zur [X.]bweisung der Klage (§ 126 [X.]bs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Die vom Kläger durch [X.]rbanfall (§ 3 [X.]bs. 1 Nr. 1 [X.] i.V.m. § 1922 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) erworbenen Miteigentumsanteile an den Grundstücken in [X.] sind entgegen der [X.]uffassung des [X.] nicht mit einem verminderten Wert nach § 13c [X.]bs. 1 [X.] anzusetzen.

1. Nach § 13c [X.]bs. 1 und 3 [X.] sind bei der [X.]rmittlung des steuerpflichtigen [X.]rwerbs bebaute Grundstücke oder [X.] mit 90 % ihres Werts anzusetzen, wenn sie 1. zu Wohnzwecken vermietet werden, 2. im Inland, in einem Mitgliedstaat der [X.] oder in einem Staat des [X.]uropäischen Wirtschaftsraums belegen sind und 3. nicht zum begünstigten Betriebsvermögen oder begünstigten Vermögen eines Betriebs der Land- und Forstwirtschaft i.S. des § 13a [X.] gehören.

2. Ob ein bebautes Grundstück i.S. von § 13c [X.]bs. 3 [X.] vorliegt, bestimmt sich unter entsprechender [X.]nwendung des § 180 des [X.]es in der ab 2009 geltenden Fassung ([X.]), wobei die [X.] zur Bezugsfertigkeit eines Gebäudes (vgl. Urteil des [X.] --BFH-- vom 18. [X.]pril 2012 II R 58/10, [X.], 165, [X.], 874, m.w.N.) zu berücksichtigen sind.

a) § 13c [X.] legt nicht fest, unter welchen Voraussetzungen von einem bebauten Grundstück i.S. von § 13c [X.]bs. 3 [X.] auszugehen ist. [X.]in ausdrücklicher Verweis auf § 180 [X.], der eine Begriffsbestimmung für das bebaute Grundstück enthält, fehlt. Für die [X.]rbschaftsteuer sind nur die [X.] für die wirtschaftlichen [X.]inheiten des [X.] u.a. unter [X.]nwendung des § 180 [X.] zu ermitteln (§ 12 [X.]bs. 3 [X.] i.V.m. §§ 151 [X.]bs. 1 Satz 1 Nr. 1, 157 [X.]bs. 3 Satz 1 [X.]). Nach dem Sinn und Zweck der Regelungen ist es aber gerechtfertigt, auch den Begriff des bebauten Grundstücks i.S. des § 13c [X.]bs. 3 [X.] unter entsprechender [X.]nwendung des § 180 [X.] festzulegen. Damit werden für Zwecke der [X.]rbschaftsteuer der Grundbesitzwert nach § 12 [X.]bs. 3 [X.] und der verminderte Wertansatz nach § 13c [X.] unter Heranziehung der gleichen Kriterien bestimmt.

b) [X.]S. des § 13c [X.]bs. 3 [X.] sind solche, auf denen sich benutzbare Gebäude befinden (vgl. § 180 [X.]bs. 1 Satz 1 [X.]). Dieser [X.]uslegung wird auch in der Literatur zugestimmt (vgl. [X.] in [X.]/[X.], [X.], § 13c Rz 22; [X.] in [X.]/[X.]/[X.]/Wälzholz, [X.]rbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, [X.], 4. [X.]ufl., § 13c [X.] Rz 11; [X.] in Fischer/Jüptner/[X.]/[X.], [X.], 5. [X.]ufl., § 13c Rz 4; [X.] in [X.][X.], § 13c [X.] Rz 3). Noch zu bebauende Grundstücke werden von der Steuerbegünstigung nicht erfasst.

Wird auf einem Grundstück ein Gebäude neu errichtet, liegt ein bebautes Grundstück vor, wenn das Gebäude benutzbar ist. Die Benutzbarkeit eines Gebäudes beginnt im Zeitpunkt der Bezugsfertigkeit. [X.]in Gebäude ist als bezugsfertig anzusehen, wenn den künftigen Bewohnern oder sonstigen Benutzern zugemutet werden kann, es zu benutzen (vgl. BFH-Urteil in [X.], 165, [X.], 874).

c) Für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen des verminderten Wertansatzes nach § 13c [X.] erfüllt sind, ist entscheidend auf die Verhältnisse zum Zeitpunkt der [X.]ntstehung der Steuer abzustellen (vgl. BFH-Urteil vom 18. Juli 2013 II R 35/11, [X.], 153, [X.], 1051, Rz 13, zur Steuerbefreiung nach § 13 [X.]bs. 1 Nr. 4a Satz 1 [X.]; [X.], a.a.[X.], § 13c Rz 21; [X.], a.a.[X.], § 13c Rz 13; [X.], a.a.[X.], § 13c [X.] Rz 29; [X.] in Troll/[X.]/[X.], [X.], § 13c Rz 8; [X.] in [X.]/[X.], § 13c [X.], Rz 9; [X.], a.a.[X.], § 13c [X.] Rz 2; [X.], [X.]rbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Kommentar, 16. [X.]ufl., § 13c Rz 3; Billig, Umsatzsteuer- und [X.] 2014, 208; R [X.] 13c [X.]bs. 2 Satz 1 der [X.] 2011).

Die [X.]rbschaftsteuer entsteht bei [X.]rwerben von Todes wegen regelmäßig mit dem Tode des [X.]rblassers (§ 9 [X.]bs. 1 Nr. 1 [X.]). Deshalb ist nach den Verhältnissen zum Zeitpunkt des [X.]blebens des [X.]rblassers zu beurteilen, ob das auf einem Grundstück neu errichtete Gebäude bereits bezugsfertig und damit das Grundstück i.S. von § 13c [X.] bebaut ist. War das Gebäude beim Tode des [X.]rblassers noch nicht bezugsfertig, scheidet eine Steuerbegünstigung nach § 13c [X.] aus.

d) Die Prüfung, ob ein bebautes Grundstück i.S. des § 13c [X.]bs. 3 [X.] erworben wurde, obliegt dem Finanzamt, das für die Festsetzung der Steuer zuständig ist. Hierbei ist das Finanzamt nicht an die [X.]rtfeststellung nach § 151 [X.]bs. 2 Nr. 1 [X.] im Bescheid zur gesonderten Feststellung der [X.] gebunden (vgl. BFH-Urteile vom 29. November 2006 II R 42/05, [X.], 529, [X.], 319, unter [X.], und vom 18. Mai 2011 II R 10/10, [X.], 2063, unter [X.], zu § 138 [X.]bs. 5 Satz 2 Nr. 1 [X.] a.F.).

3. Da das [X.] von einer anderen Rechtsauffassung ausgegangen ist, war die Vorentscheidung aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Die Klage ist abzuweisen.

Die vom Kläger erworbenen Grundstücksanteile sind nicht nach § 13c [X.]bs. 1 [X.] mit einem verminderten Wert anzusetzen. Die Grundstücke waren zum Zeitpunkt des [X.]blebens der [X.] wegen der fehlenden Bezugsfertigkeit der Gebäude noch nicht bebaut. [X.]us diesem Grund kann dahinstehen, ob eine Vermietung zu Wohnzwecken i.S. von § 13c [X.]bs. 3 Nr. 1 [X.] gegeben war.

Meta

II R 30/14

11.12.2014

Bundesfinanzhof 2. Senat

Urteil

vorgehend FG Düsseldorf, 16. April 2014, Az: 4 K 4299/13 Erb, Urteil

§ 12 Abs 3 ErbStG 1997 vom 24.12.2008, § 13c ErbStG 1997 vom 24.12.2008, § 151 BewG 1991, § 157 BewG 1991 vom 24.12.2008, § 180 BewG 1991 vom 24.12.2008

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 11.12.2014, Az. II R 30/14 (REWIS RS 2014, 445)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 445

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Wird zitiert von

7 K 3343/18

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