Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.10.2015, Az. V ZB 30/15

V. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 3499

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 30/15

vom

22. Oktober 2015

in der Zurückschiebungshaftsache

-
2
-
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22. Oktober 2015 durch die Vorsitzende Richterin Dr.
Stresemann, die Richterinnen
Prof.
Dr.
Schmidt-Räntsch und
Dr.
[X.], den Richter Dr.
Göbel und die Richterin Haberkamp

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird der Beschluss der 7.
Zivilkammer des [X.] vom 9.
Februar 2015 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.]
und des Verfahrens vor dem [X.], an das [X.] zu-rückverwiesen.
Der Gegenstandswert des [X.] beträgt 5.000

Gründe:
I.
Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 20.
August 2014 gegen den [X.] bis zum 15.
Oktober 2014 angeordnet. Mit [X.] vom 29.
September 2014, eingegangen bei Gericht am selben Tag, hat der Betroffene

426 Abs.

und im Falle einer Haftentlassung festzustellen, dass der Haftbeschluss ihn
in seinen Rechten ab Eingang dieses Schreibens bei Gericht verletzt habe. Am 1
-
3
-
30.
September 2014 ist der Betroffene in den [X.] abgeschoben worden. Mit
Schriftsatz vom 6.
Oktober 2014 hat die Verfahrensbevollmächtigte des Be-Beschluss vom 7.

.
vom 6.
Oktober 2014 gegen den Beschluss vom 20.
August 2014

nicht abge-holfen und die Sache dem [X.] vorgelegt. Das [X.] hat den

Oktober 2014 auf Feststellung, dass der [X.] des [X.] vom 20.
August 2014 ihn in seinen Rechten verRechtswidrigkeit der Freiheitsentziehung für den Zeitraum vom 29.
September
bis zum 30.
September 2014 feststellen lassen.
II.
Das Beschwerdegericht meint, der Betroffene habe sich mit seiner befris-teten Beschwerde vom 6.
Oktober 2014 gegen den Beschluss des Amtsgerichts
vom 20.
August 2014 gewandt. Der nach §
62 FamFG statthafte Antrag
festzu-stellen, dass die Entscheidung des Amtsgerichts den Betroffenen in seinen Rechten verletzt habe, sei zulässig, erweise sich jedoch als unbegründet. Das Amtsgericht habe zu Recht Zurückschiebungshaft angeordnet, diese Anord-nung habe ihn daher nicht in seinen Rechten verletzt.
III.
Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg.
1. Das Rechtsmittel ist zulässig. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist eine Rechtsbeschwerde auch dann ohne Zulassung nach §
70 Abs.
3 Satz
1 Nr.
3 FamFG statthaft, wenn -
wie hier -
das Beschwerdegericht über einen Feststellungsantrag nach §
62 Abs.
1 FamFG entschieden
hat und 2
3
4
-
4
-
in dem Rechtsbeschwerdeverfahren die Überprüfung dieser Entscheidung [X.] wird (Senat, Beschlüsse vom 28.
April 2011 -
V [X.], [X.] 2011, 200 Rn.
9 und vom 6. Oktober 2011 -
V [X.], [X.] 2012, 44 Rn.
5).
2. Die Rechtsbeschwerde
ist auch in der Sache begründet. Die Ent-scheidung des [X.] kann bereits deshalb keinen Bestand ha-ben, weil es an einer Beschwerde fehlt.
a) Eine (befristete)
Beschwerde des Betroffenen vom 6.
Oktober 2014 gegen den Beschluss des [X.] vom 20.
August 2014 gibt es nicht. Er
hat in dem Schriftsatz lediglich seinen auf gemäß §
426
Abs.
2
FamFG gestützten Haftaufhebungsantrag vom 29.
September 2014 begründet. Eine Auslegung dieser Schriftsätze als Rechtsmittel gegen den Haftanordnungsbe-schluss vom 20.
August 2014 scheidet aus. Der Wortlaut der von einer Rechts-anwältin verfassten Schriftsätze ist eindeutig und unmissverständlich. Darüber hinaus war im Zeitpunkt des Eingangs des Schriftsatzes vom 29.
September 2014 die einmonatige Frist zur Einlegung einer Beschwerde gegen den [X.] bereits abgelaufen, so dass es auch allein interessegerecht war, einen Antrag gemäß § 426 Abs. 2 FamFG zu stellen.
Der Eintritt der for-mellen Rechtskraft der Haftanordnung ändert nichts daran, dass während des [X.] jederzeit ein solcher Antrag gestellt werden kann (vgl. Senat, [X.] vom 29.
November 2012 -
V [X.], [X.] 2013, 158 Rn.
4). Von dieser Rechtsschutzmöglichkeit hat der Betroffene Gebrauch gemacht.
b) Dem Beschwerdegericht lag auch keine -
theoretisch mögliche
-
Be-schwerde des Betroffenen gegen eine zu seinem Nachteil ergangene Entschei-dung in einem Haftaufhebungsverfahren gemäß §
426 FamFG
vor. Dies schei-tert bereits daran, dass das Amtsgericht ausdrücklich
keine Entscheidung über den am 29.
September 2014 gestellten Antrag auf Haftaufhebung gemäß §
426 5
6
7
-
5
-
Abs.
2 FamFG getroffen, sondern
durch Beschluss vom 7. November 2014
lediglich über die Abhilfe bezogen auf eine tatsächlich nicht vorliegende Be-schwerde gegen die Haftanordnung befunden
hat. Konsequenterweise ist dem Beschluss auch keine ansonsten gemäß §
39
FamFG erforderliche Rechts-behelfsbelehrung beigefügt worden. Die Auslegung dieses Beschlusses als konkludente Ablehnung des Aufhebungsantrags des Betroffenen scheidet [X.] aus.
Unabhängig davon fehlt es jedenfalls an einer hiergegen eingelegten Be-schwerde. Die bei dem Beschwerdegericht eingereichten Schriftsätze können jedenfalls deshalb nicht als Beschwerde gegen eine mögliche Entscheidung des Amtsgerichts gemäß §
426 Abs.
2 FamFG gewertet werden, weil eine sol-che Beschwerde gemäß §
64 Abs.
1 FamFG rechtswirksam nur bei dem [X.] und damit bei dem Amtsgericht hätte eingelegt werden können. Das in einem Beschwerdeverfahren nach der Zivilprozessordnung dem Be-schwerdeführer eingeräumte Wahlrecht der Einlegung der Beschwerde entwe-der bei dem Ausgangsgericht oder bei dem Beschwerdegericht (vgl. §
569 Abs.
1 Satz
1 ZPO) gibt es bei einer sofortigen
Beschwerde nach dem Gesetz über das Verfahren in
Familiensachen und in den Angelegenheiten der Freiwil-ligen Gerichtsbarkeit nicht.
c) Eine Entscheidungsbefugnis des [X.] lässt sich schließlich auch nicht auf §
62 Abs.
1 FamFG stützen. Nach dieser Vorschrift spricht das Beschwerdegericht auf Antrag aus, dass die Entscheidung des [X.]s des ersten Rechtszugs
den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt hat, wenn sich die angefochtene Entscheidung in der Hauptsache erledigt hat. Eine solche Feststellung durch das Beschwerdegericht, die auch bei einer Erle-digung vor Einlegung der Beschwerde möglich ist (Senat, Beschluss vom 6.
Oktober 2011 -
V
ZB 314/14, [X.] 2012, 211 Rn.
7), kommt allerdings
nur 8
9
-
6
-
in Betracht, wenn die
Beschwerde innerhalb der Beschwerdefrist eingelegt [X.] ist (vgl. Senat, Beschluss vom 20.
Januar 2011 -
V [X.], [X.] 2011, 143 Rn.
8). Vorliegend war die einmonatige Beschwerdefrist aber
bei Eingang des Antrags vom 29.
September 2014 bereits abgelaufen.
In einem solchen Fall
hat ein Betroffener nur die Möglichkeit, die Rechtswidrigkeit der Haftanordnung im Rahmen eines Haftaufhebungsverfah-rens vor dem Amtsgericht gemäß §
426 Abs. 2 FamFG feststellen zu lassen. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass die Haftentlassung und damit die Er-ledigung nicht bereits vor Eingang des [X.] bei dem Amtsge-richt erfolgt war (vgl. hierzu Senat, Beschluss vom 24.
September 2015
-
V [X.], zur [X.] bestimmt). Vorliegend war am 29.
September 2014, dem
Eingangszeitpunkt des Haftaufhebungs-
bzw. [X.] noch keine Erledigung eingetreten, so dass das Amtsgericht nach der am 30.
September 2014 erfolgten Abschiebung über den Antrag, die Rechtswidrig-keit des [X.] ab Eingang des [X.] vom 29.
September 2014 festzustellen, hätte entscheiden müssen.

IV.
Die angefochtene Entscheidung kann danach keinen Bestand haben. Weil das Amtsgericht bislang nur eine Abhilfeentscheidung hinsichtlich der Haftanordnung getroffen hat, sieht der Senat die Zurückverweisung an das [X.] des ersten Rechtszugs als geboten an (§
74 Abs.
6 Satz 2 FamFG), das

10
11
-
7
-

sich mit dem Feststellungsantrag des Betroffenen auch unter Berücksichtigung der Rechtsbeschwerdebegründung zu befassen hat.

Stresemann

Schmidt-Räntsch

[X.]

Göbel

Haberkamp

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 20.08.2014 -
29 [X.] (B) 48/14 -

LG [X.], Entscheidung vom 09.02.2015 -
7 [X.] -

Meta

V ZB 30/15

22.10.2015

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.10.2015, Az. V ZB 30/15 (REWIS RS 2015, 3499)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 3499

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