Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.02.2012, Az. V ZR 24/11

V. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 9007

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
V ZR
24/11
Verkündet am:

17. Februar 2012

Kluckow

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

-
2
-
Der V.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 17.
Februar 2012 durch [X.]
Dr.
Krüger, die Richter Dr.
Lemke und Prof. Dr.
Schmidt-Räntsch,
die Richterin Dr.
Stresemann und den Richter Dr.
Czub

für Recht erkannt:

Auf die Revisionen
der Parteien wird das Urteil der
14.
Zivilkammer des [X.] vom 22.
Dezember
2010 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der
Beklagte
ist Erbbauberechtigter
an einem der Klägerin gehörenden Grundstück. In dem Erbbaurechtsbestellungsvertrag vom 28.
Juni
1949 heißt es u.a.:

"3.
Der Erbbauberechtigte hat an die jeweilige Grundstückseigentüme-rin als [X.] jährlich einen Betrag zu zahlen, der 10 (zehn) vom Hundert des mit DM
2,-
für den Quadratmeter angenommenen Wertes der Fläche entspricht. Die Grundstückseigentümerin behält sich vor, den Wert für den Grund und Boden zu erhöhen, wenn über einen einfachen Straßenausbau und der Verlegung der [X.]
-
3
-
leitung für Licht hinaus weitere Aufschließungskosten für das [X.] entstehen.

Der [X.] ist in vierteljährlichen Teilbeträgen am 1. Werktage der Monate Januar, April, Juli und Oktober hinterher zahlbar. Der [X.] ist durch Eintragung einer Reallast sicherzustellen.

4.
Für die ersten 5 (fünf) Jahre ermäßigt sich der [X.] auf 4 (vier)
vom Hundert des angenommenen Wertes der Fläche.

Die Höhe des danach zu entrichtenden [X.]es wird alle 5 (fünf) Jahre, erstmalig am 1.
Januar 1954
von der Finanzverwaltung festgesetzt werden. Gegen die späteren Festsetzungen steht dem Erbbauberechtigten nur die Beschwerde beim Senat, der endgültig entscheidet, offen."

Bis 1983 wurde der [X.] schrittweise auf 10
% des angenomme-nen [X.] erhöht; das ergibt 94,90
Euro pro Jahr.

Der
Beklagte erwarb das Erbbaurecht im Jahr 2000. Er schloss mit der Klägerin einen Schuldübernahmevertrag, in welchem er in den schuldrechtli-chen Teil der Erbbaurechtsbestellung eintrat und alle sich daraus ergebenden Verpflichtungen anstelle des Veräußerers übernahm.

Im April 2004 verlangte die Klägerin -
gestützt auf eine sich aus den arithmetischen Mitteln der Steigerung der Lebenshaltungskosten sowie der Löhne und Gehälter ergebende Steigerungsrate von 875,9
%
-
einen jährlichen [X.] von 926,12

er
Beklagte sollte vom 1.
Juli 2006 bis zum 30.
Juni 2008 jährlich 371,96

Juli 2008 bis zum 30.
Juni 2010 jährlich 694,04

Juli 2010 den vollen Jahresbetrag 926,12

zahlen. Dem kam
er
nicht nach, sondern zahlte weiterhin nur den ursprünglichen Be-trag von 94,90

2
3
4
-
4
-
Die
auf die Verurteilung zur Zahlung von 700,14

gezahltem und gefordertem [X.] von Oktober 2005
bis Dezember 2008 und vorgerichtliche Kosten) zuzüglich 45,09

und von weite-ren 138,53

m
1.
Januar 2009
bis 1.
Juli 2010 gerichtete
Klage hat das Amtsgericht abgewiesen. Das [X.] hat den
Beklagten zur [X.] von 534,88

44,81

482,21

r-urteilt. Mit der von diesem
zugelassenen Revision will die Klägerin die vollstän-dige Durchsetzung der Klage
erreichen. Der
Beklagte strebt
mit seiner Revision die Wiederherstellung der amtsgerichtlichen Entscheidung
an. Beide Parteien beantragen jeweils die Zurückweisung des anderen Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:

I.
Nach Ansicht des Berufungsgerichts kann die Klägerin eine Anpassung der Höhe des [X.]es nach den Regeln über den Wegfall der [X.] auf jährlich 370,45

u-rechtsbestellungsvertrags vereinbarte Möglichkeit der Anpassung des [X.] sei durch eine Entwicklung der Kaufkraft des Geldes entfallen, welche beide Parteien nicht vorausgesehen hätten. Die Regelungen in
Nr.
3 und 4 des Vertrags seien dahin auszulegen, dass ursprünglich ein [X.] von 4
% habe vereinbart werden sollen, der bis zu einer Grenze von 10
% habe erhöht werden können. Dabei handele es sich nicht um eine typische Wertanpas-sungsklausel; allerdings habe die Klausel auch dem Zweck der Wertsicherung dienen sollen. Die Anpassungsmöglichkeit sei durch die 10
%-Grenze be-schränkt. Diese Grenze sei jedoch nicht als Risikobegrenzung für den Erbbau-berechtigten, sondern lediglich als eine theoretische Grenze zur Vermeidung 5
6
-
5
-
einer Genehmigungspflicht nach dem früheren §
3 [X.] vereinbart worden. Es handele sich um eine Anpassungsklausel, die aus unvorhergesehenen Gründen ihren Zweck nicht mehr erfüllen könne. Deshalb müsse eine Anpas-sung ebenso wie in den Fällen möglich sein, in denen der [X.] keine Anpassungsmöglichkeit enthalte, wobei von einem anfängli-chen [X.] von 4
% auszugehen sei. Der Umstand, dass die Klägerin bei früheren Erhöhungen oder in früherer [X.] einen möglichen Erhöhungsan-spruch nicht ausgeschöpft habe, bewirke nicht, dass sie nunmehr für einen späteren [X.]raum den von der Rechtsprechung eröffneten Erhöhungsrahmen nicht ausschöpfen dürfe.

Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

II.
Zur Revision des
Beklagten:
1. Die Revision ist wegen der Bindung des Senats an die Zulassung durch das Berufungsgericht (§
543 Abs.
2 Satz
2 ZPO) statthaft; sie ist auch im Übrigen zulässig.
2. Das Rechtsmittel hat Erfolg.
a) Zur Begründung verweist der Senat -
um bloße Wiederholungen zu vermeiden
-
auf die Ausführungen in den Parallelverfahren V
ZR 31/11 (Urteil vom 18.
November 2011, [X.] 2011, 404 Rn.
9-19) und V
ZR 23/11 (Urteil vom 3.
Februar 2012
unter II 2, 3 und 4). Hinzuzufügen ist lediglich, dass das Beru-fungsgericht -
anders als der Beklagte vorträgt
-
nicht mit tatbestandlicher Wir-kung festgestellt hat, die Obergrenze von 10
% solle eine "echte" Obergrenze 7
8
9
10
11
-
6
-
sein; vielmehr hat es auf Seite
4 im
vierten Absatz
seines Urteils die in diesem Sinn verstandene Vertragsregelung als Ansicht des Beklagten wiedergegeben. Außerdem ist aufgrund der Bezugnahme des Berufungsgerichts auf das [X.] Urteil davon auszugehen, dass die Lebenshaltungskosten zwischen 1983 und 2009 um 47,3
% gestiegen sind.
b) Das Berufungsurteil ist somit aufzuheben. Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit es die notwendige ergänzende Vertragsauslegung nachholt. Eine Erhö-hung des [X.]es wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage scheidet von vornherein aus, weil die Lebenshaltungskosten seit dem maßgeblichen Beurtei-lungszeitpunkt (1983) nicht um mehr als 150
% gestiegen sind (vgl. Senat, Ur-teil vom 18.
November 2011 -
V
ZR 31/11, [X.] 2011, 404, Rn.
19).

[X.]
Zur Revision der Klägerin:
1. Die Revision
ist ebenfalls statthaft und auch im Übrigen zulässig.
12
13
14
-
7
-
2. Das Rechtsmittel hat auch Erfolg. Zur Begründung verweist der Senat auf die Ausführungen unter [X.] seines Urteils vom 3.
Februar 2012 in der Sache V
ZR 23/11.
Krüger

Lemke

Schmidt-Räntsch

Stresemann

Czub

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 11.09.2009 -
21 C 2880/08 -

LG Lübeck, Entscheidung vom 22.12.2010 -
14 S 21/10 -

15

Meta

V ZR 24/11

17.02.2012

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.02.2012, Az. V ZR 24/11 (REWIS RS 2012, 9007)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 9007

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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