Bundesgerichtshof, Beschluss vom 07.11.2018, Az. 4 StR 395/18

4. Strafsenat | REWIS RS 2018, 2063

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Gegenstand

Unmittelbares Ansetzen bei einer versuchten Hehlerei


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 18. Januar 2018 im Fall II. 8. der Urteilsgründe aufgehoben und der Angeklagte insoweit freigesprochen. In diesem Umfang fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last.

2. Die weiter gehende Revision des Angeklagten wird verworfen.

3. Der Angeklagte trägt die verbleibenden Kosten seines Rechtsmittels.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten - unter Freisprechung im Übrigen - wegen Diebstahls in zwei Fällen, wegen gewerbsmäßiger Hehlerei in vier Fällen, wegen versuchter gewerbsmäßiger Hehlerei sowie wegen unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Ferner hat es seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Sachrüge gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

2

1. Die Schuld- und Strafaussprüche in den Fällen II. 1.-7. der Urteilsgründe weisen keinen den Angeklagten [X.] Rechtsfehler auf.

3

2. Allerdings tragen die Feststellungen zum Fall II. 8. der Urteilsgründe die Verurteilung wegen versuchter gewerbsmäßiger Hehlerei nicht. Insoweit ist das Urteil aufzuheben und der Angeklagte freizusprechen.

4

a) Zum Fall II. 8. der Urteilsgründe hat das [X.] folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:

5

Der betäubungsmittelabhängige Angeklagte finanzierte seine Sucht unter anderem durch den Verkauf von Werkzeug, das zuvor aus gewaltsam geöffneten Kraftfahrzeugen gestohlen worden war. Die Diebstähle nahm der Angeklagte entweder selbst vor oder er erhielt das Werkzeug von einem unbekannten Täter.

6

Am frühen Morgen des 23. Oktober 2017 wurde dem Angeklagten von einer unbekannt gebliebenen Person ein zuvor gestohlener Trennschleifer im Wert von circa 2.500 Euro zum Weiterverkauf angeboten. Da der Angeklagte das Angebot annehmen und den Trennschleifer gewinnbringend verkaufen wollte, tätigte er zwischen 5:57 Uhr und 7:59 Uhr zehn Suchanfragen im [X.], um den Gerätewert zu ermitteln. Im Nachgang suchte er nach potentiellen Käufern, was ihm jedoch aufgrund seiner noch an diesem Tag erfolgten Festnahme nicht mehr gelang.

7

Das [X.] hat diese Tat als versuchte gewerbsmäßige Hehlerei gemäß § 259 Abs. 1 und 3, § 260 Abs. 1 Nr. 1, §§ 22, 23 StGB gewertet. Da der Angeklagte das Verkaufsangebot über den Trennschleifer habe annehmen wollen und er bereits nach potentiellen Käufern gesucht habe, habe er zur Übernahme eigener Verfügungsgewalt - im Sinne eines Sichverschaffens - unmittelbar angesetzt.

8

b) Die Annahme einer versuchten Hehlerei hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

9

aa) Sowohl das Sichverschaffen im Sinne von § 259 Abs. 1 StGB als auch das Ankaufen - als Unterfall des Sicherverschaffens - setzen die Erlangung der tatsächlichen Verfügungsgewalt durch den Hehler voraus (vgl. [X.], Beschlüsse vom 2. Juni 2005 - 4 [X.], [X.], 236; vom 29. März 1977 - 1 [X.], [X.]St 27, 160, 163; [X.], StGB, 65. Aufl., § 259 Rn. 10 f.; MüKo-StGB/[X.], 3. Aufl., § 259 Rn. 78 und 100). Dementsprechend setzt der Versuch sowohl des Sichverschaffens als auch des [X.] ein unmittelbares Ansetzen zur Übernahme eigener Verfügungsgewalt voraus; die bloße Vereinbarung mit dem Vortäter, die Sache abnehmen zu wollen, reicht für den [X.] nicht aus (vgl. [X.], Urteil vom 5. Dezember 1990 - 2 StR 287/90, [X.]R StGB § 259 Abs. 1 Sichverschaffen 4; BeckOK-StGB/Ruhmannseder, Stand: 1. August 2018, § 259 Rn. 51; MüKo-StGB/[X.], aaO, § 259 Rn. 165 f.; vgl. auch [X.], Urteil vom 7. November 2007 - 5 [X.], [X.], 409 zu § 374 AO).

Aus den von der [X.] getroffenen Feststellungen ergibt sich nicht, dass die Übernahme eigener Verfügungsgewalt durch den Angeklagten unmittelbar bevorstand, zumal dieser selbst erst noch auf der Suche nach potentiellen Käufern war.

bb) Die Feststellungen belegen auch keine andere Tatbestandsvariante des § 259 Abs. 1 StGB. Insbesondere ergibt sich aus der bloßen Suche des Angeklagten nach potentiellen Käufern kein versuchtes Absetzen; es fehlt hierfür an einem unmittelbaren Ansetzen zur Übertragung der Verfügungsgewalt auf einen Erwerber - etwa durch konkrete Verkaufsverhandlungen (vgl. MüKo-StGB/[X.], aaO, § 259 Rn. 170; [X.]/[X.] in [X.]/[X.], StGB, 29. Aufl., § 259 Rn. 47).

c) Der Senat schließt aus, dass weitere Feststellungen getroffen werden können, die eine Verurteilung des Angeklagten zuließen. Der Angeklagte ist demnach im Fall II. 8. der Urteilsgründe gemäß § 354 Abs. 1 StPO freizusprechen.

3. Trotz des Wegfalls der Einzelfreiheitsstrafe von einem Jahr im Fall II. 8. der Urteilsgründe kann die Gesamtstrafe angesichts der verbleibenden - viermal verhängten - [X.] von einem Jahr und sechs Monaten (Fälle [X.], 4., 5. und 6.) sowie von einem Jahr und drei Monaten (Fälle II. 1. und 3.) und von vier Monaten (Fall II. 7.) bestehen bleiben. Der Senat schließt aus, dass die [X.] ohne die Einzelfreiheitsstrafe im Fall II. 8. auf eine niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe erkannt hätte.

4. [X.] beruht auf § 467 Abs. 1, § 473 Abs. 1 StPO.

Sost-Scheible     

        

Cierniak     

        

[X.]

        

Bender     

        

Quentin     

        

Meta

4 StR 395/18

07.11.2018

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Kaiserslautern, 28. Mai 2018, Az: 2 Ss 47/18

§ 22 StGB, § 259 Abs 1 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 07.11.2018, Az. 4 StR 395/18 (REWIS RS 2018, 2063)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 2063

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Wird zitiert von

3 StR 295/22

3 StR 154/22

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