Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.10.2006, Az. 4 StR 251/06

4. Strafsenat | REWIS RS 2006, 1260

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[X.] vom 19. Oktober 2006 in der Strafsache gegen wegen schweren Raubes u. a. - 2 - Der 4. Strafsenat des [X.] hat auf Antrag des Generalbundes-anwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 19. Oktober 2006 ge-mäß § 349 Abs. 4 StPO beschlossen: Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 23. Februar 2006 mit den [X.]. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des [X.] zurückverwiesen. Gründe: Das [X.] hat den Angeklagten wegen schweren Raubes in [X.] mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von fünf [X.] und sechs Monaten verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revision. 1 Die Revision hat mit einer Verfahrensrüge Erfolg. 2 [X.] hat in der Hauptverhandlung unter an-derem die Vernehmung des Zeugen [X.]beantragt zum Beweis der Tatsache, dass dieser auf die Mitteilung des Zeugen [X.], er sei von dem [X.] überfallen worden, entgegen der Bekundung des [X.] nicht geäußert habe, der Angeklagte sei [X.]. Diesen Beweisantrag hat das [X.] mit der Begründung zurückgewiesen, die genannte [X.] sei für die Entscheidung ohne Bedeutung, da es sich um eine Indiztatsache handele, die nur mögliche, nicht zwingende Schlüsse zulasse. 3 - 3 - Dies hält rechtlicher Prüfung nicht stand. Nach der ständigen Rechtspre-chung des [X.] muss der Beschluss, mit dem ein Beweisantrag wegen Bedeutungslosigkeit der behaupteten Tatsache abgelehnt wird, die [X.] anführen, aus denen der Tatrichter ihr keine Bedeutung für den Schuld- oder Rechtsfolgenausspruch beimisst (vgl. [X.]St 2, 184, 186; [X.] NStZ 1981, 401; [X.]R StPO § 244 Abs. 3 Satz 2 Bedeutungslosigkeit 15 m. w. N.). Geht es - wie hier - um die Glaubwürdigkeit eines Zeugen, bedarf es daher der Begründung, warum die zu beweisende Tatsache das Gericht auch im Falle ihres Nachweises unbeeinflusst lassen würde (vgl. [X.] 49. Aufl. § 244 Rdn. 43 a m. w. N.). Die erforderliche Begründung ent-spricht grundsätzlich den Begründungserfordernissen bei der Würdigung von durch Beweisaufnahme gewonnenen Indiztatsachen in den Urteilsgründen. 4 Diesen Voraussetzungen genügt der Beschluss des [X.] nicht. Die tatsächliche Bedeutungslosigkeit liegt hier auch nicht auf der Hand, so dass sich die Rüge deswegen als unbegründet erweisen würde ([X.]R StPO § 244 Abs. 3 Satz 2 Bedeutungslosigkeit 12). Die Verurteilung des Angeklagten, der von seinem Schweigerecht Gebrauch gemacht hat, beruht allein auf den Be-kundungen des Zeugen [X.]. Dessen Glaubwürdigkeit bedurfte daher beson-ders sorgfältiger Überprüfung, ebenso die Frage, ob seine Wahrnehmungs- und Erinnerungsfähigkeit am Tattag beeinträchtigt war. In diesem Zusammenhang ist insbesondere zu berücksichtigen, dass bei dem Zeugen etwa zwei Jahre vor dem angeklagten Tatgeschehen eine paranoid-halluzinatorische Psychose di-agnostiziert worden war. Wegen dieser Erkrankung wurde er fünf Monate in einer psychiatrischen Klinik stationär behandelt und danach unter Betreuung gestellt. In der Folgezeit ließ er sich zwar regelmäßig ambulant in der Klinik be-handeln und mit einem Depotmedikament versorgen, setzte aber daneben sei-nen Cannabismissbrauch fort. 5 - 4 - Vor diesem Hintergrund erweist sich die floskelhafte Ablehnung des [X.] wegen Bedeutungslosigkeit der [X.] als [X.]. Es ist nicht auszuschließen, dass die Verurteilung des Angeklagten auf der fehlerhaften Ablehnung des [X.] beruht. Das angefochtene Urteil war daher aufzuheben. 6 Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf Folgendes hin: 7 Zur Feststellung der Wahrnehmungs- und Erinnerungsfähigkeit des [X.] wird sich in erster Linie die Vernehmung der Ärztin, die ihn im fragli-chen Zeitraum in der [X.] Klinik für Psychiatrie ambulant behandelt hat, als sachverständige Zeugin anbieten. 8 Sollte die neu entscheidende Strafkammer wieder zu einer Verurteilung kommen, so wird sie im Rahmen der gebotenen Gesamtwürdigung die Voraus-setzungen des § 250 Abs. 3 StGB zu prüfen haben. 9 Tepperwien Maatz Kuckein Solin-Stojanovi Sost-Scheible

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4 StR 251/06

19.10.2006

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.10.2006, Az. 4 StR 251/06 (REWIS RS 2006, 1260)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 1260

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